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Notar und Zeugnisverweigerung: Zwangsmittel bei Herausgabe gestoppt

Im Fokus einer Steuerfahndung verweigerte ein Notar die Herausgabe sensibler Urkunden und berief sich auf die Amtsverschwiegenheit. Obwohl die Justiz mit Haft und Ordnungsstrafe drohte, drohte dem Berufsgeheimnisträger bei Herausgabe selbst eine Anzeige wegen Verrats.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 12 Qs 41/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze


  • Das Problem: Die Staatsanwaltschaft forderte von einem Notar eine Generalvollmacht für Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung. Der Notar weigerte sich wegen seiner Amtsverschwiegenheit. Ein Richter ordnete die Herausgabe unter Androhung von Zwangsmitteln an.
  • Die Rechtsfrage: Darf ein Richter einen Notar, der zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, zwingen, Unterlagen herauszugeben, wenn ihm dafür Strafen angedroht werden?
  • Die Antwort: Nein. Das Gericht hob die Anordnung auf, da Zwangsmittel gegen einen zeugnisverweigerungsberechtigten Notar nicht zulässig sind. Die Androhung von Zwangsmaßnahmen war daher rechtswidrig und irreführend.
  • Die Bedeutung: Ein Herausgabeersuchen an einen Berufsgeheimnisträger ist oft kein milderes Mittel als eine Durchsuchung. Es setzt den Notar einem erheblichen strafrechtlichen Risiko aus. Der Notar könnte sich strafbar machen, wenn er ohne Entbindung von der Schweigepflicht die Unterlagen herausgibt.

Muss ein Notar Ermittlungsakten herausgeben?

Ein Notar hält eine dicke, notarielle Akte angespannt fest, konfrontiert von einem Beamten, der ein amtlich gestempeltes Herausgabeschreiben präsentiert.
Notare müssen bei Ermittlungen zwischen Schweigepflicht und richterlichem Herausgabeersuchen abwägen. | Symbolbild: KI

Der Fall klingt zunächst wie ein klassischer Steuerkrimi. Im Fokus der Ermittlungen stand ein Gebrauchtwagenhändler, der von Rumänien aus agierte und verdächtigt wurde, zwischen 2016 und 2018 massiv Umsatzsteuern hinterzogen zu haben. Der Vorwurf wog schwer: Durch verschleierte Herkunftsangaben sei der deutschen Staatskasse Geld entgangen. Doch der eigentliche Rechtsstreit entzündete sich an einem Nebenschauplatz, der für die deutsche Justiz von grundsätzlicher Bedeutung ist. Es ging um eine Generalvollmacht, mit der angeblich der Neffe des Händlers Geschäfte getätigt hatte. Der Beschuldigte bestritt jedoch vehement, diese Vollmacht je unterschrieben zu haben. Um die Echtheit der Unterschrift zu prüfen, benötigte die Steuerfahndung das Original der Urkunde.

Hier kam der Beschwerdeführer ins Spiel, ein Notar aus dem Raum Nürnberg. Er war nicht der ursprüngliche Beurrunder, sondern dessen Amtsnachfolger und damit der aktuelle Verwahrer der Akten. Als die Fahnder anklopften, verweigerte er die Herausgabe unter Berufung auf seine amtliche Schweigepflicht. Daraufhin wählte der Ermittlungsrichter am Amtsgericht Nürnberg vermeintlich das mildeste Mittel: Statt einer Durchsuchung erließ er am 8. August 2025 ein sogenanntes richterliches Herausgabeersuchen. Der Ton war jedoch scharf. Dem Notar wurde unter Androhung von Zwangsgeld und Haft befohlen, die Urkunde herauszugeben. Der Notar wehrte sich und zog vor das Landgericht Nürnberg-Fürth (Az.: 12 Qs 41/25). Das Urteil vom 24. November 2025 ist eine Lehrstunde über die Grenzen staatlichen Zwangs gegenüber Berufsgeheimnisträgern.

Wann greift die notarielle Schweigepflicht?

Um die Brisanz dieses Falles zu verstehen, muss man den Konflikt zweier mächtiger Interessen betrachten. Auf der einen Seite steht der staatliche Strafverfolgungsanspruch. Die Strafprozessordnung (StPO) erlaubt es Ermittlern grundsätzlich, Beweismittel sicherzustellen. § 95 StPO regelt die Herausgabepflicht: Wer einen Gegenstand hat, der als Beweis dient, muss ihn vorlegen. Weigert er sich, drohen nach § 70 StPO Ordnungsgelder oder sogar Beugehaft. Das ist das Schwert, das der Staat führen kann, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.

