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Versuchter Versicherungsbetrugs – Vortäuschen eines Einbruchsdiebstahls in Kraftfahrzeug

AG Ahrensburg, Az.: 50 Ds 779 Js 28793/15 (560/15), Urteil vom 18.02.2016

Die Angeklagte ist des Vortäuschens einer Straftat sowie des versuchten Betruges schuldig.

Sie wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.

Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens sowie ihre notwendigen Auslagen.

Angewendete Vorschriften: §§ 145 d Abs. 1 Nr. 1, 263 Abs. 1 und 2, 22, 23 Abs 1, 53 StGB.

Gründe

(Abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO)

I.

Die Angeklagte ist gegenwärtig 25 Jahre alt. Sie wurde am … in … geboren.

Sie besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und ist ledig. Die Angeklagte studierte nach dem Abitur Tourismus und Hotelmanagement. Nach dem Abschluss des Studiums im Jahr 2012 gelang es ihr in der Folgezeit jedoch nicht, in diesem Bereich eine berufliche Tätigkeit zu finden, so dass sie verschiedene Jobs ausführte, u.a. eine Tätigkeit als Servicekraft bei dem Restaurant „V“, wo sie ein Einkommen von etwa 700,– € monatlich erhielt. Erst zum Mai 2015 gelang es ihr, eine Anstellung bei einem IT-Unternehmen zu finden. Sie hat bereits die Probezeit durchlaufen und rechnet damit, dass sie auch künftig dort weiter tätig sein wird. Sie verfügt angabegemäß über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von etwa 1.600,– € monatlich.

Strafrechtlich ist die Angeklagte bisher wie folgt in Erscheinung getreten:

Am 09.05.2014 wurde sie durch das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek (3001 Js 692/13 725 b 71/14) wegen eines am 29.08.2013 begangenen versuchten Betruges zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 20,– € verurteilt.

II.

Versuchter Versicherungsbetrugs - Vortäuschen eines Einbruchsdiebstahls in Kraftfahrzeug
Symbolfoto: Von Daniel Jedzura /Shutterstock.com

1.) Am frühen Morgen des 15.09.2014 erstattete die Angeklagte von ihrem damaligen Wohnort in … aus bei der Polizeistation in Großhansdorf Anzeige und teilte mit, dass an ihrem PKW Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen … die rechte hintere Dreieckscheibe gewaltsam eingeschlagen und das Fahrzeug geöffnet worden sei. Aus dem Fahrzeug seien in den Nachtstunden die Seitenverkleidung der Türen, die Vordersitze, die Sitzfläche der Rückbank, Airbags an Fahrer- und Beifahrerseite, ein Teil der Mittelkonsole, das Autoradio und das Navigationsgerät ausgebaut und entwendet worden. Tatsächlich hatte ein solcher Diebstahl, was der Angeklagten auch bewusst war, nicht stattgefunden. Vielmehr hatte die Angeklagte selbst die Fahrzeugteile aus dem Fahrzeug entfernt bzw. den Ausbau der Teile durch unbekannte Dritte veranlasst oder Kenntnis hiervon.

