Skip to content

Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten: Freispruch dank Meinungsfreiheit

Eine Mutter veröffentlichte nach einer Kindeswegnahme Namen einer Polizistin und zweier Jugendamtsmitarbeiterinnen auf Facebook, angeklagt wegen gefährdendem Verbreiten personenbezogener Daten. Das Landgericht Bremen musste daraufhin die heikle Grenze zwischen freier Meinungsäußerung und strafbarem Handeln neu ziehen.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 63 NBs 220 Js 60790/23 (2/25) | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Bremen
  • Datum: 20.06.2025
  • Aktenzeichen: 63 NBs 220 Js 60790/23 (2/25)
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Strafrecht, Meinungsfreiheit, Entschädigungsrecht

  • Das Problem: Eine Frau nannte auf Facebook die Namen von Polizisten und Jugendamtsmitarbeitern, die an einer Kindesentnahme beteiligt waren. Sie wurde deshalb wegen gefährdenden Verbreitens personenbezogener Daten verurteilt. Ihr Laptop wurde eingezogen.
  • Die Rechtsfrage: War es strafbar, wenn die Frau die Namen der Beamten in einer öffentlichen Online-Gruppe nannte? Oder schützt in diesem Fall die Meinungsfreiheit ihre Äußerung, obwohl im Umfeld des Themas auch zu Gewalt aufgerufen wurde?
  • Die Antwort: Nein, die Frau wurde freigesprochen. Das Gericht sah keine ausreichende konkrete Gefahr für die Beamten durch die bloße Nennung der Namen. Die Meinungsfreiheit hat bei Kritik an staatlichem Handeln ein hohes Gewicht.
  • Die Bedeutung: Die Entscheidung stärkt das Recht, Behörden und Beamte öffentlich zu kritisieren. Die bloße Nennung von Namen in einem öffentlichen Online-Forum macht eine Äußerung nicht automatisch strafbar.

Der Fall vor Gericht


Wann ist die öffentliche Nennung von Beamtennamen strafbar?

Manchmal ist es nicht das, was man sagt, sondern das, was man nicht sagt, das vor Gericht zählt. Eine Frau nannte in einem emotionalen Online-Streit die Namen von Beamten, die an einer Kindeswegnahme beteiligt waren.

Eine Frau übt am Laptop ihre Meinungsfreiheit aus, indem sie online Amtsträger kritisiert und personenbezogene Daten verbreitet.
Landgericht Bremen sprach Mutter frei; Namensnennung ohne Gefährdung, Entschädigung für beschlagnahmten Laptop | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das erste Gericht verurteilte sie. Ihr Laptop wurde als Tatwaffe eingezogen. Doch das Berufungsgericht drehte den Fall komplett. Es konzentrierte sich auf die fehlenden Details in ihrem Post: keine Adressen, keine Drohungen, nicht einmal ein korrekt geschriebener Name. Am Ende war es dieses Fehlen, das ihren Freispruch zementierte.

Warum wurde die Mutter zunächst verurteilt?

Die Staatsanwaltschaft und das erste Gericht sahen in den Facebook-Posts der Mutter einen klaren Fall von „gefährdendem Verbreiten personenbezogener Daten“. Ihre Logik folgte einer geraden Linie. Ein Video, das die Inobhutnahme eines Kindes durch das Jugendamt zeigte, kursierte im Netz und heizte die Stimmung auf. In den Kommentarspalten fanden sich bereits extreme, gewaltbereite Äußerungen von Unbekannten. In dieses aufgeheizte Klima platzierte die Frau ihre Beiträge und nannte die vollen Namen einer Polizistin und zweier Jugendamtsmitarbeiterinnen.

Für die Anklage war das kein Zufall. Das Benennen der Namen sei in diesem Umfeld geeignet und dazu bestimmt gewesen, die Beamtinnen einer Gefahr auszusetzen. Im Klartext: Wer in einer aufgebrachten Menge die Namen der Verantwortlichen nennt, müsse damit rechnen, dass jemand diese Information für Angriffe nutzt. Die Veröffentlichung mache die Amtspersonen zu Zielscheiben. Das Amtsgericht folgte dieser Argumentation. Es verurteilte die Frau zu einer Geldstrafe und ordnete an, ihren Laptop als Tatwerkzeug einzuziehen.