Auf der anderen Seite steht jedoch das besondere Vertrauensverhältnis zwischen einem Notar und seinem Mandanten. Dieses wird durch das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO geschützt. Notare, Anwälte und Ärzte sind sogenannte Berufsgeheimnisträger. Sie dürfen nicht gezwungen werden, Dinge zu offenbaren, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit anvertraut wurden, solange sie nicht von ihrer Schweigepflicht entbunden sind. Im vorliegenden Fall hatte der Notar sogar proaktiv versucht, eine Entbindung zu erhalten, doch der Präsident des Landgerichts hatte dies abgelehnt. Der Notar saß also in der Klemme: Gab er die Akte heraus, riskierte er eine Strafbarkeit wegen Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB). Gab er sie nicht heraus, drohte ihm der Ermittlungsrichter mit Zwangsmitteln.

Darf ein Richter die Herausgabe von Notarakten erzwingen?

Das Landgericht Nürnberg-Fürth musste nun klären, ob der Ermittlungsrichter den Notar durch die Androhung von Zwangsmitteln unter Druck setzen durfte. Die Entscheidung fiel eindeutig zugunsten des Notars aus und hob das Ersuchen auf. Die Kammer zerlegte die Argumentation der Vorinstanz dabei in mehrere Teile und deckte gravierende rechtliche Mängel auf.

Drohen dem Notar Zwangsgelder bei Weigerung?

Der erste und wichtigste Punkt der Entscheidung betrifft die Zulässigkeit von Zwangsmitteln. Der Ermittlungsrichter hatte argumentiert, dass die spezifische Urkunde nicht dem Beschlagnahmeverbot unterliege, da sie nicht „geheim“ sei, sondern für den Rechtsverkehr bestimmt war. Daraus folgerte er, dass der Notar zur Herausgabe gezwungen werden könne. Das Landgericht erteilte dieser Logik eine klare Absage. Es stellte fest, dass § 95 Abs. 2 Satz 2 StPO eine klare rote Linie zieht: Sobald eine Person zeugnisverweigerungsberechtigt ist – was bei einem Notar unstrittig der Fall ist –, dürfen gegen sie keine Zwangsmittel verhängt werden.

Es ist dabei völlig unerheblich, ob das Dokument selbst theoretisch beschlagnahmt werden dürfte. Das Gesetz schützt hier nicht primär das Papier, sondern die Person des Berufsgeheimnisträgers vor staatlichem Zwang. Die Androhung von Ordnungsgeld oder Haft war somit von Anfang an rechtswidrig und irreführend. Der Staat darf einen Notar bitten, aber er darf ihn nicht bedrohen, wenn dieser von seinem Schweigerecht Gebrauch macht.

Macht sich der Notar bei Herausgabe strafbar?

Ein weiterer zentraler Aspekt der Urteilsbegründung betrifft das strafrechtliche Risiko für den Notar selbst. Das Gericht erkannte, dass ein bloßes Herausgabeersuchen den Notar in eine unzumutbare Situation bringt. Er müsste eigenständig eine komplexe rechtliche Prüfung vornehmen: Unterliegt dieses spezifische Dokument der Beschlagnahmefreiheit nach § 97 StPO oder nicht? Irrt er sich und gibt ein geschütztes Dokument heraus, begeht er einen Verrat von Privatgeheimnissen nach § 203 StGB.

Das Gericht betont, dass der Staat diese Verantwortung nicht auf den Bürger abwälzen darf. Ein „netter Brief“ mit der Aufforderung zur Herausgabe ist vergiftet, wenn er den Empfänger in die Gefahr einer eigenen Straftat bringt. Das Landgericht sah hierin eine unzulässige Einschränkung der Entscheidungsfreiheit des Notars. Ohne einen formalen Beschluss, der ihm die Handlungspflicht unmissverständlich auferlegt und ihn damit rechtfertigt, agiert der Notar auf dünnem Eis.

Ist ein „netter Brief“ milder als eine Durchsuchung?

