Ein Anwalt schleuderte einen präparierten Stein, beschmiert mit Fäkalien, gegen die Pforte des Bundesverfassungsgerichts und verursachte dabei 1.000 Euro Schaden. Obwohl die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe forderte, kam der Jurist nun mit einer Geldstrafe davon.
Übersicht
- Das Urteil in 30 Sekunden
- Die Fakten im Blick
- Der Fall vor Gericht
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Das Urteil in der Praxis
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann wird eine Beschädigung wie der Steinwurf am Verfassungsgericht als Sachbeschädigung bestraft?
- Muss ich bei Sachbeschädigung mit einer Gefängnisstrafe rechnen?
- Welche Faktoren beeinflussen die Höhe der Strafe bei Sachbeschädigung?
- Welche Rolle spielt der Tatort für die Strafe bei Sachbeschädigung?
- Warum ist eine kurze Freiheitsstrafe bei Sachbeschädigung das letzte Mittel?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 16Ds 280 Js 1278/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Urteil in 30 Sekunden
- Das Problem: Ein Anwalt warf einen Stein gegen die Pforte des Bundesverfassungsgerichts und beschädigte dabei das Gebäude. Er hatte den Stein vorbereitet und mitgebracht.
- Die Rechtsfrage: Sollte für diese Sachbeschädigung eine Gefängnisstrafe verhängt werden?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht verhängte eine Geldstrafe, weil keine Menschen in Gefahr waren. Eine Gefängnisstrafe war nicht zwingend nötig.
- Die Bedeutung: Gerichte verhängen Gefängnisstrafen nur, wenn dies unbedingt erforderlich ist. Eine Geldstrafe kann auch bei schwerwiegenden Taten genügen.
Die Fakten im Blick
- Gericht: Amtsgericht Karlsruhe
- Datum: 14.01.2025
- Aktenzeichen: 16 Ds 280 Js 1278/25
- Verfahren: Strafverfahren
- Rechtsbereiche: Strafrecht, Strafprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Staatsanwaltschaft, die im Namen des Staates die Anklage vertritt. Sie forderte eine Verurteilung des Angeklagten wegen Sachbeschädigung.
- Beklagte: Herr B., ein Rechtsanwalt, der sich wegen einer Straftat vor Gericht verantworten musste. Er räumte die Tat ein und verwies auf mildernde Umstände, um eine geringere Strafe zu erreichen.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Der Angeklagte B. warf einen mit Fäkalien beschmierten Stein gegen die Pfortenscheibe des Bundesverfassungsgerichts. Dabei wurden Teile des Sonnenschutzrollos verbogen und die Sicherheitsverglasung zerkratzt, wodurch ein Sachschaden von etwa 1.000 EUR entstand.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: Hat sich der Angeklagte strafbar gemacht, als er einen mit Fäkalien beschmierten Stein gegen die Scheibe des Bundesverfassungsgerichts warf und was für eine Strafe war dafür angemessen?
Entscheidung des Gerichts:
- Urteil im Ergebnis: Der Angeklagte B. wurde wegen Sachbeschädigung verurteilt.
- Zentrale Begründung: Das Gericht sah die Sachbeschädigung als bewiesen an und hielt eine Geldstrafe für ausreichend, da keine Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung zwingend erforderlich war.
- Konsequenzen für die Parteien: Der Angeklagte muss eine Geldstrafe von 2.400 Euro zahlen, der Stein wurde eingezogen und er trägt die Verfahrenskosten.
Der Fall vor Gericht
Was genau passierte vor dem Bundesverfassungsgericht?
Ein Anwalt kennt das Gesetz. Er weiß um die Konsequenzen, wenn man es bricht. Und doch stand ein Jurist vor dem Amtsgericht Karlsruhe, weil er genau das getan hatte: Er schleuderte einen mit Kot beschmierten Pflasterstein gegen die Pforte des Bundesverfassungsgerichts. Ein Akt des Protests, der Kratzer im Sicherheitsglas und zwei verbogene Lamellen hinterließ. Die Tat war schnell gestanden. Die spannende Frage für das Gericht war aber eine andere: Wie bestraft man einen Mann des Rechts, der das Recht auf so provokante Weise bricht?