Wie begründete das Landgericht den Freispruch?

Die Berufungskammer am Landgericht Bremen zerlegte die Argumentation der Vorinstanz Punkt für Punkt. Sie prüfte den Straftatbestand des § 126a StGB neu – und kam zu einem völlig anderen Ergebnis. Das Gesetz verlangt mehr als nur die bloße Nennung eines Namens in einem hitzigen Kontext. Die Handlung muss objektiv geeignet und nach den Umständen dazu bestimmt sein, eine Person der Gefahr einer Straftat auszusetzen.

An genau dieser Hürde scheiterte die Anklage. Das Gericht stellte fest: Die Beiträge der Frau waren rein beschreibend. Sie schrieb sinngemäß: „Diese Personen waren beteiligt.“ Sie fügte keine Beleidigungen, keine Aufrufe und keine wertenden Kommentare hinzu. Es fehlten weitere Daten, die eine Kontaktaufnahme erleichtert hätten – keine Telefonnummern, keine Dienststellen. Erschwerend für die Anklage kam hinzu, dass sie den Namen der Polizistin sogar falsch geschrieben hatte.

Der entscheidende Punkt war die Prognose der Gefahr. Allein die Existenz radikaler Kommentare von Dritten auf anderen Plattformen reichte dem Gericht nicht aus. Es fand keine Anhaltspunkte dafür, dass ausgerechnet die sachlichen Posts der Angeklagten eine Gewalttat hätten auslösen können. Ein weiterer cleverer Schachzug der Verteidigung: Sie betonte, dass die Mutter unter ihrem echten Namen postete. Wer andere zu verdeckten Gewalttaten anstiften will, so die Logik, tut dies selten mit Klarnamen.

Zuletzt wog das Gericht die Meinungsfreiheit aus Artikel 5 des Grundgesetzes ab. Kritik an staatlichem Handeln – gerade bei so einschneidenden Maßnahmen wie einer Kindeswegnahme – muss in einer Demokratie einen breiten Raum haben. Das Strafrecht ist das schärfste Schwert des Staates. Es darf erst dann zum Einsatz kommen, wenn die Grenze von der Kritik zur konkreten Gefährdung klar überschritten ist. Diese Schwelle sah das Gericht hier nicht erreicht.

Wieso bekam die Frau sogar eine Entschädigung?

Der Freispruch war nur der erste Teil des Sieges für die angeklagte Mutter. Da ihre Verurteilung aufgehoben wurde, war auch die Grundlage für die staatlichen Zwangsmaßnahmen entfallen. Die Durchsuchung ihrer Wohnung und die Beschlagnahme ihres Laptops erwiesen sich rückblickend als rechtswidrig.

Das Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) regelt solche Fälle eindeutig. Wer zu Unrecht einer solchen Maßnahme ausgesetzt war, hat einen Anspruch auf Entschädigung durch die Staatskasse. Das Landgericht stellte daher nicht nur den Freispruch fest. Es erklärte auch, dass der Staat verpflichtet ist, die Frau für den erlittenen Schaden zu entschädigen. Die Kosten des gesamten Verfahrens, inklusive ihrer Anwaltskosten, musste ebenfalls die Staatskasse tragen.

Die Urteilslogik

Die Gerichte unterscheiden klar zwischen berechtigter Kritik an staatlichem Handeln und der strafbaren Gefährdung von Amtsträgern.

  • Gefährdung durch Namensnennung: Das Strafrecht erfasst die öffentliche Nennung von Amtsträgernamen nur, wenn die Handlung objektiv eine konkrete Gefahr für die betroffenen Personen schafft und über eine reine Information hinausgeht.
  • Schutz der Meinungsfreiheit: Die Meinungsfreiheit garantiert einen weitreichenden Schutz für die Kritik an staatlichen Maßnahmen und Amtsträgern, selbst wenn die Äußerungen emotional sind, solange sie keine konkrete Gefährdung oder einen Aufruf zu Straftaten darstellen.

