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Führerscheinentzug nach Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter: Gilt 1,1 Promille?

Mit 1,44 Promille fuhr ein Mann in Potsdam einen E-Scooter und stand deshalb vor dem sofortigen Führerscheinentzug nach Trunkenheitsfahrt. Obwohl das Vergehen auf einem fahrerlaubnisfreien Fahrzeug geschah, forderte die Staatsanwaltschaft den Entzug der Pkw-Fahrerlaubnis.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 25 Qs 7/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Potsdam
  • Datum: 18.09.2025
  • Aktenzeichen: 25 Qs 7/25
  • Verfahren: Beschwerdeverfahren im Strafprozess
  • Rechtsbereiche: Strafrecht, Straßenverkehrsrecht

  • Das Problem: Ein Mann fuhr einen E-Scooter mit 1,44 Promille Blutalkohol. Die Staatsanwaltschaft wollte ihm wegen dieser Trunkenheitsfahrt sofort den Führerschein entziehen.
  • Die Rechtsfrage: Führt das Fahren eines langsamen E-Scooters unter starkem Alkoholeinfluss automatisch zur Entziehung des allgemeinen Pkw-Führerscheins?
  • Die Antwort: Nein. Das Gericht lehnte den vorläufigen Entzug des Führerscheins ab. Die gesetzliche Regelung zur Führerscheinentziehung ist auf fahrerlaubnisfreie E-Scooter nicht zwingend anwendbar.
  • Die Bedeutung: Der für Autos geltende Grenzwert von 1,1 Promille für Absolute Fahruntüchtigkeit darf für E-Scooter nicht pauschal übernommen werden. Eine Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter führt daher nicht automatisch zum Verlust der Fahrerlaubnis für fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge.

Führerschein weg bei 1,44 Promille auf dem E-Scooter? Warum ein Gericht den Entzug stoppte

1,44 Promille – ein Blutalkoholwert, der am Steuer eines Autos unweigerlich den sofortigen Verlust der Fahrerlaubnis zur Folge hätte. Doch was, wenn das Fahrzeug kein Pkw ist, sondern ein handelsüblicher E-Scooter? Mit genau dieser Frage musste sich das Landgericht Potsdam in einem Beschluss vom 18. September 2025 (Az. 25 Qs 7/25) auseinandersetzen.

Trunkenheit im Verkehr: Der Fahrer überschritt die Promillegrenze auf dem E-Scooter und riskiert den Führerscheinentzug.
LG Potsdam stoppte Führerscheinentzug nach Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter bei 1,44 Promille. | Symbolbild: KI

Es ging um mehr als nur eine Trunkenheitsfahrt. Im Kern stand die Entscheidung, ob die strengen Maßstäbe, die für Autofahrer gelten, eins zu eins auf die Fahrer von Elektrokleinstfahrzeugen übertragen werden können. Das Gericht kam zu einem differenzierten Ergebnis, das die Debatte um Promillegrenzen und die rechtliche Einordnung von E-Scootern entscheidend prägt.

Was genau war passiert?

In den frühen Morgenstunden des 3. Oktober 2025 fuhr ein Mann mit einem geliehenen E-Scooter durch Potsdam. Er war auf einem Radweg unterwegs und legte eine Strecke von mindestens 150 Metern zurück. Etwa 55 Minuten nach dieser Fahrt wurde ihm eine Blutprobe entnommen. Das Ergebnis: eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,44 Promille. Der Mann, der bis dahin weder im Straßenverkehr noch strafrechtlich in Erscheinung getreten war, besaß eine gültige Fahrerlaubnis der Klasse B für Pkw.

Die Staatsanwaltschaft sah die Sache klar: Ein derart hoher Alkoholwert begründe eine absolute Fahruntüchtigkeit. Sie beantragte beim Amtsgericht Potsdam, dem Mann die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen und seine Wohnung nach dem Führerschein zu durchsuchen. Doch das Amtsgericht lehnte ab. Es argumentierte, das Gefährdungspotenzial eines E-Scooters sei nicht mit dem eines Autos vergleichbar, sondern eher mit dem eines Pedelecs. Die automatische Annahme, dass der Mann wegen dieser Tat generell ungeeignet sei, Kraftfahrzeuge zu führen, sei daher nicht gerechtfertigt.