Schließlich widmete sich die Kammer der Frage der Verhältnismäßigkeit. Die Staatsanwaltschaft hatte argumentiert, das Herausgabeersuchen sei ein milderes Mittel als ein Durchsuchungsbeschluss (§ 103 StPO), bei dem die Polizei tatsächlich in die Kanzlei einrückt. Das klingt auf den ersten Blick logisch: Ein Brief ist weniger invasiv als eine Razzia. Das Gericht drehte diese Argumentation jedoch um.

Für einen Berufsgeheimnisträger ist der förmliche Durchsuchungsbeschluss – idealerweise mit einer sogenannten Abwendungsbefugnis – oft der sicherere Weg. Bei einem solchen Beschluss übernimmt der Richter die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Maßnahme. Der Notar muss lediglich dulden und kann die Unterlagen herausgeben, um die Durchsuchung abzuwenden, ohne den Verrat von Geheimnissen befürchten zu müssen. Da das isolierte Herausgabeersuchen diese Rechtssicherheit nicht bot, war es im Ergebnis nicht milder, sondern faktisch belastender und damit unverhältnismäßig. Das Gericht stellte klar: Wer die Herausgabe von Beweismitteln von einem Notar will, muss die rechtlichen Voraussetzungen für Zwangsmittel (wie eine Durchsuchung) bereits in der Hand haben und diese auch als Drohkulisse nutzen dürfen – was hier aufgrund des Zeugnisverweigerungsrechts gerade nicht der Fall war.

Was bedeutet das Urteil für Berufsgeheimnisträger?

Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth stärkt die Position von Notaren, Anwälten und anderen Berufsgeheimnisträgern erheblich. Es stellt klar, dass der Staat die Hürden des Zeugnisverweigerungsrechts nicht durch informelle oder falsch begründete Herausgabeersuchen umgehen darf. Ein Richter kann nicht einfach unter Androhung von Strafen die Herausgabe von Akten verlangen, wenn der Adressat gesetzlich zum Schweigen verpflichtet ist.

Für die Praxis bedeutet dies, dass Staatsanwaltschaften und Ermittlungsrichter ihre Vorgehensweise anpassen müssen. Der „kurze Dienstweg“ über ein Herausgabeersuchen nach § 95 StPO ist bei nicht von der Schweigepflicht entbundenen Geheimnisträgern versperrt, wenn er mit Zwangsmitteln droht. Stattdessen bedarf es sauberer, formeller Beschlüsse, die dem Berufsgeheimnisträger Rechtssicherheit geben und ihn nicht dem Risiko einer eigenen Strafbarkeit aussetzen. Die Kosten für diesen rechtlichen Exkurs trägt übrigens die Staatskasse – ein kleiner Sieg für den Notar, aber ein großer für die Rechtssicherheit.

Die Urteilslogik

Die Amtsverschwiegenheit von Notaren zieht eine klare Grenze gegenüber staatlichen Ermittlungsversuchen und dem Einsatz von Zwangsmitteln.

  • Schutz vor staatlichem Zwang: Der Staat darf keine Zwangs- oder Ordnungsmittel, wie Zwangsgeld oder Haft, gegen Personen androhen oder verhängen, die gesetzlich das Zeugnisverweigerungsrecht besitzen. Diese gesetzliche Schutzlinie gilt der Person des Berufsgeheimnisträgers, unabhängig davon, ob das gesuchte Dokument theoretisch der Beschlagnahme unterläge.
  • Verantwortung für Rechtsfolgen: Gerichte dürfen Berufsgeheimnisträger nicht durch isolierte Herausgabeersuchen dazu zwingen, das Risiko einer strafbaren Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB) selbst zu tragen; der Staat muss dem Bürger eine rechtfertigende Handlungspflicht auferlegen.
  • Verhältnismäßigkeit von Verfahren: Ein förmlicher richterlicher Beschluss, der die Rechtslage klar festlegt, dient Berufsgeheimnisträgern oft als das mildere und verhältnismäßigere Mittel, da er die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Maßnahme auf die Justizbehörde überträgt.

Das überragende Vertrauen in die Justiz erfordert, dass die Geheimhaltungspflichten von Berufsgeheimnisträgern konsequent gegen staatlichen Druck verteidigt werden.


