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Zeigen des „Stinkefingers“ bei Überholmanöver und anschließendes riskantes Einscheren

AG München, Az.: 922 Cs 433 Js 114354/15, Urteil vom 25.06.2015

1. Der Angeklagte F. W. H. ist schuldig der Beleidigung in Tatmehrheit mit Nötigung.

2. Der Angeklagte wird zur Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt.

3. Dem Angeklagten wird für die Dauer von 1 Monat verboten, Kraftfahrzeuge aller Art auf öffentlichen Straßen zu führen.

4. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.

Angewendete Vorschriften: §§ 185, 194,240,53,44 StGB

Gründe

I.

Der geschiedene Angeklagte verdient als angestellter Aushilfstaxifahrer derzeit monatlich 600,– Euro Er hat keine Unterhaltspflichten. Ab Juli hat er nach eigenen Angaben eine bessere Stellung in Aussicht, ist jedoch auf den Führerschein angewiesen.

Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.

II.

Zeigen des "Stinkefingers" bei Überholmanöver und anschließendes riskantes Einscheren
Symbolfoto: Von Marian Weyo / Shutterstock.com

Am 28.09.2014 gegen 15.50 Uhr befuhr der Angeklagte mit seinem Taxi mit dem amtlichen Kennzeichen … ohne Fahrgast in München die Baumgartnerstraße auf dem linken von zwei vorhandenen Fahrstreifen. Vor ihm fuhr in dem Pkw mit dem Kennzeichen … der Zeuge F. Der Angeklagte war der Auffassung, dass der Zeuge F. zu langsam fahren würde und überholte ihn auf Höhe des Anwesens Nr. …, indem er auf der Spur des Gegenverkehrs links an dessen Fahrzeug vorbei fuhr. Im Vorbeifahren zeigte er dem Geschädigten den gestreckten Mittelfinger, um seine Missachtung auszudrücken. Unmittelbar danach scherte er derart knapp vor dem vom Zeugen F. geführten Fahrzeug ein, dass dieser nur durch eine Vollbremsung ein Auffahren verhindern konnte. Dieses Einscheren war in keiner Weise verkehrsbedingt, sondern erfolgte ausschließlich in der Absicht, den Zeugen zu dieser Vollbremsung zu zwingen, um ihm sein aus Sicht des Angeklagten zu langsames Fahren vor Augen zu führen.

Der Zeuge F. hat form- und fristgerecht Strafantrag wegen Beleidigung gestellt.

III.

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Einlassung des Angeklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte und aufgrund der Aussagen der Zeugen F. und W.

Der Angeklagte ließ sich dahingehend ein, dass er auf der rechten Spur gefahren sei und zwei Fahrzeuge vor ihm sehr langsam gefahren seien. Er habe daher auf der linken Spur zum Überholen angesetzt, als das unmittelbar vor ihm fahrende Fahrzeug ebenfalls nach links ausscherte. Er sei daraufhin sehr erschrocken und habe so reagiert, dass er weiter nach links ausgeschert sei und auf der Gegenfahrbahn dieses Fahrzeug überholt habe. Dabei habe er eine wegwerfende Handbewegung gemacht, jedoch nicht den Stinkefinger gezeigt.

Der Zeuge F. sagte aus, er sei mit einer Geschwindigkeit von 50 oder allenfalls knapp drunter auf der linken Fahrspur gefahren. Rechts neben ihm sei ein Fahrzeug gewesen. Der Angeklagte habe ihn dann mehrfach mit der Lichthupe angehupt. Plötzlich habe der Angeklagte ihn dann links überholt, indem er auf die Spur des Gegenverkehrs ausgeschert sei. Unmittelbar vor seinem Fahrzeug habe er dann wieder eingeschert und er habe nur durch eine Vollbremsung ein Auffahren verhindern können. Vor ihm sei kein weiteres Fahrzeug in einer Nähe gewesen, so dass ein verkehrsbedingtes Bremsen des Angeklagten unmittelbar nach dem Einscheren aus seiner Sicht völlig auszuschließen sei. Während des Überholvorgangs habe er ihm dann mit der rechten Hand den Stinkefinger gezeigt. Dies habe er klar erkannt.

Die Zeugin W. sagte aus, sie sei eine Bekannte des Zeugen und Beifahrerin gewesen. Sie seien auf der linken Spur gefahren und hätten sich unterhalten, als aus ihrer Sicht urplötzlich der Angeklagte links überholt habe, indem er auf der Spur des Gegenverkehrs gefahren sei. Unmittelbar vor ihrem Fahrzeug hätte er dann eingeschert und F. habe eine Vollbremsung machen müssen. Er habe ein Auffahren nur sehr knapp verhindern können, sie habe es durch die Vollbremsung nach vorne geworfen. Sie habe auch deutlich wahrgenommen, dass der Angeklagte im Vorbeifahren den Stinkefinger gezeigt habe. Ob der Angeklagte vor dem Überholmanöver die Lichthupe betätigt habe, könne sie nicht sagen.

Aufgrund der Beweisaufnahme hatte das Gericht keinen Zweifel am festgestellten Sachverhalt. Die Zeugen F. und W. haben den Sachverhalt jedenfalls im Kerngeschehen übereinstimmend und für das Gericht sehr glaubwürdig geschildert. Irgendein Belastungseifer war bei keinem der Zeugen zu erkennen. Daneben konnte die Schilderung des Angeklagten, die schon in sich wenig überzeugend war, nur als Schutzbehauptung gewertet werden.

IV.

Der Angeklagte hat sich daher der Beleidigung in Tatmehrheit mit Nötigung gemäß §§ 185, 194,240,53 StGB schuldig gemacht.

V.

Bei der Strafzumessung sprach zu Gunsten des Angeklagten sein strafloses Vorleben. Für die Beleidigung hielt das Gericht eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen und für die Nötigung eine Geldstrafe von 45 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen. Hieraus hat das Gericht eine Gesamt-Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 20,– Euro gebildet.

Daneben war gemäß § 244 StGB ein einmonatiges Fahrverbot zu verhängen. Das verkehrswidrige Überholmanöver in Verbindung mit der völlig unangebrachten Nötigung stellt einen im Straßenverkehr nicht tolerablen Exzess dar, der die Sanktion eines zumindest einmonatigen Fahrverbots nach sich ziehen musste.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO.

 

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