Wer gem. § 315c Strafgesetzbuch eine Vorladung aufgrund des Vorwurfs der Gefährdung des Straßenverkehrs erhalten hat, der wird diesbezüglich mit hoher Wahrscheinlichkeit eine wahre Vielzahl von Fragen haben. Gleichermaßen verhält es sich auch, wenn bereits eine Anklage gegen die beschuldigte Person erhoben wurde. Die Frage, die sich den meisten betroffenen Personen stellt, geht in die Richtung, wie genau sich in solch einer Situation am besten verhalten wird. Problematisch ist in diesem Zusammenhang jedoch der Umstand, dass der § 315c StGB als überaus komplex angesehen wird und es deshalb schon ein gewisses juristisches Verständnis erfordert, um in dieser Situation das richtige Verhalten an den Tag legen zu können.
Was genau wird eigentlich als Gefährdung des Straßenverkehrs angesehen?
Einer der Hauptgründe, warum sich der § 315c StGB so komplex darstellt, liegt in dem Umstand, dass die Gefährdung des Straßenverkehrs allgemeinhin falsches Verhalten in dem Straßenverkehr ahndet und es diesbezüglich eine wahre Vielzahl von verschiedenen Fällen gibt. Es ist daher erst einmal grundlegend wichtig, die Gefährdung im Straßenverkehr einzeln auszudifferenzieren. Der Begriff Straßenverkehr bezieht sich rechtlich betrachtet auf den sogenannten öffentlichen Verkehrsraum, welcher jedoch nicht ausschließlich öffentliche Straßen beinhaltet. Auch anderweitige öffentlich zugängliche Geländeformen sowie Parkplätze werden durch das Gesetz als Straßenverkehr angesehen.
Es ist für die Definition des Straßenverkehrs nicht entscheidend, wie sich die Eigentumsverhältnisse des Geländes darstellen.
Die verschiedenen Herangehensweisen an den § 315c StGB
- § 315c Abs. 1 Nummer 1 StGB. In diesem Paragrafen wird das Führen von einem Fahrzeug unter dem Zustand der Fahruntüchtigkeit, welche durch den Genuss von alkoholischen Getränken oder Betäubungsmitteln / Drogen mit berauschender Wirkung hervorgerufen wurde, unter Strafe gestellt. Bereits der Versuch wird dabei als strafbare Handlung angesehen.
- § 315c Abs. 1 Nummer 2 StGB stellt diejenigen Gefährdungshandlungen, welche die sogenannten 7 Todsünden im Straßenverkehr beinhalten und auf rücksichtsloser oder grob verkehrswidriger Basis geschehen, unter Strafe.
Wie definiert sich Fahruntüchtigkeit?
Im Zusammenhang mit der Fahruntüchtigkeit muss zunächst unterschieden werden zwischen der Fahruntüchtigkeit aufgrund des Genusses von alkoholischen Getränken und der Fahruntüchtigkeit aufgrund des Genusses von anderweitigen berauschenden Mitteln sowie der Fahruntüchtigkeit aufgrund von körperlichen / geistigen Mängeln. Im Hinblick auf die Fahruntüchtigkeit aufgrund des Genusses von alkoholischen Getränken erfolgt die Feststellung der Fahruntüchtigkeit im Zusammenhang mit dem sogenannten Promillewert. Hierbei handelt es sich um den Anteil des Alkohols im Blut (Blutalkoholwert). Mit dem Erreichen von 0,5 Promille wird von einer Ordnungswidrigkeit ausgegangen, welche entweder ein Bußgeld oder anderweitige Sanktionen nach sich zieht.
Fahranfänger, die sich noch in der Probezeit befinden, müssen sich zwingend an die 0,0 Promille-Grenze halten. Gleichermaßen verhält es sich für Personen, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Im Bereich von 0,3 – 1,1 Promille geht der Gesetzgeber dann von der sogenannten relativen Fahruntüchtigkeit aus, wenn der Autofahrer ein auffälliges Verhalten im Straßenverkehr an den Tag legt.
Dies sind Beispiele für auffälliges Verhalten
- Schlangenlinienfahrt
- andere Verkehrsteilnehmer werden konkret gefährdet
- es wurde ein Unfall verursacht
Sollte dies der Fall sein, so wird sowohl eine Ordnungswidrigkeit als auch eine Straftat aufgrund des Verhaltens geahndet. Ab einem Promillewert von 1,1 ist das auffällige Verhalten nicht mehr zwingend erforderlich. Der Gesetzgeber spricht bei diesem Wert automatisch von einer sogenannten absoluten Fahruntüchtigkeit.
Bei der Fahruntüchtigkeit aufgrund des Genusses von anderweitigen berauschenden Mitteln wie Drogen oder Betäubungsmitteln kennt der Gesetzgeber keinerlei Grenzwerte wie bei dem Alkohol. Es ist dementsprechend entscheidend, dass dem Autofahrer eine entsprechende Fahruntüchtigkeit seitens der zuständigen Behörden nachgewiesen wird. Sollten die Ordnungshüter im Zuge einer Verkehrskontrolle ein auffälliges Verhalten bei der betroffenen Person feststellen oder zuvor eindeutige Fahrfehler festgestellt haben, so wird von der Fahruntüchtigkeit ausgegangen.
Bei der Fahruntüchtigkeit aufgrund von körperlichen oder geistigen Mängeln ist die Übermüdung in Verbindung mit dem Sekundenschlaf das regelrechte Paradebeispiel. Auch unzureichendes Sehvermögen aufgrund der fehlenden Brille sowie die nicht eingenommenen Medikamente, die jedoch aufgrund eines medizinischen Gutachtens zwingend erforderlich sind.