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Experten Kommentar

Ein Notar steht schnell zwischen zwei Feuern: Entweder droht die Verletzung der Schweigepflicht oder der Ärger mit dem Gericht. Dieses Urteil zieht eine klare rote Linie: Der Staat darf Zeugnisverweigerungsberechtigte, die gesetzlich zum Schweigen verpflichtet sind, nicht mit Zwangsmitteln bedrohen, um an Akten zu gelangen. Es geht hier nicht nur um das Dokument, sondern um den Schutz der Person vor der Gefahr, sich durch eine erzwungene Herausgabe strafbar zu machen. Für Berufsgeheimnisträger ist das wichtig, weil es bestätigt, dass Ermittler den kurzen Dienstweg nicht gehen können; sie müssen den formalen, rechtssicheren Beschlussweg wählen. Das garantiert, dass die Vertrauenssphäre auch unter Druck respektiert wird.


Symbolische Grafik zu FAQ - Häufig gestellte Fragen aus dem Strafrecht" mit Waage der Gerechtigkeit und Gesetzbüchern im Hintergrund

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Muss mein Notar meine Vollmacht oder Urkunde an Ermittlungsbehörden herausgeben?

Nein, Ihr Notar muss Ihre vertrauliche Vollmacht oder Urkunde nicht ohne Weiteres an Ermittlungsbehörden herausgeben. Die notarielle Schweigepflicht schützt Mandantendaten umfassend, selbst wenn die Dokumente für den Rechtsverkehr bestimmt waren. Der Notar muss sich auf das ihm zustehende Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO berufen. Dieses Recht ermöglicht es ihm, die Herausgabe anvertrauter Unterlagen auch gegenüber der Steuerfahndung zu verweigern.

Die Regel schützt das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und dem Notar als Berufsgeheimnisträger. Das Zeugnisverweigerungsrecht übertrumpft die allgemeine Herausgabepflicht nach § 95 StPO. Solange keine formelle Entbindung der Schweigepflicht durch Sie oder den zuständigen Landgerichtspräsidenten vorliegt, darf der Notar die Dokumente nicht freigeben. Gibt er Unterlagen unbefugt heraus, riskiert er sogar eine Strafbarkeit wegen Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB).

Ermittlungsbehörden versuchen häufig, durch informelle Herausgabeersuchen ohne Androhung von Zwangsmitteln Druck auszuüben. Der Notar darf einem solchen Ersuchen aber nicht nachkommen. Er muss darauf bestehen, dass die Behörden einen förmlichen Beschluss erwirken, welcher die hoheitliche Verantwortung für die Herausgabe übernimmt. Ohne diesen Beschluss würde der Notar die komplexe juristische Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Herausgabe selbst tragen.

Fordern Sie Ihren Notar auf, jegliche Herausgabeaufforderungen formal abzulehnen und die Notwendigkeit der Entbindung von der Schweigepflicht zu pochen.


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Dürfen Notare mit Zwangsgeld oder Haft zur Herausgabe von Akten gezwungen werden?

Nein, Ermittlungsbehörden dürfen Notare nicht mit Zwangsgeld oder Haft drohen, um die Herausgabe von Akten zu erzwingen. Die Strafprozessordnung (StPO) zieht hier eine klare rote Linie. Sobald sich ein Notar auf sein gesetzliches Zeugnisverweigerungsrecht beruft, entfällt die gesetzliche Grundlage für die Androhung solcher Zwangsmittel vollständig. Der Staat darf den Notar nicht unter Druck setzen, seine Schweigepflicht zu brechen.

Das Gesetz schützt die Vertrauensstellung des Berufsgeheimnisträgers vor staatlichem Zwang. Gemäß § 95 Abs. 2 Satz 2 StPO darf der Staat zwar die Herausgabe von Beweismitteln verlangen, jedoch niemals unter Androhung von Sanktionen gegen eine Person, die zeugnisverweigerungsberechtigt ist. Das Landgericht Nürnberg-Fürth bestätigte diese Haltung eindeutig: Es ist unerheblich, ob das Dokument theoretisch beschlagnahmt werden dürfte. Das Gesetz schützt die Person des Notars in seiner Rolle als Geheimnisträger.

Die Androhung von Zwangsmitteln wie Ordnungsgeld oder Beugehaft (§ 70 StPO) durch einen Ermittlungsrichter ist somit von Anfang an rechtswidrig. Sie dient lediglich als unzulässige Einschüchterungstaktik. Nehmen wir an, der Notar verweigert die Herausgabe einer Generalvollmacht; er muss dann lediglich dulden, falls die Behörden einen formal korrekten Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss erwirken.

Weisen Sie Ihren Anwalt an, gegen eine Herausgabeaufforderung, die Zwangsmittel androht, sofortige Beschwerde beim Landgericht einzulegen und die Aufhebung des rechtswidrigen Ersuchens zu fordern.


