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Unterschlagung von Mietfahrzeugen bei Weitervermietung: Wann ist sie strafbar?

Ein Mieter leitete die Unterschlagung von Mietfahrzeugen bei Weitervermietung ein, als er drei VW Golfs illegal an Dritte gab, die die Wagen verschwinden ließen. Der Mann bestritt jede kriminelle Zueignungsabsicht und sah nur einen Vertragsbruch, doch das Gericht benötigte nur ein Bündel von Indizien für die Verurteilung.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 207 StRR 411/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
  • Datum: 03. Januar 2024
  • Aktenzeichen: 207 StRR 411/23
  • Verfahren: Revision
  • Rechtsbereiche: Strafrecht, Strafprozessrecht

  • Das Problem: Ein Mann vermietete Mietfahrzeuge vertragswidrig weiter. Die Fahrzeuge verschwanden daraufhin im Ausland und gingen dem Eigentümer dauerhaft verloren. Der Mann wurde wegen Unterschlagung verurteilt.
  • Die Rechtsfrage: War die verbotene Weitergabe der Mietautos bereits strafbare Unterschlagung? Hatte der Mann wirklich die Absicht, die Autos dem Eigentümer dauerhaft zu entziehen?
  • Die Antwort: Ja, die Verurteilung wegen Unterschlagung bleibt bestehen. Allein die Weitergabe ist zwar keine Unterschlagung. Das Gericht sah im Gesamtverhalten jedoch einen Beweis für die Absicht, die Fahrzeuge dauerhaft zu entziehen.
  • Die Bedeutung: Die bloße vertragswidrige Nutzung fremder Sachen ist nicht strafbar. Wer aber wiederholt wichtige Informationen wie die Namen der Mieter verheimlicht, riskiert, dass dies als Beweis für eine strafbare Zueignungsabsicht gewertet wird.

Ist unerlaubte Weitervermietung schon Unterschlagung?

Die unerlaubte Weitergabe eines Mietwagens ist mehr als nur ein Vertragsbruch – sie kann schnell die Schwelle zur Straftat überschreiten. Doch wo genau verläuft die Grenze zwischen einer zivilrechtlichen Pflichtverletzung und einer kriminellen Unterschlagung?

Auf einem dunklen Parkplatz werden ein Autoschlüssel mit Mietanhänger und ein Bündel Geldscheine getauscht.
Unerlaubte Weitervermietung wird erst Unterschlagung bei dauerhafter Enteignungsabsicht. | Symbolbild: KI

Allein die Tatsache, dass ein vertraglich verbotenes Geschäft getätigt wird, reicht für eine strafrechtliche Verurteilung nicht aus. Entscheidend ist, ob dem Handelnden nachgewiesen werden kann, dass er die dauerhafte Enteignung des Eigentümers zumindest billigend in Kauf genommen hat. Mit dieser schwierigen Abgrenzung befasste sich das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) in einem Beschluss vom 3. Januar 2024 (Az. 207 StRR 411/23) und schuf damit Klarheit in einem praxisrelevanten Graubereich.

Was passiert wenn ein untervermieteter Mietwagen verschwindet?

Der Fall, der dem Gericht vorlag, begann mit einer Serie von drei scheinbar gewöhnlichen Autoanmietungen. Ein Mann mietete bei einer Autovermietung im Dezember 2018 sowie am 3. und 23. Januar 2019 jeweils einen VW Golf. Die Mietverträge enthielten eine Standardklausel, die unmissverständlich klarstellte: Eine Weitervermietung oder Überlassung der Fahrzeuge an Dritte war strengstens untersagt. Dem Angeklagten war dieser Umstand nach den Feststellungen des Landgerichts München I, das den Fall in der Vorinstanz verhandelte, vollständig bewusst.

Trotz dieses Wissens gab der Mann alle drei Fahrzeuge an ihm bekannte, aber später nicht benannte Dritte weiter. Diese Zwischenmieter nutzten die Fahrzeuge jedoch nicht wie gewöhnliche Mieter. Stattdessen verbrachten sie die drei VW Golfs ins Ausland und gaben sie nie wieder zurück. Für die Autovermietung bedeutete dies den Totalverlust ihres Eigentums. Die Fahrzeuge waren unwiederbringlich verschwunden. In der Folge verurteilte das Landgericht München I den ursprünglichen Mieter am 14. Juni 2023 wegen Unterschlagung in drei Fällen. Gegen dieses Urteil legte der Mann Revision ein, mit dem Ziel, die Verurteilung aufheben zu lassen.

