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Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

OLG Zweibrücken – Az.: 1 OLG 2 Ss 5/18 – Urteil vom 13.04.2018

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil der 3. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 13. Oktober 2017 wird als unbegründet verworfen; jedoch wird die Urteilsformel dahingehend geändert, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt ist.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Landeskasse zur Last, die dem Angeklagten auch seine hierdurch veranlassten notwendigen Auslagen zu erstatten hat.

Gründe

Das Amtsgericht – Schöffengericht Landau in der Pfalz hat den Angeklagten am 3. Mai 2017 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 10.000,– EUR angeordnet. Auf die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten hat das Landgericht am 13. Oktober 2017 dieses Urteil aufgehoben und den Angeklagten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig gesprochen und ihn zu einer „Freiheitsstrafe“ von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe hat das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hat es die Einziehung des Werts des Erlangten in Höhe von 9.635,– EUR angeordnet. Die weitergehende Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht als unbegründet verworfen.

Mit ihrer auf die Sachrüge gestützten, zum Nachteil des Angeklagten erhobenen Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Höhe der Einzelfreiheitsstrafen und der Gesamtstrafe.

I.

1.

Nach den Feststellungen des Landgerichts stand dem Angeklagten, der an der TU Kaiserslautern ein Studium im Bereich Facility Management betrieb, im Sommer 2016 ein Geldbetrag von ca. 60.000,– EUR zur Verfügung, der aus Ersparnissen sowie aus einer Schenkung seiner Großmutter stammte. Der Angeklagte, der in der Vergangenheit bereits kleinere Geschäfte mit Drogen getätigt hatte, entschloss sich, von dem Geld eine größere Menge Marihuana zu erwerben, um dieses gewinnbringend weiter zu veräußern; einen Teil der Betäubungsmittel wollte der Angeklagte zum Eigenkonsum behalten. Er wandte sich deshalb an einen Bekannten, den gesondert verfolgten W, der einen Kontakt zu dem gesondert verfolgten A herstellte. Bei diesem bestellte der Angeklagten 10 kg Marihuana zum Preis von 60.000,–. In der Folgezeit übergab der Angeklagte 15.000,– EUR in bar an A als Anzahlung. Am 13. Oktober 2016 zahlte der Angeklagte die restlichen 45.000,– EUR an A aus, der anschließend 10 Packen Marihuana mit einem Nettogesamtgewicht von 9.900,4 Gramm und einem Wirkstoffgehalt von mindestens 1.222,2 Gramm THC an den Angeklagten übergab. Im Anschluss an die Übergabe wurde der Angeklagte festgenommen, da A während der Abwicklung der Übergabe unter polizeilicher Observation gestanden hatte. Bei dem Angeklagten wurden im Rahmen der Festnahme 415,– EUR Scheingeld sichergestellt, die zur Abwicklung des Betäubungsmittelgeschäfts bestimmt gewesen waren.

Im Rahmen der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden bei dem Angeklagten weiteres Marihuana sowie Cannabis sichergestellt deren Gesamtwirkstoffgehalt den Grenzwert zur nicht geringen Menge um das ca. 21-fache überstieg und die teils zum Weiterverkauf, teils zum Eigenkonsum bestimmt gewesen waren. Ferner wurde Bargeld in Höhe von 9.220,– EUR sichergestellt, welches teilweise aus früheren Betäubungsmittelgeschäften des Angeklagten stammte und das zur Bezahlung der Provision des gesondert verfolgten W bestimmt gewesen war.

2.

Das Landgericht hat eine Bewertungseinheit zwischen den von A entgegen genommenen Betäubungsmitteln und den in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Drogen ausgeschlossen und die festgestellten Handlungen rechtlich als zwei tatmehrheitlich begangene Verbrechen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) gewertet. Jeweils ausgehend von dem gemilderten Strafrahmen des § 29a Abs. 2 BtMG hat es hinsichtlich der von A bezogenen Menge (Fall 1) eine Einzelstrafe von einem Jahr und neun Monaten und hinsichtlich der in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Betäubungsmittel (Fall 2) eine solche von acht Monaten verhängt und hieraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren gebildet. Ferner hat es „gem. §§ 73c, 74 Abs. 1 StGB“ die Einziehung des sichergestellten Bargelds angeordnet.

II.

Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft führt lediglich zu einer Berichtigung des Tenors der angefochtenen Entscheidung; im Übrigen bleibt ihr ein Erfolg versagt.