Unzufrieden mit dieser Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft Beschwerde ein. Der Fall landete zur Überprüfung beim Landgericht Potsdam, das nun final entscheiden musste, ob der Führerschein des Mannes vorläufig eingezogen wird.

Welche Gesetze spielten hier die entscheidende Rolle?

Um die Entscheidung des Gerichts nachzuvollziehen, müssen Sie drei zentrale Vorschriften kennen, die in diesem Fall ineinandergreifen:

  1. Die Straftat: § 316 Strafgesetzbuch (StGB) – Trunkenheit im Verkehr. Diese Norm stellt es unter Strafe, ein Fahrzeug im Verkehr zu führen, obwohl man aufgrund von Alkohol nicht mehr dazu in der Lage ist. Wichtig ist hierbei, dass das Gesetz nicht zwischen verschiedenen Fahrzeugarten unterscheidet – ein E-Scooter ist hier ebenso erfasst wie ein Auto oder ein Fahrrad. Die Fahrt des Mannes war also unstrittig strafbar.
  2. Die mögliche Folge: § 69 StGB – Entziehung der Fahrerlaubnis. Zeigt ein Täter durch eine Straftat wie eine Trunkenheitsfahrt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, kann ihm das Gericht die Fahrerlaubnis entziehen. Dies ist keine zusätzliche Strafe, sondern eine Maßregel zur Sicherung des Straßenverkehrs. Das Gesetz enthält sogenannte Regelbeispiele, bei denen die Ungeeignetheit in der Regel vermutet wird, etwa bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem Kraftfahrzeug (§ 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB).
  3. Die Sofortmaßnahme: § 111a Strafprozessordnung (StPO) – Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis. Bestehen dringende Gründe für die Annahme, dass die Fahrerlaubnis am Ende des Verfahrens entzogen wird, kann das Gericht sie schon vor dem endgültigen Urteil einziehen. Dies dient dem Schutz der Allgemeinheit vor einem potenziell gefährlichen Fahrer. Genau diesen vorläufigen Entzug hatte die Staatsanwaltschaft beantragt.

Die entscheidende Frage für das Landgericht war also: War es nach der E-Scooter-Fahrt mit 1,44 Promille so wahrscheinlich, dass dem Mann später nach § 69 StGB die Fahrerlaubnis entzogen wird, dass eine vorläufige Sicherstellung nach § 111a StPO gerechtfertigt war?

Warum entschied das Gericht so – und nicht anders?

Das Landgericht Potsdam verwarf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft als unbegründet. Es sah keine ausreichende Grundlage für einen vorläufigen Führerscheinentzug. Seine Argumentation stützte sich auf zwei zentrale Säulen: die fehlende wissenschaftliche Basis für eine feste Promillegrenze bei E-Scootern und die grundsätzlichen Zweifel an der Anwendbarkeit des § 69 StGB in diesem Fall.

Fehlte die wissenschaftliche Grundlage für eine feste Promillegrenze?

Für Autofahrer hat der Bundesgerichtshof schon 1990 einen Grenzwert von 1,1 Promille für die absolute Fahruntüchtigkeit festgelegt (BGH, Beschluss vom 18.01.1990 – 4 StR 292/89). „Absolut“ bedeutet hier: Ab diesem Wert wird unwiderlegbar vermutet, dass niemand – egal wie erfahren oder alkoholgewöhnt – mehr in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug sicher zu führen. Dieser Wert beruht auf umfassenden wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungssätzen.

Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dieser Grenzwert müsse auch für E-Scooter gelten. Das Landgericht widersprach dem entschieden. Es betonte, dass die Festlegung eines solchen Grenzwertes eine gesicherte naturwissenschaftliche Grundlage erfordert, die von einer Mehrheit in der Fachwelt getragen wird (vgl. BVerfG NJW 1995, 125). Für E-Scooter nach der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) mit ihrer Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h fehle diese Grundlage bislang.

Zwar würdigte das Gericht eine viel beachtete Studie des Universitätsklinikums Düsseldorf, bei der Probanden auf einem Parcours Fahrfehler bei steigender Alkoholisierung zeigten. Diese Studie sei methodisch wertvoll, aber als einzelne Untersuchung nicht ausreichend, um einen allgemeingültigen Grenzwert mit der erforderlichen Sicherheit abzuleiten. Es fehle an weiteren, unabhängigen Studien und einer breiten wissenschaftlichen Debatte. Ohne diese könne ein Gericht nicht einfach den für Pkw entwickelten Grenzwert übernehmen.