Was ist Zueignungsabsicht bei Unterschlagung nach § 246 StGB?

Zueignungsabsicht ist der entscheidende subjektive Faktor, der eine bloße unrechtmäßige Nutzung von einer strafbaren Unterschlagung nach § 246 des Strafgesetzbuches (StGB) unterscheidet. Das Gesetz verlangt für eine Verurteilung nicht nur, dass jemand eine fremde Sache rechtswidrig an sich nimmt, sondern dass er dies mit einem bestimmten Willen tut. Der Täter muss die Absicht haben, die Sache oder den in ihr verkörperten Wert sich selbst oder einer dritten Person einzuverleiben und den ursprünglichen Eigentümer dauerhaft von seinem Eigentum auszuschließen.

Dieses juristische Konzept lässt sich in zwei Komponenten zerlegen: die Aneignungskomponente und die Enteignungskomponente. Der Täter muss zum einen den Willen haben, die Sache zumindest vorübergehend wie ein Eigentümer zu nutzen (Aneignung). Zum anderen – und das ist oft der Knackpunkt – muss er den Vorsatz haben, dem wahren Eigentümer die Sache auf Dauer zu entziehen (Enteignung). Ein bloßes Vorenthalten oder eine vertragswidrige Nutzung genügt hierfür nicht. Wie der Bundesgerichtshof bereits 1987 entschied (BGH, Beschluss vom 17. März 1987, 1 StR 693/86), kann aus dem bloßen Unterlassen der Rückgabe nicht automatisch auf einen Zueignungswillen geschlossen werden. Es müssen weitere Umstände hinzutreten, die diesen Willen nach außen erkennbar manifestieren.

Warum gilt die Weitergabe eines Mietwagens als Straftat?

Das Bayerische Oberste Landesgericht stand vor der Herausforderung, die Verurteilung des Landgerichts auf Rechtsfehler zu überprüfen. Dabei durfte es keine neuen Beweise erheben, sondern musste allein auf Basis der vom Landgericht festgestellten Tatsachen entscheiden. Die Kernfrage war, ob diese Tatsachen ausreichten, um dem Angeklagten die für § 246 StGB erforderliche Zueignungsabsicht nachzuweisen.

Reicht ein Vertragsbruch für eine Verurteilung?

Das Gericht musste klären, ob die wissentlich vertragswidrige Weitervermietung für sich genommen schon eine strafbare Handlung darstellt. Der Senat machte hier eine wichtige Differenzierung: Die bloße Missachtung einer Vertragsklausel ist primär ein zivilrechtliches Problem. Strafrechtlich relevant wird es erst, wenn das Verhalten des Täters über den reinen Vertragsbruch hinausgeht und einen Willen zur dauerhaften Enteignung des Eigentümers offenbart. Das Landgericht hatte in seinem Urteil diese Grenze nach Ansicht des BayObLG nicht scharf genug gezogen und seine Feststellungen zur inneren Tatseite – also zum Vorsatz des Angeklagten – lückenhaft begründet. Es fehlte eine klare Darlegung, warum der Angeklagte den Verlust der Fahrzeuge nicht nur verursacht, sondern auch gewollt oder zumindest billigend in Kauf genommen haben sollte.

Warum der Angeklagte nur eine zivile Schuld sah

Die Verteidigung des Angeklagten setzte genau an diesem Punkt an. In seiner Revision argumentierte er, das Landgericht habe keine tragfähigen Beweise für seine Zueignungsabsicht vorgelegt. Die Weitervermietung sei zwar vertragswidrig gewesen, aber damit sei er noch lange kein Straftäter. Der Umstand, dass die unbekannten Dritten die Fahrzeuge ins Ausland verbracht hatten, könne ihm nicht automatisch als Täter zugerechnet werden. Er bestritt, die dauerhafte Entziehung der Fahrzeuge gewollt oder auch nur vorhergesehen zu haben. Aus seiner Sicht war die Verurteilung das Ergebnis einer unzulässigen Vermischung von zivilrechtlichem Fehlverhalten und den strengen Voraussetzungen des Strafrechts. Sein Argument klang plausibel: Wo war der Beweis, dass er mehr tat, als einen schlechten Deal zu machen?

