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Bestimmung des Wertes des Erlangten bei Mietbetrug

OLG Zweibrücken – Az.: 1 OLG 2 Ss 37/22 – Beschluss vom 09.01.2023

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 14.09.2022 im Ausspruch über die Wertersatzeinziehung dahin geändert, dass die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 3.600 € als Gesamtschuldner angeordnet wird; die darüber hinausgehende Einziehung entfällt.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Zusammenfassung

Urteil des Landgerichts Frankenthal in einem Betrugsfall teilweise aufgehoben.

Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat das Urteil des Landgerichts Frankenthal in einem Betrugsfall teilweise aufgehoben. Der Angeklagte hatte die Nutzungsmöglichkeit einer Wohnung erschlichen und sich durch nicht gezahlte Mietzahlungen bereichert. Das Landgericht hatte daraufhin eine Einziehungsentscheidung getroffen, die das Oberlandesgericht nun teilweise aufgehoben hat. Der Angeklagte muss demnach einen Betrag von 3.600 € als Gesamtschuldner an den Staat abführen. Eine darüber hinausgehende Einziehung wird entfallen. Die Revision des Angeklagten wurde nur teilweise erfolgreich beschieden. Der Angeklagte hatte die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Der Vorwurf, ohne Fahrerlaubnis gefahren zu sein, wurde aufgrund der Einstellung des Verfahrens nicht verfolgt. Das Urteil des Landgerichts wurde daraufhin in den Rechtsfolgen geändert. Die Revision des Angeklagten wurde insgesamt verworfen. Der Angeklagte muss die Kosten seines Rechtsmittels tragen.

Gründe

Das Amtsgericht Speyer hat den Angeklagten wegen Betrugs unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Speyer vom 23.02.2021 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichen Fahrens ohne Pflichtversicherung zu einer weiteren Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Zudem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen.

Nach der Einstellung des Verfahrens wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichen Fahrens ohne Pflichtversicherung gemäß § 154 Abs. 2 StPO und anschließender Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch hat das Landgericht Frankenthal (Pfalz) mit Urteil vom 14.09.2019 die Berufung verworfen und den Tenor neu gefasst.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt und die Verletzung materiellen Rechts gerügt.

I.

Die zulässige Revision führt zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Die Entscheidung über die Einziehung von Wertersatz hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

a) Gemäß § 73 Abs. 1 StGB ordnet das Gericht die Einziehung an, wenn der Täter durch eine rechtswidrige Tat oder für diese etwas erlangt hat. Erlangt hat der Angeklagte durch den Betrug die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung. Deren Gegenwert stellt gemäß § 535 Abs. 1 und 2 BGB die Mietzahlung dar. Soweit sich der Angeklagte eigene Aufwendung dadurch erspart hat, dass er in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 den geschuldeten Mietzins in Höhe von 1.000 € überhaupt nicht, im Mai 2020 nur in Höhe von 600 € und im August 2020 in Höhe von 800 € gezahlt hat, hat er durch die Tat etwas erlangt. Insoweit ist der Wert dieser Taterträge gemäß §§ 73, 73c StGB einzuziehen.

b) Die Einziehung eines darüber hinausgehenden Betrages in Höhe von 937,42 € wird von den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Urteils nicht gedeckt. Die Kaution, die der Angeklagte ebenfalls nur zu einem Bruchteil gezahlt hatte, stellt keinen finanziellen Gegenwert für die Nutzung der Wohnung dar. Sie dient allein der Sicherung künftiger Ansprüche des Vermieters aus dem Mietverhältnis und dessen Abwicklung (Hau/Poseck/Zehelein in BeckOK BGB, 64. Ed., § 535 Rn. 181). Zwar kann ein Vermieter auf Zahlung der Kaution klagen, solange ein Sicherungsbedürfnis besteht (Hau/Poseck/Wiederhold in BeckOK BGB 64. Ed., § 551 Rn. 37). Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist sie aber grundsätzlich zurückzuzahlen. Dem Angeklagten ist daher durch die Tat kein Vermögenswert in Höhe des nicht gezahlten Kautionsbetrages zugeflossen.

2. Darüber hinaus war die gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten anzuordnen.

Nach den Feststellungen haben der Angeklagte und seine gesondert verfolgte Ehefrau die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung gemeinsam erlangt. Soweit die Strafkammer nicht aufzuklären vermochte, ob die Ehefrau von Anfang an in der Absicht handelte, sich in Höhe ersparter Mietzahlungen zu bereichern, konnte sie die Entscheidung über die Gesamtschuldnerschaft nicht durch den Zusatz „ggf.“ im Tenor offen lassen. Es ist vielmehr eine eindeutige Aufnahme einer gesamtschuldnerischen Haftung in den Tenor erforderlich, weil der Staat durch die Anordnung der Wertersatzeinziehung nicht nur einen Zahlungsanspruch erwirbt, sondern diesen gemäß § 459g Abs. 2 StPO vollstrecken kann (BGH, Beschlüsse vom 23.11.2011 – 4 StR 516/11, NStZ 2012, 382, 383; vom 12.03.2018 – 4 StR 57/18, juris Rn. 3).

3. Der Senat ändert den Einziehungsausspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst. Durch die Reduzierung des Einziehungsbetrags ist jede Beschwer des Angeklagten ausgeschlossen. Auch die Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung beschwert den Angeklagten nicht. Sie begründet zudem weder einen Anspruch des Fiskus gegen die gesondert Verfolgte noch begünstigt sie diese oder den Angeklagten. Die Kennzeichnung als Gesamtschuld hat vornehmlich Warnfunktion für die staatlichen Vollstreckungsbehörden, Einziehungsbeträge nicht mehrfach zu vollstrecken. Sofern tatsächlich keine Ansprüche gegen andere Personen bestehen sollten, geht die Feststellung der gesamtschuldnerischen Haftung ins Leere (BGH, Urteil vom 28.07.2021 – 1 StR 519/20, juris Rn. 142; BGH, Beschluss vom 23.11.2011 – 4 StR 516/11, NStZ 2012, 382, 383). Der namentlichen Benennung des anderen Gesamtschuldners in der Beschlussformel bedarf es nicht (BGH, Beschlüsse vom 06.09.2022 – 3 StR 241/22, juris Rn. 4; vom 07.06.2022 – 4 StR 31/22, juris Rn. 3; jeweils mwN).

4. Die weitergehende Revision ist unbegründet. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

5. Angesichts des geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

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