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Ausbeutung von Arbeitskraft – Strafmaß

Unzureichender Lohn, ständig unbezahlte Mehrarbeit? Wann liegt eine Ausbeutung gem. § 233 StGB vor?

Arbeit ist nicht immer fair. Oft werden Arbeitnehmer ausgebeutet, indem sie schlechte Löhne bekommen, ständig unbezahlte Mehrarbeit leisten müssen oder andere Ausbeutungsmethoden anwandt werden. Doch wann liegt eine Ausbeutung der Arbeitnehmer tatsächlich vor und wann ist sie strafbar? Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Grenzen des Direktionsrechts, die Freiheit von Personen im Zusammenhang mit dem Einsatz sowie der Verwertung ihrer Arbeitskraft und die gesetzliche Definition von Ausbeutung im Sinne des $ 233 StGB. Danach wird auf die gesetzlichen Voraussetzungen für die Strafbarkeit der Ausbeutung von Arbeitskräften eingegangen.

Grenzen des Direktionsrechts

Ausbeutung von Arbeitskräften
Die Strafen für die Ausbeutung der Arbeitskraft variieren stark. In milderen Fällen droht lediglich eine Geldstrafe, während in schweren Fällen sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren möglich ist. (Symbolfoto: Elnur/Shutterstock.com)

Aus einem Arbeitsvertragsverhältnis heraus erwirbt der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer das sogenannte Direktionsrecht. Dieses Recht besagt, dass der Arbeitnehmer dem reinen Grundsatz nach den Arbeitsweisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten hat. Natürlich hat auch dieses Direktionsrecht Grenzen, welche durch den Gesetzgeber in Form des § 233 Strafgesetzbuch (StGB) fort folgende aufgezeigt werden. In diesem Paragrafen wird ausdrücklich die Ausbeutung von Arbeitskräften definiert und auch das Strafmaß für ein derartiges Verhalten aufgezeigt.

Da es sich hierbei um das Strafrecht handelt sollte dementsprechend jeder Arbeitgeber diese Paragrafen kennen und auch für Arbeitnehmer ist das Wissen um die genauen Rahmenumstände der Ausbeutung von Arbeitskräften sehr wichtig, denn unter gewissen Umständen können die Grenzen zwischen dem normalen Direktionsrecht und der Ausbeutung durchaus fließend sein.

Freiheit von Personen im Zusammenhang mit dem Einsatz sowie der Verwertung ihrer Arbeitskraft

Der § 233 StGB schützt laut Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) in erster Linie die Freiheit von Personen im Zusammenhang mit dem Einsatz sowie der Verwertung ihrer Arbeitskraft. Jede Person soll dementsprechend durch diesen Paragrafen vor Ausbeutung geschützt werden. In der Vergangenheit kam es bereits häufiger zu entsprechenden Reformen dieser gesetzlichen Regelung, sodass diese immer wieder an die jeweiligen Gegebenheiten der Zeit angepasst wurden.

Wie lautet die gesetzliche Definition von Ausbeutung im Sinne des § 233 StGB

In § 233 Abs. 1 StGB wird sowohl die Definition der Ausbeutung als das zu erwartende Strafmaß für diese Handlung gleichermaßen definiert sowie festgeschrieben. Dementsprechend erwartet diejenige Person, welche eine andere Person unter Ausnutzung der wirtschaftlichen oder auch persönlichen Zwangslage bzw. Hilflosigkeit, welche mit einem Aufenthalt im fremden Land verknüpft ist bzw. dem Lebensalter, eine Geld- oder alternativ eine Maximalfreiheitsstrafe von drei Jahren. Das Lebensalter der geschützten Person ist auf 21 Jahre festgeschrieben.

