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Schuldunfähigkeit & Unzurechnungsfähigkeit im Strafrecht

Wann gilt ein Täter als unzurechnungsfähig?

Bei vielen Taten, die in den Medien in das Bewusstsein der Öffentlichkeit vordringen, kommt der Gedanke auf, dass der Täter doch verrückt gewesen sein muss bzw. wohl unzurechnungsfähig ist und daher mit der vollen Härte des Gesetzes für seine „verrückte“ Tat bestraft werden muss. Die meisten Menschen wissen überhaupt nicht, dass es im Hinblick auf die Unzurechnungsfähigkeit und die strafrechtliche Konsequenz aus der Tat einen sehr engen Zusammenhang gibt und dass eine Unzurechnungsfähigkeit genau das Gegenteil von dem bewirken würde, was der öffentliche Volksmund sehr gern für außergewöhnliche Straftaten fordert. Ein vermeintlicher Täter wird nur zu gern vorschnell als verrückt und damit unzurechnungsfähig abgestellt. Im juristischen Sinne jedoch ist dies nicht ganz so simpel, da das deutsche Strafrecht auf dem Grundsatz beruht, dass eine Strafe ohne die Schuld des Täters nicht möglich ist. Die Prüfung, ob ein Täter wirklich unzurechnungsfähig ist, muss dementsprechend sehr sorgsam durchgeführt werden.

Ein Täter, der unzurechnungsfähig ist, handelt nicht schuldhaft und kann dementsprechend auf dem Grundsatz „keine Strafe ohne Schuld“ auch nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Ursprünglich basierte die Unzurechnungsfähigkeit auf dem § 51 StGB im deutschen Reich. Nach der Aufhebung des § 51 StGB erfolgte eine Aufteilung des Paragrafen in drei anderweitige Paragrafen, die sich nunmehr mit der Frage der Schuldfähigkeit eines Täters beschäftigen. Die Unzurechnungsfähigkeit führt dazu, dass ein Täter als nicht schuldfähig angesehen wird, weshalb es hierfür auch sehr streng gesteckte Kriterien gibt.

Wann ist ein Täter unzurechnungsfähig?
Symbolfoto: Von Atstock Productions /Shutterstock.com

Die Definition der Unzurechnungsfähigkeit nach dem aktuell geltenden StGB

Der geistige Gesundheitszustand eines Menschen wird im aktuellen StGB in vier Stufen aufgeteilt. Die erste Stufe ist die vollständige Zurechnungsfähigkeit, welche auch eine volle Schuldfähigkeit nach sich zieht. Ein Täter kann in dieser Strafe für alle seine Taten vollumfänglich strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Die zweite Stufe sieht die verminderte Schuldfähigkeit vor, die dritte Stufe die bedingte Schuldfähigkeit – beispielsweise bei jugendlichen Tätern – und die vierte Stufe stellt die Unzurechnungsfähigkeit dar.

Eine beschuldigte Person kann immer dann als schuldfähig angesehen, wenn die hierfür erforderliche geistige sowie moralische Reife nebst der Fähigkeit zur Einsicht der Unrechtmäßigkeit des Handelns vorhanden ist. Jugendliche Angeklagte gelten vor dem Gesetz zunächst als lediglich zurechnungsfähig unter Vorbehalt.

Unzurechnungsfähig gelten vor dem Gesetz diejenigen Personen, die bestimmten Einschränkungen unterliegen. Diese Einschränkungen finden sich sowohl in dem § 19 des Strafgesetzbuches als auch in dem § 20 des Strafgesetzbuches wieder. Der § 19 StGB besagt, dass Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres unzurechnungsfähig sind, da sie die erforderliche Reife noch nicht besitzen. Der § 20 StGB besagt, dass Menschen mit psychischen oder seelischen Störungen von erheblichem Ausmaß sowie auch Schwachsinn und Bewusstseinsstörungen ebenfalls als unzurechnungsfähig angesehen werden.

Der vielberühmte Vollrausch, dem sich speziell an den Wochenenden viele Menschen hingeben, kann ebenfalls zu einer Unzurechnungsfähigkeit führen.

Im Hinblick auf die seelischen Störungen kommt es sehr stark darauf an, ob diese permanent auftreten oder nur als vorübergehend anzusehen sind. Ebenfalls muss ein Zusammenhang zu dem Tathergang hergestellt werden, damit eine Schuldfähigkeit festgestellt werden kann. Wenn ein Täter aus anderweitigen Gründen lediglich vorübergehend nicht zur Einsicht seines Handelns fähig war, wird in der Regel nicht von einer Unzurechnungsfähigkeit ausgegangen. In diesem Fall ist lediglich die verminderte Schuldfähigkeit für den Sachverhalt entscheidend. Die Folge ist, dass eine Strafmilderung erfolgen kann. Eine Straffreiheit hat dies jedoch nicht zur folge.

Zieht die Unzurechnungsfähigkeit automatisch eine Straffreiheit nach sich?