A.

Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
(Symbolfoto: Von ESB Professional/Shutterstock.com)

Die Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Die Beschwerdeführerin hat zwar in ihrer Revisionsbegründung eine Beschränkung ihres Rechtsmittels nicht erklärt und die Sachbeschwerde ausdrücklich uneingeschränkt erhoben. Auch ist ihr Antrag in der Revisionsbegründungsschrift vom 19. Dezember 2017 auf eine (uneingeschränkte) Aufhebung des Berufungsurteils mit den Feststellungen und Zurückverweisung an das Landgericht gerichtet. Mit diesem, den Schuld- und Strafausspruch umfassenden Revisionsantrag steht jedoch der übrige Inhalt der Revisionsbegründungsschrift nicht in Einklang. Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin das Urteil deshalb für fehlerhaft hält, weil das Landgericht der Bemessung der Freiheitsstrafe zu Unrecht den Strafrahmen des minder schweren Falls nach § 29a Abs. 2 BtMG zugrunde gelegt und die (Einzel-)Freiheitsstrafen sowie die Gesamtstrafe unangemessen milde bemessen habe. Somit widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung. In einem solchen Fall ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, Urteile vom 12.04.1989 – 3 StR 453/88, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3 und vom 25.11.2003 – 1 StR 182/03, NStZ-RR 2004, 118; s.a.: Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 10).

1.

Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung ist allein der Strafausspruch angefochten und der Schuldspruch sowie die Einziehungsentscheidung vom Rechtsmittelangriff ausgenommen. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin nach Erhebung der allgemeinen Sachrüge in der Revisionsrechtfertigungsschrift einleitend ausgeführt hat, in ihren weiteren Ausführungen liege keine Beschränkung der Sachbeschwerde, zeigt mangels eines Hinweises auf einen weiteren Rechtsfehler des Urteils kein weitergehendes Angriffsziel der Revision auf. Unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV versteht der Senat daher das gesamte Revisionsvorbringen dahin, dass die Staatsanwaltschaft den Schuldspruch sowie die Entscheidung über die Einziehung nicht angreifen will (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285).

2.

Voraussetzung für eine wirksame Beschränkung der Revision ist, dass sie sich auf Beschwerdepunkte bezieht, die nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbständig beurteilt werden können, ohne eine Prüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich zu machen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 318 Rn. 6 m.w.N.). Eine Beschränkung ist aber auch dann unwirksam, wenn die Gefahr besteht, dass die nach dem Teilrechtsmittel (stufenweise) entstehende Gesamtentscheidung nicht frei von inneren Widersprüchen bleiben kann (BGH, Beschluss vom 21.10.1980 – 1 StR 262/80, juris = BGHSt 29, 359, 366; Beschluss vom 15.05.2001 – 4 StR 306/00, juris = BGHSt 47, 32, 35 und 38).

3.

Die Beschränkung des Rechtsmittels ist nach diesen Grundsätzen rechtswirksam. Es liegen keine Umstände vor, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung der Erörterungen zur Schuld- und Straffrage ergibt, was insbesondere dann der Fall wäre, wenn vom Landgericht strafmildernd gewertete und deshalb von der Revision angegriffene Umstände tatsächlich (auch) den Schuldspruch beträfen. Mit ihrer Revision rügt die Staatsanwaltschaft – neben zahlreichen anderen Einwendungen gegen die Vollständigkeit und Gewichtung einzelner Strafzumessungserwägungen – zwar auch, dass das Landgericht versäumt habe, den Strafzumessungsgesichtspunkt der Gewerbsmäßigkeit zu prüfen und gegebenenfalls miteinzubeziehen. Das Merkmal des gewerbsmäßigen Handelns (§ 29 Abs. 3 BtMG) betrifft jedoch allein den Rechtsfolgeausspruch. Denn die Gewerbsmäßigkeit eines Handelns wird durch ein subjektives Moment, nämlich die Absicht des Täters, sich durch wiederholte Tatbegehung eine Einnahmequelle zu verschaffen, begründet (OLG Köln, Beschluss vom 12.01.2016 – III-1 RVs 243/15, juris Rn. 7; KG Berlin, Beschluss vom 12.01.2017 – (5) 121 Ss 197/16 (56/16), juris Rn. 11). Entsprechende Feststellungen und Wertungen könnten im Falle der Aufhebung des Rechtsfolgeausspruches nach Zurückverweisung durch das Landgericht ergänzend nachgeholt werden, ohne dass Widersprüche zum bestandskräftig gewordenen Schuldspruch zu besorgen wären. Eine untrennbare Verknüpfung des Strafausspruchs besteht hier auch nicht in Bezug auf den Ausspruch über die Einziehung, sodass auch dieser wirksam vom Rechtsmittelangriff ausgenommen werden konnte (vgl. zur Trennbarkeit von Strafausspruch und Verfallsanordnung: BGH, Urteil vom 15.05.2013 – 1 StR 476/12, NStZ-RR 2013, 279, 280).