Lässt sich ein E-Scooter überhaupt mit einem Auto vergleichen?

Das Gericht stellte zudem fest, dass E-Scooter sich in ihren Fahreigenschaften fundamental von Autos oder Motorrädern unterscheiden. Faktoren wie Höchstgeschwindigkeit, Lenkverhalten, Stabilität und der typische Einsatzort (oft Radwege) führen zu einem anderen Anforderungsprofil für den Fahrer. Eine pauschale Gleichsetzung des Gefährdungspotenzials sei daher nicht zulässig. Nur weil ein Fahrer bei 1,44 Promille auf einem instabilen, langsamen E-Scooter eine Gefahr darstellt, lässt sich daraus nicht zwingend schließen, dass er auch als Autofahrer eine unkalkulierbare Gefahr ist.

Gilt der „Führerschein-Paragraph“ § 69 StGB auch für E-Scooter-Fahrten?

Dies war der zweite, entscheidende Pfeiler der Argumentation des Gerichts. Es analysierte § 69 StGB und kam zu dem Schluss, dass diese Vorschrift auf eine Tat mit einem fahrerlaubnisfreien E-Scooter gar nicht anwendbar ist. Die Richter begründeten dies mit einer juristischen Auslegung nach mehreren Kriterien:

  • Historie: Die Vorschrift zur Entziehung der Fahrerlaubnis wurde geschaffen, um gefährliche Inhaber einer Fahrerlaubnis aus dem Verkehr zu ziehen, deren Ungeeignetheit sich aus einer Tat mit einem fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeug ergibt.
  • Systematik: Die Entziehung einer Erlaubnis setzt logisch voraus, dass die Tat einen Bezug zu der Tätigkeit hat, für die die Erlaubnis erforderlich ist. Eine Trunkenheitsfahrt auf einem E-Scooter, für den man keinen Führerschein braucht, lässt nicht automatisch den Schluss auf eine Ungeeignetheit zum Führen eines Pkw zu.
  • Zweck (Teleologie): § 69 StGB dient der Verkehrssicherheit. Der Gesetzgeber hat bewusst entschieden, dass E-Scooter (ähnlich wie Fahrräder) fahrerlaubnisfrei sind und auf Radwegen fahren dürfen. Darin drückt sich eine gesetzgeberische Wertung aus, dass von diesen Fahrzeugen ein geringeres Gefährdungspotenzial ausgeht als von Autos oder Motorrädern. Diesem geringeren Risiko würde eine automatische Anwendung des § 69 StGB nicht gerecht.

Zusammengefasst: Weil die Tat auf einem fahrerlaubnisfreien Fahrzeug mit geringerem Gefahrenpotenzial begangen wurde, liefert sie keinen zwingenden Beweis dafür, dass der Mann generell ungeeignet ist, ein fahrerlaubnispflichtiges Fahrzeug wie ein Auto zu führen.

Warum überzeugten die Argumente der Staatsanwaltschaft nicht?

Das Gericht setzte sich explizit mit den Gegenargumenten auseinander und wies sie zurück:

  • Argument der Staatsanwaltschaft: Ein E-Scooter ist rechtlich ein „Kraftfahrzeug“, also müssen auch die Regeln für Kraftfahrzeuge gelten.
    • Erwiderung des Gerichts: Die formale Einordnung als Kraftfahrzeug genügt nicht. Der Zweck des § 69 StGB ist enger und zielt auf die Gefahren, die von fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen ausgehen.
  • Argument der Staatsanwaltschaft: Der Bundesgerichtshof hat den 1,1-Promille-Grenzwert bereits auf E-Scooter übertragen.
    • Erwiderung des Gerichts: Das ist nur die halbe Wahrheit. Die zitierte BGH-Entscheidung (BGH NZV 2023, 41) bezog sich auf schnellere E-Scooter, die nicht der eKFV unterfallen. Der BGH hat ausdrücklich offengelassen, ob seine Überlegungen auch für die langsameren Standard-E-Scooter gelten.

Da sowohl die wissenschaftliche Basis für eine absolute Fahruntüchtigkeit fehlte als auch die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 69 StGB zweifelhaft war, konnte das Gericht nicht mit der für § 111a StPO nötigen Sicherheit davon ausgehen, dass dem Mann am Ende seines Verfahrens die Fahrerlaubnis entzogen wird. Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf vorläufigen Entzug war damit unbegründet.

