Skip to content

Offizialdelikt oder Antragsdelikt im Strafrecht – Wo ist der Unterschied?

Strafverfolgung von Amts wegen oder auf Strafantrag

Wer in Deutschland eine Straftat begeht, der wird sich zwangsläufig im Hinblick auf die zu erwartende Strafe mit dem Strafgesetzbuch (StGB) auseinandersetzen und den Gang zu einem Strafverteidiger antreten müssen. Das StGB kennt eine wahre Vielzahl von Straftaten, welche die unterschiedlichsten Strafen als Konsequenz nach sich ziehen. Weniger bekannt ist allerdings der Umstand, dass die zuständigen Ermittlungsbehörden nicht bei jeder Straftat automatisch auch eine Strafverfolgung vornehmen. Ob eine Straftat letztlich verfolgt wird oder nicht ist davon abhängig zu machen, um welche Art von Delikt es sich handelt. Der Gesetzgeber unterscheidet hierbei zwischen dem Offizialdelikt und dem Antragsdelikt. Der Unterschied zwischen diesen beiden Deliktarten sollte durchaus bekannt sein, auch wenn die wenigsten Menschen ohne juristisches Fachwissen diesen Unterschied letztlich kennen.

Im StGB werden die meisten Straftatbestände als Offizialdelikte geführt.

Was genau bedeutet Offizialdelikt eigentlich?

Offizialdelikt oder Antragsdelikt im Strafrecht
Laut Strafgesetzbuches werden manche Delikte nur auf Antrag (Strafantrag) verfolgt, während andere von Amts wegen verfolgt werden. (Symbolfoto: Ajdin Kamber/Shutterstock.com)

Das Offizialdelikt ist im Grunde genommen das juristische Gegenstück zu einem Antragsdelikt. Wird ein Straftatbestand gem. StGB als Offizialdelikt eingestuft, so greift in Deutschland das sogenannte Legalitätsprinzip. In diesem Fall sind die jeweilig zuständigen Behörden gem. des Prinzips „von Amts wegen“ gesetzlich dazu verpflichtet, eine Strafverfolgung durchzuführen. Im Zuge dieser Strafverfolgung wird der Sachverhalt des Straftatbestands behördlich untersucht und entsprechend verfolgt. Dies setzt allerdings voraus, dass die entsprechend zuständigen Behörden auch tatsächlich Kenntnis von dem Straftatbestand bzw. der begangenen Tat erhalten.

Bei einem Offizialdelikt hat die geschädigte Person / das Opfer im Hinblick auf die Strafverfolgung nicht die Wahl, ob eine entsprechende Strafverfolgung durchgeführt werden soll oder ob die zuständigen Behörden die Strafverfolgung unterlassen sollen.

Beispiele für ein Offizialdelikt im Sinne des StGB

  • Mord als Verbrechen gem. § 211 StGB
  • Totschlag als Verbrechen gem. § 212 StGB
  • gefährliche Körperverletzung gem. § 224
  • der tätliche Widerstand gegen staatliche Vollstreckungsbeamte gem. § 114 StGB
  • der Angriff auf Polizeibeamte gem. § 114 StGB
  • die Nötigung gem.§ 240 StGB

Auch verhältnismäßig geringere Vergehen wie ein einfacher Diebstahl im Sinne des § 242 StGB kann, ebenso wie die Trunkenheitsfahrt im Sinne des § 316 StGB oder die Bedrohung gem. § 241 StGB, unter bestimmten Umständen als ein Offizialdelikt behandelt werden.

Was genau bedeutet Antragsdelikt eigentlich?

Im Gegensatz zu dem Offizialdelikt ist für die Strafverfolgung bei einem Antragsdelikt auf jeden Fall zwingend ein Strafantrag erforderlich, welcher durch die geschädigte Person / das Opfer an die zuständigen Ermittlungsbehörden gerichtet wird. Erst dann, wenn ein entsprechender Antrag bei den zuständigen Behörden vorliegt, startet das Ermittlungsverfahren. Ohne einen dementsprechenden Antrag werden die zuständigen Behörden von sich aus nicht aktiv. Der Gesetzgeber nimmt jedoch im Hinblick auf das Antragsdelikt nochmals eine Unterscheidung vor zwischen dem sogenannten absoluten Antragsdelikt und dem relativen Antragsdelikt.

Die sogenannten absoluten Antragsdelikte gelten in der gängigen Praxis als absolute Seltenheit. Absolute Antragsdelikte erfahren erst dann eine Strafverfolgung, wenn die geschädigte Person / das Opfer einen Strafantrag an die zuständigen Behörden richtet.

Praxisbeispiele für absolute Antragsdelikte

  • der Hausfriedensbruch gem. § 123 StGB
  • der sogenannte Haus- / Familiendiebstahl gem. § 247 StGB
  • die unbefugte Nutzung von einem Kraftfahrzeug gem. § 248b StGB

Der Gesetzgeber sagt, dass im Fall eines absoluten Antragsdelikts die Entscheidung im Zusammenhang mit der Strafverfolgung ausschließlich bei der geschädigten Person / dem Opfer liegen soll.

