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Strafbarkeit wegen Beleidigung einer Frau als Schlampe

Beleidigung einer Frau als Schlampe: Gericht bestätigt Verurteilung

Das Bayerische Oberlandesgericht hat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Coburg als unbegründet verworfen. Der Angeklagte wurde ursprünglich wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt, nachdem er eine Frau als „Schlampe“ bezeichnet hatte. Das Gericht bestätigte, dass solch eine Bezeichnung einen Angriff auf die persönliche Ehre darstellt und keine berechtigten Interessen des Angeklagten vorliegen, die seine Äußerung rechtfertigen könnten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 202 StRR 80/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Revision des Angeklagten gegen das Landgericht Coburg wurde abgelehnt.
  2. Ursprüngliche Verurteilung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 40 Euro wegen Beleidigung.
  3. Bezeichnung der Frau als „Schlampe“ stellt Angriff auf persönliche Ehre dar.
  4. Keine berechtigten Interessen des Angeklagten, die die Beleidigung rechtfertigen.
  5. Meinungsfreiheit tritt hinter den Schutz der persönlichen Ehre zurück.
  6. Die Äußerung gilt sowohl als Schmähkritik als auch Formalbeleidigung.
  7. Verfahrensrügen des Angeklagten entsprechen nicht den Anforderungen und sind unbegründet.
  8. Kosten des Rechtsmittels sind vom Beschwerdeführer zu tragen.

Beleidigung einer Frau als Schlampe: Rechtliche Aspekte und Herausforderungen

Beleidigung einer Frau: Urteil und Folgen
(Symbolfoto: Raushan_films /Shutterstock.com)

Eine Beleidigung ist eine Äußerung, die geeignet ist, die Ehre eines anderen Menschen zu verletzen. Sie kann mündlich, schriftlich oder durch Gesten erfolgen. Eine Beleidigung kann strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie öffentlich oder gegenüber einer bestimmten Person geäußert wird.

Die Bezeichnung einer Frau als „Schlampe“ stellt regelmäßig eine Beleidigung dar. Dies gilt auch dann, wenn die Äußerung in einem Online-Forum oder in den sozialen Medien erfolgt. Eine solche Beleidigung kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, da Beleidigungen in Wort, Bild, Schrift und Geste als Straftaten betrachtet werden. Es ist wichtig zu beachten, dass die Meinungsfreiheit durch das Strafrecht begrenzt wird, um die Rechte und den Schutz anderer zu gewährleisten.

„Wenn Sie Fragen zu einem ähnlichen Fall haben, wo es um die Beleidigung einer Frau als ‚Schlampe‘ oder ähnliches geht, zögern Sie nicht und fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.“

Eskalation im Privatleben führt zu rechtlichen Konsequenzen

Im Zentrum des vorliegenden Falls steht die Beleidigung einer Frau durch einen Mann, der sie in einem emotional aufgeladenen Moment als „Schlampe“ betitelte. Der Vorfall ereignete sich im April 2022, nachdem die betroffene Frau den Mann aufforderte, einen Facebook-Beitrag zu löschen, in dem er ohne ihre Zustimmung ihren Namen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Torten genannt hatte. Die Beziehung zwischen dem Angeklagten und der Frau war zuvor durch die Trennung vom Angeklagten und der Mutter der Verletzten belastet, was den Konflikt weiter verschärfte.

Die juristische Auseinandersetzung um die Grenzen der Meinungsfreiheit

Die rechtliche Auseinandersetzung drehte sich hauptsächlich um den Tatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB und die Frage, inwiefern die Meinungsfreiheit eine solche Äußerung schützen könnte. Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 40 Euro. Sowohl die daraufhin eingelegte Berufung als auch die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Coburg wurden als unbegründet verworfen. Die Gerichte kamen zu dem Schluss, dass die Äußerung eine klare Missachtung der persönlichen Ehre der Betroffenen darstellte und keine berechtigten Interessen des Angeklagten erkennbar waren, die diese Reaktion hätten rechtfertigen können.

Die Rolle der digitalen Plattformen bei der Verbreitung der Beleidigung

Der Fall wirft auch Licht auf die Rolle sozialer Medien bei der Verbreitung von Beleidigungen. Durch das Veröffentlichen des Namens der Betroffenen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Torten auf Facebook hat der Angeklagte eine Plattform genutzt, die die Reichweite der Beleidigung potenziell vergrößerte. Dieser Aspekt unterstreicht die Verantwortung, die Nutzer im Umgang mit persönlichen Informationen auf digitalen Plattformen tragen.

