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Erstattung von Kopierkosten für elektronische Akten

Ein Pflichtverteidiger verlangte für den Ausdruck einer digitalen Gerichtsakte von über 6.700 Seiten 1.300 Euro Druckkostenersatz – doch das Oberlandesgericht Nürnberg lehnte ab. Die Richter stellten klar, dass im digitalen Zeitalter Ausdrucke nicht mehr grundsätzlich nötig seien und Anwälte mit elektronischen Akten umgehen müssten. Nur in Ausnahmefällen mit besonderer Begründung könnten Anwälte die Kosten für Ausdrucke erstattet bekommen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
  • Datum: 25.09.2024
  • Aktenzeichen: Ws 649/24
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren zur Kostenfestsetzung
  • Rechtsbereiche: Kostengesetze, Vergütungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Rechtsanwalt Dr. jur. S.: Pflichtverteidiger in einem Strafverfahren, der Kosten für den Ausdruck elektronisch übermittelter Akten geltend machte. Er argumentierte, dass der Ausdruck notwendig sei, da er keinen Laptop habe und das Gericht bisher mit Papierakten gearbeitet habe.
  • Bezirksrevisor beim Landgericht Weiden i.d.OPf.: Legte Beschwerde gegen die Festsetzung der Kopierkosten ein und stellte die Notwendigkeit der Ausdrucke in Frage.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Rechtsanwalt Dr. jur. S. hatte die digitalen Akten seines Mandanten auf CD erhalten und diese in großem Umfang ausgedruckt, wofür er die Kosten erstattet haben wollte. Die Urkundsbeamtin des Landgerichts Weiden i.d.OPf. hatte diese Kosten jedoch nicht voll anerkannt. Der Pflichtverteidiger reduzierte daraufhin seine Forderung.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob die Kosten für das Ausdrucken digital bereitgestellter Akten erstattungsfähig sind, wenn diese Ausdrucke nicht für die sachgemäße Bearbeitung des Falles erforderlich waren.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht entschied zu Ungunsten des Pflichtverteidigers, indem es die Kosten für die Ausdrucke nicht als notwendig anerkannte und diese daher nicht erstattungsfähig sind.
  • Begründung: Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung ist es nicht erforderlich, digitale Akten auszudrucken. Der Verteidiger trage die Begründungslast, darzulegen, warum der Ausdruck notwendig sei, was im vorliegenden Fall nicht ausreichend geschehen war. Zudem sei das Arbeiten mit elektronischen Akten mittlerweile üblich und technisch mögliche Anmerkungen könnten auch auf digitalen Dokumenten gemacht werden.
  • Folgen: Der Pflichtverteidiger trägt die nicht anerkannten Kosten für den Ausdruck der Akten. Das Urteil setzt einen Präzedenzfall im Umgang mit digitalen Akten und den damit verbundenen Kostenerstattungsansprüchen.

Kostenübernahme für digitale Akten: Rechte und Pflichten im Überblick

In der heutigen digitalen Welt spielt die Verwaltung von Dokumenten eine entscheidende Rolle, insbesondere wenn es um die Erstattung von Kopierkosten für elektronische Akten geht. Die rechtliche Grundlage für die Kostenübernahme ist oft komplex, da verschiedene Aspekte wie die Abrechnung von Kopierkosten und die Aktenführerpflicht eine Rolle spielen. Die effiziente digitale Dokumentation und das Dokumentenmanagement sind daher unerlässlich, um sowohl den Verwaltungsaufwand zu minimieren als auch den Bürgern die Möglichkeit zu geben, Belegkopien unkompliziert anzufordern.

Das Thema der Kostenrückerstattung ist besonders relevant für viele, die sich in der Auseinandersetzung mit Behörden befinden. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der aufzeigt, welche rechtlichen Überlegungen bei der Erstattung von Kopierkosten für digitale Akten berücksichtigt werden müssen.