Der Anwalt war am 13. Januar 2025 zum Sitz des Gerichts gekommen. Er wollte dem Präsidenten persönlich seine Sicht auf Verfassungsbeschwerden zum Gaza-Krieg darlegen. Beamte der Bundespolizei teilten ihm mit, ein solches Treffen sei nicht möglich. Daraufhin zog der Mann den vorbereiteten Stein aus seiner Tasche – etwa 13 mal 16 Zentimeter groß, mit Fäkalien beschmiert und in eine Plastiktüte gewickelt. Er warf ihn unvermittelt gegen die Pfortenscheibe. Der materielle Schaden wurde auf rund 1.000 Euro geschätzt.
Warum war die Tat eine klare Sachbeschädigung?
Für das Gericht war die rechtliche Einordnung unkompliziert. Das Strafgesetzbuch definiert Sachbeschädigung in § 303 schlicht als das vorsätzliche und rechtswidrige Beschädigen oder Zerstören einer fremden Sache. Die Fakten passten perfekt auf diese Definition.
Der Pflasterstein hatte die Oberfläche des Sicherheitsglases zerkratzt und die Lamellen des Sonnenschutzes verbogen. Die Substanz der Gegenstände war verändert, ihre Funktion beeinträchtigt. Das ist eine klassische Beschädigung. Der Angeklagte warf den Stein auch absichtlich. Er wollte die Scheibe treffen und nahm eine Beschädigung billigend in Kauf. Sein umfassendes Geständnis und die Aussagen einer Polizistin als Zeugin untermauerten diesen Vorsatz. Die Tat war damit zweifelsfrei eine strafbare Sachbeschädigung.
Wie wog das Gericht die Argumente für die Strafe ab?
Die Feststellung der Schuld war der einfache Teil. Die Kunst der Urteilsfindung lag in der Bemessung der richtigen Strafe. Das Gesetz sieht für Sachbeschädigung eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe vor. Um die passende Sanktion zu finden, legte das Gericht mildernde und erschwerende Umstände auf die Waagschale.
Für den angeklagten Anwalt sprach sein rückhaltloses Geständnis. Ein solches Verhalten spart dem Gericht Zeit und Ressourcen und zeigt eine gewisse Einsicht. Mildernd wirkte auch die Tatsache, dass er nach der Tat eine Nacht im Polizeigewahrsam verbracht hatte. Es war zudem seine erste Hauptverhandlung vor einem deutschen Gericht.
Gegen ihn sprach die sorgfältige Planung der Tat. Der Stein war nicht im Affekt aufgehoben worden. Er wurde vorbereitet, beschmiert und verpackt mitgebracht. Das zeugt von einer überlegten Handlung. Auch der entstandene Schaden von 1.000 Euro war kein Bagatellfall mehr. Schwer wog zudem der symbolische Ort der Tat – ein Angriff auf das höchste deutsche Gericht hat eine andere Dimension als Vandalismus an einer Bushaltestelle. Das Gericht berücksichtigte auch die elf Eintragungen im Bundeszentralregister, auch wenn die zwei einzigen Verurteilungen nur das Erschleichen von Leistungen betrafen. Schließlich erwähnte der Anwalt selbst, ähnliche Taten am Bundesinnenministerium und am Kanzleramt begangen zu haben. Diese Taten waren zwar noch nicht abgeurteilt, zeichneten aber ein Muster.
Nach Abwägung aller Punkte kam das Gericht zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen. Die Höhe eines Tagessatzes richtet sich nach dem Einkommen des Täters. Da der Anwalt keine genauen Angaben machte, schätzte das Gericht sein tägliches Nettoeinkommen auf 30 Euro. Die Gesamtstrafe belief sich somit auf 2.400 Euro.
Weshalb kam eine Freiheitsstrafe nicht in Betracht?
Die Staatsanwaltschaft hatte das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung betont. Ein Angriff auf das Verfassungsgericht kratzt am Vertrauen in den Rechtsstaat. Musste zur Verteidigung der Rechtsordnung nicht eine Freiheitsstrafe her? Das Gericht prüfte diesen Punkt sehr genau – und verneinte ihn.
Der entscheidende Gedanke findet sich in § 47 des Strafgesetzbuches. Eine kurze Freiheitsstrafe ist das letzte Mittel, die „ultima ratio“. Sie soll nur verhängt werden, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung „unerlässlich“ ist. Das Gericht sah diese Schwelle hier nicht überschritten.