B.

Die sachlich-rechtliche Prüfung des Rechtsfolgeausspruchs auf das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft deckt einen durchgreifenden Rechtsfehler nicht auf.

1.

Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Er allein ist in der Lage, sich aufgrund der Hauptverhandlung einen umfassenden Eindruck von Tat und Täter zu verschaffen. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn Rechtsfehler vorliegen, insbesondere wenn der Tatrichter von einem falschen Strafrahmen ausgegangen ist, seine Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind oder rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Betracht gelassen haben oder wenn sich die Strafe von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, soweit nach oben oder nach unten inhaltlich löst, dass ein grobes Missverhältnis von Schuld und Strafe offenkundig ist. Die Höhe der vom Tatrichter für den jeweiligen Fall bestimmten Strafe kann vom Revisionsgericht anhand der im Urteil dargelegten Umstände nicht ohne weiteres nachgeprüft werden. Bei der Gewichtung der einzelnen Umstände spielen vielmehr die aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung und dem Eindruck von der Persönlichkeit des Angeklagten gewonnenen Momente eine Rolle, die sich einer exakten Richtigkeitskontrolle entziehen und schon deshalb eine volle Nachprüfung des Strafausspruchs durch den Revisionsrichter ausschließen. In Zweifelsfällen muss die Strafzumessung des Tatrichters bis zur Grenze des noch Vertretbaren hingenommen werden (st. Rspr. vgl. Senat, Urteil vom 07.06.1996 – 1 Ss 51/96, juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 10.04.1987 – GSSt 1/86, juris Rn. 17 f. = BGHSt 34, 345; Urteil vom 27.01.2015 – 1 StR 142/14, juris Rn. 24; Weber, BtMG, 5. Aufl., Vor §§ 29ff. Rn. 784; Miebach/Maier in MünchKomm-StGB, 3. Aufl., § 46 Rn. 307 jeweils mwN.).

2.

An diesen revisionsrechtlichen Maßstäben gemessen erweisen sich weder die Annahme des Landgerichts, der mildere Ausnahmestrafrahmen des § 29a Abs. 2 BtMG sei hinsichtlich beider Taten angemessen, noch die Bemessung der jeweiligen Einzelstrafen als durchgreifend rechtsfehlerhaft. Zwar nähern sich diese – und dadurch bedingt die Gesamtstrafe – mit Blick auf die Menge der jeweils gehandelten Betäubungsmittel durchaus der unteren Grenze des noch Vertretbaren an. Der Senat kann aber noch ausschließen, dass die Grenze des tatrichterlichen Ermessens in rechtfehlerhafter Weise unterschritten ist. Weder im Rahmen der Bestimmung des Strafrahmens, noch bei der konkreten Strafzumessung sind dem Tatgericht Wertungsfehler unterlaufen. Die Ausführungen der Berufungskammer sind auch weder lückenhaft noch unvollständig oder in sonstiger Weise rechtsfehlerhaft. Die bestimmenden Umstände sind aufgeführt und in vertretbarer Weise abgewogen, ohne dass dabei rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Betracht geblieben sind. Auch insgesamt sind die verhängten Strafen nicht dergestalt unvertretbar milde, dass hierdurch die Grundsätze gerechten Schuldausgleichs nicht mehr eingehalten werden.

a) Rechtlich bedenklich ist allerdings, dass das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung die zum Handel bestimmten Mengen nicht von denjenigen abgegrenzt hat, die der Angeklagte (lediglich) zum Eigenkonsum erworben bzw. besessen hat. Dies lässt besorgen, dass das Tatgericht im Rahmen der Strafzumessung die jeweiligen Gesamtmengen dem Handeltreiben zugerechnet hat und deshalb insoweit zum Nachteil des Angeklagten von einem zu hohen Schuldgehalt ausgegangen sein kann (vgl. BGH, Beschluss vom 19.09.2001 – 3 StR 268/01, juris Rn. 7). Auf diesem, auf die Revision der Staatsanwaltschaft beachtlichen Rechtsfehler (§ 301 StPO) kann das Urteil jedoch nicht beruhen. Denn der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht aufgrund der gebotenen Differenzierung der Betäubungsmittel nach ihrem Verwendungszweck ohne Rechtsfehler zu einer noch milderen Bestrafung hätte kommen können.