Was bedeutet das Urteil jetzt für Sie?

Diese Entscheidung ist kein Freibrief für Trunkenheitsfahrten mit dem E-Scooter. Sie schafft jedoch wichtige rechtliche Klarheit in einer bislang umstrittenen Frage. Die folgenden Punkte sollten Sie sich merken.

Checkliste: Trunkenheitsfahrt mit dem E-Scooter – Das sollten Sie wissen

  • Eine Straftat bleibt es immer: Die Entscheidung ändert nichts daran, dass das Fahren eines E-Scooters unter Alkoholeinfluss nach § 316 StGB strafbar ist. Es drohen eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe.
  • Der Führerschein ist nicht automatisch weg: Das Urteil stellt klar, dass es keinen Automatismus gibt, wonach eine E-Scooter-Fahrt mit über 1,1 Promille zum Entzug der Pkw-Fahrerlaubnis führt. Die Hürden hierfür liegen deutlich höher.
  • Das Risiko der „relativen Fahruntüchtigkeit“ besteht weiter: Auch bei Werten ab 0,3 Promille können Sie sich strafbar machen, wenn Sie alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigen (z. B. Schlangenlinien fahren). In solchen Fällen kann ein Gericht im Einzelfall sehr wohl auf eine generelle Ungeeignetheit schließen und die Fahrerlaubnis entziehen.
  • Die Rechtslage ist im Fluss: Dies ist die Entscheidung eines Landgerichts. Andere Gerichte können anders entscheiden. Eine endgültige Klärung durch den Bundesgerichtshof steht noch aus. Es ist möglich, dass die Rechtsprechung sich in Zukunft noch ändert.
  • Jeder Fall wird individuell bewertet: Ob die Fahrerlaubnis in Gefahr ist, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Vorstrafen, die Höhe des Promillewerts und das konkrete Fahrverhalten spielen bei der gerichtlichen Bewertung stets eine entscheidende Rolle.

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Experten Kommentar

Wer betrunken auf den E-Scooter steigt, rechnet intuitiv damit, dass sofort der Pkw-Führerschein entzogen wird. Dieses Urteil zieht hier eine klare rote Linie: Weil der E-Scooter fahrerlaubnisfrei ist und ein deutlich geringeres Gefahrenpotenzial besitzt, kann die Trunkenheitsfahrt darauf nicht automatisch als Beweis für die Ungeeignetheit zum Führen eines Autos dienen. Das Gericht hat klargestellt, dass die 1,1 Promille-Grenze für Pkw nicht einfach auf fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge übertragen werden kann. Das bedeutet praktisch, dass die Straftat zwar eine Geldstrafe nach sich zieht, der Entzug der Fahrerlaubnis aber keinesfalls mehr eine zwingende oder automatische Folge ist.


Symbolische Grafik zu FAQ - Häufig gestellte Fragen aus dem Strafrecht" mit Waage der Gerechtigkeit und Gesetzbüchern im Hintergrund

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Verliere ich meinen Pkw-Führerschein durch Trunkenheit mit dem E-Scooter?

Nein, der Entzug der Pkw-Fahrerlaubnis ist in diesem Fall nicht automatisch. Das Landgericht Potsdam stellte fest, dass die Fahrt auf einem fahrerlaubnisfreien E-Scooter nicht zwingend Rückschlüsse auf Ihre generelle Ungeeignetheit als Pkw-Fahrer zulässt. Gerichte sehen das geringere Gefahrenpotenzial des E-Scooters als entscheidend an. Das bedeutet, der „Führerschein-Paragraph“ § 69 StGB findet nicht pauschal Anwendung.

Der Entzug der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB dient primär dazu, Inhaber eines Führerscheins aus dem Verkehr zu ziehen, deren Ungeeignetheit sich durch eine Tat mit einem fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeug zeigt. Das LG Potsdam argumentierte, dass die Tat auf einem Fahrzeug ohne Fahrerlaubnispflicht (eKFV) systemwidrig sei. Die Richter betonten, das niedrigere Tempo und das andere Fahrprofil des E-Scooters im Vergleich zum Pkw führen zu einem geringeren Gefährdungspotenzial. Deshalb fehlt der zwingende Beweis für eine sofortige Ungeeignetheit im Hinblick auf das Autofahren.

