Eine ältere Frau entging knapp einem Schockanruf-Betrug, bei dem ihr telefonisch 400.000 Euro abverlangt wurden, um ihre Tochter vor angeblicher Haft zu bewahren. Eine als „Abholerin“ involvierte Frau wurde bei der versuchten Geldübergabe festgenommen. Das Amtsgericht verurteilte sie daraufhin wegen versuchten bandenmäßigen Betruges als Mittäterin. Das Oberlandesgericht hob das Urteil jedoch auf, da die Einstufung als Mittäterschaft nicht ausreichend begründet war.
Übersicht
- Das Urteil in 30 Sekunden
- Die Fakten im Blick
- Der Fall vor Gericht
- Was geschah bei dem versuchten Betrug durch den „Schock-Anruf“?
- Wie entschied das Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße in diesem Fall?
- Warum legte die Angeklagte Revision gegen das Urteil ein?
- Welche rechtlichen Maßstäbe gelten für die Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe?
- Warum hob das Oberlandesgericht die Verurteilung als Mittäterin auf?
- Welche Argumente sprach das OLG für und gegen eine Mittäterschaft der „Abholerin“ an?
- Welche wichtigen Hinweise zur Strafzumessung gab das OLG für die erneute Verhandlung?
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Das Urteil in der Praxis
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche rechtlichen Kriterien entscheiden über Mittäterschaft und Beihilfe bei einer Straftat?
- Welche Aspekte berücksichtigt ein Gericht bei der Strafzumessung, insbesondere bei versuchten Straftaten oder besonderen Deliktsformen?
- Wie funktionieren gängige Betrugsmaschen wie der ‚Schock-Anruf‘ und der ‚Enkeltrick‘ und wie gehen Täter dabei vor?
- Wie werden Rollen innerhalb einer kriminellen Bande strafrechtlich bewertet?
- Wie wird die strafrechtliche Verantwortlichkeit von minderjährigen Tätern beurteilt?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 ORs 3 SRs 72/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Urteil in 30 Sekunden
- Das Problem: Eine Frau sollte Geld aus einem sogenannten „Schock-Anruf-Betrug“ abholen. Das Opfer alarmierte jedoch die Polizei, und die Frau wurde festgenommen. Ein erstes Gericht verurteilte sie als Hauptbeteiligte am versuchten Betrug.
- Die Rechtsfrage: War ihre Beteiligung als Haupttäterin oder lediglich als Helferin einzustufen?
- Die Antwort: Nein. Ein höheres Gericht hob das Urteil auf. Das erste Gericht hatte nicht ausreichend erklärt, warum die Frau eine Haupttäterin war.
- Die Bedeutung: Die genaue Einstufung der Beteiligung ist für die Strafe entscheidend. Gerichte müssen ihre Begründung für eine Haupttäterschaft sehr genau darlegen.
Die Fakten im Blick
- Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
- Datum: 04.12.2024
- Aktenzeichen: 1 ORs 3 SRs 72/24
- Verfahren: Revisionsverfahren
- Rechtsbereiche: Strafrecht, Strafprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Angeklagte, die vom Amtsgericht wegen versuchten bandenmäßigen Betrugs verurteilt wurde. Sie legte Revision gegen das Urteil ein, um dessen rechtliche Bewertung prüfen zu lassen.
- Beklagte: Das Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße. Es hatte die Angeklagte als Mittäterin des versuchten bandenmäßigen Betrugs verurteilt.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Eine Frau wurde als Geldabholerin für eine Betrügerbande angeworben. Sie wurde bei dem Versuch, 400.000 Euro von einem Betrugsopfer abzuholen, von der Polizei festgenommen.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: War die Geldabholerin einer Betrügerbande eine Mittäterin, oder hat sie den Betrug nur unterstützt (Beihilfe)? Davon hängt die Schwere ihrer Strafe ab.
Entscheidung des Gerichts:
- Urteil im Ergebnis: Das Urteil des Amtsgerichts wurde teilweise aufgehoben; der Fall wurde zur erneuten Verhandlung an ein anderes Amtsgericht zurückverwiesen.
- Zentrale Begründung: Das Amtsgericht hatte nicht ausreichend begründet, warum die Angeklagte als Mittäterin und nicht nur als Helferin (Gehilfin) des Betruges eingestuft wurde.
- Konsequenzen für die Parteien: Der Fall muss neu verhandelt werden, um zu klären, ob die Frau Mittäterin oder nur Gehilfin war, was die Strafe beeinflussen wird.
Der Fall vor Gericht
Was geschah bei dem versuchten Betrug durch den „Schock-Anruf“?
Im Zentrum eines bemerkenswerten Falls, der vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken verhandelt wurde, steht die Rolle einer sogenannten „Abholerin“ im Rahmen eines perfiden Betrugsversuchs. Dieser Fall beleuchtet die feine, aber entscheidende Linie zwischen Mittäterschaft und Beihilfe bei bandenmäßig organisierten Straftaten. Eine Frau war Teil einer Gruppe, die sich auf den sogenannten „Schock-Anruf“ oder „Enkeltrick“ spezialisiert hatte, um ältere Menschen um ihr Erspartes zu bringen. Ihr zugedachte Aufgabe war es, das ergaunerte Geld bei den Opfern abzuholen.

