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Die Besetzung des Gerichts und der Instanzenzug im Strafverfahren

Wie sind die Gerichte zusammengesetzt, welche Zuständigkeiten bestehen und welche Instanzen gibt es?

I. Einleitung

Besetzung des Gerichts
Nach § 222a StPO ist die Besetzung des Gerichts zu Beginn der Hauptverhandlung mitzuteilen. Symbolfoto:travelview/Bigstock

Wer bisher noch nichts mit der (Straf-)Justiz zu tun hatte, kommt angesichts der verwirrenden Begrifflichkeiten mitunter leicht ins Stutzen. So gibt es u.a. den Einzelrichter, eine kleine und eine große Strafkammer, das Schwurgericht, Staatsschutzkammern, Senate, Berufung und (Sprung-)Revision. Damit ist aber bei weitem noch nicht geklärt, wer jetzt für Ihren Fall überhaupt zuständig ist und mit welchen Rechtsmitteln Sie ggf. gegen Strafurteile vorgehen können. Wer für was unter welchen Voraussetzungen zuständig ist und welche Rechtsmittel Ihnen generell zur Verfügung stehen, erklären Ihnen nachfolgend die Strafrechtsexperten der Rechtsanwaltskanzlei Kotz aus Kreuztal bei Siegen. Sollten Sie darüber hinaus weitergehende Fragen haben und/oder eine konkrete Rechtsberatung wünschen, so vereinbaren Sie noch heute einen Beratungstermin mit einem Strafverteidiger der Rechtsanwaltskanzlei Kotz oder nutzen Sie die Möglichkeit unserer Online-Rechtsberatung.

II. Die Zuständigkeiten: die örtliche, sachliche und funktionelle Zuständigkeit

Man unterscheidet die sachliche, örtliche und funktionelle Zuständigkeit eines Gerichts. Die örtliche Zuständigkeit gibt Aufschluss darüber, „wo“ (gewissermaßen geografisch) verhandelt wird und richtet sich im Strafverfahren entweder nach dem Tatort (§ 7 StPO), dem Wohnsitz des Angeschuldigten (§ 8 StPO) oder dem Ergreifungsort (§ 9 StPO). Die sachliche Zuständigkeit hingegen klärt, welches Gericht bzw. welche Instanz für das jeweilige Strafverfahren und den Verfahrensstand zuständig ist (dazu gleich mehr). Zu guter Letzt regelt die funktionelle Zuständigkeit in Gestalt eines sog. Geschäftsverteilungsplans, der anhand abstrakter Kriterien innerhalb eines Gerichtes festlegt, welcher Richter für welches konkrete Verfahren zuständig ist.

III. Instanzenzug & Besetzung I: Das Amtsgericht (AG)

Es gibt verschiedene Gerichte mit unterschiedlichen Zuständigkeiten. So gibt es u.a. das Amtsgericht (AG), das Landgericht (LG), das Oberlandesgericht (OLG) und den Bundesgerichtshof (BGH). Erstinstanzlich zuständig in Strafsachen kann entweder das AG, das LG oder das OLG sein, niemals aber der BGH. Bei den Amtsgerichten liegt nach § 24 Abs. 1 GVG die erstinstanzliche Regelzuständigkeit. Dies gilt jedoch nicht, wenn die zwingende Zuständigkeit des Schwurgerichts oder der Staatsschutzkammer des LG oder die Zuständigkeit des OLG begründet ist (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 GVG) oder eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe zu erwarten ist (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG) oder die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim LG erhebt (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG).

Der Strafrichter als Einzelrichter ist nach § 25 GVG zuständig für Vergehen, wenn sie im Wege der Privatklage verfolgt werden oder wenn eine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von zwei Jahren nicht zu erwarten ist. Die Zuständigkeit des sog. Schöffengerichts ergibt sich aus § 28 GVG. Danach ist das Schöffengericht zuständig, wenn die Strafsache gemäß § 24 Abs. 1 GVG dem Amtsgericht zuzuordnen ist und zugleich die Zuständigkeit des Strafrichters aus § 25 GVG nicht gegeben ist. Die Besetzung des Schöffengerichts ergibt sich wiederum aus § 29 Abs. 1 S. 1 GVG: es ist im Regelfall besetzt mit einem Richter am Amtsgericht als Vorsitzendem und zwei Schöffen (darunter versteht man ehrenamtliche Richter, die keine juristische Ausbildung haben, aber ein Richteramt in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie ein Berufsrichter bekleiden und somit gemeinsam mit den Berufsrichtern über Schuld und Strafe des Angeklagten entscheiden). Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann die Zuziehung eines zweiten Richters beim Amtsgericht beschlossen werden, wenn dessen Mitwirkung nach dem Umfang der Sache notwendig erscheint. In diesem Fall wird also dann in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen verhandelt (sog. erweitertes Schöffengericht). Die Strafgewalt des Amtsgerichts liegt nach § 24 Abs. 2 GVG insgesamt bei maximal 4 Jahren Freiheitsstrafe. Die Prognose der Straferwartung erfolgt dabei durch die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Anklageerhebung am Ende des Ermittlungsverfahrens (hierzu ausführlicher unser Beitrag unter Strafrecht-Infos: „Ermittlungsverfahren Ablauf – Alles was Sie wissen müssen!“). Erhebt die Staatsanwaltschaft demzufolge Klage vor dem Strafrichter und prognostiziert dieser im Zwischenverfahren eine höhere Straferwartung als zwei Jahre Freiheitsstrafe, so legt er den Fall gemäß § 209 Abs. 2 StPO dem Vorsitzenden des Schöffengerichts zur Entscheidung vor. Im umgekehrten Fall eröffnet der Vorsitzende des Schöffengerichts das Verfahren gemäß § 209 Abs. 1 StPO vor dem Strafrichter. Dabei ist zu beachten, dass im Einzelfall auch der Strafrichter eine Strafe von bis zu vier Jahren Freiheitsstrafe aussprechen darf, falls seine prognostizierte Straferwartung aus dem Zwischenverfahren sich nicht bewahrheiten sollte. Somit lässt sich zusammenfassend festhalten, dass die von einem Amtsgericht maximal zu verhängende Strafe bei maximal vier Jahren Freiheitsstrafe liegt (unabhängig davon, ob der Strafrichter oder aber das Schöffengericht zuständig ist).

