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Verbotenes Kraftfahrzeugrennen – Einzelrennen

AG Tiergarten – Az.:  (362 Cs) 3031 Js 13450/17 (47/18) – Urteil vom 21.06.2018

Der Angeklagte wird wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 15,00 Euro verurteilt.

Dem Angeklagten wird die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen entzogen.

Der ihm erteilte Führerschein wird eingezogen. Die Verwaltungsbehörde darf dem Angeklagten vor Ablauf von 8 Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilen.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.

§§ 315d Abs. 1 Nr. 3, 69, 69a StGB

Gründe

I. Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 24-jährige Angeklagte ist türkischer Staatsangehöriger und ledig. Zur Zeit bezieht er keinerlei Einkommen und lebt bei seinen Eltern. Zuletzt hat er im Frühjahr in der Gastronomie gearbeitet. Er hat wieder vor, arbeiten zu gehen, hat hierfür aber keine konkreten Pläne. Zum Zeitpunkt der hier gegenständlichen Tat hat er als Pizza- und Kurierfahrer gearbeitet und dabei etwa 1100 Euro netto verdient. Durch den vorläufigen Entzug der Fahrerlaubnis konnte er diese Tätigkeit nicht weiter ausüben.

Der Führerschein des Angeklagten wurde am 5.11.2017 beschlagnahmt. Die Fahrerlaubnis wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 28.11.2017 – Az. 362 Gs 159/17 – vorläufig entzogen.

Strafrechtlich ist der Angeklagte noch nicht in Erscheinung getreten.

II. Am 5.11.2017 traf sich der Angeklagte mit seinen Freunden in einer Shisha-Bar. Der Zeuge A. kam von der Beschneidungsfeier seiner Brüder. Zu diesem Anlass, um seinen Brüdern eine Freude zu machen, hatte der Zeuge A. sich einen Audi RS 6 mit 605 PS gemietet. In der Shisha-Bar beschlossen der Angeklagte und die Zeugen A., F., T. und G., den Audi zu testen und zum Spaß durch die Gegend zu fahren. Der Angeklagte sollte das Fahrzeug führen. Der Zeuge A. ermahnte ihn davor noch, vorsichtig zu sein. Um von 0 km/h auf 100 km/h zu beschleunigen, benötigt der Audi eine Zeit von 3,7 Sekunden, was in etwa einer Fahrtstrecke von 50 Metern entspricht. Bei einer Beschleunigung von 0 km/h auf 200 km/h benötigt das Fahrzeug wiederum eine Zeit von 8,4 Sekunden und eine Fahrtstrecke von circa 230 Metern. Das Fahrzeug kann eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h erreichen.

Der Angeklagte fuhr los und befuhr dabei gegen 2.30 Uhr den Kottbusser Damm in 10967 Berlin in südliche Richtung. Dort fiel er den Polizeibeamten Ak., W. und Fr. in deren zivilen Streifenfahrzeug auf der Höhe der Kreuzung Boppstraße auf, da er sie mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit überholte. Sie beschlossen, dem Angeklagten deswegen zu folgen. Das Polizeifahrzeug, ein Opel Astra, war mit 150 PS dergestalt motorisiert, dass es zwischen 9 und 10 Sekunden für die Beschleunigung von 0 km/h auf 100 km/h benötigte, was in etwa einer Strecke von 120 bis 130 Metern entspricht.