Rechtliche Einordnung und Urteilsbegründung

Das Bayerische Oberlandesgericht (BayObLG) bestätigte in seinem Beschluss, dass die Bezeichnung als „Schlampe“ sowohl eine Schmähkritik als auch eine Formalbeleidigung darstellt, wodurch die Meinungsfreiheit des Angeklagten hinter dem Ehrenschutz der Verletzten zurücktritt. Die Entscheidung verdeutlicht, dass herabsetzende Äußerungen, die keine sachliche Kritik darstellen und lediglich dem Verächtlichmachen dienen, nicht durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Die Gerichte legten dar, dass eine Abwägung der Rechte des Angeklagten gegen die persönliche Ehre der Verletzten in diesem spezifischen Fall nicht erforderlich war.

Das Urteil des Bayerischen Oberlandesgerichts bestätigt die Verurteilung eines Mannes wegen der Beleidigung einer Frau und unterstreicht die Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes gegenüber der Meinungsfreiheit in Fällen, in denen die Äußerungen keinen Beitrag zu einer sachlichen Auseinandersetzung leisten.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was umfasst der Tatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB?

Der Tatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB umfasst mehrere Elemente, die für eine Strafbarkeit erfüllt sein müssen.

Objektiver Tatbestand

  • Beleidigungsfähiges Tatobjekt: Jeder lebende Mensch ist beleidigungsfähig, unabhängig von Alter, Reifegrad sowie geistiger oder körperlicher Verfassung.
  • Tathandlung: Die Kundgabe der Missachtung kann auf verschiedene Weisen erfolgen:
    • Durch die Behauptung einer unwahren Tatsache im Zwei-Personen-Verhältnis.
    • Durch Werturteile im Zwei- oder Mehr-Personen-Verhältnis.
    • Eine qualifizierte Beleidigung liegt vor, wenn sie mittels einer Tätlichkeit begangen wird.

Subjektiver Tatbestand

Der Täter muss vorsätzlich handeln, wobei dolus eventualis (bedingter Vorsatz) ausreichend ist. Dies bedeutet, der Täter muss mit dem Willen und in dem Wissen handeln, den objektiven Tatbestand zu verwirklichen und zumindest die Äußerung einer Missachtung in seinen Vorsatz mit aufnehmen.

Rechtswidrigkeit und Schuld

Die Rechtswidrigkeit der Beleidigung kann durch die Einwilligung des Opfers entfallen. Spezielle Rechtfertigungsgründe, wie § 193 StGB, können ebenfalls die Rechtswidrigkeit ausschließen. Die Schuld des Täters wird ohne weitere Besonderheiten geprüft.

Strafrahmen und Besonderheiten

Die Beleidigung kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden. Wird die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts oder mittels einer Tätlichkeit begangen, erhöht sich der Strafrahmen auf bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

Für die Verfolgung einer Beleidigung ist grundsätzlich ein Strafantrag nach § 194 StGB erforderlich, es sei denn, die Staatsanwaltschaft sieht ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung.

Zusammengefasst setzt der Tatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB eine beleidigungsfähige Person voraus, gegenüber der eine Missachtung durch unwahre Tatsachenbehauptungen, Werturteile oder Tätlichkeiten kundgetan wird, wobei der Täter vorsätzlich handeln muss. Die Rechtswidrigkeit und Schuld werden im Rahmen der allgemeinen Grundsätze geprüft, und für die Strafverfolgung ist in der Regel ein Strafantrag nötig.

Inwiefern spielt die Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG eine Rolle bei der Beurteilung von Beleidigungen?

Die Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG spielt eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung von Beleidigungen. Sie ist ein grundlegendes Recht, das jedem das Recht gibt, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Allerdings ist dieses Recht nicht uneingeschränkt, sondern unterliegt bestimmten Grenzen, insbesondere wenn es um die Würde und Ehre anderer Personen geht.

In Fällen, in denen eine Äußerung als Beleidigung angesehen werden könnte, müssen die Gerichte eine Abwägung zwischen dem Recht auf Meinungsfreiheit und dem Schutz der persönlichen Ehre vornehmen. Diese Abwägung hängt von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab und berücksichtigt verschiedene Faktoren, wie den Kontext der Äußerung, die Absicht des Sprechers, die Art der Äußerung und ihre Auswirkungen auf die betroffene Person.