Der Fall vor Gericht


Digitale Akte muss nicht ausgedruckt werden – OLG Nürnberg begrenzt Kostenerstattung

Laptop zeigt digitale Gerichtsakte neben teilweise ausgedruckter Version
Erstattung von Kopierkosten für digitale Akten (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat in einem wegweisenden Beschluss klargestellt, dass Rechtsanwälte grundsätzlich keinen Anspruch auf Erstattung von Druckkosten haben, wenn ihnen die Gerichtsakten in digitaler Form zur Verfügung gestellt wurden. Der Fall betraf einen Pflichtverteidiger, der für den Ausdruck von über 6.700 Seiten eine Dokumentenpauschale von rund 1.300 Euro geltend machte.

Grundsätzliche Ablehnung der Druckkostenerstattung

Das Gericht betonte, dass aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung für eine sachgemäße Bearbeitung einer Rechtssache kein grundsätzliches Erfordernis mehr bestehe, elektronisch verfügbare Akten auszudrucken. Dies gelte unabhängig davon, ob die Akten auf CD-ROM überlassen oder zum Download bereitgestellt würden. Der Umgang mit elektronischen Akten sei mittlerweile Alltag im gerichtlichen und anwaltlichen Berufsleben.

Strenge Anforderungen an Begründung

Rechtsanwälte, die dennoch Ausdrucke anfertigen und die Kosten erstattet haben möchten, müssen laut OLG Nürnberg besondere Gründe darlegen. Es reiche nicht aus, wenn ein Anwalt anführe, über keinen Laptop zu verfügen oder Anmerkungen lieber auf Papier zu machen. Die Richter verwiesen darauf, dass Rechtsanwälte gemäß § 5 BORA verpflichtet seien, die für ihre Berufsausübung erforderlichen technischen Voraussetzungen vorzuhalten.

Kein Argument der Waffengleichheit

Auch der Aspekt der Waffengleichheit rechtfertige keine generelle Kostenerstattung für Ausdrucke. Das Gericht stellte klar, dass die Arbeit mit einer elektronischen Akte der Papierform nicht unterlegen sei. Im Gegenteil könnten elektronische Suchfunktionen und digitale Lesezeichen besonders bei umfangreichen Verfahren die Aktenarbeit sogar erleichtern.

Zukunft der digitalen Aktenführung

Das OLG verwies auf die zunehmende Bedeutung der elektronischen Aktenführung. In Zivil- und Familiensachen sei diese in Bayern und vielen anderen Bundesländern bereits etabliert. Für Strafsachen werde die elektronische Aktenführung ab dem 1. Januar 2026 verpflichtend. Bei einigen bayerischen Staatsanwaltschaften und Gerichten liefen bereits Pilotprojekte, und die reguläre Einführung der elektronischen Gerichtsakte habe begonnen.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das OLG Nürnberg stellt klar, dass Rechtsanwälte die Kosten für den Ausdruck digitaler Akten grundsätzlich nicht mehr erstattet bekommen. Dies gilt seit der Digitalisierung der Justiz als Standard, da elektronische Aktenbearbeitung zum juristischen Alltag gehört. Nur in besonderen Ausnahmefällen, die konkret begründet werden müssen, können Druckkosten noch erstattet werden. Das Argument fehlender technischer Ausstattung wird dabei nicht akzeptiert, da Anwälte verpflichtet sind, die nötige Technik vorzuhalten.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie einen Anwalt beauftragen, müssen Sie nicht mehr befürchten, dass zusätzliche Kosten für das Ausdrucken digitaler Akten auf Sie zukommen. Ihr Anwalt ist verpflichtet, die technische Ausstattung für die digitale Aktenbearbeitung zu haben und kann die Druckkosten nicht an Sie weitergeben. Die digitale Aktenführung macht das Verfahren für Sie sogar effizienter, da Ihr Anwalt durch Suchfunktionen und digitale Lesezeichen schneller arbeiten kann. Sollten einzelne Dokumente für Besprechungen doch ausgedruckt werden müssen, betrifft dies nur die wirklich notwendigen Unterlagen und nicht die gesamte Akte.


Benötigen Sie Hilfe?