Die Begründung ist eine Lektion in juristischer Verhältnismäßigkeit. Ja, die Tat war verwerflich und der symbolische Schaden groß. Aber zu keinem Zeitpunkt waren Menschen in Gefahr. Die Tatschuld des Anwalts, gemessen am konkreten Schaden und seinen überschaubaren Vorstrafen, war nicht so erdrückend, dass eine Geldstrafe als Sanktion versagen würde. Eine Geldstrafe, so die Richter, ist eine spürbare und ausreichende Antwort des Rechtsstaats. Eine Freiheitsstrafe wäre in diesem Fall unverhältnismäßig gewesen. Das Tatwerkzeug – der mit Plastik umwickelte Stein – wurde eingezogen. Die Kosten des Verfahrens muss der Anwalt tragen.
Die Urteilslogik
Die Justiz ermittelt die Schwere eines Vergehens und bemisst die Strafe anhand klarer Kriterien.
- Sachbeschädigung verstehen: Eine Sachbeschädigung liegt vor, sobald jemand vorsätzlich die Substanz eines fremden Gegenstandes verändert oder dessen Funktion beeinträchtigt.
- Strafbemessung abwägen: Gerichte ermitteln die passende Strafe, indem sie sorgfältig alle mildernden und erschwerenden Umstände einer Tat gegeneinander abwägen.
- Freiheitsstrafe als letztes Mittel: Eine Freiheitsstrafe verhängt man nur als äußerstes Mittel, wenn mildere Sanktionen nicht genügen, um auf den Täter einzuwirken oder die Rechtsordnung zu verteidigen.
So wahren Gerichte die Verhältnismäßigkeit und schützen zugleich die Integrität der Rechtsordnung.
Benötigen Sie Hilfe?
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Das Urteil in der Praxis
Mit diesem Urteil wird klar: Selbst eine schmutzige Provokation gegen unser höchstes Gericht führt nicht blindlings zur Freiheitsstrafe. Das Gericht hat hier gnadenlos die Verhältnismäßigkeit durchgesetzt, statt dem Ruf nach einer härteren Sanktion zu folgen. Es ist eine unmissverständliche Warnung, dass der Rechtsstaat auch bei symbolträchtigen Taten besonnen agiert und die „ultima ratio“ der Freiheitsstrafe ernst nimmt. Für die Praxis bedeutet das: Die Verhältnismäßigkeit bleibt ein Eckpfeiler unserer Justiz, selbst wenn die Öffentlichkeit Empörung fordert.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann wird eine Beschädigung wie der Steinwurf am Verfassungsgericht als Sachbeschädigung bestraft?
Eine Beschädigung wird bereits dann als Sachbeschädigung nach § 303 StGB bestraft, wenn eine fremde Sache vorsätzlich in ihrer Substanz oder Funktion beeinträchtigt wird – selbst bei geringfügigen Schäden oder wenn die Tat aus Protest erfolgte. Das Gesetz macht klare Vorgaben.
Der Grund: Juristen nennen das „Veränderung der Originalsubstanz“. Es geht nicht darum, ob ein Schaden nur ‚klein‘ erscheint oder ob man ihn emotional begründet. Ausschlaggebend ist, ob die Sache nach der Tat anders ist als vorher, und zwar durch die bewusste Handlung eines anderen. Selbst ein Kratzer genügt.
Ein passender Vergleich ist der Steinwurf am Verfassungsgericht. Der Täter zerkratzte Sicherheitsglas und verbog Lamellen. Der Sachschaden von 1.000 Euro war nicht ausschlaggebend; es ging um die Veränderung des Eigentums. Er wollte die Beschädigung, nahm sie billigend in Kauf – das ist Vorsatz. Hier zählte nicht, dass der Mann aus Protest handelte. Der Akt war klar als Sachbeschädigung einzuordnen.
Überprüfen Sie bei ähnlichen Vorfällen sofort, ob die Sache fremd war und der Schaden bewusst in Kauf genommen wurde – auch wenn er gering erscheint.
Muss ich bei Sachbeschädigung mit einer Gefängnisstrafe rechnen?