Auf dem Kottbusser Damm wechselte der Angeklagte immer wieder die Fahrspur, auch ohne den Blinker zu setzen, um möglichst schnell voranzukommen. Dabei fuhr er den anderen Verkehrsteilnehmern dicht auf, nutzte auch kleine Lücken für einen Spurwechsel und zwang so andere Verkehrsteilnehmer zum Abbremsen, sog. Lückenspringen. Der Abstand zwischen dem Polizeifahrzeug und dem Audi wurde dabei immer größer. Der Angeklagte fuhr dann über den Hermannplatz und bog, nachdem die dortige Lichtzeichenanlage auf grün umgeschaltet hatte, nach rechts in die Hasenheide ab. Am Südstern betrug die Geschwindigkeit des Polizeifahrzeugs zumindest 105 km/h, wobei sich der Angeklagte hier schnell deutlich entfernte, so dass die Geschwindigkeit des Angeklagten auch mindestens 105 km/h betrug. Auf der Gneisenaustraße erreichte das Fahrzeug der Polizei eine Geschwindigkeit von zumindest 120 km/h, wobei sich auch bei dieser Geschwindigkeit der Angeklagte deutlich und schnell entfernte, so dass dieser zumindest auch diese Geschwindigkeit gefahren sein muss. Auf die ihn verfolgenden Polizeibeamten machten die vom Angeklagten gefahrenen Geschwindigkeiten autobahnähnlichen Eindruck. Auf die Gneisenaustraße münden auch Seitenstraßen, die nicht durch Lichtzeichenanlagen geregelt sind.

An der Kreuzung Gneisenaustraße Ecke Nostizstraße musste der Angeklagte an der Rotlicht abstrahlenden Lichtzeichenanlage warten. Rechts neben ihm befand sich ein weiteres Fahrzeug, welches dem äußeren Anschein nach ebenfalls hoch motorisiert war. Als die Lichtzeichenanlage auf grün umschaltete, beschleunigten beide Fahrzeuge sehr schnell, so dass der Eindruck entstand, dass diese die Leistungsfähigkeit ihrer Fahrzeuge vergleichen wollten. Das andere Fahrzeug bog im Laufe der Fahrt ab und wurde von der Polizei nicht weiter verfolgt. Aufgrund der nunmehr ruhigeren Verkehrslage war es dem Angeklagten auch hier erneut möglich, das Fahrzeug schnell auf eine hohe Geschwindigkeit zu beschleunigen. Die Polizeibeamten folgten ihm dabei mit einer Geschwindigkeit von zumindest 140 km/h, wobei sich der Angeklagte auch hier weiterhin schnell und deutlich entfernte, so dass seine Geschwindigkeit mindestens auch diese Höhe betrug. Der Angeklagte hielt an allen roten Ampeln. Nur dadurch war es der Polizei möglich, immer wieder aufzuschließen. Beim Anfahren ließ der Angeklagte den Motor aufheulen und beschleunigte auffallend stark.

Als der Angeklagte die Yorkstraße erreichte, wurde sein Abstand zum Polizeifahrzeug so groß, dass die Beamten befürchteten, ihn nicht mehr einholen zu können. Als der Angeklagte daher seine Geschwindigkeit aufgrund der Verkehrslage und der Straßenführung reduzieren musste, schalteten die Polizisten Blaulicht und Martinshorn ein und forderten den Angeklagten so zum Anhalten auf. Dem kam der Angeklagte auch nach. Seine Personalien wurden festgestellt, sein Führerschein und das Fahrzeug beschlagnahmt.

Auf der gesamten Fahrtstrecke von insgesamt 3,7 km galt die innerstädtische Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h.

Der Angeklagte wusste um die hohe Motorisierung des von ihm geführten Fahrzeugs und legte es mit seiner Fahrweise bewusst darauf an, dass nur für den Abend gemietete Auto einmal auszutesten. Unter grober Missachtung der Geschwindigkeitsbegrenzungen und mit riskanten Fahrstreifenwechsel wollte er seinen Freunden „seine Fahrkünste“ unter Beweis zu stellen und die im innerstädtischen Verkehr maximale Geschwindigkeit erreichen. Seine bewussten Geschwindigkeitsüberschreitungen erreichten dabei ein Maß, dass weder ihm noch den weiteren Verkehrsteilnehmern eine angemessene Reaktion auf die Unwägbarkeiten des Straßenverkehrs möglich waren.