Lassen Sie uns gemeinsam prüfen, ob in Ihrem Fall unnötige Druckkosten berechnet wurden und wie Sie von der digitalisierten Aktenführung profitieren können. Unsere Anwälte verfügen über modernste technische Ausstattung und jahrelange Erfahrung in der effizienten digitalen Bearbeitung Ihrer Rechtsfragen – für eine transparente und kostenbewusste Vertretung Ihrer Interessen. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Kosten für digitale Akten müssen Gerichte grundsätzlich erstatten?

Die Erstattung von Kosten für digitale Akten folgt strengen rechtlichen Vorgaben. Grundsätzlich sind Ausdrucke aus elektronischen Akten nicht mehr erstattungsfähig, wenn die Akte in digitaler Form zur Verfügung gestellt wurde.

Ausnahmen für die Kostenerstattung

In bestimmten Fällen können Sie dennoch eine Erstattung erhalten. Eine Dokumentenpauschale wird gewährt, wenn die Ausdrucke für die sachgerechte Bearbeitung des Mandats zwingend erforderlich sind. Dies gilt beispielsweise bei besonders komplexen Sachverhalten, bei denen ein Ausdruck für die effektive Fallbearbeitung unerlässlich ist.

Technische Anforderungen

Die moderne Rechtsprechung setzt voraus, dass Rechtsanwälte mit elektronischen Akten arbeiten können. Die technische Ausstattung zur Bearbeitung digitaler Akten gehört zur Grundausstattung einer Kanzlei. Wenn Sie dennoch Ausdrucke anfertigen, müssen Sie die Notwendigkeit im Einzelfall nachweisen.

Konkrete Kostensätze

Wenn eine Erstattung genehmigt wird, gelten folgende Sätze:

  • Einfarbige Ausdrucke: 0,50 EUR für die ersten 50 Seiten, danach 0,15 EUR pro Seite
  • Farbige Ausdrucke: 1,00 EUR für die ersten 50 Seiten, danach 0,30 EUR pro Seite

Digitalisierung und Scankosten

Das Einscannen von Dokumenten ist grundsätzlich nicht mehr erstattungsfähig. Die Kosten für die Datenspeicherung und -sicherung elektronischer Akten können dagegen erstattet werden, sofern sie ausschließlich der Mandatsbearbeitung dienen.


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Ab wann ist die digitale Aktenführung bei Gerichten verpflichtend?

Das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz vom 5. Juli 2017 legt fest, dass ab dem 1. Januar 2026 alle Verfahrensakten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften verpflichtend elektronisch geführt werden müssen.

Übergangsregelungen bis 2026

Die Landesregierungen können bereits jetzt durch Rechtsverordnungen bestimmen, ab welchem Zeitpunkt in ihrem Bereich elektronische Akten geführt werden. Viele Gerichte arbeiten bereits mit der elektronischen Akte. So sind beispielsweise in Baden-Württemberg seit November 2023 bereits alle Gerichte mit der elektronischen Akte ausgestattet.

Hybride Aktenführung

Für einen reibungslosen Übergang wurde die Möglichkeit einer hybriden Aktenführung eingeführt. Dies bedeutet, dass Akten, die vor 2026 in Papierform begonnen wurden, auch in dieser Form weitergeführt werden können. Gleiches gilt für geheimhaltungsbedürftige Aktenbestandteile.

Technische Umsetzung

Die elektronische Aktenführung ermöglicht einen durchgängig digitalen Arbeitsablauf vom elektronischen Nachrichteneingang über die Verfahrensbearbeitung bis zur elektronischen Zustellung. Dadurch werden Postlaufzeiten verkürzt und Arbeitsabläufe wie das Ausdrucken und Kuvertieren entfallen.

Die Digitalisierung der Justiz wird durch das neue Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz vom 16. Juli 2024 zusätzlich vorangetrieben. Dieses Gesetz enthält weitere Regelungen zur Einreichung elektronischer Dokumente und zur praktischen Umsetzung der digitalen Aktenführung.


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Welche technische Ausstattung müssen Anwälte für digitale Aktenbearbeitung vorhalten?

Die grundlegende IT-Infrastruktur für die digitale Aktenbearbeitung besteht aus einem sicheren und verfügbaren System zur elektronischen Dokumentenverwaltung.

