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Beihilfe zum Diebstahl in besonders schweren Fällen

OLG Bamberg, Az.: 3 OLG 8 Ss 128/15, Urteil vom 12.01.2016

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts vom 02.10.2015 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

II. Die weitergehende Revision wird verworfen.

III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

I.

Beihilfe zum Diebstahl in besonders schweren Fällen
Symbolfoto: Fure/Bigstock

Das Amtsgericht – Schöffengericht – verurteilte den Angeklagten wegen „Beihilfe zum Diebstahl in 5 tatmehrheitlichen besonders schweren Fällen“ und wegen „Besitzes und Führens einer verbotenen Waffe in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen“ zur Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und ordnete die Einziehung seines Pkw an. Gegen dieses Urteil legten sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein, wobei die Staatsanwaltschaft in ihrer Berufungsbegründungsschrift ausdrücklich erklärte, dass „das Strafmaß dem Unrechtsgehalt der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten nicht gerecht“ werde. Nachdem das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden war, soweit dem Angeklagten der Besitz und das Führen einer Waffe in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen zur Last gelegt wurde, änderte die Strafkammer auf die Berufung des Angeklagten unter Verwerfung seines weiter gehenden Rechtsmittels mit Urteil vom 02.10.2015 die Entscheidung des Amtsgerichts dahingehend ab, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zum Diebstahl in 5 Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt wurde, wobei die Einzelstrafen jeweils auf 9 Monate festgesetzt wurden. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde verworfen.

Gegen dieses Berufungsurteil haben sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt und diese jeweils mit der Sachrüge begründet. Die Staatsanwaltschaft hat ihr Rechtsmittel in der Revisionshauptverhandlung zurückgenommen.

II.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte sowie die früheren Mitangeklagten fuhren am 29.11.2014 in den Vormittagsstunden in einem PKW von L. nach N. Das Fahrzeug, das dem Angeklagten gehörte, wurde von einer Person namens „S“ gelenkt. Neben dem Angeklagten und dem Fahrer befanden sich noch die beiden früheren Mitangeklagten W. und D. und eine weitere Person mit dem Spitznamen „Cosi“ im Fahrzeug. Da W. und D. in finanziellen Schwierigkeiten steckten, hatten sie vor, in N. in verschiedenen Geschäften Kleidungsstücke und andere Waren zu entwenden. Diese wollte D. in der Tschechischen Republik veräußern, um an Geld zu kommen. Am Vorabend des 29.11.2014 hatten sich D., S. und der Angeklagte getroffen und die Fahrt abgesprochen. Hierbei teilte D. mit, dass er und seine Freundin W. zum Stehlen nach Deutschland fahren und dort „Geld machen“ wollten. Der Angeklagte erklärte sich bereit, S. sein Fahrzeug für die Fahrt zu leihen. An der Fahrt sollten zunächst nur W., D. und S. teilnehmen. Am nächsten Tag fuhren jedoch der Angeklagte und „Cosi“ ebenfalls mit nach N. In N. parkten sie im Parkhaus eines Einkaufszentrums. W. und D. begaben sich in Geschäfte, um dort Diebstähle zu begehen. Sie führten eine Handtasche und einen Rucksack mit sich, um die Beute darin zu verstecken. Beide Behältnisse hatte D. mit einer mehrlagigen Schicht aus Plastik und Alufolie ausgekleidet, um Warensicherungsanlagen beim Passieren des Ausgangs nicht zu aktivieren. Im Einzelnen entwendeten W. und D. Waren wie folgt:

1. Aus den Geschäftsräumen der F.-GmbH & Co. KG in N. entwendeten W. und D. 4 Kleidungsstücke im Gesamtwert von 688,90 €.

2. Aus den Geschäftsräumen der L.-GmbH in N. erbeuteten die beiden Bekleidung im Gesamtwert von 281,09 €.

3. Im Kaufhaus G. in N. entwendeten W. und D. mehrere Kleidungsstücke im Gesamtwert von 519,81 €.

4. Schließlich nahmen die beiden in den Geschäftsräumen der C-GmbH in N. Waren im Wert von insgesamt 287,99 € an sich.

Die Gegenstände verbrachten W. und D. jeweils nach den Diebstählen in das im Parkhaus abgestellte Fahrzeug des Angeklagten, der dort wartete und es zuließ, dass die beiden die Waren im Pkw deponierten. W. und D. handelten, um mit den entwendeten Gegenständen ihren Lebensunterhalt zu sichern. In der Zwischenzeit entwendete einer der beiden Mitfahrer (S. bzw. „Cosi“) oder beide arbeitsteilig aus dem ebenfalls im Parkhaus abgestellten Opel Corsa der Verletzten L. ein Autoradio mit CD-Player sowie eine rote Tasche mit diversen Lebensmitteln im Gesamtwert von ca. 110 €. Der oder die Täter öffneten die verschlossene Fahrertüre durch „Manipulation“ an dem Türschloss. Der Fahrer S. übergab die Gegenstände dem Angeklagten, der sie in seinem Fahrzeug deponierte.