b) Das Landgericht hat in beiden Fällen tragfähig begründet, weshalb es den gemilderten Strafrahmen des § 29a Abs. 2 BtMG für angemessen gehalten hat. Seine Ausführungen lassen insbesondere nicht besorgen, dass es im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung (hierzu: Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29a Rn. 121 m.w.N.) verkannt haben könnte, dass im Betäubungsmittelstrafrecht der Gesamtwirkstoffmenge des Wirkstoffs bezogen auf den Grenzwert zur nicht geringen Menge und dem darin zum Ausdruck kommenden Gewicht des Angriffs auf die Volksgesundheit wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 08.11.1989 – 3 StR 368/89, NStZ 1990, 84, 85). Das Landgericht hat, was die Beschwerdeführerin auch nicht in Abrede stellt, ausweislich der Urteilsgründe das Überschreiten des Grenzwertes um ein Vielfaches (im Fall 1 um das ca. 180-fache, im Fall 2 um das ca. 21-fache) vielmehr ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt. Die Beschwerdeführerin weist zwar im Ausgangspunkt zu Recht darauf hin, dass die für die Annahme eines minder schweren Falles herangezogenen mildernden Gesichtspunkte umso gewichtiger sein müssen, desto höher die Grenzmenge überschritten wird (BGH, Urteile vom 23.12.1998 – 3 StR 531/98, NStZ 1999, 193, und vom 15.03.2017 – 2 StR 294/16, NJW 2017, 2776, 2777; s. a. Patzak aaO. Rn. 128). Solche mildernden Umstände von erheblichen Gewicht hat das Landgericht hier aber angeführt. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn es im Ergebnis seiner Abwägung ein deutliches Überwiegen dieser Gesichtspunkte gegenüber dem straferschwerenden Umstand einer den Grenzwert um ein Vielfaches übersteigenden Menge angenommen hat. Ein Rechtssatz dahingehend, dass bei einem Handeltreiben mit Cannabis das Überschreiten eines bestimmten Vielfachen des Grenzwertes i.S.v. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG die Annahme eines minder schweren Falls (§ 29a Abs. 2 BtMG) stets und unabhängig von den im konkreten Fall festgestellten mildernden Gesichtspunkten ausschließt, existiert nicht (s.a. Weber, aaO. Vor §§ 29 ff. Rn. 796).

Das Landgericht hat eine Vielzahl gewichtiger mildernder Umstände benannt. So hat es zugunsten des Angeklagten insbesondere darauf abgestellt, dass er – über die Erkenntnisse aus der Observation hinaus – geständig war, glaubhaft Reue und Einsicht gezeigt hat, nicht vorbestraft ist, durch die ca. einen Monat andauernde Untersuchungshaft nachhaltig beeindruckt wurde und dass im Fall 1 aufgrund der Überwachung der Übergabe zu keinem Zeitpunkt die Gefahr bestanden hat, dass die Betäubungsmittel in den Verkehr gelangen. Das Landgericht war aus Rechtsgründen auch nicht daran gehindert, dem Umstand, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Betäubungsmitteln um eine sog. „weiche“ Droge handelt, im Rahmen der Abwägung ebenfalls milderndes Gewicht beizumessen (vgl. Senat, aaO. Rn. 5; BGH, Urteil vom 28.01.2009 – 5 StR 465/08, juris Rn. 7; Patzak aaO. Vor §§ 29 ff. Rn. 126, 209; Weber aaO. Vor. §§ 29 Rn. 795). Der Senat besorgt im Hinblick auf den in diesem Zusammenhang gegebenen Hinweis des Landgerichts auf die „politisch immer wieder [thematisierte] Frage der Legalisierung“ (UA S. 9) nicht, das Landgericht könnte die Gefährlichkeit von Cannabis verkannt oder verharmlost und die gesetzgeberische Entscheidung, nicht zwischen verschiedenen Rauschgiftarten zu differenzieren (hierzu: BGH, Urteil vom 08.10.1997 – 3 StR 299/97, NStZ 1998, 254, 255), übergangen haben. Diese Ausführung dient ersichtlich lediglich der Begründung der Einordnung von Cannabis als „weiche“ Droge, der in der Bandbreite der vorkommenden Betäubungsmittel geringere Gefährlichkeit beigemessen wird. Die Wertung, dass diese mildernden Umstände in ihrer Gesamtheit geeignet sind, trotz des erheblichen Überschreitens des Grenzwertes die Annahme eines Ausnahmefalls zu begründen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und daher vom Revisionsgericht hinzunehmen.