Der Betrugsversuch nahm am 15. April 2024 seinen Anfang. Die Angeklagte reiste aus Polen nach Deutschland und bezog ein Hotelzimmer in einer großen deutschen Stadt, von wo aus sie auf weitere Anweisungen der Betrügerbande wartete. Am Morgen des folgenden Tages, dem 16. April, wurde eine ältere Zeugin Opfer eines telefonischen Überraschungsangriffs. Ein unbekanntes Mitglied der Gruppierung gab sich am Telefon als Polizeibeamtin aus und konfrontierte die Zeugin mit einer furchtbaren Lüge: Ihre Tochter habe einen schweren Verkehrsunfall verursacht und sei für den Tod einer hochschwangeren Frau verantwortlich. Um die Tochter vor dem Gefängnis zu bewahren, müsse die Zeugin einen hohen Geldbetrag zahlen.
In einem weiteren Anruf wurde die Übergabe einer beeindruckenden Summe von 400.000 Euro an der Wohnadresse der Zeugin vereinbart. Kurz darauf wurde die Angeklagte von der Betrugsbande beauftragt, dieses Geld abzuholen. Gegen 13:00 Uhr erschien sie an der Wohnung der Zeugin, um die vereinbarte Summe entgegenzunehmen. Was die Angeklagte nicht wusste: Die Zeugin war inzwischen misstrauisch geworden und hatte die Polizei alarmiert. Nur fünf Minuten nach ihrer Ankunft, gegen 13:05 Uhr, wurde die Angeklagte von Einsatzkräften der Polizei festgenommen.
Wie entschied das Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße in diesem Fall?
Das zuständige Amtsgericht in Neustadt an der Weinstraße hatte sich bereits am 27. September 2024 mit dem Fall befasst. Es verurteilte die Angeklagte wegen versuchten bandenmäßigen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten. Ein bandenmäßiger Betrug liegt vor, wenn sich mindestens drei Personen zusammenschließen, um gemeinsam und über einen längeren Zeitraum Betrugstaten zu begehen. Es handelt sich um ein sogenanntes Regelbeispiel des Betruges, das eine erhöhte Strafandrohung nach sich zieht, da solche Taten besonders gefährlich und schwer zu verfolgen sind.
Das Amtsgericht stufte die Handlungen der Angeklagten als mittäterschaftlichen Tatbeitrag ein. Das bedeutet, das Gericht ging davon aus, dass die Angeklagte als gleichwertige Akteurin agierte, deren Beitrag für die Tat genauso wichtig war wie der der anderen Bandenmitglieder. Das Gericht konnte jedoch nicht feststellen, dass die Angeklagte bei der Tat zusätzlich gewerbsmäßig handelte, also die Betrügereien als dauerhafte Einnahmequelle nutzte.
Warum legte die Angeklagte Revision gegen das Urteil ein?
Nach der Verurteilung durch das Amtsgericht legte die Angeklagte Revision ein. Eine Revision ist ein Rechtsmittel, das nach einem Urteil eingelegt werden kann. Es richtet sich nicht gegen die Tatsachenfeststellungen, sondern gegen Rechtsfehler, die im Urteil der Vorinstanz begangen wurden. Die Angeklagte stützte ihre Revision auf die sogenannte Sachrüge. Das bedeutet, sie beanstandete, dass das Amtsgericht bei der rechtlichen Bewertung ihres Falles Fehler gemacht habe, insbesondere bei der Frage, ob ihr Handeln tatsächlich als Mittäterschaft einzustufen war oder lediglich als Beihilfe. Die Unterscheidung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe ist von entscheidender Bedeutung, da sie sich erheblich auf das Strafmaß auswirken kann.
Das Oberlandesgericht Zweibrücken, als höhere Instanz, musste nun prüfen, ob das Amtsgericht bei seiner Entscheidung alle rechtlichen Vorgaben korrekt angewendet hatte.
Welche rechtlichen Maßstäbe gelten für die Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe?
Um die Entscheidung des Oberlandesgerichts zu verstehen, ist es wichtig, die Unterschiede zwischen Täterschaft und Teilnahme im deutschen Strafrecht zu kennen. Wenn mehrere Personen an einer Straftat beteiligt sind, unterscheidet das Gesetz zwischen demjenigen, der die Tat als Täter selbst ausführt oder als Mittäter eine eigene, gleichwertige Rolle spielt, und demjenigen, der lediglich Beihilfe leistet, also die Tat nur unterstützt.