Es gibt jedoch bestimmte Ausnahmen, in denen eine Abwägung nicht erforderlich ist. Wenn eine Äußerung die Menschenwürde herabsetzt, eine Formalbeleidigung darstellt oder eine Schmähung ist, wird sie nicht als freie Meinungsäußerung angesehen. Eine Schmähung liegt vor, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.

Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass diese Ausnahmen strengen Voraussetzungen unterliegen und nur in besonderen Fällen gelten. Es hat auch betont, dass die Meinungsfreiheit ein äußerst wichtiges Grundrecht ist und dass im Zweifel von einer Meinung ausgegangen wird, um in die Abwägung zu gelangen, ob die Aussage nicht doch unter die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG fällt.

Es ist daher klar, dass die Meinungsfreiheit eine zentrale Rolle bei der Beurteilung von Beleidigungen spielt, aber sie ist nicht absolut und muss gegen andere grundlegende Rechte und Werte abgewogen werden.

Was versteht man unter einer Schmähkritik und wie grenzt sie sich von zulässiger Kritik ab?

Unter Schmähkritik versteht man eine Form der Kritik, die sich nicht mehr mit der Sache selbst auseinandersetzt, sondern primär darauf abzielt, eine Person herabzuwürdigen oder zu diffamieren. Der wesentliche Unterschied zu zulässiger Kritik liegt darin, dass bei der Schmähkritik der sachliche Bezug fehlt und die persönliche Diffamierung im Vordergrund steht.

Schmähkritik

Schmähkritik ist dadurch gekennzeichnet, dass sie über die bloße Äußerung einer Meinung oder Kritik hinausgeht und in erster Linie darauf abzielt, die betroffene Person zu beleidigen oder zu diffamieren. Ein zentrales Merkmal ist, dass der sachliche Diskurs verlassen wird und die Auseinandersetzung auf eine persönliche, herabsetzende Ebene verlagert wird. Schmähkritik ist rechtlich nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt und kann gemäß § 185 StGB als Beleidigung strafrechtlich verfolgt werden.

Abgrenzung zur zulässigen Kritik

Zulässige Kritik, auch wenn sie scharf oder polemisch formuliert ist, bleibt grundsätzlich im Rahmen der Meinungsfreiheit, solange sie sich auf sachliche Auseinandersetzungen bezieht und nicht primär darauf abzielt, eine Person zu diffamieren. Die Meinungsfreiheit schützt auch kritische, unangenehme oder provokante Äußerungen, solange diese einen Bezug zur Sache haben und nicht ausschließlich der Herabsetzung einer Person dienen.

Rechtliche Bewertung

Die rechtliche Bewertung, ob eine Äußerung als Schmähkritik einzustufen ist, erfordert eine sorgfältige Abwägung der Umstände des Einzelfalls. Dabei spielen der Kontext der Äußerung, die Intention des Äußernden und der Grad der persönlichen Herabsetzung eine entscheidende Rolle. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen ist und eine unzutreffende Einordnung einer Äußerung als Schmähkritik den Schutz der Meinungsfreiheit verkürzen würde.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Schmähkritik eine spezifische Form der Kritik darstellt, die sich durch ihren Fokus auf die Diffamierung und Herabwürdigung einer Person auszeichnet und sich damit von zulässiger, sachbezogener Kritik unterscheidet. Die Abgrenzung erfordert eine genaue Betrachtung des Einzelfalls und eine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und dem Schutz der persönlichen Ehre.

Wie wird der Begriff der Formalbeleidigung rechtlich eingeordnet?

Der Begriff der Formalbeleidigung bezieht sich auf Äußerungen, bei denen der beleidigende Charakter so im Vordergrund steht, dass ein sachlicher Gehalt der Äußerung gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt oder gar nicht vorhanden ist. Formalbeleidigungen sind rechtlich nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt und können strafrechtlich verfolgt werden. Sie sind Ehrverletzungen, die sich gerade aus der Form oder den äußeren Umständen ergeben, wie zum Beispiel Beschimpfungen oder Fäkalsprache.

Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass bei herabsetzenden Äußerungen, die die Menschenwürde eines anderen antasten oder sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen, die Meinungsfreiheit ausnahmsweise hinter den Ehrschutz zurücktritt. Dies bedeutet, dass in solchen Fällen die Äußerungen nicht durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung geschützt sind und eine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Ehrschutz zuungunsten der Meinungsfreiheit ausfallen kann.