Dies sind die sogenannten 7 Todsünden im Straßenverkehr
- die Nichtbeachtung einer Vorfahrtsregelung
- falsche Überholvorgänge oder Falschfahrten in Verbindung mit Überholmanövern
- Falschfahrten bei Fußgängerüberwegen
- Nichtbeachtung der maximal erlaubten Geschwindigkeit
- Nichtbeachtung des Rechtsfahrgebots
- Falsche Wendemanöver an gefährlichen Stellen
- unterlassen der Sicherung des Fahrzeugs im Fall einer Panne oder eines Unfalls
Wie definiert sich der Begriff „rücksichtslos“?
Bezüglich des Begriffs „rücksichtslos“ gibt es eine Entscheidung von dem Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe von 2020. Dem Urteil nach handelt diejenige Person ausdrücklich als „rücksichtslos“ gem. § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB, die ihre Verkehrsteilnehmerpflichten kennt, aber diese Pflichten aus Gründen der Eigensinnigkeit (z. B. das ungehinderte Vorankommen im Straßenverkehr) bewusst ignoriert. Hierbei ist es unerheblich, ob diejenige Person darauf vertraut hat, dass andere Personen im Straßenverkehr nicht beeinträchtigt oder gefährdet werden. Auch das gleichgültige Verhalten wird als rücksichtslos gewertet (vgl. OLG Karlsruhe, 05. August 2020, Aktenzeichen 1 Rv 34 Ss 406/20).
Welche Strafe droht bei einer Gefährdung des Straßenverkehrs?
Gem. § 315c StGB muss eine Person im Fall einer Verurteilung aufgrund des Vorwurfs der Gefährdung des Straßenverkehrs mit einer Geldstrafe oder alternativ einer Maximalfreiheitsstrafe von 5 Jahren rechnen. Sollte diejenige Person fahrlässig gehandelt haben droht eine Geldstrafe oder alternativ dazu eine Maximalfreiheitsstrafe von 2 Jahren.
Sind nicht alle Tatbestandsmerkmale von dem § 315c Abs. 1 Nr. 1 erfüllt sein, so kann eine Verurteilung gem. § 316 StGB aufgrund des Vorwurfs der Trunkenheitsfahrt denkbar sein.
Es handelt sich bei der Bewertung des Sachverhalts stets um eine sogenannte Einzelfallbetrachtung. Denkbar wären auch eine Verurteilung gem. § 229 StGB (fahrlässige Körperverletzung) oder im schlimmeren Fall eine Verurteilung gem. § 222 StGB (fahrlässige Tötung).
Auch die Nebenfolgen dürfen nicht unterschätzt werden
Zusätzlich zu dem Hauptvorwurf werden im Zuge der Einzelfallbewertung auch noch die sogenannten Nebenfolgen betrachtet. Hierbei kann es sich entweder um einen Fahrerlaubnisentzug oder ein Maximalfahrverbot von sechs Monaten handeln. Sollte die Fahrerlaubnis entzogen werden kommt es überdies auch zu einer sogenannten Sperrfrist, welche von dem Gericht festgelegt wird. Innerhalb dieser Sperrfrist kann die betroffene Person nicht neu beantragen. Die Sperrfrist kann sich auf einen Zeitraum von sechs Monaten bis maximal fünf Jahre belaufen.
Sofern davon ausgegangen werden kann, dass das zuständige Gericht eine Sperrfrist anordnen wird, kann die Staatsanwaltschaft bereits im Vorfeld vorläufig die Fahrerlaubnis entziehen. Dieser Zeitraum wird jedoch bei dem späteren gerichtlichen Entzug der Fahrerlaubnis per Urteil angerechnet.
Zusätzlich zu diesen Nebenfolgen kommt auch noch der wirtschaftliche Aspekt, da viele Rechtsschutzversicherungen im Fall einer Gefährdung des Straßenverkehrs auf vorsätzlicher Grundlage die Kosten für den Rechtsstreit nicht übernehmen. Sollte jedoch diese Gefährdung lediglich auf der Basis der Fahrlässigkeit beruhen übernehmen die Versicherungsgeber für gewöhnlich die anfallenden Kosten.
Welche Verhaltensweise ist ratsam?
Unter gar keinen Umständen sollte sich eine Person, die sich mit derartigen Vorwürfen konfrontiert sieht, den Versuch der Regelung in Eigenregie unternehmen. Vielmehr gilt im Fall einer Vorladung die goldene juristische Regelung, dass der Vorladung nicht gefolgt werden sollte. Eine beschuldigte Person hat in Deutschland das sogenannte Aussageverweigerungsrecht, von welchem auf jeden Fall Gebrauch gemacht werden sollte. Niemand ist hierzulande dazu gesetzlich verpflichtet, sich selbst zu belasten. Ohne einen erfahrenen Rechtsanwalt ist jedoch die Gefahr der Selbstbelastung sehr hoch, sodass zunächst der Gang zu einem erfahrenen Rechtsanwalt für Strafrecht angetreten werden sollte. Eine beschuldigte Person muss zwar zwingend Angaben zu der eigenen Person tätigen, allerdings bezieht sich diese Verpflichtung lediglich auf die eigenen Personalien. Zu dem Sachverhalt sollte auf jeden Fall solange geschwiegen werden, bis der Rechtsanwalt mit einem Mandat für die Strafverteidigung ausgestattet wurde.