Achtung: Die Fahrt selbst ist unstrittig eine Straftat nach § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr). Ihnen droht in jedem Fall eine empfindliche Geldstrafe, die sich nach Ihrem Nettoeinkommen richtet, und ein Eintrag im Bundeszentralregister. Das größte Risiko für Ihren Pkw-Führerschein besteht weiterhin bei der relativen Fahruntüchtigkeit. Haben Sie bereits ab 0,3 Promille eindeutige Ausfallerscheinungen gezeigt, können Gerichte trotzdem auf Ihre generelle Ungeeignetheit schließen und den Führerschein entziehen.

Suchen Sie umgehend den amtlichen Schriftverkehr und prüfen Sie, ob die Behörden explizit Ausfallerscheinungen oder eine Gefährdung Dritter im Tatbestand dokumentiert haben.


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Gilt für E-Scooter die gleiche Promillegrenze für absolute Fahruntüchtigkeit wie für Autos (1,1 Promille)?

Nein, der feste Grenzwert von 1,1 Promille für absolute Fahruntüchtigkeit lässt sich nicht automatisch auf E-Scooter übertragen. Das Landgericht Potsdam lehnte die Übernahme dieses Grenzwerts auf Elektrokleinstfahrzeuge der eKFV ab. E-Scooter besitzen ein deutlich anderes Gefahren- und Fahrprofil als Pkw. Die juristische Beurteilung muss daher stets die Unterschiede im Fahrzeugtyp berücksichtigen.

Der Grenzwert von 1,1 Promille bei Pkw ist ein juristisch gefestigter Erfahrungssatz, der auf jahrzehntelangen, umfassenden wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert. Für E-Scooter nach der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung, die maximal 20 km/h fahren, fehlt eine derart breit anerkannte wissenschaftliche Grundlage. Das Gericht betonte, dass einzelne Studien nicht ausreichen, um einen allgemeingültigen Grenzwert mit der nötigen Sicherheit festzulegen.

Die Richter erkannten an, dass E-Scooter sich in ihren Fahreigenschaften fundamental von Autos unterscheiden. Obwohl die Staatsanwaltschaft formal argumentierte, ein E-Scooter sei ein „Kraftfahrzeug“, hielt das Gericht diese formale Einordnung für unzureichend, um die gleichen strengen Rechtsfolgen auszulösen. Entscheidend war, dass die Annahme der absoluten Fahruntüchtigkeit ab 1,1 Promille auf einer wissenschaftlichen Basis beruhen muss, die für E-Scooter noch nicht existiert.

Recherchieren und belegen Sie präzise, dass Ihr E-Scooter unter die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) fällt, um das Argument des geringeren Gefahrenpotenzials zu stärken.


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Welche Strafe droht mir bei über 1,4 Promille auf dem E-Scooter, wenn der Führerschein bleibt?

Obwohl der Verbleib Ihrer Pkw-Fahrerlaubnis eine Erleichterung darstellt, müssen Sie die strafrechtlichen Folgen der Tat tragen. Das Fahren unter Alkoholeinfluss stellt immer eine Straftat dar, nämlich eine Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB. Ihnen droht in jedem Fall eine empfindliche finanzielle Belastung sowie ein Eintrag in Ihr Führungszeugnis.

Gerichte verhängen in solchen Fällen eine Geldstrafe, die in sogenannten Tagessätzen bemessen wird. Die Anzahl der Tagessätze liegt bei Ersttätern, abhängig vom Ausmaß der Schuld, oft zwischen 30 und 90 Tagessätzen. Bei einem Blutalkoholwert von über 1,4 Promille fällt die Strafe aufgrund der eindeutigen Fahruntüchtigkeit in der Regel sehr hoch aus. Die konkrete Höhe des einzelnen Tagessatzes orientiert sich strikt an Ihrem monatlichen Nettoeinkommen, typischerweise einem Dreißigstel davon.

Jeder strafrechtliche Schuldspruch wegen Trunkenheit im Verkehr zieht einen Eintrag im Bundeszentralregister nach sich. Diese Vorstrafe kann für eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) oder bei der Bewerbung um bestimmte Berufe relevant werden. Wiederholte Täter oder Personen, die eine konkrete Gefährdung Dritter verursacht haben, müssen zudem mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Eine Straftat bleibt es immer, auch wenn der Führerschein nicht entzogen wird.

Dokumentieren Sie Ihr aktuelles Nettoeinkommen präzise, um die finanzielle Grundlage für die Berechnung der Tagessätze der drohenden Geldstrafe vorzubereiten.