Das Indizienbündel als entscheidender Faktor

Hier kam der entscheidende Gedanke des BayObLG ins Spiel, der das Urteil letztlich rettete. Obwohl der Senat die Lücken in der Argumentation des Landgerichts kritisierte, fand er im Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ein „Indizienbündel„, das die Verurteilung dennoch trug. Es war nicht ein einzelner Umstand, sondern das Zusammenspiel mehrerer Faktoren, das den Schluss auf den erforderlichen Vorsatz zuließ.

Das Gericht wertete folgende vom Landgericht festgestellte Tatsachen in ihrer Gesamtheit: Erstens wusste der Angeklagte genau, dass die Weitervermietung verboten war. Zweitens gab er die Fahrzeuge an Dritte weiter, ohne deren Identität später preiszugeben, was eine Rückverfolgung unmöglich machte. Drittens vertröstete er die Autovermietung auf deren Rückgabeverlangen wiederholt und systematisch. Viertens und besonders schwerwiegend: Es handelte sich nicht um einen einmaligen Ausrutscher, sondern um eine Serie von drei identisch gelagerten Taten innerhalb weniger Wochen. Dieses Muster ließ den Schluss zu, dass der Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm (juristisch: mit Dolus Eventualis handelte), dass seine „Kunden“ die Fahrzeuge dauerhaft dem Vermögen der Eigentümerin entziehen würden. Er schuf bewusst eine Situation, in der der Verlust der Fahrzeuge höchst wahrscheinlich war, und unternahm nichts, um dies zu verhindern.

Warum die Verurteilung trotzdem Bestand hatte

Obwohl die Begründung des Landgerichts angreifbar war, führte dies nicht zur Aufhebung des Urteils. Nach § 349 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) prüft das Revisionsgericht nur, ob das angefochtene Urteil auf einem Rechtsfehler beruht. Ein solcher lag hier im Ergebnis nicht vor. Die vom Landgericht ermittelten Fakten – das Indizienbündel – waren für sich genommen stark genug, um die Annahme einer Zueignungsabsicht zu rechtfertigen. Der Senat führte keine eigene Beweiswürdigung durch, sondern stellte lediglich fest, dass die vorhandene Tatsachengrundlage die Verurteilung noch trug. Die Revision des Angeklagten wurde daher als unbegründet verworfen.

Welche Folgen hat die unerlaubte Weitergabe von Mietwagen?

Mit dem Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts steht fest: Wer Mietfahrzeuge entgegen einem klaren vertraglichen Verbot an Dritte weitergibt und dabei ein Verhaltensmuster an den Tag legt, das den dauerhaften Verlust des Fahrzeugs wahrscheinlich macht, handelt strafbar. Die Grenze zur Unterschlagung ist überschritten, wenn zur reinen Vertragsverletzung weitere Indizien hinzukommen. Dazu zählen insbesondere die systematische Wiederholung, die Verschleierung der Identität der Dritten und hinhaltende Reaktionen auf Rückgabeforderungen. In solchen Fällen unterstellen die Gerichte, dass der Handelnde den endgültigen Verlust des Eigentums für den Vermieter zumindest billigend in Kauf nimmt.

Für den Angeklagten bedeutet die Entscheidung, dass seine Verurteilung wegen Unterschlagung in drei Fällen rechtskräftig ist. Zudem hat er gemäß § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Der Fall demonstriert eindrücklich, dass die Gerichte bei der Bewertung von Straftaten wie der Unterschlagung nicht nur isolierte Handlungen, sondern das gesamte Verhalten des Täters in den Blick nehmen.

Die Urteilslogik

Die Abgrenzung zwischen einer zivilrechtlichen Pflichtverletzung und einer kriminellen Unterschlagung hängt allein vom nachweisbaren Willen zur dauerhaften Enteignung ab.

