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Fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung – Absehen Fahrerlaubnisentziehung nach Trunkenheitsfahrt

Von Trunkenheit zur Straßenverkehrsgefährdung – Keine Fahrerlaubnisentziehung?

Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte einen Angeklagten wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung infolge Alkoholgenusses zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen und verhängte ein dreimonatiges Fahrverbot. Nach erfolgreicher Teilnahme an einer Verkehrstherapie und Alkoholseminaren wurde festgestellt, dass keine charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen mehr vorliegt, weshalb der Führerschein zurückgegeben wurde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: (295 Cs) 3012 Js 7602/14 (148/14)   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Verurteilung zu 40 Tagessätzen Geldstrafe aufgrund von fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung durch Alkohol.
  2. Dreimonatiges Fahrverbot für den Angeklagten.
  3. Einspruch des Angeklagten gegen den Strafbefehl, beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch.
  4. Erstmalige Straftat des Angeklagten mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,53 ‰.
  5. Teilnahme an Verkehrstherapie und Alkoholseminaren als Nachweis der Besserung.
  6. Feststellung der charakterlichen Eignung zum Führen von Fahrzeugen durch das Gericht.
  7. Rückgabe des Führerscheins nach Verbüßung des Fahrverbots.
  8. Kostenentscheidung gemäß § 465 Abs. 1 Satz 1 StPO.

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Fahrlässige Straßen-Gefährdung: Fahrerlaubnis nach Trunkenheit nicht entzogen
(Symbolfoto: Feelimage /Shutterstock.com)

In Deutschland kann eine Fahrerlaubnisentziehung nach einer Trunkenheitsfahrt bei fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung unter bestimmten Umständen ausgesetzt werden. Die Entscheidung hängt von Faktoren wie dem Grad der Fahrlässigkeit, der Fahrpraxis des Betroffenen und der Auswirkung auf die Verkehrssicherheit ab.

Ein Beispiel: Das Landesgericht Braunschweig verzichtete auf die Entziehung der Fahrerlaubnis, da es sich um einen Einzelfall mit keiner Vorstrafenregistrierung handelte. Im Folgenden wird ein konkretes Urteil zum Thema „Fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung – Absehen Fahrerlaubnisentziehung nach Trunkenheitsfahrt“ vorgestellt. Dabei geht es um die Verhängung einer Geldstrafe und eines Fahrverbots, welches durch Alkoholgenuss verursacht wurde.

Trunkenheitsfahrt führt zu juristischen Konsequenzen

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin verhandelte kürzlich einen Fall von fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung, der durch eine Trunkenheitsfahrt ausgelöst wurde. Der Angeklagte, ein 60-jähriger Familienvater und Mitarbeiter in einer Arztpraxis, wurde auf der Grundlage eines rechtskräftigen Strafbefehls zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 65 Euro verurteilt. Dieser Fall wirft ein Schlaglicht auf die strengen Maßnahmen, die das deutsche Strafrecht im Falle von Verkehrsdelikten infolge von Alkoholgenuss vorsieht.

Fahrverbot als Teil der Strafe

Neben der Geldstrafe wurde dem Angeklagten für die Dauer von drei Monaten untersagt, jegliche Art von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Dieses Fahrverbot stellt eine zusätzliche Maßnahme dar, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten und als Abschreckung für potenzielle Nachahmungstäter zu dienen. Die Entscheidung des Gerichts unterstreicht die Notwendigkeit, bei Trunkenheitsfahrten nicht nur mit finanziellen, sondern auch mit mobilitätseinschränkenden Konsequenzen zu reagieren.

Bewertung der charakterlichen Eignung des Angeklagten

Ein zentraler Aspekt des Urteils war die Bewertung der charakterlichen Eignung des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen. Nachdem der Angeklagte eine mehrmonatige Verkehrstherapie und Alkoholseminare absolviert hatte, entschied das Gericht, dass keine charakterliche Ungeeignetheit mehr feststellbar sei. Der sachverständige Zeuge, ein Verkehrspsychologe und Suchtberater, bestätigte die Abstinenz des Angeklagten seit Juni 2014. Diese positive Entwicklung wurde bei der Urteilsfindung berücksichtigt und führte zur Entscheidung, dass ein dreimonatiges Fahrverbot ausreichend sei.