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Was muss ein Notar tun, wenn Ermittlungsrichter die Herausgabe von Unterlagen verlangen?

Wenn ein Ermittlungsrichter die Herausgabe von Akten verlangt, befindet sich der Notar in einem juristischen Minenfeld zwischen Zwang und eigener Strafbarkeit. Er muss die Herausgabe grundsätzlich verweigern und sich sofort auf seine notarielle Schweigepflicht berufen. Der Notar sollte die Unterlagen erst herausgeben, wenn ein formal korrekter Beschluss ihm die Handlungspflicht unmissverständlich auferlegt und ihm damit juristische Sicherheit verschafft.

Der zentrale Grund für die Verweigerung liegt in der Vermeidung einer eigenen Strafbarkeit nach § 203 StGB, der Verletzung von Privatgeheimnissen. Gibt der Notar die Unterlagen freiwillig heraus und irrt sich dabei über die Beschlagnahmefreiheit des Dokuments, riskiert er eine Verurteilung. Die Verantwortung für die komplexe rechtliche Prüfung der Akten darf der Staat nicht auf den Notar abwälzen. Daher ist das Geltendmachen der notariellen Schweigepflicht (§ 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO) die rechtlich sichere Pflicht.

Um rechtssicher zu handeln, sollte der Notar darauf bestehen, dass die Ermittlungsbehörden den förmlichen Weg über einen Durchsuchungsbeschluss nach § 103 StPO gehen. Dieser hoheitliche Akt verlagert die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Maßnahme auf den zuständigen Richter. Nur wenn ein solcher Beschluss vorliegt, kann der Notar die Unterlagen herausgeben oder die Durchsuchung dulden, ohne den Verrat von Geheimnissen befürchten zu müssen. Ein informelles Herausgabeersuchen genügt dafür nicht.

Teilen Sie den Behörden schriftlich mit, dass Sie die Herausgabe ohne förmlichen, Ihre Rechtssicherheit garantierenden Beschluss ablehnen.


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Macht sich der Notar strafbar, wenn er geschützte Mandantendaten herausgibt?

Ja, gibt der Notar unbefugt vertrauliche Mandantendaten weiter, riskiert er eine strafrechtliche


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Wann schützt das Zeugnisverweigerungsrecht Notare vor einer Beschlagnahme von Beweismitteln?

Die Regel ist klar: Das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 StPO schützt den Notar vor staatlichem Zwang. Ermittlungsbehörden können einen Notar nicht mit Zwangsgeld oder Haft zur freiwilligen Herausgabe von Mandantendaten zwingen. Dieser Schutz verhindert, dass die Justiz die Hürden des Notargeheimnisses leichtfertig umgeht. Das Zeugnisverweigerungsrecht schützt primär die Person des Berufsgeheimnisträgers, nicht zwingend das physische Dokument.

Der Notar darf sich bei informellen Herausgabeersuchen stets auf sein Schweigerecht berufen. Mit dieser Berufung entfällt die gesetzliche Grundlage für die Androhung von Zwangsmitteln nach § 70 StPO. Die Behörden müssen deshalb den formal sicheren Weg wählen, um an die Beweismittel zu gelangen. Sie müssen einen förmlichen richterlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss erwirken. Damit verlagert sich die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Maßnahme auf den zuständigen Richter.

Das Zeugnisverweigerungsrecht blockiert die aktive Mitwirkung des Notars, aber es schließt eine formelle Beschlagnahme nicht generell aus. Ein Beispiel: Gibt der Notar ohne förmliche Anordnung geschützte Daten frei, riskiert er eine eigene Strafbarkeit wegen Verletzung von Privatgeheimnissen. Die Ermittlungsbehörden werden durch das Zeugnisverweigerungsrecht gezwungen, den formelleren und rechtlich teureren Weg zu gehen.

Wenn die Ermittlungsbehörden erscheinen, bestehen Sie darauf, dass der Notar sofort die Existenz eines förmlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses gemäß § 103 StPO prüft.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Abwendungsbefugnis

Die Abwendungsbefugnis ist die gesetzliche Möglichkeit, eine drohende Zwangsmaßnahme wie eine Durchsuchung dadurch zu verhindern, dass die betroffene Person die gesuchten Beweismittel freiwillig herausgibt.
Diese Regelung schafft einen Anreiz für den Betroffenen, kooperativ zu sein, und schont gleichzeitig die Rechte des Bürgers, da die invasive Durchsuchung der Kanzlei vermieden wird.