  • Zueignungsabsicht erfordert mehr als Vertragsbruch: Der Straftatbestand der Unterschlagung greift erst, wenn der Täter die dauerhafte Entziehung des Eigentums aus dem Vermögen des Geschädigten zumindest billigend in Kauf nimmt; die bloße wissentliche Missachtung einer vertraglichen Verbotsklausel genügt für eine strafrechtliche Verurteilung nicht.
  • Serienmuster beweist Vorsatz: Gerichte schließen auf den strafbaren Zueignungswillen, indem sie das gesamte Verhaltensmuster des Täters würdigen; eine systematische Wiederholung vertragswidriger Weitergaben oder die bewusste Verschleierung der Identität Dritter manifestiert den erforderlichen Enteignungsvorsatz.
  • Tatsachenbasis bindet Revisionsgericht: Selbst wenn die Begründung eines Urteils Mängel aufweist, muss das Revisionsgericht die Verurteilung bestätigen, sofern die festgestellten Tatsachen in ihrer Gesamtheit ein ausreichend tragfähiges Indizienbündel für den erforderlichen Vorsatz bilden.

Das Strafrecht stellt höhere Anforderungen an den Beweis des inneren Willens, die ein Gericht mithilfe umfassender Würdigung des Täterverhaltens überwindet.


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Experten Kommentar

Wenn ein Mietwagen unerlaubt weitergegeben wird, halten viele das für ein reines Problem des Mietvertrages. Das BayObLG zieht hier jedoch eine klare rote Linie: Der einfache Vertragsbruch macht noch keinen Straftäter, selbst wenn die Sache verschwindet. Erst das Indizienbündel – in diesem Fall die Serie von Taten und die systematische Geheimhaltung der Dritten – liefert den tragfähigen Beweis für die strafbare Enteignungsabsicht. Dieses Urteil ist strategisch wichtig, weil es Mietwagenfirmen präzise zeigt, dass bei der Verfolgung verlorener Fahrzeuge die Beweisführung über das Verhaltensmuster des Täters entscheidet, nicht nur über den Verlust selbst. Die Konsequenz: Wer bewusst ein maximales Risiko schafft, muss mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen.


Symbolische Grafik zu FAQ - Häufig gestellte Fragen aus dem Strafrecht" mit Waage der Gerechtigkeit und Gesetzbüchern im Hintergrund

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ist die unerlaubte Weitergabe meines Mietwagens automatisch eine strafbare Unterschlagung?

Nein, die unerlaubte Weitergabe eines Mietwagens erfüllt nicht automatisch den Straftatbestand der Unterschlagung. Diese vertragswidrige Handlung stellt primär eine zivilrechtliche Pflichtverletzung dar. Eine strafrechtliche Verurteilung setzt voraus, dass Ihnen die bewusste Absicht nachgewiesen wird, den Eigentümer dauerhaft zu enteignen – die sogenannte Zueignungsabsicht.

Verstoßen Sie gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), indem Sie das Fahrzeug weitergeben, kann der Vermieter von Ihnen Schadensersatz verlangen. Er hat beispielsweise Anspruch auf den Totalverlust des Fahrzeugs oder den entgangenen Gewinn. Für die strafrechtliche Verfolgung nach § 246 StGB reicht das allein nicht aus. Das Gericht muss feststellen, dass Ihr subjektiver Wille darauf gerichtet war, das Auto dem Vermieter für immer zu entziehen, oder Sie dies zumindest billigend in Kauf nahmen.

Ein bloßes vertragswidriges Vorenthalten des Fahrzeugs oder die Missachtung einer AGB-Klausel genügt hierfür nicht, wie das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) in einem einschlägigen Beschluss klarstellte. Um die Schwelle zur Unterschlagung zu überschreiten, müssen weitere Umstände hinzutreten, welche Ihren Vorsatz manifestieren. Solche Indizien sind die aktive Verschleierung der Identität der Dritten oder die systematische Wiederholung der Weitergabe mehrerer Fahrzeuge.

Suchen Sie sofort den Original-Mietvertrag und isolieren Sie die Klausel, die die Weitergabe verbietet, um die genaue Formulierung des zivilrechtlichen Verstoßes zu kennen.


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Wann gilt meine vertragswidrige Nutzung als Zueignungsabsicht bei Unterschlagung?

Die Abgrenzung zwischen einem einfachen Vertragsbruch und der strafbaren Unterschlagung liegt in der Zueignungsabsicht. Dieses komplexe strafrechtliche Element besteht aus zwei zwingend erforderlichen Komponenten. Der Täter muss sowohl die Aneignung der Sache als auch die Enteignung des Eigentümers bezwecken. Nur wenn beide Willenselemente vorliegen, überschreitet das Verhalten die Schwelle zur Unterschlagung nach § 246 StGB.