III. Der Angeklagte hat sich zur Sache nicht eingelassen.

Die Überzeugung, dass das sich das Geschehen so zu getragen, wie unter II. festgestellt, beruht insbesondere auf den Aussagen der Polizeibeamten, die den Angeklagten auf der geschilderten Fahrtstrecke verfolgt und schließlich auch festgestellt haben.

Der Zeuge Ak., der das Polizeifahrzeug führte, gab an, dass ihm das Fahrzeug auf dem Kottbusser Damm wegen seiner hohen Geschwindigkeit aufgefallen sei. Er hätte mit seinen Kollegen, den Beamten W. und Fr., in einem zivilen Fahrzeug an der Kreuzung Boppstraße gestanden und der Angeklagte sei wie ein Pfeil vorbeigeschossen. Er sei ihm dann gefolgt und habe ihn immer im Blick gehabt. Der Abstand habe in etwa 25 Meter betragen. Auf dem Kottbusser Damm bis zur Kreuzung Hermannplatz/Sonnenallee/Urbanstraße habe der Audi dann mehrfach den Fahrstreifen gewechselt, ohne vorher zu blinken. Dabei habe er auch Fahrzeuge geschnitten, die seinetwegen bremsen mussten. Der Abstand zwischen dem Polizeifahrzeug und dem Fahrzeug des Angeklagten sei hier wieder größer geworden. An der Kreuzung Gneisenaustraße Ecke Nostizstraße habe der Angeklagte an einer roten Ampel halten müssen, weswegen sich auch der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen verringerte. Links neben ihm habe ein Daimler gestanden. Als die Ampel auf grün umschaltete, seien beide mit quietschenden Reifen losgefahren. Auf der Gneisenaustraße sei er zwischen 150 und 160 km/h gefahren. Die Geschwindigkeit habe er immer laut durchgesagt. Er habe sich schon sehr konzentrieren müssen, um eine solche Geschwindigkeit in der Innenstadt zu fahren. Der Angeklagte sei die komplette Gneisenaustraße mit dieser hohen Geschwindigkeit gefahren. Die Kreuzungen seien nicht mit Lichtzeichenanlagen geregelt gewesen. Auch schon vor der Kreuzung Nostizstraße habe er diese Geschwindigkeiten erreicht. Im Bereich Hasenheide/Gneisenaustraße sei der Angeklagte auf jeden Fall schneller als 105 km/h gefahren. Definitiv sei er dort zumindest 140 km/h gefahren. Ab der Hasenheide sei der Angeklagte mindestens 120 km/h gefahren. Ab Hermannplatz und im Bereich Gneisenaustraße sei der Angeklagte noch deutlich schneller gefahren. Der Angeklagte habe während der gesamten Fahrt immer wieder beschleunigt und immer wieder das Tempo erhöht.

Auf den Vorhalt der schriftlichen zeugenschaftlichen Angaben (Bl. 7), wonach der Angeklagte auf der Gneisenaustraße bei einer zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h 120 km/h gefahren sei und nach dem Anhalten an der Kreuzung Nostizstraße Spitzengeschwindigkeiten von 180 km/h bis 200 km/h erreichte, gab der Zeuge an, dass er keine Messgeräte an seinem Fahrzeug mitführte, dass er aber von dieser Geschwindigkeit ausgegangen sei, da er selbst schon zumindest 140 km/h gefahren sei und sich das Fahrzeug noch weiter entfernte. Auf der Yorkstraße sei der Abstand immer größer geworden. Daher habe man sich entschieden, das Fahrzeug anzuhalten und hierfür Blaulicht und Martinshorn einzusetzen. Die Gelegenheit sei dort günstig für sie gewesen, da dort mehrere Fahrzeuge gewesen seien, um die der Angeklagte fahren musste.