Das Oberlandesgericht legte seiner Prüfung folgende maßgebliche Rechtsgrundsätze zugrunde, die im Strafgesetzbuch (StGB) verankert sind:
- Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB): Ein Mittäter ist, wer einen eigenen Beitrag zu einer Straftat leistet, der sich nach seinem Willen als Teil der gesamten Tat darstellt. Sein Handeln ist so in die Tat eingefügt, dass es als Ergänzung zum Handeln der anderen Beteiligten erscheint. Mittäterschaft erfordert nicht zwingend, dass man am „Kerngeschehen“ beteiligt ist, also zum Beispiel selbst den Betrug anruft oder das Opfer täuscht. Auch wichtige Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlungen können Mittäterschaft begründen. Die Gerichte müssen bei der Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe immer eine umfassende Bewertung aller Umstände des Einzelfalls vornehmen. Entscheidend sind dabei:
- Das eigene Interesse des Beteiligten am Erfolg der Tat.
- Der Umfang der Tatbeteiligung.
- Die sogenannte Tatherrschaft oder zumindest der Wille dazu. Das bedeutet, dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Beteiligten abhängen müssen.
- Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB): Eine Beihilfe liegt vor, wenn jemand einem anderen bei der vorsätzlichen Begehung einer rechtswidrigen Tat Hilfe leistet. Der Gehilfe fördert die Tat des Haupttäters, hat aber keine eigene „Tatherrschaft“ und seine Beteiligung ist eher von untergeordneter Bedeutung.
- Bandenmäßige Tatbegehung (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Var. 2 StGB): Auch wenn eine Tat von einer Bande begangen wird, muss für jeden Beteiligten einzeln geprüft werden, ob er als Mittäter, Anstifter (jemand, der einen anderen zur Tat bestimmt) oder Gehilfe (Beihilfe leistender) gehandelt hat. Nicht jedes Bandenmitglied ist automatisch ein Mittäter.
- Revisionsrechtliche Kontrolle: Das Oberlandesgericht prüft, ob das Amtsgericht bei der Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe korrekt vorgegangen ist. Dem Amtsgericht steht hier zwar ein gewisser Spielraum zu, aber wenn das Urteil keinerlei Begründungen für die Einstufung als Mittäterschaft enthält und diese nicht offensichtlich ist, stellt dies einen Rechtsfehler dar.
- Strafzumessung (§ 46 StGB): Bei der Festlegung der Strafe müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, darunter:
- Versuch (§ 23 Abs. 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB): Bei einem Versuch, also wenn die Tat nicht vollendet wurde (hier: das Geld wurde nicht übergeben), kann das Gericht die Strafe mildern. Hierbei spielen die Nähe zur Vollendung der Tat, die Gefährlichkeit des Versuchs und die aufgewendete kriminelle Energie eine Rolle.
- Regelbeispiel: Die erhöhte Strafandrohung für ein Regelbeispiel (wie hier der bandenmäßige Betrug) muss nicht immer angewendet werden. Wenn die Schuld oder das Unrecht des Täters aufgrund besonderer Umstände deutlich vom Regelfall abweicht, kann auch der „normale“ Strafrahmen gelten.
- Generalprävention: Strafen können auch die allgemeine Bevölkerung abschrecken sollen (sogenannte Generalprävention). Eine Erhöhung der Strafe aus diesem Grund ist jedoch nur zulässig, wenn eine tatsächliche Zunahme solcher Straftaten belegt werden kann und dies im Urteil konkret begründet wird.
Warum hob das Oberlandesgericht die Verurteilung als Mittäterin auf?
Das Oberlandesgericht Zweibrücken stellte fest, dass das Urteil des Amtsgerichts einem Rechtsfehler unterlag und somit nicht bestehen bleiben konnte. Der Hauptgrund war, dass das Amtsgericht die Handlung der Angeklagten als mittäterschaftlichen Beitrag einstufte, ohne sich in seinen schriftlichen Urteilsgründen ausreichend mit der Frage auseinanderzusetzen, ob es sich dabei nicht auch um eine bloße Beihilfehandlung hätte handeln können. Solche fehlenden Ausführungen sind ein schwerwiegender Fehler, wenn die Rolle als Mittäterin nicht von vornherein offensichtlich ist. Genau dies war hier der Fall.
Das Amtsgericht hatte es versäumt, die für die Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe erforderliche wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Es hat also nicht ausreichend analysiert, wie die Rolle der Angeklagten im Gesamtgefüge der Straftat zu bewerten ist.
Welche Argumente sprach das OLG für und gegen eine Mittäterschaft der „Abholerin“ an?
Das Oberlandesgericht beleuchtete die Rolle der Angeklagten als „Abholerin“ detailliert, um zu zeigen, warum eine solche Abgrenzung unerlässlich war:
- Aspekte, die für eine Mittäterschaft sprechen könnten:
- Der Angeklagten kam als „Abholerin“ eine sehr wesentliche Rolle innerhalb der Bande zu. Sie war die einzige Person der Tätergruppe, die direkt vor Ort war und den größten Risiken der Entdeckung ausgesetzt war. Ohne ihren Beitrag, das Geld abzuholen, hätte die geplante Tat nicht vollendet werden können. Ihre Anwesenheit war somit objektiv entscheidend für die Durchführung.