Beispiel:
Im vorliegenden Fall hätte ein formal korrekter Durchsuchungsbeschluss dem Notar die Abwendungsbefugnis eingeräumt, sodass er die Generalvollmacht hätte übergeben können, ohne eigene strafrechtliche Risiken einzugehen.

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Berufsgeheimnisträger

Ein Berufsgeheimnisträger ist eine Person, die aufgrund ihres Berufes (wie Notare, Ärzte oder Anwälte) gesetzlich zur Wahrung von anvertrauten Geheimnissen verpflichtet ist.
Das Gesetz schützt diese Vertrauensverhältnisse umfassend, da Bürger die Gewissheit haben müssen, dass sensible Informationen, die sie diesen Berufsgruppen offenbaren, nicht staatlicherseits offengelegt werden.

Beispiel:
Der Notar konnte sich erfolgreich weigern, die Akten herauszugeben, weil er als Berufsgeheimnisträger durch die notarielle Schweigepflicht und das Zeugnisverweigerungsrecht geschützt wird.

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Richterliches Herausgabeersuchen

Ein Richterliches Herausgabeersuchen ist die formlose Aufforderung eines Richters an eine Person, einen Gegenstand, der als Beweismittel dient, den Ermittlungsbehörden auszuhändigen, oft verbunden mit einer Zwangsdrohung.
Dieses juristische Instrument nach § 95 StPO soll die Beweissicherung vereinfachen und dient oft als vermeintlich mildere Alternative zu einer förmlichen Beschlagnahme.

Beispiel:
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hob das Richterliche Herausgabeersuchen auf, da die Androhung von Zwangsgeldern gegen einen Notar, der sein Zeugnisverweigerungsrecht geltend macht, als rechtswidrig erachtet wurde.

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Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB)

Die Verletzung von Privatgeheimnissen ist eine Straftat, die eintritt, wenn ein Berufsgeheimnisträger, wie der Notar im Fall, unbefugt ein ihm anvertrautes fremdes Geheimnis offenbart.
Dieser Straftatbestand untermauert die notarielle Schweigepflicht massiv und stellt sicher, dass das Vertrauen der Mandanten durch die Angst vor strafrechtlicher Verfolgung des Geheimnisträgers geschützt wird.

Beispiel:
Hätte der Notar die Original-Urkunde der Generalvollmacht ohne einen ihn entlastenden förmlichen Beschluss herausgegeben, wäre er das Risiko eingegangen, sich wegen Verletzung von Privatgeheimnissen strafbar zu machen.

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Zeugnisverweigerungsrecht

Das Zeugnisverweigerungsrecht ist das gesetzlich verbriefte Recht bestimmter Personen, darunter Notare, Ärzte und enge Angehörige, in einem Strafprozess die Aussage über vertrauliche Informationen zu verweigern.
Das Recht dient dem Schutz besonders wichtiger Vertrauensverhältnisse und stellt sicher, dass der Staat Berufsgeheimnisträger nicht zwingen kann, ihre Verschwiegenheitspflicht zu brechen.

Beispiel:
Weil sich der Notar auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berief, durfte der Ermittlungsrichter keine Zwangsmittel androhen, um ihn zur Herausgabe der notariellen Urkunde zu bewegen.

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Zwangsmittel und Beugehaft

Zwangsmittel sind hoheitliche Maßnahmen wie das Ordnungsgeld oder die Beugehaft, die Gerichte und Behörden anwenden dürfen, um einen Bürger zur Erfüllung einer gesetzlichen Handlungspflicht zu nötigen.
Diese Instrumente sind notwendig, damit der Staat seine Verfahren effektiv durchführen und die Einhaltung von gerichtlichen Anordnungen nach § 70 StPO erzwingen kann.

Beispiel:
Die Androhung von Zwangsmitteln durch das Amtsgericht, hier konkret Beugehaft und Ordnungsgeld, war im Fall des Notars unzulässig, da der Adressat Berufsgeheimnisträger ist.

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Das vorliegende Urteil


LG Nürnberg-Fürth – Az.: 12 Qs 41/25 – Beschluss vom 24.11.2025

1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird das richterliche Herausgabeersuchen des Amtsgerichts Nürnberg – Ermittlungsrichter – vom 08.08.2025 aufgehoben.


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