VI. Instanzenzug & Besetzung II: Das Landgericht (LG)

Erstinstanzlich zuständig ist das Landgericht gemäß § 74 Abs. 1 S. 1 GVG für alle Verbrechen, die nicht zur Zuständigkeit des AG oder des OLG gehören. Darüber hinaus ist es auch zuständig für alle Straftaten, bei denen eine höhere Freiheitsstrafe als vier Jahre, die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, in der Sicherungsverwahrung zu erwarten ist, oder die Staatsanwaltschaft in den bereits erwähnten Fällen des § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG Anklage beim Landgericht erhebt. Für die katalogmäßig in § 74 Abs. 2 GVG genannten Verbrechen (umgangssprachlich auch „Kapitaldelikte“ oder „Kapitalverbrechen“ genannt) ist das Landgericht als sog. Schwurgericht zuständig.

Besetzungsrüge
Eine Besetzungsrüge und der Besetzungseinwand sind besondere Rechtsbehelfe im deutschen Strafprozess. Symbolfoto:JanPietruszka/Bigstock

Für erstinstanzliche Entscheidungen ist die große Strafkammer des Landgerichts in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen zuständig (§ 76 Abs.1 S.1 GVG). Diese Besetzung gilt in den in § 76 Abs. 2 S. 3 GVG genannten Fällen, also dann, wenn die Kammer als Schwurgericht zuständig ist, wenn die Anordnung oder Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, deren Vorbehalt oder die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten ist oder nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheint. Darüber hinaus ist die Mitwirkung eines dritten Richters nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 ist in der Regel notwendig, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird oder die große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer zuständig ist. Sofern das nicht der Fall ist, entscheidet die Kammer nach § 76 Abs. 2 S. 4 GVG in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen. Die Mitwirkung der Schöffen § 76 Abs. 1 S. 2 GVG auf die Hauptverhandlung beschränkt. Neben den allgemeinen großen Strafkammern gibt es bei den Landgerichten noch besondere Strafkammern, insbesondere die Wirtschaftsstrafkammer gemäß § 74c GVG, die Jugendschutzkammer gemäß § 74b GVG und die Staatsschutzkammer gemäß § 74a GVG. Sie sind allesamt jeweils für bestimmte Deliktsgruppen zuständig, sind aber wie die allgemeinen Strafkammern besetzt und verfügen über die gleiche Strafkompetenz.

V. Instanzenzug & Besetzung III: das Oberlandesgericht (OLG)

Die Oberlandesgerichte, in deren Bezirk die Landesregierungen ihren Sitz haben, sind für die in § 120 Abs. 1, 2 GVG aufgeführten Staatsschutzdelikte zuständig. Der Generalbundesanwalt hat im Rahmen der sog. Evokationsbefugnis (§ 120 Abs. 2 GVG) die Möglichkeit, wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung zu übernehmen. Die Senate der Oberlandesgerichte sind gemäß § 122 Abs. 1, 2 GVG entweder mit drei oder mit fünf Berufsrichtern besetzt. In Berlin wird das Oberlandesgericht als Kammergericht bezeichnet.

VI. Instanzenzug & Besetzung IV: der Bundesgerichtshof (BGH)

Der BGH hat keine erstinstanzliche Zuständigkeit. Er ist gemäß § 135 Abs. 1 GVG zuständig für Revisionen gegen die Urteile der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug und gegen die Urteile der Landgerichte im ersten Rechtszug, soweit nicht die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte begründet ist. Zudem ist der BGH zuständig für Beschwerden in den Fällen des § 135 Abs. 2 GVG. Die Spruchkörper beim BGH nennen sich ebenfalls Senate und sind im Regelfall mit fünf Berufsrichtern besetzt. Bei Entscheidungen über Beschwerden ist der Senat mit drei Berufsrichtern besetzt. Gegen Urteile des BGH gibt es keine Rechtsmittel. Bei Grundrechtsverletzungen kommt ggf. die Verfassungsbeschwerde in Betracht (aber: das Bundesverfassungsgericht ist keine Superrevisionsinstanz!).