Die rechtliche Einordnung einer Äußerung als Formalbeleidigung erfordert eine sorgfältige Prüfung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts, der Form, des Anlasses und der Wirkung der Äußerung. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die Äußerung zur Wahrnehmung berechtigter Interessen dient, was eine Rechtfertigung darstellen könnte.


Das vorliegende Urteil

BayObLG – Az.: 202 StRR 80/23 – Beschluss vom 06.11.2023

I. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Coburg vom 22.05.2023 wird als unbegründet verworfen.

II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten am 16.01.2023 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit Urteil vom 22.05.2023 als unbegründet verworfen. Mit seiner gegen das Berufungsurteil gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

II.

Die Berufungskammer hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Der vielfach vorbestrafte Angeklagte war bis Ende März 2022 mit der Mutter der Verletzten liiert. Weil die Mutter dem Angeklagten nach der Trennung für einen Antrag beim Arbeitsamt benötigte Unterlagen nicht zur Verfügung stellte, wollte der Angeklagte diese unter Druck setzen und zur Herausgabe der Unterlagen bewegen. Zu diesem Zweck veröffentlichte er auf Facebook eine Fotocollage verschiedener von der Verletzten gefertigter Torten und bewarb den Verkauf von Torten, wobei er deren Namen nannte. Nachdem die Verletzte am 04.04.2022 gegen 9.00 Uhr in einem Telefonat von dem Angeklagten verlangt hatte, den Beitrag bei Facebook zu löschen, äußerte der Angeklagte ihr gegenüber: „Ich mach euch fertig, ihr Schlampen!“.

III.

Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils deckt keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die erhobenen Verfahrensrügen entsprechen bereits nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und sind im Übrigen aus den Gründen der Zuleitungsschrift der Generalstaatsanwaltschaft M. auch unbegründet.

2. Der Schuldspruch wegen Beleidigung gemäß § 185 StGB hält im Ergebnis der sachlich-rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts weist keinen Rechtsfehler auf. Insbesondere wird diese den gesteigerten Anforderungen bei einer hier gegebenen Aussage-gegen-Aussage-Konstellation noch hinreichend gerecht (vgl. hierzu nur BayObLG, Beschluss vom 12.07.2021 – 202 StRR 76/21 = OLGSt StPO § 261 Nr. 31 m.w.N.). Soweit der Beschwerdeführer auf eine Beweisaufnahme in der Revisionsinstanz drängt, verkennt er das Wesen der Revision, die darauf gerichtet ist, das angefochtene Urteil auf Rechtsfehler zu überprüfen (§ 337 Abs. 1 StPO), sodass eine Beweisaufnahme, die allein dem Tatrichter obliegt, durch das Revisionsgericht von vornherein nicht in Betracht kommt.

b) Im Ergebnis zu Recht ist die Berufungskammer von der Erfüllung des Beleidigungstatbestands nach § 185 Var. 1 StGB ausgegangen.

aa) Die Bezeichnung der Gesprächspartnerin durch den Angeklagten als „Schlampe“ stellt zweifelsfrei durch die darin zum Ausdruck gekommene Missachtung einen Angriff auf die persönliche Ehre der Verletzten dar.

bb) Zwar ist es rechtsfehlerhaft, soweit das Berufungsgericht lapidar ausführt, es seien „keinerlei“ Anhaltspunkte für das Vorliegen berechtigter Interessen des Angeklagten ersichtlich. Denn das Landgericht hat dabei außer Acht gelassen, dass die Äußerung selbstverständlich am Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu messen ist. Indessen beruht das Urteil nicht auf diesem Rechtsfehler im Sinne des § 337 Abs. 1 StGB, weil die Meinungsäußerungsfreiheit des Angeklagten hinter das Recht der Verletzten auf Achtung ihrer persönlichen Ehre wegen der Besonderheiten des Tatgeschehens zurücktritt.