Abschluss und Ausblick auf das Urteil

Das Urteil zeigt auf, wie das deutsche Rechtssystem mit Fällen von fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung umgeht. Es betont die Bedeutung von sowohl Bestrafung als auch Rehabilitation. Die Verhängung der Geldstrafe und des Fahrverbots dient als Abschreckung und Maßnahme zur Gewährleistung der Sicherheit im Straßenverkehr, während die Berücksichtigung der Rehabilitationsmaßnahmen des Angeklagten die Möglichkeit einer Wiedereingliederung in den Straßenverkehr aufzeigt. Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit eines ausgewogenen Ansatzes im Verkehrsstrafrecht, der sowohl die Sicherheit der Allgemeinheit als auch die Möglichkeit zur Besserung des Einzelnen berücksichtigt.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was versteht man unter fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung im deutschen Recht?

Fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung im deutschen Recht bezieht sich auf Situationen, in denen eine Person durch ihr Verhalten im Straßenverkehr Leib, Leben oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, ohne dass dies beabsichtigt war. Dies kann durch verschiedene Handlungen geschehen, darunter das Führen eines Fahrzeugs trotz Unfähigkeit aufgrund von Alkohol- oder Drogenkonsum, geistigen oder körperlichen Mängeln, oder durch grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Verhalten wie das Missachten der Vorfahrt oder falsches Überholen.

Gemäß § 315c des Strafgesetzbuches (StGB) wird fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet. Darüber hinaus kann bei allen Straßenverkehrsgefährdungen die Entziehung der Fahrerlaubnis als Maßregel verhängt werden.

Es ist zu beachten, dass die Strafe für fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung weniger streng ist als die für vorsätzliche Handlungen.

Welche Rolle spielt die Blutalkoholkonzentration bei der Beurteilung einer Trunkenheitsfahrt?

Die Blutalkoholkonzentration (BAK) spielt eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung einer Trunkenheitsfahrt im deutschen Recht. Es gibt bestimmte Grenzwerte, die als Indikatoren für Fahruntüchtigkeit gelten.

Eine absolute Fahruntüchtigkeit wird unwiderlegbar vermutet, wenn die BAK 1,1 Promille oder mehr beträgt. In diesem Fall kann eine Person wegen Trunkenheitsfahrt nach § 316 des Strafgesetzbuches (StGB) verurteilt werden.

Bei einer BAK von weniger als 1,1 Promille, aber mindestens 0,3 Promille, kann eine sogenannte „relative Fahruntüchtigkeit“ angenommen werden, wenn zusätzlich erhebliche Fahrfehler oder rauschbedingte Ausfallerscheinungen festgestellt werden. In solchen Fällen ist die Beurteilung jedoch komplexer und hängt von weiteren Faktoren ab, wie dem Fahrverhalten und eventuellen Unfällen.

Es ist auch möglich, dass eine Person trotz einer hohen BAK keine Ausfallerscheinungen zeigt. In solchen Fällen kann das Fehlen von Ausfallerscheinungen als aussagekräftige Zusatztatsache angesehen werden, die eine medizinisch-psychologische Untersuchung rechtfertigen kann, auch wenn die Grenze von 1,6 Promille nicht erreicht wurde.

Es ist zu erwähnen, dass die BAK allein nicht ausreicht, um eine Trunkenheitsfahrt zu beweisen. Andere Faktoren, wie das Verhalten des Fahrers und die Umstände der Fahrt, werden ebenfalls berücksichtigt. In einigen Fällen kann eine Trunkenheitsverurteilung sogar ohne konkrete BAK-Feststellung möglich sein, wenn die Fahrweise des Fahrers auf eine Trunkenheitsfahrt hindeutet.


Das vorliegende Urteil

AG Tiergarten – Az.: (295 Cs) 3012 Js 7602/14 (148/14) – Urteil vom 20.02.2015

Der Angeklagte wird auf der Grundlage des im Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 03.09.2014 zu einer Geldstrafe von 40 (vierzig) Tagessätzen zu je 65,00 (fünfundsechzig) Euro verurteilt.