Sämtliche Gegenstände konnten den Eigentümern zurückgegeben werden.

III.

Die Revision der Angeklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet. Das Rechtsmittel führt aber zur Aufhebung des Strafausspruchs.

1. Die aufgrund der allgemein erhobenen Sachrüge des Angeklagten veranlasste Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden, zum Nachteil des Beschwerdeführers wirkenden Rechtsfehler erbracht. Der Schuldspruch wird von den tatsächlichen Feststellungen getragen. Die Beweiswürdigung weist keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.

2. Dagegen hat der Strafausspruch keinen Bestand.

a) In den Fällen IV. 1. bis 4. des Berufungsurteils ist die Strafzumessung schon deswegen rechtfehlerhaft, weil das Landgericht einen unzutreffenden Strafrahmen zugrunde gelegt hat.

aa) Die Berufungskammer hat in den genannten Fällen jeweils die Strafen aus dem nach den §§ 27, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 243 Abs. 1 Satz2 Nr. 3 StGB entnommen und demgemäß eine mögliche Höchststrafe von 7 Jahren und 6 Monaten zugrunde gelegt, weil es von gewerbsmäßigem Handeln der Haupttäter ausgegangen ist. Dieses Vorgehen verstößt indes gegen die Vorschrift des § 28 Abs. 2 StGB. Weil Gewerbsmäßigkeit beim Angeklagten selbst gerade nicht festgestellt wurde, hätte bei einer Verurteilung wegen Beihilfe zum Diebstahl lediglich der nach den §§ 27, 49 Abs. 1 StGB zu mildernde Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB zur Anwendung kommen dürfen. Der Gehilfe, der selbst nicht gewerbsmäßig handelt, kann nicht deshalb nach §§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 27 StGB bestraft werden, weil die Haupttäter gewerbsmäßig gehandelt haben (vgl. zuletzt BGH, Beschlüsse vom 23.07.2015 – 3 StR 518/14 = BGH NStZ-RR 2015, 341 und vom 26.02.2014 – 4 StR 584/13 = StraFo 2014, 215 m.w.N.). Denn die Gewerbsmäßigkeit stellt ein besonderes persönliches Merkmal im Sinn des § 28 Abs. 2 StGB dar (BGH a.a.O.). Dass der Angeklagte selbst gewerbsmäßig gehandelt hat, stellt das Landgericht aber gerade nicht fest. Denn dies setzt ein eigennütziges Handeln voraus und damit einen vom ihm erstrebten Zufluss von Vermögensvorteilen an sich selbst; es ist nicht ausreichend, wenn eine Einnahmequelle allein für Dritte geschaffen werden soll (BGH, Beschluss vom 23.07.2015 – 3 StR 518/14 = BGH NStZ-RR 2015, 341 m.w.N.).

bb) Im Hinblick darauf, dass der vom Landgericht zugrunde gelegte Strafrahmen den folgerichtig gemäß §§ 27, 49 Abs. 1 StGB zu mildernden Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB im Höchstmaß um das Doppelte übersteigt, kann ein Beruhen des Urteils auf dem aufgezeigten Rechtsfehler im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO nicht ausgeschlossen werden. Der zusätzliche Rechtsfehler, der darin liegt, dass das Landgericht sogleich eine Verschiebung der Strafrahmen aus § 243 Abs. 1 StGB nach §§ 27, 49 Abs. 1 StGB vorgenommen hat, ohne zu prüfen, ob nicht der gesetzlich vertypte Milderungsgrund der Beihilfe bereits Anlass sein kann, einen besonders schweren Fall zu verneinen (vgl. hierzu nur BGH, Beschluss vom 12.11.2015 – 2 StR 369/15 [bei juris] sowie BGH, Beschluss vom 27.01.2015 – 1 StR 142/14 = wistra 2015, 235 = StV 2016, 16), wirkt sich deshalb nicht mehr aus.

b) Ferner stellt die strafschärfende Berücksichtigung einer vom Angeklagten angeblich gegenüber der früheren Mitangeklagten ausgesprochenen “Bedrohung“ schon deswegen einen weiteren, auch den Fall IV.5. des Berufungsurteils betreffenden Rechtsfehler dar, weil das Berufungsurteil insoweit keine nachvollziehbare Beweiswürdigung enthält. Darüber hinaus unterbleibt inhaltlich eine hinreichende Konkretisierung der angenommenen „Bedrohungssituation“, sodass der Senat nicht überprüfen kann, ob dem Angeklagten das Verhalten in rechtlich unbedenklicher Weise überhaupt angelastet werden durfte.

c) Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, dass auch die Bemessung der Gesamtstrafe als solche rechtsfehlerhaft ist, weil das Landgericht hierzu jegliche Begründung vermissen lässt.

IV.

Wegen der aufgezeigten Rechtsfehler (§ 337 StPO) ist das angefochtene Urteil in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben (§ 353 Abs. 1 und 2 StPO). Mit aufzuheben ist die Kostenentscheidung. Die Sache wird in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO), die auch über die Kosten der Revision des Angeklagten zu befinden haben wird.

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