Verbotenes Kraftfahrzeugrennen – Einzelrennen
(Symbolfoto: Von Adil Celebiyev StokPhoto/Shutterstock.com)

Der Zeuge W. gab an, dass er mit seinen Kollegen Ak. und Fr. auf Streifenfahrt in einem zivilen Fahrzeug als Beifahrer gewesen sei, als sie von dem Angeklagten mit deutlich überhöhte Geschwindigkeit auf dem Kottbusser Damm überholt worden seien. Die Geschwindigkeit habe hier schon über 100 km/h betragen. Der Audi habe dann mehrfach den Fahrstreifen gewechselt. Insgesamt habe er dies mindestens ein Dutzend mal gemacht. Auf dem Kottbusser Damm habe dies zur Folge gehabt, dass andere Fahrzeug stark abbremsen mussten, da er sie geschnitten habe. Er sei dabei immer sehr dicht auf die anderen Fahrzeuge aufgefahren und auch in sehr enge Lücken gewechselt. Für ihn habe sich das als sog. Lückenspringen dargestellt. Am Anfang der Fahrt habe der Abstand zwischen 4 bis 5 Fahrzeuglängen betragen, also bis zu 100 Metern. Der Angeklagte habe an roten Ampeln immer gehalten, so dass sie sich auch immer wieder nähern konnten. An einer Kreuzung sei auch noch ein anderes Fahrzeug gewesen, welches schnell unterwegs gewesen sei. Am Südstern seien sie im Polizeifahrzeug 105 km/h gefahren. Das habe er sich genau gemerkt, da er da bewusst auf den Tacho geschaut habe. Dort habe der Abstand zwischen 25 Metern und 100 Metern betragen, sei aber sehr schnell immer größer geworden. Er schätze, dass der Angeklagte hier sogar über 180 km/h gefahren sei. Dies habe er als Erfahrungswert so geschätzt auf der Grundlage, wie schnell sich der Angeklagte nach den Spurwechseln entfernt hat. Der Motor habe immer laut aufgeheult. Als die Straße frei gewesen sei, habe der Angeklagte immer extrem beschleunigt. Zwischen Kottbusser Damm und Hermannplatz sei der Verkehr belebter gewesen, zwischen Hermannplatz und Hasenheide sei es etwas ruhiger gewesen. Es seien autobahnähnliche Geschwindigkeiten gewesen. Der Angeklagte habe an allen Ampeln gehalten, was ihnen die Möglichkeit gegeben habe, immer wieder aufzuschließen. Beim Anfahren sei der Angeklagte immer zügig angefahren, der Motor habe dabei laut aufgeheult. Man habe den Angeklagten einholen wollen, das sei aber nicht möglich gewesen. Da auf der Yorkstraße der Abstand immer größer geworden sei, habe man sich daher entschieden, Sondersignale einzusetzen, um ihn anzuhalten, was schließlich auch gelungen sei.

Der Zeuge Fr. fuhr auf der Rückbank im Polizeifahrzeug mit. Er habe bemerkt, wie sein Kollege die Verfolgung eines viel zu schnell fahrenden Audis aufgenommen habe und er habe da noch zu ihm gesagt: „Den kriegst Du nicht mehr“. Während der Fahrt habe er einmal 120 km/h auf dem Tacho abgelesen. Auch da habe sich der Abstand zu dem Fahrzeug immer vergrößert. Nur durch die Ampeln, an denen der Angeklagte immer gehalten habe, hätten sie überhaupt eine Chance gehabt, dem Angeklagten zu folgen. Sobald die Straße frei gewesen sei, habe er immer ordentlich Gas gegeben, da habe sich der Abstand zum Polizeifahrzeug vergrößert. Die anderen Fahrzeuge auf der Straße hätten ihn aber daran gehindert, noch schneller zu fahren. Fortwährend habe er die Fahrstreifen gewechselt. Auf der Yorkstraße, auf der Höhe Großbeerenstraße, mache die Straße eine Kurve. Dort habe er den Eindruck gehabt, dass der Audi kurz vor dem Wegrutschen war. Das sei eine Vermutung seinerseits gewesen.