Die Aneignungskomponente betrifft den Willen, das Fahrzeug oder den in ihm verkörperten Wert sich selbst oder einem Dritten zumindest vorübergehend zuzuführen, etwa durch unerlaubte Weitervermietung. Die strafrechtlich entscheidende Hürde ist jedoch die Enteignungskomponente. Hierfür muss der Handelnde den Vorsatz haben, den ursprünglichen Eigentümer dauerhaft von seinem Eigentum auszuschließen. Ein bloßes vertragswidriges Vorenthalten des Mietwagens für einen kurzen Zeitraum, mit klarem Rückführungswillen, erfüllt diese Voraussetzung allein nicht.

Ihr innerer Plan, den Wagen nur kurzfristig zu nutzen, schützt Sie nicht automatisch vor einer Verurteilung. Die Absicht zur dauerhaften Enteignung kann Gerichten zufolge auch durch billigendes Inkaufnehmen (dolus eventualis) erfüllt sein. Das passiert, wenn Sie den permanenten Verlust des Eigentums zwar nicht direkt wünschen, ihn aber als höchst wahrscheinliche Folge Ihrer verbotenen Handlungen hinnehmen. Wer beispielsweise ein Auto ohne jegliche Papiere an einen unbekannten Dritten weitergibt, schafft bewusst eine Situation, in der der Totalverlust als wahrscheinlich gilt, und handelt damit vorsätzlich.

Dokumentieren Sie sofort jede Korrespondenz mit der Autovermietung bezüglich der Rückgabe, um zu beweisen, dass Sie aktiv versucht haben, den Verbleib des Wagens zu klären.


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Wie wird bei der Unterschlagung der Wille zur dauerhaften Enteignung bewiesen?

Der Wille zur dauerhaften Enteignung, die sogenannte Zueignungsabsicht, lässt sich bei einer Unterschlagung selten direkt beweisen. Stattdessen stützt die Justiz ihre Überzeugung auf die Würdigung eines Indizienbündels. Gerichte bewerten das gesamte Verhalten des Täters und ziehen aus mehreren unscheinbaren Faktoren den Schluss auf den erforderlichen Vorsatz. Die Verurteilung hängt somit von einer Kombination systematischer Handlungen ab.

Ausschlaggebend ist die Kumulation von Faktoren, die weit über einen einfachen Vertragsbruch hinausgehen. Ein starkes Indiz stellt die systematische Wiederholung identischer Taten innerhalb kurzer Zeit dar. Handelte es sich um eine Serie gleichgelagerter Fälle, spricht dies für Systematik und nicht für einen einmaligen Ausrutscher. Zusätzlich wird die aktive Verschleierung der Identität der Dritten gewertet. Dadurch wird eine Rückverfolgung des Eigentums durch den Vermieter unmöglich gemacht.

Wird der Eigentümer bei Rückgabeforderungen wiederholt und systematisch vertröstet, obwohl die Sache längst an unbekannte Dritte weitergegeben wurde, spricht dies gegen eine nur vorübergehende Nutzung. Dieses hinhaltende Taktieren wird als weiterer Beleg dafür gesehen, dass der Beschuldigte den endgültigen Verlust des Fahrzeugs zumindest billigend in Kauf nahm. Das Gericht schließt aus dem Indizienbündel, dass der Täter die höchstwahrscheinliche Enteignung wissentlich herbeigeführt hat.

Erstellen Sie umgehend eine präzise Chronologie aller erfolgten Transaktionen und notieren Sie, wann genau Sie die Autovermietung über den Verbleib der Sache informierten.


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Was droht mir, wenn mein untervermieteter Mietwagen verschwindet und nicht zurückgegeben wird?

Wenn der weitergegebene Mietwagen verschwindet, riskieren Sie zwei massive Konsequenzen. Einerseits haften Sie der Autovermietung zivilrechtlich für den entstandenen Gesamtschaden. Andererseits droht Ihnen eine strafrechtliche Verurteilung wegen Unterschlagung, falls Ihnen die Zueignungsabsicht nachgewiesen werden kann. Die Gerichte sehen den Verlust oft direkt als Folge Ihrer Kausalkette, da Sie das vertragliche Verbot der Weitergabe ignorierten.