Grundausstattung für Einzelanwälte

Ein Notebook mit Dockingstation reicht für Einzelanwälte zunächst aus, um einen vollwertigen digitalen Arbeitsplatz zu schaffen. Sobald weitere Personen hinzukommen, wird ein zentraler Datenspeicher mit Netzwerkzugriff erforderlich. Ab vier Arbeitsplätzen ist in der Regel ein vollwertiger Server notwendig.

Scanausrüstung und Dokumentenverarbeitung

Für die Digitalisierung von Dokumenten sind spezielle Dokumentenscanner erforderlich, die folgende Funktionen bieten müssen:

  • Stapelverarbeitung mit automatischer Dokumententrennung
  • OCR-Texterkennung für durchsuchbare PDFs
  • Ausgabe in geringer Dateigröße im PDF/A-Format

Arbeitsplatzausstattung

An jedem Arbeitsplatz sind folgende Komponenten notwendig:

  • Zwei baugleiche Monitore für effizientes digitales Arbeiten
  • Kartenlesegerät mit Ziffernblock für die sichere Authentifizierung
  • Diktiergeräte für die Dokumentenerstellung

Sicherheit und Datenschutz

Die IT-Infrastruktur muss hohe Sicherheitsstandards erfüllen. Dazu gehören:

Ein sicheres Backup-System, wobei USB-Sticks und externe Festplatten als Sicherungsziel nicht ausreichen. Stattdessen sind NAS-Systeme oder Rechenzentren zu nutzen. Für die mobile Arbeit ist eine Remote-Desktop-Infrastruktur oder eine Cloud-Lösung (SaaS) erforderlich, die einen sicheren Fernzugriff ermöglicht.

Die beA-Integration in die Kanzleisoftware ist verpflichtend, um Posteingänge und -ausgänge direkt verarbeiten zu können. Die reine Weboberfläche des beA sollte nur im Notfall genutzt werden.


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Wann können Ausdrucke digitaler Akten ausnahmsweise erstattet werden?

Die Erstattung von Ausdrucken aus digitalen Akten ist möglich, wenn Sie konkret darlegen können, dass der Ausdruck für die sachgerechte Bearbeitung des Falls zwingend erforderlich war.

Anerkannte Ausnahmefälle

Ein Erstattungsanspruch kann bestehen, wenn Sie nachweisen können, dass der Mandant keinen Zugang zu elektronischen Dokumenten hat. Wenn Ihrem Mandanten beispielsweise kein Laptop zur Verfügung gestellt wurde, um die elektronische Akte einzusehen, können die Ausdruckkosten erstattungsfähig sein.

Darlegungspflicht

Wenn Sie Ausdrucke anfertigen, trifft Sie eine besondere Begründungs- und Darlegungslast. Sie müssen konkret aufzeigen, warum die elektronische Version für die Bearbeitung nicht ausreicht. Die Begründung muss dabei:

  • auf den konkreten Einzelfall bezogen sein
  • die spezifischen Umstände darlegen
  • die Notwendigkeit der Ausdrucke nachvollziehbar erklären

Rechtliche Grundlagen

Die Erstattung basiert auf § 2 Abs. 2 S. 1 RVG in Verbindung mit Nr. 7000 Ziffer 1 lit. a) VV-RVG. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Ausdrucke zur sachgemäßen Bearbeitung geboten oder zur notwendigen Unterrichtung des Auftraggebers erforderlich sein müssen.

Derzeit besteht noch keine gesetzliche Verpflichtung zur ausschließlichen Verwendung elektronischer Akten. Dies ermöglicht in begründeten Fällen weiterhin die Erstattung von Ausdruckkosten.


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Welche Vorteile bietet die digitale Aktenführung gegenüber Papierakten?

Die elektronische Aktenführung revolutioniert die Arbeitsweise in Justiz und Verwaltung durch deutlich verbesserte Effizienz und Zugänglichkeit. Mit der digitalen Akte können Sie Informationen wesentlich gezielter und schneller finden als bei herkömmlichen Papierakten.