Das sogenannte relative Antragsdelikt ist in der gängigen Praxis weitaus häufiger verbreitet. Im Unterschied zu dem absoluten Antragsdelikt kann eine Strafverfolgung entweder dann erfolgen, wenn von der geschädigten Person ein entsprechender Strafantrag gestellt wird oder wenn die zuständige Staatsanwaltschaft in der Strafverfolgung ein besonderes Interesse der Öffentlichkeit als erfüllt ansieht. Das besondere Interesse der Öffentlichkeit kann durch die Staatsanwaltschaft in der gängigen Praxis dann bejaht werden, wenn ein Täter in der Vergangenheit bereits in wiederholter Form durch Straftaten auffällig geworden ist.

Bejaht die Staatsanwaltschaft das besondere Interesse der Öffentlichkeit an einer Strafverfolgung, so erfolgt die Strafverfolgung in jedem Fall. Eine Strafverfolgung kann in derartigen Fällen nicht durch Rechtsmittel abgewendet bzw. angefochten werden. Der Täter muss sich in derartigen Fällen wohl oder übel mit dem Strafverfahren auseinandersetzen und gerichtlich verantworten.

Praxisbeispiele für relative Antragsdelikte

  • die Beleidigung gem. § 185 StGB
  • die fahrlässige Körperverletzung gem. § 229 StGB
  • die Nachstellung gem. § 238 StGB
  • der Diebstahl von geringwertigen Sachen gem. § 248a StGB
  • die Unterschlagung gem. § 248a StGB

Die Fristen bei einem Antrag auf Strafverfolgung

Nicht selten geschehen Straftaten aus dem Affekt heraus, sodass bei dem Täter unmittelbar nach der begangenen Tat die Reue eintritt. Viele Straftaten wie beispielsweise die Beleidigung oder auch die leichte Körperverletzung entstehen aus der Hitze des Gefechts, sodass sich sowohl das Opfer als auch der Täter selbst in einem besonderen Gemütszustand der Aufregung befinden. Wenn die aufgehitzten Gemüter sich jedoch erst einmal beruhigen konnten sieht die Welt für gewöhnlich ganz anders aus. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber im Hinblick auf den Antrag auf entsprechende Strafverfolgung auch eine sogenannte Verjährungsfrist ins Leben gerufen. Diese Verjährungsfrist kann von dem Opfer dazu genutzt werden, das Geschehene erst einmal in Ruhe zu ordnen und dann einen Antrag auf Strafverfolgung zu stellen oder den besagten Antrag auch zu unterlassen. Für den Täter dient die Verjährungsfrist jedoch auch als Schutz, damit für eine entsprechende Straftat nicht nach vielen Jahren noch eine Strafverfolgung befürchtet werden muss. Die Verjährungsfrist für einen Antrag auf Strafverfolgung findet ihre gesetzliche Grundlage in dem § 77b StGB. Dieser Paragraf besagt, dass eine geschädigte Person / das Opfer binnen eines Zeitraums von maximal drei Monaten einen entsprechenden Antrag auf Strafverfolgung an die zuständigen Behörden richten muss. Die Verjährungsfrist startet mit der Kenntnisnahme der Tat in Verbindung mit der Kenntnis im Hinblick auf die Identität des Täters.

Sollten mehrere geschädigte Personen zu einem derartigen Antrag als Opfer berechtigt sein, so muss die Frist einzeln gesondert betrachtet werden. Sollte ein Opfer durch die Straftat ums Leben gekommen sein, so erhalten die nahen Angehörigen das Recht auf den Antrag auf Strafverfolgung. In derartigen Fällen gilt jedoch eine Frist im Rahmen von drei bis sechs Monaten.

Entscheidet sich die geschädigte Person / das Opfer zu einem derartigen Antrag auf Strafverfolgung, so ist dieser Antrag an eine bestimmte Form gebunden. Gem. § 158 Absatz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) muss ein derartiger Antrag an die zuständigen Behörden entweder in der schriftlichen Form oder alternativ dazu behördlich zu Protokoll gegeben werden. In dem Schreiben ist es nicht erforderlich, dass die genaue Bezeichnung „Strafantrag“ verwendet wird. Es muss lediglich dem Inhalt nach für die Behörden verständlich sein, dass die geschädigte Person / das Opfer ausdrücklich eine Strafverfolgung wünscht. Auch die Tatbeschreibung muss zwingend enthalten sein, damit die Behörden die entsprechenden Ermittlungen starten können.

Auf jeden Fall rechtsanwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen

Unabhängig davon, ob es sich um die geschädigte Person oder um den Täter handelt, der Gang zu einem Rechtsanwalt sollte auf jeden Fall erfolgen. Wir stehen diesbezüglich sehr gern mit unserer juristischen Kompetenz sowie langjährigen Erfahrung für Sie zur Verfügung.

Ich hoffe, dieser Artikel konnte Ihnen helfen, den Unterschied zwischen einem Offizialdelikt und einem Antragsdelikt zu verstehen. Wenn Sie aber noch Fragen haben oder Hilfe bei einem Problem im Strafrecht benötigen, dann fordern Sie jetzt unsere Ersteinschätzung an.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Strafrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Strafrecht und Verkehrsstrafrecht. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Strafrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!