- Aspekte, die eher für eine Beihilfe sprechen könnten (oder gegen Mittäterschaft):
- Die Angeklagte war in keiner Weise an der Planung oder Organisation der Betrugstaten beteiligt. Sie traf keine Entscheidungen über die Ziele oder die Vorgehensweise.
- Die Täuschung der Zeugin durch den „Schock-Anruf“ erfolgte ausschließlich durch andere, unbekannte Mitglieder der Gruppierung. Die Angeklagte hatte keinerlei direkten Kontakt oder Einfluss auf das Opfer, abgesehen von der versuchten Geldübergabe.
- Sie erschien lediglich nach Anweisung zu einem bestimmten Zeitpunkt an der Wohnung der Zeugin, um das Geld entgegenzunehmen. Dies deutet auf eine eher ausführende und untergeordnete Rolle hin.
- Unzureichend bewertetes Eigeninteresse:
- Ein weiterer kritischer Punkt war, dass das Amtsgericht den Grad des eigenen Interesses der Angeklagten am Taterfolg nicht ausreichend bewertet hatte. Es war nicht klar, in welcher Weise die Angeklagte – über die Erstattung von Reise- und Hotelkosten hinaus – für ihre Tätigkeit als „Abholerin“ entlohnt werden sollte. Dieses finanzielle Eigeninteresse ist jedoch ein wichtiges Kriterium bei der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme.
Aufgrund dieser fehlenden und unzureichenden Bewertungen konnte die Verurteilung der Angeklagten als Mittäterin wegen versuchten bandenmäßigen Betruges keinen Bestand haben. Das Urteil musste aufgehoben werden. Da die genaue Einstufung der Tatbeteiligung auch die Grundlage für die Höhe der Strafe bildet, musste auch der Strafausspruch aufgehoben werden. Die tatsächlichen Feststellungen zum Hergang der Tat selbst, also was genau geschehen ist, blieben jedoch bestehen. Die Sache wurde an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Dort muss nun die Abgrenzung von Täterschaft und Beihilfe neu und umfassend vorgenommen werden.
Welche wichtigen Hinweise zur Strafzumessung gab das OLG für die erneute Verhandlung?
Für die anstehende erneute Verhandlung vor dem Amtsgericht gab das Oberlandesgericht Zweibrücken weitere wichtige Hinweise zur Strafzumessung, also zur Festlegung der Strafe:
- Prüfung der Strafhöhe trotz Regelbeispiel: Das Amtsgericht muss erneut prüfen, ob trotz der Verwirklichung des Regelbeispiels des bandenmäßigen Betruges (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Var. 2 StGB) ausnahmsweise der nicht erhöhte Strafrahmen für das Grunddelikt Betrug angewendet werden sollte. Dies wäre der Fall, wenn die Schuld oder das Unrecht der Angeklagten aufgrund besonderer Umstände deutlich vom Regelfall eines bandenmäßigen Betruges abweichen würde. Die besondere Schutzbedürftigkeit des Opfers (§ 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StGB) bleibt dabei weiterhin relevant.
- Berücksichtigung des Versuchs: Sollte das neue Gericht eine Strafmilderung wegen des Versuchs (§ 23 Abs. 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB) nicht für angemessen halten, muss es den Umstand, dass die Tat nicht vollendet wurde und somit der beabsichtigte Schaden nicht eingetreten ist (der sogenannte Erfolgsunwert), dennoch innerhalb des festzusetzenden Strafrahmens strafmildernd berücksichtigen. Dies ist in der Regel geboten.
- Fehlende Begründung für Generalprävention: Das Oberlandesgericht beanstandete zudem, dass das Amtsgericht seine generalpräventiven Erwägungen, also die Erhöhung der Strafe zur Abschreckung anderer, nicht ausreichend begründet hatte. Eine solche Straferhöhung ist nur dann gerechtfertigt, wenn eine tatsächliche und belegbare Zunahme solcher Straftaten festzustellen ist. Solche konkreten Feststellungen und Begründungen fehlten im Urteil des Amtsgerichts, was ebenfalls einen Rechtsfehler darstellte.
Die Urteilslogik
Die Justiz legt strenge Maßstäbe an die richterliche Begründung an, wenn es darum geht, die Rolle eines Beteiligten an einer Straftat zu bestimmen und das Strafmaß festzulegen.
- Wertende Gesamtbetrachtung entscheidet: Die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Beihilfe verlangt von Gerichten eine umfassende, wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände im Einzelfall.
- Tatherrschaft und Eigeninteresse zählen: Ein Akteur handelt als Mittäter, wenn seine „Tatherrschaft“, das Ausmaß seiner Beteiligung und sein Eigeninteresse am Taterfolg sein Handeln als Teil der gesamten Tat definieren.