Zeitersparnis und Effizienz

Der ortsunabhängige und kontinuierliche Zugriff auf Akten ermöglicht eine flexiblere Arbeitsweise. Sie können von jedem Standort, zu jeder Zeit und über verschiedene Endgeräte wie Tablets oder Notebooks auf die Akten zugreifen. Durch die elektronische Durchsuchbarkeit der Dokumente entfällt mühsames Blättern, und relevante Informationen sind schnell auffindbar.

Verbesserte Zusammenarbeit

Ein besonderer Vorteil ist die zeitgleiche Verfügbarkeit der Akten für mehrere Bearbeiter. Die zentrale Datenverfügbarkeit erhöht die Transparenz deutlich und ermöglicht eine effizientere Zusammenarbeit. Wenn Sie beispielsweise in einer Kanzlei arbeiten, können Sie und Ihre Kollegen gleichzeitig auf dieselbe Akte zugreifen, ohne auf die physische Weitergabe warten zu müssen.

Automatisierung und Sicherheit

Die elektronische Aktenführung bietet erweiterte Automatisierungsmöglichkeiten. Eingehende digitale Dokumente werden automatisch in der entsprechenden Akte abgelegt. Die Datensicherheit ist bei elektronischen Akten deutlich höher, da eine Manipulation oder versehentliche Zerstörung von Dokumenten wesentlich schwieriger ist.

Platz- und Kostenersparnis

Nach der Digitalisierung werden physische Aktenschränke und Archive weitgehend überflüssig. Die freiwerdenden Räumlichkeiten können anderweitig genutzt werden. Zusätzlich entfallen Kosten für Papier, Druck und physische Archivierung.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Pflichtverteidiger

Ein vom Gericht bestellter Rechtsanwalt, der die Verteidigung eines Beschuldigten in Strafsachen übernimmt, wenn eine Pflichtverteidigung gesetzlich vorgeschrieben ist. Dies ist nach § 140 StPO beispielsweise der Fall bei schweren Straftaten, komplexen Sachverhalten oder wenn der Beschuldigte sich nicht selbst verteidigen kann. Anders als ein Wahlverteidiger wird er nicht vom Beschuldigten selbst beauftragt, sondern vom Gericht bestellt. Die Kosten trägt zunächst die Staatskasse, können aber dem Verurteilten auferlegt werden.


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Dokumentenpauschale

Eine standardisierte Vergütung für Dokumentenkosten, die Rechtsanwälte nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abrechnen können. Sie deckt den Aufwand für die Erstellung, Vervielfältigung und Verwaltung von Dokumenten ab. Nach Nr. 7000 VV RVG beträgt sie für Schwarz-Weiß-Kopien 0,50 Euro pro Seite für die ersten 50 Seiten und 0,15 Euro für jede weitere Seite. Bei größeren Dokumentenmengen muss die Notwendigkeit der Kopien nachgewiesen werden.


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Waffengleichheit

Ein wichtiger Grundsatz des fairen Verfahrens, der aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitet wird. Er besagt, dass alle Verfahrensbeteiligten gleiche prozessuale Möglichkeiten und Mittel zur Verfügung haben müssen, um ihre Interessen zu vertreten. Im Strafprozess bedeutet dies, dass Verteidigung und Staatsanwaltschaft gleichwertige Chancen zur Prozessführung haben müssen. Zum Beispiel müssen beide Seiten gleichen Zugang zu Beweismitteln und Akteneinsicht haben.


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BORA

Die Berufsordnung für Rechtsanwälte regelt als Satzung die grundlegenden Berufspflichten und -rechte der Anwaltschaft. Sie wird von der Bundesrechtsanwaltskammer erlassen und konkretisiert die gesetzlichen Vorgaben der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Nach § 5 BORA müssen Anwälte die technischen Einrichtungen für ihre Berufsausübung vorhalten, was heute auch die Ausstattung für digitale Aktenführung einschließt.


