ÜbersichtAusnutzung der Notlage: Wucher-Urteil schützt psychisch Kranke vor skrupellosem „Lebensberater“Das schockierende Ausmaß finanzieller Ausbeutung durch strafbaren WucherDie Herausforderungen der Beweisführung in Fällen psychischer ZwangslageDer manipulative Missbrauch einer WillensschwächeEin Urteil, das die Notwendigkeit des Schutzes vor Wucher unterstreichtDas vorliegende UrteilAG Kassel – Az.: 270 Ls 7640 Js 48281/10 – Urteil vom 10.06.2015Gründe Ausnutzung der Notlage: Wucher-Urteil schützt psychisch Kranke vor skrupellosem „Lebensberater“ Im Zentrum strafrechtlicher Erörterungen steht häufig die Frage, inwieweit eine Person durch Ausnutzung einer Notlage oder einer Schwäche anderer sich unrechtmäßige Vorteile verschafft hat. Ein klassisches Beispiel dafür ist der Tatbestand des Wuchers, bei dem jemand die Zwangslage, die Unerfahrenheit, den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche eines Anderen ausnutzt, um sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren zu lassen, die in einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung stehen. Die Problematik der wirtschaftlichen und gesundheitlichen Bedrängnis sowie der psychischen Verfassung einer Person, die zu einer Willensschwäche führen kann, stellt ein gravierendes Thema dar, das die Rechtsprechung vor Herausforderungen stellt. Das gewerbsmäßige Handeln in solchen Konstellationen, bei dem systematisch über längere Zeit wirtschaftlicher Profit auf Kosten der Willensschwäche oder Not anderer Menschen erzielt wird, ist ein besonders schwerwiegender Aspekt, der die Notwendigkeit juristischer Intervention verdeutlicht. In diesem Lichte werden Gerichtsurteile, die sich mit solch sensiblen Themen befassen, zu wichtigen Präzedenzfällen für die zukünftige Rechtsfindung und unterstreichen die Wichtigkeit eines funktionierenden Rechtsschutzsystems, das den Schutz der Schwächeren und die Ahndung von Ausbeutung zum Ziel hat. Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 270 Ls 7640 Js 48281/10 >>> Das schockierende Ausmaß finanzieller Ausbeutung durch strafbaren Wucher Im vorliegenden Fall wurde ein 65-jähriger selbsternannter Lebensberater ungarischer Staatsangehörigkeit wegen strafbaren Wuchers in 28 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Angeklagte, der sich als Magier, Wahrsager und Dämonologe bezeichnete, nutzte seine Stellung aus, um die Geschädigte, Zeugin S, eine Frau in seelischer Notlage, finanziell auszubeuten. Er nahm von ihr und ihrer Familie, die über ein beträchtliches Vermögen verfügte, über einen Zeitraum von zehn Jahren, insbesondere aber im angeklagten Zeitraum von etwa dreizehn Monaten, insgesamt 762.000 Euro. Die Herausforderungen der Beweisführung in Fällen psychischer Zwangslage Die rechtliche Auseinandersetzung entstand, als die Geschädigte nach zahlreichen Zahlungen, die aufgrund falscher Versprechungen des Angeklagten geleistet wurden, den Verlust ihres gesamten Familienvermögens realisierte und strafrechtliche sowie zivilrechtliche Schritte gegen den Angeklagten einleitete. Die rechtliche Herausforderung des Falles lag in der Beweisführung der finanziellen Transaktionen ohne Quittungen und in der Darlegung des Ausnutzens einer […]