Obwohl Sachbeschädigung in Deutschland eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren vorsehen kann, wird diese selten verhängt. Juristen sprechen hier von der ‚ultima ratio‘: Eine Gefängnisstrafe dient oft nur als letztes Mittel, wenn eine Geldstrafe nicht ausreicht, insbesondere wenn bei der Tat keine Gefahr für Personen bestand.
Die Regel lautet: Eine kurze Freiheitsstrafe ist das allerletzte Mittel. Das Strafgesetzbuch (§ 47 StGB) sieht sie nur als ‚unerlässlich‘ an, wenn mildere Sanktionen, etwa eine Geldstrafe, nicht ausreichen, um den Täter zur Räson zu bringen oder die Rechtsordnung zu verteidigen. Hier prüft das Gericht genau.
Stellen Sie sich vor, jemand beschmiert eine Mauer. Materieller Schaden, ja. Doch wurde dabei jemand verletzt oder bedroht? Wenn die Antwort nein ist, sprechen geringe Vorstrafen und vor allem die Abwesenheit einer Personengefährdung stark gegen eine Freiheitsstrafe. Das ist eine entscheidende Weichenstellung in der Urteilsfindung. Eine Geldstrafe, die sich am Einkommen orientiert und damit spürbar ist, gilt in den meisten Fällen als angemessene Reaktion des Rechtsstaats.
Wer einer Sachbeschädigung beschuldigt wird, sollte unbedingt alle Umstände, die eine Personengefährdung ausschließen, und mildernde Faktoren sammeln – und unverzüglich einen Anwalt konsultieren.
Welche Faktoren beeinflussen die Höhe der Strafe bei Sachbeschädigung?
Die Höhe der Strafe bei Sachbeschädigung wird durch eine sorgfältige Abwägung mildernder und erschwerender Umstände bestimmt, darunter ein rückhaltloses Geständnis, die akribische Planung der Tat, die tatsächliche Schadenshöhe sowie die symbolische Bedeutung des Tatorts und frühere rechtliche Einträge des Täters. Juristen legen diese Punkte auf die Waagschale, um eine faire Sanktion zu finden.
Es zählt vor Gericht eben nicht allein der materielle Schaden. Richter bewerten vielmehr die gesamte Tat und die Persönlichkeit des Verursachers. Ein umfassendes Geständnis oder bereits erlittener Polizeigewahrsam, wie beim Anwalt im Fall des Verfassungsgerichts, können mildernd wirken. Auch wenn es die erste Hauptverhandlung vor einem deutschen Gericht ist, zählt dies positiv.
Ganz anders verhält es sich, wenn die Tat geplant war. Der Fall am Verfassungsgericht zeigte: Das Mitführen eines vorbereiteten, beschmierten Steins wirkte stark straferhöhend. Ein materieller Schaden von 1.000 Euro ist keine Bagatelle. Besonders schwer wiegt zudem die symbolische Bedeutung des Tatorts; ein Angriff auf das höchste deutsche Gericht hat eine ganz andere Dimension als Vandalismus an einer Bushaltestelle. Selbst frühere, nicht direkt einschlägige Einträge im Bundeszentralregister und das Muster ähnlicher Taten werden bei der Gesamtbewertung der Täterpersönlichkeit berücksichtigt.
Listen Sie vor einem Gespräch mit Ihrem Anwalt detailliert alle Umstände auf, die Ihre Tat in einem milderen Licht erscheinen lassen könnten.
Welche Rolle spielt der Tatort für die Strafe bei Sachbeschädigung?
Der Tatort spielt eine entscheidende Rolle für die Strafzumessung bei Sachbeschädigung. Ein Angriff auf symbolisch bedeutsame Einrichtungen, wie das Bundesverfassungsgericht, wird als direkter Angriff auf den Rechtsstaat interpretiert und besitzt eine wesentlich höhere Dimension als gewöhnlicher Vandalismus an alltäglichen Orten.
Das liegt daran, dass ein Gebäude wie das Bundesverfassungsgericht weit mehr ist als nur Beton und Glas. Es ist ein zentrales Symbol des Rechtsstaates, dessen Beschädigung als direkter Angriff auf dessen Integrität und Autorität gewertet wird. Bei solchen Taten steigt das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung massiv, weil das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Rechtsordnung verteidigt werden muss.