(1) Nach gefestigter verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung erfordert das Grundrecht der Meinungsfreiheit als Voraussetzung einer strafgerichtlichen Verurteilung nach § 185 StGB regelmäßig auf der Grundlage der konkreten Umstände einer Äußerung und ihrer Bedeutung eine abwägende Gewichtung der Beeinträchtigungen, die der persönlichen Ehre auf der einen und der Meinungsfreiheit auf der anderen Seite drohen. Nur in Ausnahmefällen tritt bei herabsetzenden Äußerungen, die die Menschenwürde eines anderen antasten oder sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen, die Meinungsfreiheit hinter den Ehrenschutz zurück, ohne dass es einer Einzelfallabwägung bedarf (BVerfG [2. Kammer des 1. Senats], Beschl. – jeweils – v. 19.05.2020 – 1 BvR 2397/19 = NJW 2020, 2622 = EuGRZ 2020, 589; 1 BvR 2459/19 = NJW 2020, 2629; 1 BvR 1094/19 = NJW 2020, 2631 = EuGRZ 2020, 595; 1 BvR 362/18 = NJW 2020, 2636 = DVBl 2020, 1279; vgl. hierzu auch BayObLG, Beschluss vom 04.07.2022 – 202 StRR 61/22 = NJW 2022, 3236 m.w.N.).

(2) Die inkriminierte Äußerung des Angeklagten ist nach den vom Tatgericht getroffenen Feststellungen sowohl als Schmähkritik als auch als Formalbeleidigung einzustufen, was eine Abwägung der gegenseitigen Rechte des Angeklagten einerseits und der Verletzten andererseits entbehrlich macht.

(a) Allerdings rechtfertigt nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts selbst eine überzogene, völlig unverhältnismäßige oder sogar ausfällige Kritik noch nicht die Einschätzung als Schmähung (BVerfG, Beschluss vom 09.02.2022 – 1 BvR 2588/20 = StV 2022, 380 = NJW 2022, 1523 = NVwZ-RR 2022, 441 = BeckRS 2022, 6210). Eine solche ist erst dann anzunehmen, wenn die Äußerung keinen nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat und es bei ihr nur um das grundlose Verächtlichmachen der betroffenen Person als solcher geht (BVerfG, Beschl. – jeweils – v. 19.05.2020 – 1 BvR 2397/19; 1 BvR 1094/19; 1 BvR 362/18 [a.a.O.]; BayObLG a.a.O.). Dies war hier indes der Fall. Der Beschimpfung ging ein Anruf der Verletzten voraus, die den Angeklagten aufforderte, die Veröffentlichung ihres Namens im Internet zu löschen. Auf dieses Verlangen reagierte der Angeklagte mit den Worten: „Ich mach euch fertig, ihr Schlampen“, ohne dass auch nur im Ansatz der an ihn herangetragene Wunsch bei verständiger Würdigung einen Anlass bieten würde, mit einer derartigen Verunglimpfung zu reagieren. Ein Sachzusammenhang zwischen der Titulierung als „Schlampe“, die in gewissen Kreisen verwendet wird gegenüber einer Person, der in sexual-ethischer Hinsicht tatsächliche oder vermeintliche Verfehlungen nachgesagt werden oder deren Lebensführung nicht den von der Gesellschaft an Minimalanforderungen gestellten sozial-adäquaten Verhaltens gerecht wird, und deren vorher geäußerten Anliegen bestand nach den tatrichterlichen Feststellungen nicht. Eine Auseinandersetzung in der Sache ist in der Verbalinjurie in Anbetracht des von der Verletzten vorher geäußerten Anliegens nicht zu finden. Es ging dem Angeklagten ersichtlich nur darum, seiner Gesprächspartnerin und deren Mutter, mit der er vorher liiert war, mit der Bezeichnung den persönlichen Achtungsanspruch, der jeder Person kraft ihres Menschseins zukommt, von vornherein abzusprechen. Ihm kam es ersichtlich allein darauf an, seine Gesprächspartnerin „niederzumachen“ (vgl. hierzu BVerfG [2. Kammer des 1. Senats], Beschluss vom 14.06.2019 – 1 BvR 2433/17 = NJW 2019, 2600 = NStZ-RR 2019, 277 = K& R 2019, 582 = EuGRZ 2019, 431 = MMR 2019, 668 = BayVBl 2019, 742 = JR 2020, 28 = DVBl 2020, 43 = BeckRS 2019, 15126; 09.02.2022 – 1 BvR 2588/20 = StV 2022, 380 = NJW 2022, 1523 = NVwZ-RR 2022, 441 = BeckRS 2022, 6210).