Zivilrechtlich müssen Sie der Autovermietung für den Totalverlust des Fahrzeugs aufkommen. Sie schulden den vollen Restwert des Autos zum Zeitpunkt des Verschwindens. Hinzu kommen zusätzliche Kosten wie entgangener Gewinn und Aufwendungen für die Wiederbeschaffung. Strafrechtlich wird die Situation kritisch, wenn das Gericht annimmt, Sie hätten den dauerhaften Verlust des Eigentümers zumindest billigend in Kauf genommen. Bei nachgewiesener Zueignungsabsicht droht nach § 246 StGB eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

Selbst wenn Sie sich als Opfer der Dritten fühlen, wälzen Gerichte die Verantwortung selten vollständig ab. Insbesondere wenn Sie die Identität der Dritten verschleiern, sieht das Gericht dies als starkes Indiz für Ihren Vorsatz. Eine weitere erhebliche finanzielle Belastung sind die Verfahrenskosten. Gemäß § 473 Abs. 1 StPO tragen Sie als verurteilte Person die gesamten Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels, wie beispielsweise einer Revision. Der gesamte Gesamtschaden kann dadurch schnell existenzbedrohende Ausmaße annehmen.

Berechnen Sie den voraussichtlichen Gesamtschaden, also den Restwert der Fahrzeuge zum Zeitpunkt des Verschwindens, um die finanzielle Dimension der Forderungen frühzeitig zu quantifizieren.


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Welche Verhaltensmuster machen aus einem Vertragsbruch eine strafbare Unterschlagung?

Die unerlaubte Weitergabe eines Mietwagens ist erst dann eine strafbare Unterschlagung, wenn Gerichte Ihnen die Zueignungsabsicht nachweisen können. Dieser Nachweis erfolgt nicht direkt, sondern durch die Bewertung eines sogenannten Indizienbündels. Strafrechtlich relevant wird Ihr Verhalten, wenn die Summe Ihrer Handlungen auf den Vorsatz zur dauerhaften Enteignung schließen lässt. Die Missachtung einer Vertragsklausel allein reicht für eine strafrechtliche Verurteilung nicht aus.

Entscheidend ist das systematische Verhalten, das über den einmaligen Fehler hinausgeht. Ein starkes Indiz ist das wissentliche Handeln entgegen einem strengen Verbot im Mietvertrag, wobei Sie die Folgen bewusst in Kauf nahmen. Hinzu kommt die aktive Verschleierung der Identität der Dritten, an die das Fahrzeug weitergegeben wurde. Wenn Sie die Kontaktdaten oder Aufenthaltsorte dieser sogenannten Zwischenmieter nicht preisgeben können, verhindern Sie aktiv eine Rückverfolgung.

Auch das systematische Verzögern oder Vertrösten von Rückgabeforderungen spricht stark gegen Ihre Unschuld. Wenn Sie wiederholt Zeit gewinnen wollen, um den Verlust zu manifestieren, wertet das Gericht dies als Indiz für den Enteignungsvorsatz. Besonders belastend wirkt sich die systematische Wiederholung identisch gelagerter Taten aus. Nehmen wir an, Sie vermieten innerhalb weniger Wochen drei Fahrzeuge vertragswidrig weiter. Dieses Muster unterstreicht, dass Sie den entstandenen Totalverlust zumindest billigend in Kauf nahmen.

Erstellen Sie umgehend eine präzise Liste aller Informationen über die Dritten (Chats, Zahlungen, Treffpunkte) und bewerten Sie, ob diese eine realistische Rückverfolgung ermöglichen würden.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Aneignungskomponente

Die Aneignungskomponente beschreibt den Teil der Zueignungsabsicht, bei dem der Täter den Willen hat, eine fremde Sache sich selbst oder einem Dritten zumindest vorübergehend zuzuführen und sie dabei wie ein Eigentümer zu nutzen. Juristisch betrachtet geht es um die Inbesitznahme des Wertes der Sache. Das Gesetz verlangt diesen Willen, damit klar ist, dass der Täter die Sache nicht nur beschädigt oder wegnimmt, sondern sie aktiv in seinen oder den fremden Machtbereich überführen will.