Dem Angeklagten wird für die Dauer von 3 Monaten verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr  zu führen.

Für die das Fahrverbot übersteigende Dauer der vorläufigen Entziehung seiner Fahrerlaubnis wird dem Angeklagten einen Entschädigung versagt.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.

§ 44 StGB

Gründe

(Abgekürzte Fassung gemäß § 267 Abs. 4 StPO)

Der heute 60 Jahre alte Angeklagte ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Seine Ehefrau ist als niedergelassene Ärztin selbst berufstätig. Er selbst arbeitet ebenfalls in deren Praxis, wo er u. a. für Computer, Qualitätsmanagement, logistische Aufgaben etc. verantwortlich ist. Seine monatlichen Nettoeinkünfte gibt er mit 2.000,00 € an. Außer ihm arbeiten noch drei weitere Angestellte in der Praxis der Ehefrau.

Die Fahrerlaubnis für Pkw besitzt der Angeklagte seit seinem 19. Lebensjahr. Sein Führerschein vom 26.09.1990 war für das vorliegende Verfahren seit dem 24.05.2014 einbehalten und ist ihm am Tag der Hauptverhandlung unter Aufhebung des hiesigen Beschlusses vom 05.06.2014 – 295 Gs 83/14 – zurückgereicht worden.

Seinen Einspruch gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 3. September 2014 hat der Angeklagte zulässig auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Der genannte Strafbefehl, auf den verwiesen wird, ist danach im übrigen in Rechtskraft erwachsen.

Zur Ahndung dieser erstmaligen Straftat des Angeklagten (fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs infolge Alkoholgenusses am 24. Mai 2014 gegen 10.00 Uhr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,53 ‰ zurzeit der Blutentnahme um 11.27 Uhr des Tattages) erschien die Verhängung einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen tat- und schuldangemessen. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes hat das Gericht gemäß § 40 Abs. 2 StGB mit 65,00 € bemessen.

Die in der Hauptverhandlung entscheidende Frage war, ob der Angeklagte zum Urteilszeitpunkt immer noch als charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen war oder nicht. Im Ergebnis des Hauptverhandlungstermins stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass eine charakterliche Ungeeignetheit des Angeklagten nicht mehr feststellbar war. Dieser hat die Zeit bis zur Hauptverhandlung genutzt, um eine mehrmonatige Verkehrstherapie mit 12 Einzelgesprächen von je 60 Minuten sowie sechs Alkoholseminaren zu je 90 Minuten Dauer bei dem Verkehrspsychologen und Suchtberater … durchzuführen. Dieser ist in der Hauptverhandlung als sachverständiger Zeuge vernommen worden. Das Gericht vermochte sich insofern von der Ernsthaftigkeit und vom Gewicht der durchgeführten Therapie für den Angeklagten selbst ein Bild zu verschaffen. Der sachverständige  Zeuge … hat glaubhaft ausgeführt, dass der Angeklagte nunmehr seit Juni 2014 abstinent sei. Seine Fähigkeit zur Selbstreflektion sei selten und ungewöhnlich. Zeichen für einen bestehenden Alkoholismus bestehen nicht.

Nach dem in Hauptverhandlung von dem Angeklagten selbst gewonnenen Eindruck und angesichts der Ausführungen des sachverständigen Zeugen … sowie in Anbetracht der nicht unerheblich langen Dauer der vorläufigen Einbehaltung des Führerscheins des Angeklagten vermochte das Gericht jedenfalls zum Urteilszeitpunkt keine charakterliche Ungeeignetheit des selben mehr festzustellen. Zur nachträglichen Ahndung erschien vielmehr die Verhängung eines 3monatigen Fahrverbotes gemäß § 44 StGB als ausreichend. Dieses war zum Urteilszeitpunkt bereits gemäß § 51 Abs. 1 und Abs. 5 StGB vollstreckt, sodass der Führerschein dem Angeklagten zurückgereicht werden konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 Satz 1 StPO.

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