Die Aussagen dieser Zeugen sind glaubhaft. Die von ihnen geschilderte Fahrtstrecke stimmt überein, auch die Fahrweise des Angeklagten schilderten sie übereinstimmend. Soweit es zu unterschiedlichen Angaben hinsichtlich der von den Zeugen wahrgenommenen Geschwindigkeiten kam, steht dies der Glaubhaftigkeit der Aussagen nicht entgegen. Die Zeugen schilderten übereinstimmend, dass es sich um eine aufreibende Verfolgungsfahrt handelte. Es ist entsprechend nachvollziehbar, dass zum einen der Fokus nicht ausschließlich auf der Feststellung der gefahrenen Geschwindigkeit lag, zum anderen auch verschiedene Geschwindigkeiten auf der Fahrstrecke festzustellen waren.

Der Sachverständige, dessen Ausführungen sich das Gericht nach kritischer Prüfung angeschlossen hat, bestätigte die technischen Fahrzeugdaten für das Fahrzeug des Angeklagten und der Polizei wie festgestellt. Der Wagen des Angeklagten habe ein Automatikgetriebe, könne aber auch manuell geschaltet werden. Nachvollziehbar und überzeugend schilderte der Sachverständige die Leistungsfähigkeit der Fahrzeuge. Er gab an, dass der Audi etwa 100 bis 200 Meter benötige, um vom 100 km/h auf 200 km/h zu kommen. Der Audi entferne sich etwa um 20 Meter pro Sekunde, wenn das Polizeiauto 170 km/h und der Audi 250 km/h fahre. Die Kurve in der Yorkstraße könne man maximaler mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h befahren. Auf der Strecke ab der Nostritzstraße könne das Fahrzeug 200 km/h erreichen. Maximalgeschwindigkeiten könnten außerdem auf der Strecke um den Südstern erreicht werden. Hieraus ergibt sich, in Übereinstimmung mit den Wahrnehmungen der Polizeizeugen, dass sich das Fahrzeug des Angeklagten, so wie auch von den Polizeibeamten wahrgenommen, auch dann noch schnell von dem Polizeifahrzeug entfernen konnte, wenn dieses selbst schon hohe Geschwindigkeiten erreicht hatte. Es ergibt sich aber auch, dass konkrete Feststellungen zu den von dem Angeklagten gefahrenen Geschwindigkeiten über die von dem Polizeifahrzeug selbst gefahrenen Geschwindigkeiten hinaus nicht möglich sind.

Die Zeugen A., T., F. und G. schilderten insoweit glaubhaft und nachvollziehbar das Randgeschehen der Fahrt. Ihre Aussagen hinsichtlich der Fahrt entkräfteten aber nicht das von den Polizeibeamten geschilderte Geschehen. An die konkreten Geschwindigkeiten und Vorkommnisse während der Fahrt vermochte sich nämlich keiner der Zeugen zu erinnern. Die Zeugen gaben nur an, dass man gemerkt habe, dass es sich um ein hochmotorisiertes Fahrzeug gehandelt habe und der Angeklagte schon zügig gewesen sei. Nur der Zeuge A. gab darüber hinaus an, dass die Geschwindigkeit in etwa 80 km/h betragen. Er habe sich auch schon vorgedrängelt, allerdings immer den Blinker gesetzt. Eine rennähnliche Situation mit einem anderen Fahrzeug habe es nicht gegeben. Aber auch der Zeuge A. räumte selbst ein, dass er nicht viel mitbekommen und auch nicht auf den Tacho geschaut habe. Er habe zwar auf dem Beifahrersitz gesessen, sei aber vornehmlich mit seinem Handy beschäftigt gewesen.