c) Soweit die Beschwerdeführerin meint, die Berufungskammer habe verabsäumt, den „sich aufdrängenden Strafzumessungsgesichtspunkt der Gewerbsmäßigkeit zu prüfen und gegebenenfalls miteinzubeziehen“, entfernt sie sich von den Urteilsfeststellungen. Diese belegen nicht, dass der Angeklagte in der Absicht gehandelt hat, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen (vgl. Patzak aaO. § 29 Teil 27 Rn. 22). Im Übrigen ist es dem Tatrichter zwar nicht verwehrt, dem Umstand gewerbsmäßigen Handelns auch im Rahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG strafschärfende Bedeutung beizumessen (vgl. BGH Beschluss vom 03.09.1997 – 2 StR 431/97 -, juris Rn. 4). Eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist aber weder rechtlich geboten noch möglich. Daraus, dass ein für die Strafzumessung bedeutsamer Umstand nicht ausdrücklich angeführt worden ist, kann daher nicht ohne weiteres geschlossen werden, der Tatrichter habe ihn überhaupt nicht gesehen oder nicht gewertet (BGH, Urteile vom 02.08.2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, und vom 31.07.2014 – 4 StR 216/14, NStZ-RR 2014, 320). Ein sachlicher Fehler liegt (erst) vor, wenn in den Urteilsgründen Umstände außer Acht gelassen werden, die für die Beurteilung des Unrechts- und Schuldgehalts und damit die Schwere der Tat von besonderer Bedeutung sind, weshalb deren Einbeziehung in die Strafzumessungserwägungen nahelag (Miebach/Maier aaO. § 46 Rn. 84). Eine solche besondere Bedeutung, die den Tatrichter zur Erörterung in den Urteilsgründen zwingt, kommt dem Umstand gewerbsmäßigen Handelns im Rahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht bei (vgl. bereits Senat aaO. Rn. 5). Entsprechendes gilt für den in der Revisionsrechtfertigung angeführten Umstand, dass der Angeklagte im Fall 1 der Initiator des Geschäfts gewesen war und damit „letztlich die alleinige Verantwortung für das Ausmaß der beabsichtigten Gefährdung der Volksgesundheit“ trägt. Soweit seiner Berücksichtigung nicht bereits § 46 Abs. 3 StGB entgegensteht, handelt es sich hierbei nicht um einen bestimmenden Gesichtspunkt i.S.v. § 267 Abs. 3 S. 1 Hs 2 StPO.

d) Letztlich ist auch die Strafzumessung im engeren Sinne frei von durchgreifenden Rechtsfehlern. Aus den Urteilsgründen ergibt sich insbesondere kein Anhalt darauf, dass das Landgericht die Höhe der Einzelstrafen im Wesentlichen danach ausgerichtet hat, eine Gesamtstrafe in noch bewährungsfähiger Höhe verhängen zu können. Eine solche Besorgnis ist entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin auch nicht mit Blick auf die Ausführungen des Landgerichts zum Verhalten des Angeklagten nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft begründet. Denn hierdurch wollte das Tatgericht ersichtlich die Tatreue des Angeklagten belegen, die durch die dargestellten, nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft eingetretenen Änderungen in seiner Lebensplanung und -ausgestaltung auch objektivierbar geworden ist.

Die verhängten – durchaus äußerst moderaten – Einzelstrafen sowie die Gesamtfreiheitsstrafen stehen angesichts der zahlreichen Strafmilderungsgründe letztlich auch nicht in einem so groben Missverhältnis zu der Menge der gehandelten Betäubungsmittel, dass sie ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nicht mehr gerecht werden würden (vgl. a. Senat aaO. Rn. 6 zu einem 138-fachen Überschreiten des Grenzwerts bei Cannabis).

C.

Das Landgericht hat versehentlich in der Urteilsformel die Gesamtfreiheitsstrafe nicht als solche bezeichnet. Diese war vom Senat zu berichtigen.

 

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