Der Grundsatz „ohne Schuld keine Strafe“ besagt, dass ein unzurechnungsfähiger Täter auch dementsprechend keine Strafe befürchten muss. Dieser Grundsatz wird jedoch zunächst nur auf die strafrechtliche Tat sowie die damit einhergehenden Strafen angewendet. Dieser Umstand bedeutet jedoch nicht, dass es für einen unzurechnungsfähigen Täter keine Konsequenzen aus seinem Handeln heraus geben kann. Vielmehr wird auf der Grundlage einer Einzelfallentscheidung anhand des Sachverhalts entschieden, wie diese Konsequenzen aussehen. Es kommt dabei auch sehr stark auf die Schwere der Tat an. Ein Tötungsdelikt oder Mord bzw. Totschlag, welches von einem unzurechnungsfähigen Täter begangen wurde, kann für den Täter mit einer Unterbringung in geschlossenen psychiatrischen Einrichtungen sanktioniert werden. Der unzurechnungsfähige Täter ist dann zur Teilnahme an einer Therapie verpflichtet, sodass der Schutz der Allgemeinheit vor dem Täter und weiteren Straftaten sowie auch die Behandlung des Täters gleichermaßen gewährleistet ist.

Wird eine derartige Maßnahme per Gerichtsurteil angeordnet, so gibt es hierfür in der Regel keine zeitliche Begrenzung. Der Behandlungsverlauf entscheidet darüber, ob und wann ein unzurechnungsfähiger Täter wieder aus der geschlossenen psychiatrischen Einrichtung entlassen werden kann. Dies geschieht in der Regel erst dann, wenn von dem Täter keine Gefahr für die Allgemeinheit mehr ausgeht.

Wenn die Unzurechnungsfähigkeit aufgrund eines Vollrausches festgestellt wurde können auch andere Maßnahmen als Sanktion der Tat gerichtlich angeordnet werden.

Beispiele hierfür sind

  • Antiaggressionstraining
  • Alkoholentzugstherapien

Wann wird der Vollrausch strafrechtlich bestraft?

Straftaten im Vollrausch
Straftaten im Vollrausch – Symbolfoto: Von Tatiana Chekryzhova/Shutterstock.com

Entscheidend für die Frage, ob der Vollrausch strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, ist der § 323a des Strafgesetzbuches. Wer als Täter den Rauschzustand vorsätzlich oder zumindest fahrlässig herbeigeführt hat und zu dem Zeitpunkt des Rauschzustandes eine Straftat begeht, muss eine Freiheitsstrafe oder alternativ dazu eine Geldstrafe befürchten. Nun ist es im Hinblick auf den Alkoholgenuss ein Faktum, dass der Rauschzustand bei jedem Menschen unterschiedlich wirkt und auch erst zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt eintritt. Die körperlichen Voraussetzungen des Menschen sowie auch das bisherige Konsumverhalten spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Der Gesetzgeber braucht jedoch einen Anhaltspunkt, um die Schuldfrage aufgrund des Rauschzustandes bewerten zu können. Dementsprechend wurde ein Richtwert ins Leben gerufen, der als Promillegrenze für die Schuldfähigkeit festgelegt ist. Dieser Richtwert liegt bei 3,0 Promille.

In der Gesamtbetrachtung aller Straftaten und Gerichtsverfahren muss festgehalten werden, dass lediglich ein verschwindend geringer Anteil von lediglich 0,3 Prozent eine Unzurechnungsfähigkeit festgestellt wird.

Die Unzurechnungsfähigkeit stellt im Zusammenhang mit einer Straftat mitnichten einen sogenannten Freifahrtschein dar. Obgleich der Volksmund diesbezüglich gern anderweitige Meinungen äußert hat eine Unzurechnungsfähigkeit für einen Straftäter sehr wohl schwerwiegende Konsequenzen. Sei es die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung, aus welcher der Weg in die Freiheit mitunter schwieriger und auch langwieriger ist als es bei einer Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt der Fall ist, oder aber Therapien – auch unzurechnungsfähige Täter müssen sich den Konsequenzen ihres Handelns stellen. Dementsprechend ist die Argumentation mit der Unzurechnungsfähigkeit eines Täters im Rahmen eines Gerichtsverfahrens auch keine „Taktik“ zugunsten des Täters. Vielmehr gilt es in jedem Strafrechtsprozess, die wahren Umstände der Tat zu untersuchen und dabei sowohl den Gesichtspunkt des Opfers als auch die Beweggründe bzw. Sichtweise des Täters zu hinterfragen. Wenn Sie einer Straftat angeklagt worden sind oder Sie als Angehöriger eines Täters Zweifel an der Schuldfähigkeit des Täters haben, dann werden Sie einen kompetenten Fachanwalt für Strafrecht benötigen. Unser engagiertes und kompetentes Team verfügt über langjährige Erfahrung kann Sie in Ihrem Fall gerichtlich vertreten, damit am Ende des Gerichtsverfahrens der Gerechtigkeit auf jeden Fall Genüge getan wird.

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