Die Feststellungen zu seinen persönlichen Verhältnissen beruhen auf den Angaben des Angeklagten sowie dem in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug des Bundeszentralregisters vom 18.4.2018.

IV. Der Angeklagte hat sich damit des unerlaubten Kraftfahrzeugrennens gemäß § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbar gemacht. Der Gesetzgeber wollte mit diesem neuen Tatbestand gerade auch die Fälle des Einzelrasers als abstraktes Gefährdungsdelikt erfassen, in denen nur ein einziges Kraftfahrzeug objektiv und subjektiv ein Rennen gewissermaßen nachstellt (vgl. auch Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke – Burmann, Straßenverkehrsrecht, 25. Auflage, § 315d, Rn. 9, zitiert nach beck-online). So liegt der Fall hier. Die gefahrene Strecke von knapp vier Kilometern, bei der der Angeklagte immer wieder und immer höher werdende Geschwindigkeiten erreichte, spiegeln den äußerlichen Renncharakter seiner Tat wider. Schon das Maß der Geschwindigkeitsüberschreitung begründete hier die grobe Verkehrswidrigkeit (vgl. auch BeckOK StGB, v. Heintschel-Heinegg, 37. Edition, § 315d Rn. 36). Hinzu kommt, dass er durch seine Mitfahrer gerade zu ein Publikum bei sich führte, denn es kam ihm gerade darauf an, das Fahrzeug in der Innenstadt voll auszufahren und seine Fahrkünste zu zeigen. Auch durch das Lückenspringen und das gemeinsame Anfahren mit dem unbekannt gebliebenen Fahrzeug an einer Ampel machte der Angeklagte nach außen deutlich, dass sich sein Fahrverhalten deutlich und nachhaltig von einer einfachen Geschwindigkeitsüberschreitung unterscheidet (vgl. auch BeckOK StGB, aaO, Rn. 41, 42).

Dass es aufgrund der hohen Motorisierung des Fahrzeug theoretisch auch möglich gewesen wäre, mit diesem Fahrzeug noch höhere Geschwindigkeiten zu erreichen, steht der Absicht der Erzielung einer höchstmöglichen Geschwindigkeit im Sinne von § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht entgegen. Es kann schon für die Strafbarkeit nicht allein auf die Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs ankommen, da andernfalls der Täter mit dem höher motorisierten Fahrzeug ungerechtfertigt privilegiert würde. Zudem muss auch die Streckencharakteristik und das Verkehrsaufkommen berücksichtigt werden (vgl. auch BeckOK, aaO, Rn. 41, 42). Vorliegend hat sich der Angeklagte ausschließlich im innerstädtischen Verkehr bewegt und zwar in einer Umgebung, die auch zur Nachtzeit belebt und befahren ist und durch eine Vielzahl von Kreuzungen charakterisiert ist.

V. Das Gericht hat bei der Strafzumessung den gesetzlichen Strafrahmen des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB zu Grunde gelegt, der Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Innerhalb dessen sprach insbesondere für den Angeklagten, dass er strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist. Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte hat das Gericht, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten auf eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15 Euro erkannt.

Dem Angeklagten war daneben die Fahrerlaubnis zu entziehen, da sich aus der begangenen Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist (§ 69 Abs.1 StGB). Der Regelfall des § 69 Abs. 2 Nr. la StGB ist gegeben. Das Gericht erachtete unter Berücksichtigung der gesamten Persönlichkeit des Angeklagten, der Tatumstände und der Strafzumessungsgesichtspunkte eine Sperre von 8 (acht) Monaten als erforderlich, aber auch ausreichend, um dem Angeklagten sein Fehlverhalten auszuzeigen und ihm als Warnung zu dienen. Berücksichtigt worden dabei ist insbesondere, dass der Führerschein am 5.11.2017 beschlagnahmt worden ist und sich seither in amtlicher Verwahrung befindet.

Vl. Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf den §§ 464, 465 Abs. 1 StPO.

 

 

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