- Strafbegründung ist Pflicht: Gerichte müssen jede Strafzumessung, insbesondere bei erhöhten Strafen oder zur Generalprävention, präzise und belegbar begründen, um Rechtsfehler zu vermeiden.
Die Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer präzisen juristischen Einordnung und einer transparenten Strafbegründung für die Rechtssicherheit.
Benötigen Sie Hilfe?
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Das Urteil in der Praxis
Wie viel Kontrolle muss man haben, um als Täter zu gelten? Dieses Urteil zwingt die Gerichte, genau hinzusehen. Das OLG Zweibrücken liefert eine glasklare Ansage an alle Instanzen: Die simple Annahme, dass eine „Abholerin“ im Enkeltrick-Betrug automatisch Mittäterin ist, greift zu kurz und muss fundiert begründet werden. Es wird knallhart eingefordert, eine umfassende wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die Eigeninteresse, Tatherrschaft und tatsächliche Tatbeiträge messerscharf voneinander abgrenzt. Für die Praxis bedeutet das: Gerichte müssen ihre Urteile künftig wasserdicht begründen, um die oft drastischen Strafunterschiede zwischen Beihilfe und Mittäterschaft in diesen komplexen Bandenfällen zu rechtfertigen. Eine bemerkenswerte Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und ein Weckruf an überhastete Schuldsprüche.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche rechtlichen Kriterien entscheiden über Mittäterschaft und Beihilfe bei einer Straftat?
Die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe ist für das Strafmaß von zentraler Bedeutung und kann komplex sein. Gerichte müssen eine genaue Bewertung vornehmen, da die rechtliche Einordnung erhebliche Auswirkungen auf die Strafe hat.
Stellen Sie sich ein Orchester vor: Ein Mittäter ist wie ein Dirigent oder ein wichtiger Solist, der aktiv das musikalische Geschehen prägt und maßgeblich beeinflusst. Ein Gehilfe ist eher wie ein Musiker im Hintergrund, der das Hauptspiel unterstützt, aber keine führende Rolle innehat.
Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) liegt vor, wenn jemand einen eigenen Beitrag zu einer Straftat leistet, der sich nach seinem Willen als Teil der gesamten Tat darstellt. Entscheidende Kriterien sind dabei das eigene Interesse am Erfolg der Tat, der Umfang der Beteiligung und die sogenannte „Tatherrschaft“ – also der Wille, Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich zu beeinflussen. Auch wichtige Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlungen können Mittäterschaft begründen, wenn sie im Rahmen eines gemeinsamen Tatplans erfolgen.
Im Gegensatz dazu liegt Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) vor, wenn jemand einem anderen lediglich Hilfe bei einer vorsätzlichen Tat leistet. Der Gehilfe fördert die Tat des Haupttäters, hat aber keine eigene „Tatherrschaft“, und seine Beteiligung ist eher von untergeordneter Bedeutung. Gerichte müssen für diese Abgrenzung stets eine umfassende „wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls“ vornehmen. Wenn diese Einordnung nicht offensichtlich ist, ist eine detaillierte Begründung im Urteil unerlässlich.
Diese differenzierte Betrachtung stellt sicher, dass die individuelle Schuld und der Beitrag jedes Beteiligten zur Tat gerecht bewertet und entsprechend bestraft werden.
Welche Aspekte berücksichtigt ein Gericht bei der Strafzumessung, insbesondere bei versuchten Straftaten oder besonderen Deliktsformen?
Die Festlegung einer Strafe durch ein Gericht ist ein komplexer Vorgang, bei dem zahlreiche individuelle Umstände der handelnden Person und der Tat genau betrachtet werden. Gerichte berücksichtigen dabei vielfältige Faktoren, um eine gerechte Strafe zu finden.
Man kann sich dies vorstellen wie einen erfahrenen Koch, der für ein Gericht nicht nur die Hauptzutaten, sondern auch kleinste Gewürze und die Zubereitungszeit berücksichtigt, um das perfekte Ergebnis zu erzielen – hier die passende Strafe.
Allgemeine Faktoren umfassen die Schuld der handelnden Person, die aufgewendete kriminelle Energie und die besondere Schutzbedürftigkeit des Opfers. Bei versuchten Straftaten, bei denen die Tat nicht vollendet wurde, kann das Gericht die Strafe mildern. Dabei sind die Nähe zur Vollendung, die Gefährlichkeit des Versuchs und der nicht eingetretene Schaden (Erfolgsunwert) strafmildernd zu berücksichtigen, selbst wenn keine formelle Milderung erfolgt.
Besondere Deliktsformen, etwa bandenmäßiger Betrug, ziehen eine erhöhte Strafandrohung nach sich. Gerichte prüfen jedoch, ob die Schuld im Einzelfall vom Regelfall abweicht; dann kann auch der Grundstrafrahmen gelten. Eine Straferhöhung zur Abschreckung der Allgemeinheit (Generalprävention) ist nur zulässig, wenn eine tatsächliche Zunahme solcher Taten belegt und im Urteil konkret begründet wird.