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Kann mein Führerschein nach einer E-Scooter-Alkoholfahrt vorläufig entzogen werden?

Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO ist eine akute Sofortmaßnahme, die dem Schutz der allgemeinen Verkehrssicherheit dient. Sie ist an sehr hohe Hürden gebunden und setzt voraus, dass dringende Gründe für den späteren, endgültigen Entzug der Pkw-Fahrerlaubnis vorliegen. Obwohl die Staatsanwaltschaft diesen vorläufigen Entzug regelmäßig beantragen wird, ist die richterliche Anordnung in der Praxis oft unwahrscheinlich, wenn keine weiteren Faktoren hinzukommen.

Das Gericht muss mit extremer Sicherheit davon überzeugt sein, dass Ihnen am Ende des Verfahrens die Fahrerlaubnis dauerhaft entzogen wird. Weil für E-Scooter kein Führerschein erforderlich ist, kann eine Trunkenheitsfahrt mit diesem Fahrzeug nicht automatisch als Beweis für Ihre generelle Ungeeignetheit zum Führen eines Pkws gewertet werden. Die Maßnahme des § 111a StPO setzt daher eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit des Entzugs nach § 69 StGB voraus.

Das Landgericht Potsdam etwa lehnte einen solchen Antrag ab, weil die Zweifel an der Anwendung des Paragrafen 69 StGB überwogen. Fehlen dokumentierte Ausfallerscheinungen und handelt es sich um einen erstmaligen Vorfall, sprechen diese Fakten oft gegen die sofortige Annahme einer dauerhaften Ungeeignetheit. Die Richter sehen keine dringende Gründe für eine sofortige Sicherstellung, wenn die Gefährdung durch den E-Scooter nicht direkt auf eine Unfähigkeit im Umgang mit dem Pkw schließen lässt.

Akzeptieren Sie die Aufforderung zur Abgabe Ihres Führerscheins nur, wenn ein rechtskräftiger richterlicher Beschluss vorliegt, und legen Sie dann unverzüglich juristische Beschwerde ein, um die Entscheidung prüfen zu lassen.

 

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Ändert sich die Rechtslage zu Promillegrenzen für E-Scooter in Zukunft durch den Bundesgerichtshof?

Die aktuelle Rechtslage ist noch nicht abschließend geklärt. Das Urteil des Landgerichts Potsdam stellt zwar eine wichtige Leitlinie dar, ist jedoch nicht bindend für alle deutschen Gerichte. Eine endgültige Klärung der Promillegrenze für E-Scooter durch den Bundesgerichtshof (BGH) steht noch aus. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der BGH in der Zukunft eine wegweisende Entscheidung treffen wird, sobald ihm die nötigen Fakten vorliegen.

Das LG Potsdam lehnte die Übertragung der 1,1 Promille-Grenze für Pkw auf E-Scooter ab, weil die notwendige wissenschaftliche Basis fehlte. Bisher existieren keine ausreichend breiten, anerkannten Studien, die belegen, ab welchem Promillewert die absolute Fahruntüchtigkeit bei Elektrokleinstfahrzeugen zwingend eintritt. Sollten künftige, umfassendere Gutachten die Fahruntüchtigkeit spezifisch für E-Scooter bei einem festen Wert belegen, kann der BGH diesen Wert etablieren und die aktuelle Rechtsunsicherheit beenden.

Solange der BGH keine Entscheidung getroffen hat, können andere Landgerichte abweichende Urteile fällen und die strengeren Regeln anwenden. Alternativ kann auch der Gesetzgeber die Diskussion jederzeit abschließen. Er hat die Möglichkeit, die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) zu ändern und dort eine spezifische, niedrige Promillegrenze festzuschreiben, die dann sofort flächendeckend gilt.

Richten Sie einen spezifischen News-Alert für Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu Promillegrenzen im Kontext der eKFV ein, um sofort über Änderungen informiert zu sein.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Absolute Fahruntüchtigkeit

Die absolute Fahruntüchtigkeit beschreibt jenen Zustand, bei dem das Gesetz aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse unwiderlegbar vermutet, dass eine Person infolge hohen Alkoholkonsums kein Fahrzeug mehr sicher führen kann.
Dieser Grenzwert, der bei Pkw bei 1,1 Promille liegt, beruht auf gesicherten Erfahrungssätzen und dient dazu, ab dieser Schwelle ohne zusätzlichen Beweis die Ungeeignetheit des Fahrers festzustellen.