Diese Prinzipien sichern den Raum für freie Äußerung, während sie gleichzeitig den Schutz öffentlicher Bediensteter gewährleisten.


Benötigen Sie Hilfe?


Haben Sie Fragen zur Meinungsfreiheit bei Online-Kritik an Behörden oder Amtsträgern? Kontaktieren Sie uns für eine erste rechtliche Einschätzung.


Experten Kommentar

Viele denken, wer Namen online nennt, ist schnell im Visier der Justiz. Doch dieses Urteil liefert eine wichtige Klarstellung: Allein das Benennen von Amtspersonen, selbst in einem hitzigen Umfeld, reicht nicht aus, um eine Straftat des gefährdenden Verbreitens personenbezogener Daten anzunehmen. Das Gericht stärkt damit die Meinungsfreiheit bei Kritik an Behördenhandeln, besonders wenn keine weiteren gefährdenden Details geliefert werden. Eine bloße, sachliche Namensnennung bleibt erlaubt und muss vor allem eine klare Grenze zu konkreten Aufrufen oder Drohungen ziehen. Wird diese Linie nicht überschritten, muss der Staat nach einem Freispruch die Kosten tragen.


Symbolische Grafik zu FAQ - Häufig gestellte Fragen aus dem Strafrecht" mit Waage der Gerechtigkeit und Gesetzbüchern im Hintergrund

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was gilt als strafbare Beleidigung oder Verleumdung von Beamten im Netz?

Strafbare Beleidigung oder Verleumdung von Beamten im Netz liegt vor, wenn Sie ehrverletzende Äußerungen tätigen oder unwahre Tatsachen verbreiten, die deren Ehre schädigen. Die bloße, sachliche Nennung eines Namens im Rahmen von Kritik an staatlichem Handeln ist hingegen durch die Meinungsfreiheit geschützt und nicht automatisch strafbar, sofern keine herabwürdigenden Inhalte hinzukommen.

Die Regel lautet: Juristen sprechen von Beleidigung oder Verleumdung, wenn die Äußerungen über eine reine Beschreibung der Beteiligung hinausgehen. Konkrete ehrverletzende Kommentare oder die Verbreitung unwahrer, die Person herabwürdigender Tatsachenbehauptungen sind dafür notwendig. Das Gesetz schützt nicht vor Kritik, sondern vor der gezielten Schädigung des Rufs.

Entscheidend ist hier das Fehlen von Zusatzinhalten, die den Tatbestand erfüllen. Sie dürfen Beamtennamen im Rahmen von Kritik an staatlichem Handeln nennen. Doch fügen Sie abfällige Adjektive, Schimpfwörter oder persönlich angreifende Werturteile hinzu, kann die Grenze zur Strafbarkeit schnell überschritten sein. Das Landgericht im genannten Fall betonte, dass die Frau keine Beleidigungen oder wertende Kommentare hinzugefügt hatte. Genau das war der Schlüssel zum Freispruch.

Ein passender Vergleich ist der eines Sportreporters. Er darf berichten, dass ein Spieler ein Foul begangen hat (Fakt). Er kann sogar sagen, der Spieler war dabei tollpatschig (Wertung, noch akzeptabel). Doch nennt er ihn öffentlich „Vollidiot“ oder behauptet fälschlicherweise, er sei bestechlich gewesen, wird es strafbar. Ihre Rolle ist die des Reporters, nicht die des verbal angreifenden Kommentators.

Bevor Sie einen Post veröffentlichen, überprüfen Sie ihn kritisch. Streichen Sie aktiv alle subjektiven Bewertungen, abfälligen Adjektive oder Schimpfwörter. Bleiben Sie stattdessen bei reinen Fakten und einer sachlichen Beschreibung des Vorfalls. Fragen Sie sich: Könnte ein Außenstehender meine Worte als persönliche Herabwürdigung oder unwahre Tatsachenbehauptung interpretieren?


zurück zur FAQ Übersicht

Welche Rechte haben Beamte, wenn ihre Namen ohne Gefährdung öffentlich genannt werden?