Beispiel: Die unerlaubte Weitergabe der VW Golfs an Dritte erfüllte die Aneignungskomponente, weil der Angeklagte beabsichtigte, diesen Dritten die Nutzung der Fahrzeuge zu ermöglichen.

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Dolus Eventualis

Juristen sprechen von Dolus Eventualis oder billigendem Inkaufnehmen, wenn der Täter den Eintritt eines strafrechtlichen Erfolges, wie die Enteignung, zwar nicht direkt wünscht, ihn aber als höchstwahrscheinliche Konsequenz seiner Handlung erkennt und diese Folge dennoch hinnimmt. Dieses Konzept ist entscheidend, weil es den direkten Vorsatz (Absicht) für eine Verurteilung unnötig macht. Die Gerichte behandeln denjenigen, der das Risiko bewusst in Kauf nimmt, juristisch so, als hätte er den Erfolg gewollt.

Beispiel: Obwohl der Angeklagte vielleicht nicht direkt die Entwendung der Mietwagen wünschte, handelte er mit dolus eventualis, indem er die Fahrzeuge an unbekannte Dritte weitergab und damit den Totalverlust billigend in Kauf nahm.

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Enteignungskomponente

Die Enteignungskomponente ist das zwingende Gegenstück zur Aneignung und erfordert den Vorsatz des Täters, den ursprünglichen Eigentümer dauerhaft aus seiner Rechtsposition am Vermögenswert auszuschließen. Nur wenn dieser Enteignungswille vorhanden ist, überschreitet eine unrechtmäßige Nutzung die Schwelle vom zivilrechtlichen Verstoß zur strafbaren Unterschlagung. Das Strafrecht schützt damit primär das Vermögen vor dem endgültigen Entzug.

Beispiel: Der Vorsatz zur Enteignungskomponente wurde bei der Weitergabe der Fahrzeuge ins Ausland bejaht, weil der Angeklagte durch die Verschleierung der Identität der Dritten die Rückführung der Autos unmöglich machte.

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Indizienbündel

Als Indizienbündel bezeichnen Strafgerichte eine Gesamtheit von festgestellten Tatsachen, die einzeln betrachtet unauffällig sein mögen, aber in ihrer Kumulation zwingend auf den inneren Willen oder Vorsatz des Täters schließen lassen. Da die innere Tatseite (der Vorsatz) selten direkt beweisbar ist, nutzen Gerichte dieses Bündel, um einen lückenlosen Beweisschluss aufzubauen. Entscheidend ist hierbei die gerichtliche Würdigung aller relevanten Umstände.

Beispiel: Das Bayerische Oberste Landesgericht sah in der systematischen Wiederholung der Taten, dem Vertrösten der Vermietung und der Verschleierung der Dritten ein starkes Indizienbündel für die notwendige Zueignungsabsicht.

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Unterschlagung

Unterschlagung (§ 246 StGB) begeht, wer eine fremde bewegliche Sache rechtswidrig an sich nimmt oder einem Dritten überlässt, um sie sich oder diesem Dritten dauerhaft zuzueignen. Bei dieser Straftat geht es darum, das Eigentum des anderen vorsätzlich zu verletzen, indem man die Sache ihrem ursprünglichen Zweck entzieht. Ziel des Gesetzes ist die Sicherung des Eigentums und des Gewahrsams.

Beispiel: Die Autovermietung erlitt einen Totalverlust ihres Eigentums, nachdem das Landgericht den ursprünglichen Mieter wegen Unterschlagung in drei Fällen verurteilt hatte.

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Zueignungsabsicht

Die Zueignungsabsicht ist der zentrale subjektive Faktor im Strafrecht, der eine bloße unrechtmäßige Nutzung von einer strafbaren Unterschlagung unterscheidet. Dieser Wille besteht immer aus der Absicht der Aneignung und der Absicht der dauerhaften Enteignung des ursprünglichen Eigentümers. Ohne nachweisbare Zueignungsabsicht liegt nur eine zivilrechtliche Pflichtverletzung vor, aber keine Straftat.

Beispiel: Die Revision des Angeklagten argumentierte, dass das Landgericht keine tragfähigen Beweise für seine Zueignungsabsicht vorgelegt hatte, da die Weitervermietung allein keinen kriminellen Vorsatz beweist.

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Das vorliegende Urteil


BayObLG – Az.: 207 StRR 411/23 – Beschluss vom 03.01.2024


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