2.) In der der Angeklagten aufgrund einer telefonischen Schadenmeldung vom 15.09.2015 durch ihre Kaskoversicherung, die … Direktversicherung AG in …, übersandten Schadenmeldung gab die Angeklagte am 23.09.2014 der Wahrheit zuwider an dass sie am Morgen des 15.09.2014 ihren PKW Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen … am Abstellort in der …straße … in … … aufgebrochen vorgefunden habe, wobei die Seitenverkleidung der Türen, die Vordersitze, die Sitzfläche der Rückbank, Airbags an Fahrer- und Beifahrerseite, ein Teil der Mittelkonsole, das Autoradio und das Navigationsgerät entwendet worden waren. Nachdem der Sachschaden durch den von der Versicherung beauftragten Sachverständig N… bei einem Restwert von 14.700,– € und einem Wiederbeschaffungswert von 31.000,– € mit 32.610,44 € beziffert worden war, beantragte die Angeklagte bei der … Direktversicherung AG mit Schreiben vom 15.10.2014, den Schaden auf Basis des Schadengutachtens abzurechnen, da sie das Fahrzeug bereits in Eigenleistung repariert habe. Tatsächlich waren die zum Zeitpunkt der Erstattung der Strafanzeige ausgebauten Teile wieder vollständig in dem Fahrzeug verbaut, was der Angeklagten bewusst war. Sie handelte dabei in der Absicht, die von der Versicherung geschuldeten Ersatzleistungen entweder für sich oder Dritte zu verwenden und dadurch sich oder Dritte zu bereichern. Die … Versicherung leistete jedoch, nachdem ein weiteres Gutachten des Sachverständigen … W… eingeholt worden war, aufgrund des Verdachts, dass es sich dabei um einen Versicherungsbetrug handeln könnte, keinen Schadensausgleich an die Angeklagte.

III.

Die unter Ziffer I. getroffenen Feststellungen beruhen auf den Angaben der Angeklagten zu ihrem Werdegang und ihren persönlichen Verhältnissen sowie auf der Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 11.02.2016, die in der Hauptverhandlung verlesen worden ist, hinsichtlich Ziffer II. beruhen sie auf den Angaben der Angeklagten in der Hauptverhandlung sowie ergänzend auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Schriftstücken.

Die Angeklagte hat den Tatvorwurf entsprechend der Anklageschrift eingeräumt. Sie hat allerdings keine Angaben dazu gemacht, ob sie den versuchten Versicherungsbetrug aus eigenem Anlass oder auf Veranlassung durch Dritte begangen hat. Sie hat auch keine Angaben dazu gemacht, durch wen und wie die in dem Fahrzeug vorhandenen Originalteile zunächst entfernt und sodann wieder verbaut worden sind. Sie hat erklärt, dass ihr bereits bei Erstattung der Anzeige gegenüber der Polizei bzw. Schadensmitteilung an die Versicherung bewusst gewesen sei, dass der von ihr angegebene Sachverhalt nicht den Tatsachen entspreche. Ihr Verhalten tue ihr Leid.

IV.

Die Angeklagte hat sich durch ihr Verhalten zu Ziffer II. 1.) des Vortäuschens einer Straftat gemäß § 145 d Abs. 1 Nr. 1 StGB sowie zu Ziffer II. 2.) des versuchten Betruges zum Nachteil der R+V Versicherung gemäß §§ 263 Abs. 1 und 2, 22, 23 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Dabei besteht Tatmehrheit gemäß § 53 StGB zwischen den Tathandlungen der Angeklagten.

V.

Zur Ahndung des Vortäuschens einer Straftat ist gemäß § 145 d StGB Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vorgesehen, zur Ahndung eines Betruges ist gemäß § 263 Abs. 1 StGB Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorgesehen.

Bei der Strafzumessung im einzelnen hat das Gericht zugunsten der Angeklagten ihr Geständnis berücksichtigt, wobei zu berücksichtigen war, dass aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen … W… eindeutig festzustellen gewesen wäre, dass die angeblich aus dem Fahrzeug entwendeten Teile zu einem späteren Zeitpunkt wieder in das Fahrzeug eingebaut worden sind, so dass ein Tatnachweis auch ohne das Geständnis der Angeklagten führbar gewesen wäre. Die Angeklagte hat damit durch ihr Geständnis, da sie im Übrigen keine weiteren Angaben zu den Umständen und dem Hintergrund der vorgetäuschten Straftat gemacht hat, keinen wesentlichen Beitrag zur Tataufklärung geleistet. Sie hat vielmehr (lediglich) das eingeräumt, was aufgrund der weiteren Ermittlungen ohnehin feststand. Strafschärfend war zu berücksichtigen, dass die Angeklagte durch ihr Verhalten beabsichtigte, sich oder einem Dritten einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen und dabei planmäßig und unter Aufbringung erheblicher krimineller Energie vorgegangen ist. Beide Tathandlungen waren auf die Erlangung eines finanziellen Vorteils in einer Größenordnung von etwa 15.000,- EUR gerichtet, wobei Anhaltspunkte für eine gewerbsmäßige Begehung i.S.d. § 163 Abs. 3 Ziff. 1. StGB allerdings nicht festzustellen waren. Bezüglich des versuchten Betruges ist die Strafe nicht durch (fakultative) Strafrahmenmilderung nach §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemildert worden, da die Angeklagte alle zur Vollendung des Betruges erforderlichen Schritte unternommen hatte und der Vermögensschaden bei der … Versicherung nur dadurch nicht eingetreten ist, dass diese einen Sachverständigen beauftragt hatte, der den Versicherungsbetrug aufdeckte und sie daher Leistungen an die Angeklagte nicht auskehrte.