Beamte müssen die bloße, sachliche Nennung ihres Namens im Rahmen von Kritik an staatlichem Handeln hinnehmen. Dies gilt, solange keine objektive Gefährdung entsteht und keine weiteren strafrechtlich relevanten Inhalte wie Beleidigungen oder Verleumdungen hinzukommen. Das Grundgesetz schützt in solchen Fällen die Meinungsfreiheit ausdrücklich. Ein allgemeiner Anspruch auf Anonymität besteht bei öffentlicher Aufgabenerfüllung nicht.

In unserer Demokratie genießen Bürger das Recht auf freie Meinungsäußerung, verankert in Artikel 5 des Grundgesetzes. Eine rein sachliche Namensnennung von Beamten, insbesondere bei Kritik an hoheitlichem Handeln, fällt häufig darunter. Die Grenzen dieser Freiheit sind erst überschritten, wenn konkrete ehrverletzende Äußerungen oder eine tatsächliche Gefährdung hinzukommen.

Ein „gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten“ gemäß §126a StGB liegt nicht automatisch vor. Dieser Straftatbestand verlangt eine Veröffentlichung, die objektiv geeignet und dazu bestimmt ist, die betreffende Person einer konkreten Straftat auszusetzen. Reine Beschreibungen oder das Nennen eines Namens ohne ergänzende, gefährdende Details wie Adressen oder private Kontaktdaten genügen hierfür nicht.

Denken Sie an einen Zeitungsbericht über eine kontroverse Baumaßnahme. Dort werden die Namen der verantwortlichen Stadtplaner oder Stadträte genannt. Solange keine Beleidigungen oder Drohungen hinzukommen, ist das Teil der öffentlichen Debatte. Es ist vergleichbar mit dem Namen auf dem Klingelschild: Im öffentlichen Raum darf er grundsätzlich stehen, solange keine bösen Absichten damit verbunden sind.

Dokumentieren Sie stets den genauen Wortlaut und Kontext der Namensnennung, zum Beispiel durch Screenshots mit Datum und URL. So können Sie im Bedarfsfall präzise prüfen lassen, ob über die bloße Nennung hinaus Tatsachen behauptet oder Werturteile gefällt werden, die Ihre Ehre oder Sicherheit betreffen könnten. Vermeiden Sie voreilige Anzeigen; oft sind sie nicht zielführend.


zurück zur FAQ Übersicht

Wie wehre ich mich gegen eine Anklage wegen gefährdendem Datenverbreiten?

Eine erfolgreiche Verteidigung gegen eine Anklage wegen gefährdendem Datenverbreiten (§126a StGB) erfordert den Nachweis, dass Ihre Online-Äußerungen objektiv weder geeignet noch dazu bestimmt waren, eine Person der Gefahr einer Straftat auszusetzen. Betonen Sie das Fehlen von Zusatzinformationen und die reine Sachlichkeit Ihrer Posts. So verdeutlichen Sie Ihre Absicht und berufen sich auf die Meinungsfreiheit.

Juristen nennen das ‚gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten‘. Das Gesetz ist hier sehr präzise: Es verlangt nicht nur die Nennung eines Namens, sondern eine konkrete, objektiv nachweisbare Eignung zur Gefährdung. Sie müssen argumentieren, dass Ihre Beiträge diese Schwelle nicht überschritten haben. Heben Sie hervor, dass Sie keine Adressen, Telefonnummern oder genauen Dienststellenangaben veröffentlichten. Solche Zusatzinformationen wären entscheidend, um eine tatsächliche Gefährdung zu untermauern.

Ihre Verteidigung sollte auch betonen, dass Ihre Äußerungen rein beschreibend waren. Fehlen beleidigende, aufrufende oder persönlich wertende Kommentare, spricht dies stark gegen eine strafbare Absicht. Zudem stärkt das Posten unter Ihrem echten Namen Ihr Argument, dass Sie keine verdeckten Gewalttaten anstiften wollten. Letztlich geht es darum, Ihr Recht auf freie Meinungsäußerung bei Kritik an staatlichem Handeln zu verteidigen.