Die Ausbeutung im Überblick

  • mittels Beschäftigung gem. § 232 Abs. 1 S. 2
  • mittels Ausübung von Bettelei
  • mittels Straftatbegehung

In dem Abs. 2 des § 233 StGB gibt es die zusätzliche Qualifikation für Fälle, bei denen die ausgebeutete Person das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht bzw. vollendet hat respektive bei denen es zu schwerwiegenden Misshandlungen oder die Gefährdung für die Gesundheit bzw. des Lebens kommt. Auch diejenigen Fälle, bei denen die Täterperson die wirtschaftliche Not der ausgebeuteten Person selbst erzeugt hat bzw. der Täter ein Mitglied von einer Bandenvereinigung ist, werden in dem § 233 Abs. 2 behandelt.

Der Sinn dieses Paragrafen

In der gängigen Praxis hat der § 233 StGB bei einem arbeitsvertraglichen Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer keine nennenswerte Relevanz. Der Paragraf erfüllt aber dennoch einen wichtigen Zweck, denn durch ihn werden Strafbarkeitslücken geschlossen. Mit dem Jahr 2016 erfolgte eine große Reformation dieses Paragrafen, da sich zuvor Begriffe wie „Leibeigenschaft“ oder auch „Sklaverei“ bzw. „Schuldknechtschaft“ in diesem Paragrafen wiederfanden. Heutzutage zielt der § 233 StGB eher auf den Schutz der Person vor Straftaten gegen die eigene Person ab, wobei die jeweilige Verfügungsfreiheit der Person im Zusammenhang mit ihrem Arbeitseinsatz respektive der Arbeitskraftverwertung im Vordergrund steht. Dies sind die Rechtsgüter, die durch den § 233 StGB ausdrücklich geschützt werden sollen. Gleichermaßen wird durch den Paragrafen jedoch auch das Vermögen der entsprechenden Person geschützt, da auch die Täterinitiative, das Opfer durch die erzeugte wirtschaftliche Not zur Begehung von Straftaten zu bewegen, unter Strafe gestellt wurde.

Auf der Grundlage der neuen juristischen Definition des § 233 StGB ist die Täterinitiative nicht mehr zwingend ein alleiniges Strafbarkeitskriterium.

Arbeitgeber sollten vorsichtig sein

Natürlich ist der Umstand stimmig, dass es auf dem Arbeitsmarkt ein immens hohes Konkurrenzdenken bei den Bewerbern gibt. Viele Menschen sind als Arbeitnehmer durchaus bereit, die Bewerberkonkurrenz durch entsprechende schlechtere Rahmenbedingungen zu unterbieten, um auf diese Weise die Anstellung bei dem Arbeitgeber zu bekommen. Obgleich dies aus marktwirtschaftlicher Sicht für den Arbeitgeber zwar durchaus vorteilhaft erscheinen mag, so sollten Arbeitgeber bei derartigen Angeboten der Bewerber große Vorsicht walten lassen. Der Gesetzgeber spricht bereits dann von Ausbeutung einer Arbeitskraft, wenn der Arbeitgeber ein Angebot eines Arbeitnehmers annimmt, welches überaus unangemessene Rahmenbedingungen des Arbeitsverhältnisses beinhaltet. Der Kernpunkt der Ausbeutung stellt der Umstand dar, dass der Arbeitgeber durch die Ausbeutung des Arbeitnehmers einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt.

Der wirtschaftliche Vorteil gilt bereits als gegeben, wenn der Arbeitgeber durch das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer 50 Prozent der als üblich geltenden Lohnkosten einspart bzw. wenn eine Person ihre Einkünfte, welche aus der Bettelei heraus erzielt werden, mit einem Täter zur Hälfte teilt.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Strafbarkeit der Ausbeutung von Arbeitskräften