Beispiel: Das Landgericht Potsdam lehnte die Übertragung des Pkw-Grenzwertes für die absolute Fahruntüchtigkeit auf den E-Scooter ab, weil für Elektrokleinstfahrzeuge noch keine breit anerkannte wissenschaftliche Grundlage existiert.

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Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV)

Die eKFV ist jene spezielle Verordnung, die die Nutzung und die technischen Anforderungen für Fahrzeuge wie E-Scooter mit einer Höchstgeschwindigkeit von maximal 20 km/h regelt.
Mit dieser Verordnung schuf der Gesetzgeber die rechtliche Basis, um diese neuen, langsameren Verkehrsmittel auf öffentlichen Straßen und Radwegen zuzulassen, während er sie gleichzeitig von der generellen Fahrerlaubnispflicht befreite.

Beispiel: Da der verwendete E-Scooter unter die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung fiel, argumentierte das Gericht mit dem geringeren Gefahrenpotenzial des Fahrzeugs im Vergleich zu einem Pkw.

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Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB)

Nach § 69 StGB kann das Gericht einem Täter endgültig die Fahrerlaubnis entziehen, wenn dieser durch eine Straftat wie die Trunkenheitsfahrt gezeigt hat, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.
Juristen fassen diese Maßnahme nicht als Strafe, sondern als notwendige Sicherungsmaßregel auf, um dauerhaft zu verhindern, dass ein generell ungeeigneter Fahrer die Verkehrssicherheit gefährdet.

Beispiel: Das Landgericht stellte fest, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB bei einer Tat mit einem fahrerlaubnisfreien E-Scooter nicht automatisch angewendet werden kann, weil kein zwingender Schluss auf die Ungeeignetheit zum Autofahren möglich ist.

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Maßregel zur Sicherung des Straßenverkehrs

Eine Maßregel zur Sicherung ist eine gesetzliche Anordnung, die im Strafrecht nicht primär der Bestrafung dient, sondern den Schutz der Allgemeinheit vor künftigen Gefahren sicherstellt.
Diese Regelungen zielen darauf ab, eine Wiederholung ähnlicher Straftaten zu verhindern und das Risiko für andere Verkehrsteilnehmer durch die dauerhafte Entfernung gefährlicher Personen aus dem Verkehr zu minimieren.

Beispiel: Die Entziehung der Fahrerlaubnis wurde im Fall der Trunkenheitsfahrt als eine Maßregel zur Sicherung des Straßenverkehrs interpretiert, die nur bei einem unbestreitbar hohen Gefahrenpotenzial greifen sollte.

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Relative Fahruntüchtigkeit

Die relative Fahruntüchtigkeit liegt vor, wenn der gemessene Promillewert (typischerweise ab 0,3) unter der Schwelle der absoluten Fahruntüchtigkeit liegt, aber der Fahrer zusätzlich alkoholbedingte Ausfallerscheinungen gezeigt hat.
Das Gesetz erfasst damit auch Personen, deren fahrtypische Mängel, wie starkes Schlangenlinienfahren oder das Fahren auf dem Gehweg, im konkreten Einzelfall beweisen, dass sie nicht mehr sicher fahren konnten.

Beispiel: Das Gericht warnte davor, dass der Führerschein trotz des Urteils entzogen werden kann, wenn bei der E-Scooter-Fahrt konkrete Zeichen der relativen Fahruntüchtigkeit dokumentiert wurden.

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Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO)

Diese Sofortmaßnahme ist die gerichtliche Anordnung, den Führerschein schon vor dem eigentlichen Urteil einzuziehen, wenn dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass dem Beschuldigten später die Fahrerlaubnis entzogen wird.
Der Gesetzgeber schafft damit ein wichtiges Werkzeug für den schnellen Schutz der Allgemeinheit, da das Gericht einen potenziell hochgefährlichen Fahrer unverzüglich aus dem öffentlichen Straßenverkehr ziehen kann, ohne das Hauptverfahren abzuwarten.

Beispiel: Die Staatsanwaltschaft beantragte die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis des E-Scooter-Fahrers nach § 111a StPO, um den Führerschein bereits vor dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts einzuziehen.

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Das vorliegende Urteil


LG Potsdam – Az: 25 Qs 7/25 – Beschluss vom 18.09.2025


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