Juristen nennen das eine „andere Dimension“. Ein Steinwurf, der eine Bushaltestelle trifft, ist Vandalismus. Derselbe Steinwurf gegen das höchste deutsche Gericht wird zum Statement, zum Bruch des Vertrauens in die Wehrhaftigkeit der Rechtsordnung. Das Gericht im konkreten Fall wog diesen symbolischen Ort schwer, sah darin keine alltägliche Sachbeschädigung.
Bewerten Sie bei jeder Einschätzung potenzieller Konsequenzen nicht nur den materiellen Schaden, sondern stets die öffentliche oder symbolische Bedeutung des beschädigten Objekts.
Warum ist eine kurze Freiheitsstrafe bei Sachbeschädigung das letzte Mittel?
Eine kurze Freiheitsstrafe ist bei Sachbeschädigung das letzte Mittel – Juristen nennen es ‚ultima ratio‘. Das Strafgesetzbuch erlaubt sie gemäß § 47 StGB nur dann, wenn mildere Sanktionen wie Geldstrafen nicht ausreichen, um den Täter zur Rechenschaft zu ziehen oder die Rechtsordnung wirksam zu verteidigen.
Der Grund: Das deutsche Strafrecht versteht die Freiheitsstrafe als schärfstes Schwert des Staates. Dieses kommt nur zum Einsatz, wenn alle anderen, weniger eingreifenden Mittel versagen. Der Staat zieht eben nicht mit Kanonen auf Spatzen – er setzt die schärfsten Waffen nur ein, wenn es wirklich nötig ist, um beispielsweise weitere Straftaten zu verhindern oder das allgemeine Rechtsgefühl zu wahren.
Gerade hier zeigt sich das Prinzip der juristischen Verhältnismäßigkeit. Auch bei Taten an symbolträchtigen Orten, deren Beschädigung viele empören mag, muss die verhängte Strafe immer im exakten Verhältnis zur konkreten Tatschuld stehen. Entscheidend ist oft, dass zu keinem Zeitpunkt Menschen in Gefahr waren, was ein starkes Argument gegen eine Freiheitsstrafe ist. Eine Geldstrafe, deren Höhe sich nach dem täglichen Einkommen des Täters richtet, wird in vielen Fällen als spürbare und ausreichend präventive Reaktion des Rechtsstaats angesehen.
Machen Sie sich mit den grundlegenden Prinzipien der Strafzumessung vertraut, insbesondere mit § 47 StGB, um zu verstehen, unter welchen präzisen Bedingungen eine Freiheitsstrafe wirklich in Betracht kommt.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Sachbeschädigung
Sachbeschädigung liegt vor, wenn jemand vorsätzlich eine fremde Sache beschädigt oder zerstört. Dieses Gesetz schützt das Eigentum und die Funktionsfähigkeit von Gegenständen vor mutwilliger Zerstörung. Es stellt sicher, dass absichtliche Veränderungen an fremdem Besitz strafrechtlich verfolgt werden können.
Beispiel: Beim Vorfall am Bundesverfassungsgericht war die Tat des Anwalts eine klare Sachbeschädigung, da er das Sicherheitsglas zerkratzte und die Lamellen verbog.
Strafzumessung
Die Strafzumessung ist der Prozess, bei dem ein Gericht die Höhe und Art der Strafe für eine begangene Straftat festlegt. Hierbei wägen Richter alle Umstände des Falls und die Täterpersönlichkeit gegeneinander ab, um eine gerechte und angemessene Sanktion zu finden. Das Gesetz will eine individuelle Bestrafung ermöglichen, die weder zu milde noch zu streng ausfällt.
Beispiel: Im vorliegenden Fall berücksichtigte das Gericht bei der Strafzumessung sowohl das Geständnis des Anwalts als auch die sorgfältige Planung und den symbolischen Tatort.
Tagessatz
Ein Tagessatz ist die tägliche Summe, die ein Verurteilter bei einer Geldstrafe zahlen muss, und richtet sich nach seinem persönlichen Nettoeinkommen. Dieses System ermöglicht eine gerechte Bestrafung, die sich an der finanziellen Leistungsfähigkeit des Täters orientiert und für jeden Einzelnen gleich schmerzhaft wirkt. Das Gesetz vermeidet damit, dass eine feste Geldsumme für Arme eine existenzielle Bedrohung, für Reiche aber nur ein Taschengeld darstellt.