Ein passender Vergleich ist der Unterschied zwischen einer Wegbeschreibung zu einem Rathaus und der genauen Adresse eines Bürgermeisters, verbunden mit der Äußerung ‚Der muss büßen!‘. Ersteres ist reine Information. Letzteres schafft potenzielle Gefährdung. Ihre Online-Äußerungen müssen klar dem Bereich der unverfänglichen Information zuzuordnen sein.

Vermeiden Sie unbedingt, strittige Online-Äußerungen nachträglich zu editieren oder zu löschen. Dies könnte als Versuch der Beweisvernichtung missverstanden werden. Sichern Sie stattdessen den Originalzustand aller relevanten Beiträge. Kontaktieren Sie unverzüglich einen auf Strafrecht spezialisierten Anwalt. Übergeben Sie ihm alle gesicherten Screenshots und Kommunikationen. Eine schnelle, professionelle Verteidigung ist hier entscheidend.


zurück zur FAQ Übersicht

An wen wende ich mich, wenn meine persönlichen Daten online missbraucht werden?

Wenn Ihre persönlichen Daten online in einer Weise verbreitet werden, die eine konkrete Gefahr einer Straftat für Sie darstellt (ähnlich dem Szenario in § 126a StGB), sollten Sie schnell handeln. Wenden Sie sich umgehend an die Polizei für eine Strafanzeige und suchen Sie zusätzlich rechtlichen Beistand bei einem Anwalt. Dieser hilft Ihnen, die Löschung der Daten zu erwirken und zivilrechtliche Schritte zu prüfen.

Die Regel lautet: Bei einem akuten Verdacht auf eine Straftat, etwa dem gefährdenden Verbreiten personenbezogener Daten nach § 126a StGB, ist die Polizei Ihre erste Anlaufstelle. Hier erstatten Sie eine Strafanzeige. Die Beamten leiten dann die notwendigen Ermittlungen ein. Parallel dazu ist es ratsam, einen erfahrenen Rechtsanwalt zu konsultieren. Dieser prüft, welche zivilrechtlichen Schritte möglich sind. Denkbar sind Unterlassungsansprüche, um die sofortige Löschung der Daten zu fordern, oder auch Schadensersatzforderungen für erlittene Schäden.

Oftmals kann man auch die Betreiber der jeweiligen Plattformen, wie Social-Media-Seiten oder Foren, direkt auffordern, die Inhalte zu entfernen. Manchmal hilft der Gang zu einer Datenschutzaufsichtsbehörde, besonders wenn es um systematische oder unternehmensbezogene Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geht.

Ein passender Vergleich ist dieser: Ihre persönlichen Daten sind wie Ihr digitaler Haustürschlüssel. Liegt dieser Schlüssel frei im Netz, mit der potenziellen Gefahr eines „Einbruchs“, müssen Sie zweigleisig fahren. Melden Sie die potenzielle Gefahr der Polizei und beauftragen Sie parallel einen „Schlüsseldienst“ – Ihren Anwalt – um weitere Kopien zu verhindern und das „Schloss“ zu sichern.

Machen Sie sofort detaillierte Screenshots von allen relevanten Webseiten oder Beiträgen, auf denen Ihre Daten missbräuchlich genannt werden. Speichern Sie diese sicher mit Zeitstempel und URL. Diese Dokumentation ist Ihr wichtigstes Beweismittel für die Polizei und Ihren Anwalt. Vermeiden Sie eigenen Kontakt zu den Veröffentlichenden und löschen Sie nichts voreilig, da dies Beweismittel vernichten könnte.


zurück zur FAQ Übersicht

Wie kann ich Beamte online kritisieren, ohne rechtliche Risiken einzugehen?

Möchten Sie Beamte online kritisieren, ohne rechtliche Konsequenzen zu riskieren? Konzentrieren Sie sich auf sachliche Beschreibungen des Vorgangs und verzichten Sie unbedingt auf Beleidigungen, Drohungen oder Aufrufe zu Gewalt. Vermeiden Sie ebenso die Veröffentlichung von Zusatzdaten wie Adressen oder private Telefonnummern, die eine Kontaktaufnahme oder gar eine Gefährdung erleichtern könnten. Bleiben Sie faktenbasiert.