All diese Faktoren werden in einer Gesamtwürdigung betrachtet, um sicherzustellen, dass die Strafe der individuellen Schuld gerecht wird und gleichzeitig dem Schutz der Rechtsordnung dient.
Wie funktionieren gängige Betrugsmaschen wie der ‚Schock-Anruf‘ und der ‚Enkeltrick‘ und wie gehen Täter dabei vor?
Gängige Betrugsmaschen wie der „Schock-Anruf“ zielen darauf ab, älteren Menschen ihr Erspartes zu entlocken, indem sie Schock, Angst und falschen Zeitdruck erzeugen. Stellen Sie sich vor, jemand inszeniert ein Theaterstück nur für Sie, bei dem Akteure Rollen von Autoritätspersonen übernehmen, um Sie durch eine erdachte Tragödie zu einer sofortigen, unüberlegten Handlung zu drängen.
Beim sogenannten „Schock-Anruf“ nehmen unbekannte Täter telefonisch Kontakt auf und geben sich als offizielle Personen, etwa als Polizeibeamte, aus. Sie konfrontieren die Angerufenen mit einer schockierenden Lüge, zum Beispiel, dass ein enges Familienmitglied einen schweren Verkehrsunfall mit Todesfolge verursacht habe. Die Täter fordern dann umgehend einen hohen Geldbetrag – oft mehrere hunderttausend Euro – als Kaution oder Schadensersatz, um eine sofortige Haftstrafe zu verhindern.
Anschließend arrangieren die Täter, dass eine sogenannte „Abholerin“ das Geld direkt an der Wohnadresse des Opfers entgegennimmt. Das Ziel ist es, die Opfer unter emotionalen Druck zu setzen und ihnen keine Zeit für Rückfragen oder eigene Überlegungen zu lassen. Der „Enkeltrick“ ist eine vergleichbare Betrugsform, die ebenfalls darauf abzielt, ältere Menschen um ihr Geld zu bringen. In einem bekannten Fall wurde ein Opfer misstrauisch und alarmierte die Polizei, wodurch es die Geldübergabe verhinderte und die „Abholerin“ festnehmen konnte. Diese Maschen basieren darauf, das Vertrauen und die Angst der Opfer auszunutzen, um eine schnelle und unkontrollierte Geldübergabe zu erzwingen.
Wie werden Rollen innerhalb einer kriminellen Bande strafrechtlich bewertet?
Die strafrechtliche Bewertung der Beteiligung in einer kriminellen Bande hängt maßgeblich von der konkreten Rolle und dem Grad der Kontrolle über die Tat ab, nicht allein von der Mitgliedschaft. Es ist nicht so, dass jedes Bandenmitglied automatisch als Täter im engeren Sinne oder Mittäter gilt.
Stellen Sie sich eine Theaterproduktion vor: Nicht jeder, der beteiligt ist, ist der Hauptdarsteller oder Regisseur. Es gibt auch Bühnenhelfer, Beleuchter oder Kostümbildner. Jeder trägt zum Erfolg bei, aber ihre Funktionen und die damit verbundene Verantwortung unterscheiden sich erheblich. Genauso wird im Strafrecht die Rolle jedes Bandenmitglieds genau betrachtet.
Gerichte unterscheiden hierbei zwischen Mittäterschaft und Beihilfe. Ein Mittäter leistet einen eigenen Beitrag, der sich nach seinem Willen als Teil der gesamten Tat darstellt und dessen Handeln für die Durchführung und den Ausgang der Tat entscheidend ist (sogenannte Tatherrschaft). Dies kann auch wichtige Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlungen umfassen. Typische Rollen können Planer, Anrufer, Logistiker, Geldabholer oder Geldwäscher sein. Ein Beihilfeleistender hingegen fördert die Tat des Haupttäters, hat aber keine eigene Kontrolle über die Tat und seine Beteiligung ist eher von untergeordneter Bedeutung. Bei der Bewertung spielen zudem das eigene Interesse am Taterfolg und der Umfang der Tatbeteiligung eine Rolle.
Diese differenzierte Betrachtung stellt sicher, dass die strafrechtliche Verantwortlichkeit der tatsächlichen Bedeutung und dem Einfluss der jeweiligen Person auf die Straftat entspricht und somit eine gerechte Bestrafung erfolgen kann.
Wie wird die strafrechtliche Verantwortlichkeit von minderjährigen Tätern beurteilt?
Die bereitgestellte Wissensbasis konzentriert sich ausschließlich auf die strafrechtliche Beurteilung von erwachsenen Tätern im Kontext eines versuchten bandenmäßigen Betrugs und enthält keine Informationen zur Verantwortlichkeit minderjähriger Täter. Die Texte erläutern detailliert die Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe (§ 25 Abs. 2 StGB, § 27 Abs. 1 StGB) sowie die Grundsätze der Strafzumessung (§ 46 StGB) bei bandenmäßigen Straftaten und Versuchen (§ 23 Abs. 2 StGB). Diese Ausführungen beziehen sich auf einen konkreten Fall, in dem eine erwachsene „Abholerin“ beteiligt war.