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Aktenführerpflicht

Die gesetzliche Verpflichtung zur ordnungsgemäßen, vollständigen und nachvollziehbaren Dokumentation von Vorgängen in Gerichtsverfahren. Sie ergibt sich aus verschiedenen Verfahrensordnungen und dient der Nachprüfbarkeit behördlicher Entscheidungen sowie der Gewährleistung eines fairen Verfahrens. Mit der Digitalisierung wandelt sich diese Pflicht von der papierbasierten zur elektronischen Aktenführung, wobei dieselben Grundsätze der Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit gelten.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 52 Abs. 1 RVG (Rechtsanwaltsvergütungetz): Diese Vorschrift regelt die Vergütung von Rechtsanwälten für ihre Tätigkeiten, einschließlich der Kosten für die Anfertigung von Kopien und Ausdrucken von Akten. Das RVG stellt fest, dass Anwälte nur dann für zusätzliche Kopien Vergütung verlangen können, wenn sie nachweisen, dass diese für die sachgemäße Bearbeitung einer Rechtssache notwendig sind. Im aktuellen Fall fordert der Pflichtverteidiger Vergütung für zahlreiche Kopien trotz digital verfügbarer Akten, was gegen diese Regelung spricht.
  • § 1 Abs. 1 S. 1 RVG: Dieser Paragraph legt die Grundsätze der Vergütung von Rechtsanwälten fest. Er betont, dass die Vergütung gerecht und angemessen sein muss, was bedeutet, dass Anwälte in der Lage sein müssen, die Notwendigkeit und Angemessenheit ihrer Kosten zu belegen. Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung wird im Fall deutlich, dass die Erstellung von Papierkopien nicht notwendig war, was zur Zurückweisung der Kopierkosten führte.
  • § 398 StPO (Strafprozessordnung): Dieser Paragraph befasst sich mit der Bestellung von Pflichtverteidigern und deren umfangreicher Rolle im Strafprozess. Pflichtverteidiger sind verpflichtet, die Interessen ihrer Mandanten umfassend zu vertreten, was im vorliegenden Fall durch die Forderung nach Vergütung für Kopien offensichtlich wird. Die Entscheidung, ob eine zusätzliche Vergütung gerechtfertigt ist, wird jedoch durch die Anforderungen an die Vorlage von Nachweisen gemäß RVG eingeengt.
  • § 16 RVG (Besondere Vorschriften für die Vergütung): In diesem Paragraphen werden spezifische Regelungen für die Vergütung von Tätigkeiten wie der Anfertigung von Kopien festgelegt. Es wird klargemacht, dass unter bestimmten Umständen auch eine Dokumentenpauschale beansprucht werden kann. Im Fall hat der Pflichtverteidiger versucht, diese Pauschale zu beanspruchen, ohne jedoch die Notwendigkeit und den Umfang der angefertigten Kopien entsprechend zu begründen, was zur Ablehnung seiner Forderung führte.
  • EU-Richtlinie 2013/55/EU (Berufsanerkennungsrichtlinie): Diese Richtlinie zielt darauf ab, die Anerkennung von Berufsqualifikationen innerhalb der EU zu regeln, was auch für Anwälte gilt. Die Notwendigkeit, digitale Formate und elektronische Akten zu verwenden, wird durch den europäischen Gedanken der Rechtsvereinheitlichung noch verstärkt. Im präsentiertem Fall spielt dies eine Rolle, da die elektronische Akte eine sachgemäße Bearbeitung des Falls ohne zusätzliche Kopien ermöglicht, was den Verlauf der Rechtsstreitigkeiten beeinflusst.

Weitere Beiträge zum Thema

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    Das Landgericht Regensburg entschied, dass Beschuldigte im Strafverfahren digitale Fotografien ihrer Akten anfertigen dürfen, um ein faires Verfahren und Waffengleichheit zu gewährleisten. Dies stärkt die Rechte von Beschuldigten im digitalen Zeitalter und interpretiert das Akteneinsichtsrecht zeitgemäß. → → Rechte der Beschuldigten im digitalen Zeitalter
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    Das Amtsgericht entschied, dass die Verweigerung der Akteneinsicht zu Unrecht erfolgte, da keine Gründe vorlagen, die eine Sperrung rechtfertigen könnten. Inhaltlich waren der Akte keinerlei Gründe zu entnehmen, die eine Sperrung der Akten rechtfertigen könnten. → → Rechtsgrundlagen der Akteneinsicht

Das vorliegende Urteil

OLG Nürnberg – Az: Ws 649/24 – Beschluss vom 25.09.2024 –


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