(b) Überdies ist die inkriminierte Äußerung auch als Formalbeleidigung zu werten. Hiervon ist bei der Verwendung besonders krasser, aus sich heraus herabwürdigender Schimpfwörter – etwa aus der Fäkalsprache – auszugehen, bei denen die gesellschaftlich absolut missbilligte und tabuisierte Begrifflichkeit dazu führt, dass sie in aller Regel von vornherein nicht dem grundrechtlichen Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit unterliegt (BVerfG [2. Kammer des 1. Senats], Beschluss vom 19.05.2020 – 1 BvR 2397/19 [a.a.O.]; BVerfGE 82, 43, 51 = NJW 1990, 1980; BVerfGE 93, 266, 294 = NJW 1995, 3303; BVerfG, Beschluss vom 14.06.2019 – 1 BvR 2433/17 [a.a.O.]; BayObLG a.a.O.). Die Bezeichnung einer Gesprächspartnerin als „Schlampe“ erfüllt diese Anforderungen, zumal – wie bereits dargelegt – nicht ansatzweise eine Konnexität zwischen dem vorangegangenen Verhalten der Verletzten und deren Verunglimpfung durch den Angeklagten bestand.

(3) Ungeachtet dessen tritt aber selbst bei Vornahme einer Abwägung der widerstreitenden Interessen die Meinungsäußerungsfreiheit des Angeklagten aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles hinter den Schutz der persönlichen Ehre der Verletzten zurück. Zwar spricht einerseits zugunsten des Angeklagten, dass die Äußerung anlässlich eines Telefonats mit der Verletzten gefallen ist, sodass keine Wahrnehmung durch Dritte erfolgte und deshalb der Integritätsangriff keine erhebliche Wirkung entfalten konnte (vgl. hierzu BayObLG a.a.O.). Auch handelte es sich um eine spontane Entgleisung des Angeklagten, der aufgrund der vorangegangenen Trennung von der Mutter der Verletzten offensichtlich aufgebracht war. Dagegen ist andererseits auf Seiten der Verletzten aber zu berücksichtigen, dass es bei dem Gespräch nicht etwa um eine die Öffentlichkeit berührende Angelegenheit oder dergleichen ging, bei welcher der Meinungsäußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht zukäme. Vielmehr handelt es sich um eine reine Privatfehde, bei der es dem Angeklagten darauf ankam, seine Gesprächspartnerin, deren Verhalten nach den tatrichterlichen Feststellungen nicht im Geringsten einen Anlass für die Äußerung des Angeklagten geboten hat, ohne jeden Kontext zu der vorangegangenen Unterhaltung in übler Art zu beschimpfen. Bei einer wertenden Gegenüberstellung und Abwägung der genannten Gesichtspunkte hat aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls die Meinungsäußerungsfreiheit des Angeklagten hinter das Persönlichkeitsrecht des Verletzten zurückzutreten, sodass sein Verhalten nicht nach § 193 StGB i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gerechtfertigt ist.

3. Auch der Rechtsfolgenausspruch weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

Es beschwert den Angeklagten nicht, dass die Berufungskammer im Rahmen der Strafzumessung rechtsfehlerhaft ein „Teilgeständnis“ zu seinen Gunsten gewertet hat, weil er einräumte, dass überhaupt ein Telefonat stattgefunden hat und er die Fotocollage im Internet veröffentlicht hatte. Von einem teilweisen Geständnis kann insoweit nicht die Rede sein, weil der Angeklagte das strafbare Verhalten, nämlich die inkriminierte Äußerung, gerade bestritten hat. Zwar stellt das Bestreiten des Tatvorwurfs zulässiges Verteidigungsverhalten dar, das nicht zu seinen Lasten gewertet werden darf (vgl. zuletzt nur BayObLG, Beschluss vom 13.12.2022 – 202 ObOWi 1458/22 = NStZ-RR 2023, 88 = ZfSch 2023, 287 m.w.N.). Andererseits kann aber ein Strafmilderungsgrund nicht etwa erblickt, dass er lediglich Umstände einräumt, die für die Beurteilung der Strafbarkeit des Verhaltens ohne Bedeutung sind. Die strafmildernde Berücksichtigung eines Geständnisses hat nicht etwa ihren Grund darin, dass es die Beweisaufnahme erleichtert, sondern findet seine Rechtfertigung, wenn und soweit in der Einlassung Schuldeinsicht und Reue zum Ausdruck kommt. Davon kann aber bei einem Angeklagten, der den Tatvorwurf bestreitet, nicht die Rede sein (vgl. BGH, Urt. v. 24.02.2016 – 2 StR 319/15 = StV 2016, 473 = NStZ 2017, 59).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

 

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