Um dies bildlich zu erklären: Man hat Unterlagen über die komplexen Regeln eines Profi-Fußballspiels erhalten. Wenn nun gefragt wird, wie die Regeln für ein Kinderturnier sind, geben die vorliegenden Unterlagen keine Auskunft darüber, da sie für einen völlig anderen Kontext erstellt wurden.
Entsprechend der Aufgabe, die Antwort ausschließlich auf Basis der vorliegenden Wissensbasis zu formulieren, können daher keine spezifischen Details zur Beurteilung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von minderjährigen Tätern gegeben werden. Die deutsche Rechtsordnung sieht für junge Menschen, insbesondere Jugendliche (14-17 Jahre) und Heranwachsende (18-20 Jahre), spezielle Regelungen im Jugendgerichtsgesetz (JGG) vor, die einen Fokus auf Erziehung und Resozialisierung legen. Diese spezifischen jugendstrafrechtlichen Prinzipien, wie zum Beispiel die Regelungen zur Schuldunfähigkeit oder die Bedeutung erzieherischer Maßnahmen, sind jedoch nicht Teil der vorliegenden Wissensbasis.
Der Zweck dieser klaren Trennung im Rechtssystem ist es, den unterschiedlichen Entwicklungsstufen und Bedürfnissen von Minderjährigen gerecht zu werden, doch die vorliegenden Informationen behandeln ausschließlich das Erwachsenenstrafrecht.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Bandenmäßiger Betrug
Bandenmäßiger Betrug liegt vor, wenn sich mindestens drei Personen zusammenschließen, um gemeinsam und über einen längeren Zeitraum Betrugstaten zu begehen. Diese Qualifikation wird angewendet, weil solche organisierten Betrugsformen besonders gefährlich sind und für die Strafverfolgung eine größere Herausforderung darstellen. Sie zielt darauf ab, die höhere kriminelle Energie und Systematik solcher Taten gesondert zu ahnden.
Beispiel: Das amtsgericht verurteilte die angeklagte wegen versuchten bandenmäßigen betruges, da sie teil einer gruppe war, die sich auf den „schock-anruf“ spezialisiert hatte.
Beihilfe
Beihilfe bedeutet, dass jemand einem anderen bei der vorsätzlichen Begehung einer rechtswidrigen Tat Hilfe leistet, ohne selbst die volle Kontrolle über die Tat zu haben. Diese Regelung stellt sicher, dass auch Personen bestraft werden können, die eine Straftat zwar unterstützen, aber nicht die Hauptakteure sind. Die Strafe für Beihilfe ist in der Regel milder als die für Täterschaft oder Mittäterschaft, um dem geringeren Schuldanteil Rechnung zu tragen.
Beispiel: Das oberlandesgericht prüfte, ob die handlung der angeklagten als beihilfe oder mittäterschaft einzustufen war, da sich dies erheblich auf das strafmaß auswirken würde.
Generalprävention
Generalprävention beschreibt das Ziel einer Strafe, die Allgemeinheit von der Begehung ähnlicher Straftaten abzuschrecken. Der Zweck ist es, durch die Verhängung von Strafen ein Signal an potenzielle Täter in der Gesellschaft zu senden und so die Einhaltung der Gesetze zu fördern. Eine Straferhöhung aus generalpräventiven Gründen muss jedoch konkret begründet und durch eine tatsächliche Zunahme solcher Taten belegt sein.
Beispiel: Das oberlandesgericht beanstandete, dass das amtsgericht seine generalpräventiven erwägungen zur straferhöhung nicht ausreichend begründet hatte, da eine belegbare zunahme solcher straftaten fehlte.
Mittäterschaft
Mittäterschaft liegt vor, wenn mehrere Personen eine Straftat aufgrund eines gemeinsamen Tatplans zusammen begehen und jeder einen eigenen, wesentlichen Beitrag leistet, der sich nach seinem Willen als Teil der gesamten Tat darstellt. Diese Regelung erfasst Fälle, in denen mehrere Personen die „Tatherrschaft“ über das Geschehen teilen, weil ihr Beitrag für die Durchführung und den Ausgang der Tat von entscheidender Bedeutung ist. Mittäterschaft führt zu einer höheren Strafbarkeit als Beihilfe, da der Mittäter als gleichwertiger Akteur angesehen wird.
Beispiel: Das amtsgericht stufte die handlungen der angeklagten als mittäterschaftlichen tatbeitrag ein, da es davon ausging, dass ihr beitrag für die tat genauso wichtig war wie der der anderen bandenmitglieder.
Regelbeispiel
Ein Regelbeispiel ist ein gesetzlich vorgesehener Umstand, der für ein bestimmtes Delikt eine höhere Strafandrohung vorsieht, weil er typischerweise auf eine erhöhte Gefährlichkeit oder Schuld des Täters hindeutet. Es dient dazu, bestimmte, besonders schwere oder verwerfliche Begehungsweisen einer Straftat, wie hier der bandenmäßige Betrug, angemessen zu bestrafen. Gerichte können aber in Ausnahmefällen davon abweichen, wenn die Schuld oder das Unrecht des Täters deutlich vom Regelfall abweicht.