Vor dem Hintergrund, dass die Angeklagte nur kurze Zeit vor der Tatbegehung, am 09.05.2014, aufgrund einer in ihrer Anwesenheit stattgefundenen mündlichen Verhandlung bei dem Amtsgericht Hamburg-Wandsbek (Az. 725b 71/14) wegen einer ähnlich gelagerten Straftat – versuchten Kreditbetruges – zu einer erheblichen Geldstrafe verurteilt worden ist und diese Verurteilung die Angeklagte nicht davon abgehalten hat, nur wenige Monate nach der Hauptverhandlung in der dortigen Sache erneut zu versuchen, sich (oder einem Dritten) durch Täuschungshandlungen erhebliche Vermögensvorteile zu verschaffen, ergibt sich für das Gericht der Eindruck, dass die Angeklagte durch die Verhängung einer auch erheblichen Geldstrafe nicht von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten gewesen wäre.

Das Gericht hat daher die Verhängung von kurzen Freiheitsstrafen gem. § 47 Abs. 1 StGB als zur Einwirkung auf die Angeklagte unerlässlich angesehen und bezüglich der Tat zu Ziffer II.1. eine Freiheitsstrafe von drei Monaten und bezüglich der Tat zu Ziffer II.2 eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten als tat- und schuldangemessen erachtet Gem. § 53 Abs. 1 StGB ist aus den beiden kurzen Freiheitsstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet worden, die das Gericht aufgrund der engen zeitlichen und inhaltlichen Nähe beider Taten zueinander eng zusammengefasst und mit sechs Monaten bemessen hat.

Gemäß § 56 Abs. 1 StGB konnte die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden, da nach Einschätzung des Gerichts aufgrund des in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks von der Angeklagten zu erwarten ist, dass die Angeklagte bereits durch die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe hinreichend beeindruckt ist, um sich diese zur Warnung dienen zu lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzuges keine Straftaten mehr zu begehen. Das Gericht hat den Eindruck gewonnen, dass der Angeklagten durch die Verhängung der Freiheitsstrafe verdeutlicht werden konnte, dass ihr Verhalten ernste Konsequenzen nach sich zieht und sie ihren begonnenen positiven Werdegang gefährdet, wenn sie weiterhin Straftaten begehen sollte oder sich nicht hinreichend klar von Plänen anderer zur Begehung von Straftaten distanziert. Da die Hintergründe und näheren Tatumstände und die Frage, von wem die Initiative für die Tatbegehung letztlich ausgegangen ist, im Rahmen der Hauptverhandlung nicht zu klären waren, hat das Gericht die Angeklagte für die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht eines Bewährungshelfers unterstellt, damit die Angeklagte die Verpflichtung, aber auch die Möglichkeit hat, mit einer dritten Person in regelmäßigen Abständen ihre derzeitige Lebenssituation zu besprechen und notfalls die erforderlichen Schritte zu unternehmen, um ein erneutes Abgleiten in die Kriminalität zu verhindern.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StGB.

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