Beispiel: Da der Anwalt im Prozess keine Angaben zu seinem Einkommen machte, schätzte das Gericht einen Tagessatz von dreißig Euro, was zu einer Gesamtstrafe von zweitausendvierhundert Euro führte.
Ultima Ratio
Juristen bezeichnen eine Maßnahme als Ultima Ratio, wenn sie das letzte und schärfste Mittel darstellt, das nur zum Einsatz kommt, falls alle milderen Optionen nicht ausreichen. Dieses Prinzip drückt aus, dass der Staat nicht mit unnötiger Härte agieren soll, sondern stets das mildeste, aber noch wirksame Mittel wählen muss. Es schützt den Bürger vor unverhältnismäßigen Eingriffen in seine Freiheit oder sein Eigentum.
Beispiel: Für das Gericht war die Freiheitsstrafe im Fall des Anwalts die Ultima Ratio und kam daher nicht in Betracht, weil eine Geldstrafe als ausreichend erachtet wurde.
Verhältnismäßigkeit
Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit fordert, dass staatliche Maßnahmen stets angemessen sein und nicht über das erforderliche Maß hinausgehen dürfen. Die Rechtsordnung nutzt dieses grundlegende Prinzip, um sicherzustellen, dass jede Sanktion oder jeder Eingriff im richtigen Verhältnis zur Schwere der Tat und dem zu erreichenden Zweck steht. Es dient dem Schutz individueller Freiheiten und der Vermeidung überzogener Reaktionen des Staates.
Beispiel: Die Richter bewerteten die Tat des Anwalts am Bundesverfassungsgericht genau nach der juristischen Verhältnismäßigkeit und sahen von einer Freiheitsstrafe ab, da zu keiner Zeit Menschen in Gefahr waren.
Vorsatz
Vorsatz liegt vor, wenn ein Täter eine Straftat wissentlich und willentlich begeht, also den Erfolg seiner Handlung beabsichtigt oder ihn billigend in Kauf nimmt. Das Strafrecht unterscheidet hier klar zwischen absichtlichem Handeln und bloßer Fahrlässigkeit, da die bewusste Entscheidung zur Rechtsgutsverletzung schwerer wiegt. Juristen wollen damit eine höhere Schuld und somit eine strengere Bestrafung bei gezielter Missachtung des Gesetzes sicherstellen.
Beispiel: Der Anwalt handelte mit Vorsatz, als er den Stein gegen die Scheibe des Bundesverfassungsgerichts warf, weil er eine Beschädigung billigend in Kauf nahm.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Sachbeschädigung (§ 303 StGB)
Dieses Gesetz definiert das vorsätzliche und rechtswidrige Beschädigen oder Zerstören fremder Sachen als Straftat.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Tat des Anwalts passte genau auf diese Definition, da er vorsätzlich das Eigentum des Bundesverfassungsgerichts beschädigte, indem er Kratzer und verbogene Lamellen verursachte. - Freiheitsstrafe als letztes Mittel (§ 47 StGB)
Eine kurze Freiheitsstrafe darf nur verhängt werden, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich ist und keine Geldstrafe ausreicht.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht verhängte keine Freiheitsstrafe, da es diese Schwelle trotz der symbolischen Bedeutung der Tat nicht als überschritten ansah und eine Geldstrafe als ausreichend erachtete. - Grundsätze der Strafzumessung
Das Gericht bestimmt die genaue Strafe, indem es alle für und gegen den Täter sprechenden Umstände sorgfältig abwägt.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht legte hier das umfassende Geständnis und die kurze Inhaftierung als mildernd, aber die Planung, den Schaden und den Tatort als erschwerend in die Waagschale, um die Höhe der Geldstrafe zu bestimmen. - Vorsatz (Strafrechtliches Prinzip)
Vorsatz bedeutet, dass jemand eine Straftat mit Wissen und Wollen begeht oder die Verwirklichung des Tatbestandes billigend in Kauf nimmt.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Anwalt handelte vorsätzlich, da er den Stein vorbereitet hatte und ihn bewusst gegen die Scheibe warf, wodurch er die Beschädigung der fremden Sache billigend in Kauf nahm.
Das vorliegende Urteil
AG Karlsruhe – Az.: 16 Ds 280 Js 1278/25 – Urteil vom 14.01.2025
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