Juristen nennen das Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten. Unser Grundgesetz schützt Ihre freie Meinungsäußerung umfassend, besonders wenn es um Kritik an staatlichem Handeln geht. Eine solche Äußerung darf jedoch nicht die Ehre von Personen verletzen oder eine konkrete Gefahr schaffen. Es ist also ein schmaler Grat. Konkret bedeutet dies: Beleidigungen, üble Nachrede oder Verleumdung sind tabu. Vermeiden Sie herabwürdigende Werturteile oder die Verbreitung unwahrer Tatsachen. Das gefährdende Verbreiten personenbezogener Daten (§ 126a StGB) wird relevant, wenn Ihre Posts objektiv geeignet und dazu bestimmt sind, eine Person einer Straftat auszusetzen. Die bloße Namensnennung ist dabei selten das Problem, sondern die Kombination mit anderen, gefährdenden Informationen.

Denken Sie an eine Nachrichtensendung. Journalisten nennen Namen von Beteiligten an öffentlichen Vorgängen. Sie beschreiben Fakten, ohne sie persönlich zu beleidigen oder private Adressen zu nennen. Dieses Prinzip können Sie übertragen: Berichten Sie, was geschehen ist, wer beteiligt war, aber bleiben Sie bei der Sache. Lassen Sie die persönlichen Angriffe weg.

Bevor Sie Ihren Kritiktext online stellen, nehmen Sie sich einen Moment Zeit. Lesen Sie ihn kritisch durch. Streichen Sie aktiv alle emotionalen Adjektive, Schimpfwörter oder Phrasen, die als persönliche Herabwürdigung oder unwahre Behauptung interpretiert werden könnten. Konzentrieren Sie sich darauf, den Vorgang und Ihre Kritik daran klar und faktisch darzustellen. So bleiben Sie auf der sicheren Seite.


zurück zur FAQ Übersicht

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Richterhammer, Justitia-Waage und aufgeschlagenes Buch illustrieren das Glossar Strafrecht: Fachbegriffe einfach erklärt.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten (§ 126a StGB)

Juristen nennen es gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten, wenn jemand identifizierende Informationen wie Namen oder Adressen von Personen öffentlich macht, um diese einer Straftat auszusetzen. Das Gesetz schützt so die Opfer vor gezielten Angriffen, indem es bereits die Vorbereitungshandlung des „Zielscheibenmachens“ unter Strafe stellt. Ziel ist es, potenzielle Täter davon abzuhalten, diese Informationen für Gewalt oder andere Verbrechen zu nutzen.

Beispiel: Die Mutter wurde zunächst verurteilt, weil das Amtsgericht die öffentliche Nennung der Namen der Jugendamtsmitarbeiterinnen als gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten im Sinne des § 126a StGB einstufte.

Zurück zur Glossar Übersicht

Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG)

Das StrEG ist ein spezielles Gesetz, das Betroffenen einen finanziellen Ausgleich zuspricht, wenn sie zu Unrecht von Untersuchungshaft, Durchsuchungen oder anderen schwerwiegenden Zwangsmaßnahmen des Staates betroffen waren. Dieses Gesetz soll den Schaden mindern, der durch ungerechtfertigte Eingriffe in die persönliche Freiheit oder das Eigentum entsteht und stellt eine Form der Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht dar.

Beispiel: Nach ihrem Freispruch hatte die Mutter einen Anspruch auf Entschädigung durch die Staatskasse gemäß dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen, kurz StrEG.

Zurück zur Glossar Übersicht

Inobhutnahme

Eine Inobhutnahme ist eine eilige Schutzmaßnahme des Jugendamtes, bei der ein Kind oder Jugendlicher kurzfristig aus seiner Familie genommen und an einem sicheren Ort untergebracht wird. Diese behördliche Maßnahme dient dem Schutz Minderjähriger vor akuter Gefahr oder erheblicher Gefährdung ihres Wohls und ist eine der weitreichendsten staatlichen Eingriffe in die elterliche Sorge. Sie soll gewährleisten, dass das Kindeswohl in Notsituationen sofort gesichert ist.