Als zwingende Voraussetzung für die Strafbarkeit des Handelns gilt die wirtschaftliche oder auch persönliche Hilflosigkeit einer Person, wobei die Intensität dieser Zwangslage durchaus relevant ist. Gem. § 233 StGB ist es bereits ausreichend, wenn einer Person der wirtschaftliche Ruin droht oder falls diese Person von Wohnungs- bzw. Arbeitslosigkeit bedroht ist. In der gängigen Praxis erfordert die Strafbarkeit der Ausbeutung von Arbeitskräften das Gefühl des Arbeitnehmers, dass kein Ausweg aus der aktuellen Lage ersichtlich ist und dass dementsprechend die eigenen Handlungs- bzw. Entscheidungsmöglichkeiten sehr stark eingeschränkt sind. Ist sich ein Täter dieses Umstandes bei der jeweiligen Person bewusst und er nutzt diese Situation der betroffenen Person zu seinen eigenen Zwecken aus, so spricht der Gesetzgeber von Ausbeutung von Arbeitskräften.

Im Zusammenhang mit der Strafbarkeit der Ausbeutung gilt auch bereits der Versuch als strafbar.

Das Strafmaß für die Ausbeutung im Überblick

  • gem. § 233 Abs. 1 droht eine Maximalfreiheitsstrafe von drei Jahren oder alternativ eine Geldstrafe
  • gem. § 233 Abs. 2 (die Qualifikation) droht eine Freiheitsstrafe im Bereich 6 Monate – 10 Jahre
  • bei minderschweren Fällen gem. § 233 Abs. 1 droht eine Geldstrafe oder alternativ dazu eine Maximalfreiheitsstrafe von 2 Jahren
  • bei minderschweren Fällen gem. § 233 Abs. 2 droht eine Geldstrafe oder alternativ dazu eine Maximalfreiheitsstrafe von 5 Jahren

Im Zusammenhang mit der Strafbarkeit muss auch betont werden, dass nicht nur der aktive Täter mit einer empfindlichen Strafe zu rechnen hat. Auch diejenigen Personen, welche gem. § 233 Abs. 5 eine sogenannte Unterstützungshandlung begehen, machen sich strafbar. Für die Unterstützungshandlung sieht der Gesetzgeber eine Geldstrafe oder alternativ dazu eine Maximalfreiheitsstrafe von 2 Jahren vor. In der gängigen Praxis stellt sich nunmehr die Frage, wie sich die Unterstützungshandlung als solche überhaupt definiert. Diesbezüglich gibt es im StGB mehrere Paragrafen, welche die Unterstützungshandlung bzw. die Mittäterschaft genauer definieren.

Es stellt sich dementsprechend die Frage, wann genau in einem Unternehmen, in dem mehrere Personen als Arbeitgeber eines Arbeitnehmers in Betracht kommen, eine spezielle Person als Unterstützer der Ausbeutung infrage kommen würde. Für jeden Arbeitgeber in einem betroffenen Unternehmen, bei dem der Verdacht der Ausbeutung von Arbeitskräften im Raum steht, ist daher der Gang zu einem Fachanwalt für Strafrecht auf jeden Fall überaus ratsam. Es kommt nicht selten vor, dass ein Arbeitgeber von den Machenschaften des anderen Arbeitgebers in einem großen Unternehmen überhaupt keine Kenntnis erlangt und dementsprechend auch keinerlei Möglichkeit hat, der Ausbeutung durch entsprechende Maßnahmen entgegenzuwirken.

Es ist nachvollziehbar, dass die Strafbarkeit wegen Ausbeutung von Arbeitskraft von vielen individuellen Aspekten abhängig ist. Sind Sie mit dem Vorwurf konfrontiert, ist für eine aussichtreiche Verteidigung immer eine individuelle Einzelfallprüfung und die Sachkenntnis eines Rechtsanwalts im Strafrecht nötig. Viele Gerichte haben in der Regel wenig Erfahrung im Umgang mit diesen Delikten, gerade weil die praktische Relevanz eher gering ist. Sollten Sie mit einem solchen Vorwurf konfrontiert sein, sollten Sie einen kompetenten Anwalt für Strafrecht aufsuchen. Gerne stehen Ihnen unsere Experten mit Rat und Tat zur Seite. Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an.

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