VII. Rechtsbehelfe im Strafprozess: Berufung und Revision

Man unterscheidet die ordentlichen und die außerordentlichen Rechtsbehelfe. Die ordentlichen Rechtsbehelfe werden auch als sog. Rechtsmittel bezeichnet und kennzeichnen sich u.a. dadurch, dass sie sowohl einen Devolutiv- als auch einen Suspensiveffekt haben. Der Devolutiv- effekt bedeutet, dass die Rechtsmittel das Verfahren in eine höhere Instanz bringen. Der Suspensiveffekt bewirkt hingegen, dass die rechtzeitige Einlegung des Rechtsmittels die Rechtskraft des Urteils hemmt und es folglich noch nicht vollstreckt werden kann. Zu den Rechtsmitteln gehören die Berufung und die Revision und (mit gewissen Einschränkungen auch) die Beschwerde. Bei der Beschwerde ist eine Einschränkung hinsichtlich des Devolutiveffektes zu beachten: zunächst hat das Gericht bzw. der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Möglichkeit der Beschwerde selbst abzuhelfen, sofern er sie für begründet hält. Erst wenn er dies ablehnt, muss die Beschwerde gem. § 306 Abs. 2 StPO dem nächsthöheren Beschwerdegericht vorgelegt werden. Auch der Suspensiveffekt tritt bei der Beschwerde nicht automatisch ein, vielmehr bestimmt § 307 Abs. 2 StPO dass das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird – ebenso wie das Beschwerdegericht – die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aussetzen kann. Auch der Einspruch gegen einen Strafbefehl gem. § 410 StPO ist ein ordentlicher Rechtsbehelf (dazu ausführlicher unser Beitrag unter Strafrecht-Infos: „Das Strafbefehlsverfahren – Was Sie wissen sollten“).

Instanzenzug
Die Instanz  ist das gesetzlich zuständige Gericht nach dem hierarchischen Aufbau der Gerichtsbarkeit in den Gerichtszweigen.  Symbolfoto: Junial/Bigstock

Bei den außerordentlichen Rechtsbehelfen handelt es sich um die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. §§ 359 ff. StPO, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. §§ 44 ff. StPO sowie die Verfassungsbeschwerde gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 90 ff. BVerfGG. Den außerordentlichen Rechtsmitteln ist gemeinsam, dass sie die bereits eingetretene Rechtskraft durchbrechen. Gegenstand der nachfolgenden Betrachtung sollen jedoch die beiden wichtigsten Rechtsmittel – namentlich die Berufung und die Revision v.a. im Hinblick auf den Instanzenzug – sein.

Gemäß § 312 StPO ist die Berufung gegen amtsgerichtliche Urteile des Strafrichters oder des Schöffengerichts zulässig. Erstinstanzliche Urteile des Landgerichts oder des Oberlandesgerichts können nur mit der Revision angefochten werden. Das Rechtsmittel der Berufung führt zu einer Überprüfung des Urteils in rechtlicher und tatsächlicher Sicht. Es wird also – im Gegensatz zur Revision – eine neue Tatsacheninstanz geschaffen, so dass neue Tatsachen und Beweismittel vorgetragen werden können. Ist die Berufung sowohl zulässig als auch begründet, so hebt das Berufungsgericht das zugrundeliegende Urteil auf und entscheidet gem. § 328 Abs. 1 StPO selbst. Anderenfalls verwirft es die Berufung als unbegründet. Die Revision ist gem. §§ 333, 335 StPO gegen alle erstinstanzlichen Urteile des Amtsgerichts, des Landgerichts und des Oberlandesgerichts und gegen die Berufungsurteile der kleinen Strafkammer des Landgerichts zulässig. Man spricht von einer sog. Sprungrevision, wenn gegen das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Revision eingelegt wird, da damit die an sich mögliche und zulässige Berufungsinstanz „übersprungen“ wird.

VIII. Fazit

Wenn auch Sie wissen wollen, unter welchen Voraussetzungen die Strafverteidiger der Rechtsanwaltskanzlei Kotz aus Kreuztal bei Siegen Ihnen in Ihrem konkreten strafrechtlichen Fall weiterhelfen können oder ob sich die Einlegung eines Rechtsmittels in Ihrem Strafverfahren lohnt, dann zögern Sie nicht und vereinbaren Sie schnellstmöglich einen Beratungstermin in unserer Strafrechtskanzlei in Kreuztal bei Siegen. Alternativ dazu bieten wir Ihnen auch die Möglichkeit einer Online-Rechtsberatung im Strafrecht an. Wer sind wir? Wir sind ein breit aufgestelltes, dynamisches und schlagkräftiges Team. Für uns stellen Probleme keine unüberwindbaren Hindernisse dar, sondern allenfalls einen Ansporn noch besser zu werden, als wir es bereits sind.

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