Beispiel: Der emotionale Online-Streit der Mutter entstand, nachdem es zu einer Inobhutnahme ihres Kindes durch das Jugendamt gekommen war, was sie in ihren Posts thematisierte.

Zurück zur Glossar Übersicht

Objektive Eignung und Bestimmung

Bei der Prüfung einer Straftat bedeutet „objektive Eignung und Bestimmung“, dass eine Handlung sowohl nach den äußeren Umständen geeignet sein muss, eine Gefahr herbeizuführen, als auch vom Täter gewollt war, dieses Ziel zu erreichen. Diese zweistufige Prüfung stellt sicher, dass nicht jede beliebige Handlung strafbar ist, sondern nur solche, die tatsächlich eine konkrete Gefahr schaffen können und bei denen der Täter dies auch beabsichtigte. Das Gesetz will hier eine klare Abgrenzung zwischen reiner Meinungsäußerung und tatsächlicher Gefährdung schaffen.

Beispiel: Das Landgericht Bremen sah keine objektive Eignung und Bestimmung in den Posts der Mutter, da diese keine Drohungen enthielten und die Namen sogar teilweise falsch geschrieben waren.

Zurück zur Glossar Übersicht

Strafverfolgungsmaßnahmen

Strafverfolgungsmaßnahmen sind alle Zwangshandlungen, die staatliche Behörden wie Polizei oder Staatsanwaltschaft im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen eine Person vornehmen, um eine Straftat aufzuklären und zu ahnden. Sie ermöglichen es dem Staat, Beweismittel zu sichern, Verdächtige zu identifizieren und die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, allerdings stets unter Beachtung der Grundrechte der Betroffenen.

Beispiel: Die Beschlagnahme des Laptops der Mutter und die Durchsuchung ihrer Wohnung waren rückblickend unrechtmäßige Strafverfolgungsmaßnahmen, da sie später freigesprochen wurde.

Zurück zur Glossar Übersicht


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten (§ 126a StGB)

    Dieses Gesetz verbietet, persönliche Daten zu verbreiten, wenn dadurch eine andere Person der Gefahr einer Straftat ausgesetzt wird.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht musste prüfen, ob die Nennung der Beamtennamen durch die Frau objektiv geeignet und dazu bestimmt war, diese Beamten einer Gefahr auszusetzen, um den Tatbestand zu erfüllen.

  • Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz)

    Jeder Mensch darf seine Meinung frei äußern und verbreiten, solange er dabei nicht die Rechte anderer verletzt oder gegen Gesetze verstößt.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht wog die Meinungsfreiheit der Frau gegen das staatliche Interesse an der Strafverfolgung ab und betonte, dass Kritik an staatlichem Handeln in einer Demokratie einen hohen Schutz genießt.

  • Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Allgemeines Rechtsprinzip)

    Staatliche Maßnahmen dürfen nur erfolgen, wenn sie notwendig und angemessen sind, um ein legitimes Ziel zu erreichen, und nicht über das erforderliche Maß hinausgehen.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Dieser Grundsatz untermauerte die Entscheidung des Gerichts, das Strafrecht als „schärfstes Schwert“ nur dann anzuwenden, wenn eine klare Grenze von der freien Meinungsäußerung zur konkreten Gefährdung überschritten ist.

  • Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG)

    Wer zu Unrecht strafrechtlich verfolgt wurde und dadurch Schaden erlitten hat, hat Anspruch auf Entschädigung durch den Staat.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Frau freigesprochen wurde, waren die ursprüngliche Verurteilung und die damit verbundenen Maßnahmen wie die Beschlagnahme ihres Laptops rückwirkend unrechtmäßig, weshalb sie eine Entschädigung erhielt.


Das vorliegende Urteil


LG Bremen – Az.: 63 NBs 220 Js 60790/23 (2/25) – Urteil vom 20.06.2025


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Strafrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Strafrecht und Verkehrsstrafrecht. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Strafrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!