Beispiel: Ein bandenmäßiger betrug ist ein regelbeispiel des betruges, das eine erhöhte strafandrohung nach sich zieht, da solche taten besonders gefährlich und schwer zu verfolgen sind.
Strafzumessung
Strafzumessung ist der Prozess, bei dem ein Gericht die konkrete Höhe einer Strafe für eine verurteilte Person festlegt. Sie soll sicherstellen, dass die verhängte Strafe der individuellen Schuld des Täters gerecht wird und gleichzeitig den Zielen der Bestrafung dient, wie der Abschreckung oder der Resozialisierung. Dabei werden alle relevanten Umstände des Falls, wie die Schwere der Tat, die Beweggründe des Täters und eventuelle mildernde oder erschwerende Umstände, berücksichtigt.
Beispiel: Für die erneute verhandlung gab das oberlandesgericht wichtige hinweise zur strafzumessung, da das amtsgericht verschiedene faktoren bei der festlegung der strafe nicht ausreichend berücksichtigt hatte.
Versuch
Ein Versuch liegt vor, wenn eine Person die Ausführung einer Straftat beginnt, die Tat aber nicht vollendet, obwohl sie dies beabsichtigt hat. Diese Regelung ermöglicht es, auch Handlungen zu bestrafen, die noch nicht zum Erfolg geführt haben, aber bereits eine konkrete Gefahr für Rechtsgüter darstellen und den Willen zur Begehung einer Straftat erkennen lassen. Bei einem Versuch kann die Strafe in der Regel milder ausfallen als bei einer vollendeten Tat, da der beabsichtigte Schaden nicht eingetreten ist.
Beispiel: Das amtsgericht verurteilte die angeklagte wegen versuchten bandenmäßigen betruges, da die geldübergabe aufgrund des einschreitens der polizei nicht vollendet wurde.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB)
Mittäterschaft liegt vor, wenn mehrere Personen eine Straftat gemeinsam und gleichberechtigt als Teil eines Gesamtplans begehen, wobei jeder einen wesentlichen Beitrag leistet.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Amtsgericht verurteilte die Angeklagte als Mittäterin, da sie eine entscheidende Rolle als „Abholerin“ im Betrug spielte; das Oberlandesgericht forderte jedoch eine tiefere Prüfung, ob ihre Rolle tatsächlich gleichwertig und nicht bloß unterstützend war. - Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB)
Beihilfe bedeutet, dass jemand einem anderen bei der vorsätzlichen Begehung einer Straftat Hilfe leistet, ohne selbst die Tat zu beherrschen oder als gleichwertiger Akteur zu handeln.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Angeklagte legte Revision ein, um zu klären, ob ihre Rolle als „Abholerin“ nicht eher als Beihilfe einzustufen sei, was zu einer deutlich geringeren Strafe führen würde als die Annahme der Mittäterschaft. - Bandenmäßiger Betrug (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Var. 2 StGB)
Von bandenmäßigem Betrug spricht man, wenn mindestens drei Personen sich zur fortgesetzten Begehung von Betrugstaten zusammenschließen, was in der Regel zu einer deutlich höheren Strafe führt.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Amtsgericht verurteilte die Angeklagte wegen dieses qualifizierten Betrugs, was die hohe Freiheitsstrafe begründete; das Oberlandesgericht wies darauf hin, dass auch hier geprüft werden muss, ob die Straferhöhung im Einzelfall angemessen ist. - Versuch und Strafmilderung (§ 23 Abs. 2 StGB, § 49 Abs. 1 StGB)
Wenn eine Straftat nicht vollendet, sondern nur versucht wurde, kann das Gericht die vorgesehene Strafe mildern, da der beabsichtigte Schaden nicht eingetreten ist.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Betrugsversuch scheiterte, weil die Zeugin die Polizei alarmierte und das Geld nicht übergeben wurde, wies das Oberlandesgericht das Amtsgericht an, diesen Umstand bei der erneuten Strafzumessung mildernd zu berücksichtigen. - Strafzumessung und Generalprävention (§ 46 StGB)
Bei der Festlegung einer Strafe müssen Gerichte alle Umstände des Falls berücksichtigen und können Strafen auch zur Abschreckung der Allgemeinheit festsetzen, dies bedarf aber einer klaren Begründung.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Oberlandesgericht beanstandete, dass das Amtsgericht die Erhöhung der Strafe zur Abschreckung anderer nicht ausreichend begründet hatte, da konkrete Feststellungen zur Zunahme solcher Straftaten fehlten.
Das vorliegende Urteil
OLG Zweibrücken – Az.: 1 ORs 3 SRs 72/24 – Beschluss vom 04.12.2024
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