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Gesetz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung – (geplanten) Änderungen 2021

Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Fortentwicklung der StPO

Die Strafprozessordnung (Kurzform StPO) ist in Deutschland die wichtigste gesetzliche Grundlage für die strafrechtliche Würdigung von Rechtsverstößen. Bedingt durch den gesellschaftlichen Wandel, der sich von Zeit zu Zeit vollzieht, wird auch die StPO stets einer Überprüfung unterzogen und ggfls. auch fortentwickelt. Im Jahr 2021 ist es wieder einmal an der Zeit, eine derartige Fortentwicklung durchzuführen. Die aktuellen Änderungen sollen in erster Linie dem Schutz der Kleinsten in unserer Gesellschaft dienen, denn die sexualisierte Gewalt sowie auch die Kinderpornografie hat in der jüngeren Vergangenheit bedauerlicherweise massiv zugenommen. In diesem Bereich hatte die StPO definitiv einen Fortentwicklungsbedarf, dem der Gesetzgeber jetzt Rechnung getragen hat.

Sowohl die Verbreitung als auch der reine Besitz der Kinderpornografie nebst sexualisierter Gewalt mit Kindesopfern werden künftig als ein Verbrechen angesehen, welches eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr nach sich zieht. Eine weitere Änderung der StPO sieht vor, dass bei dem Vorliegen eines dringenden schweren Tatverdachts die jeweiligen Verdächtigen direkt grundsätzlich eine Untersuchungshaft antreten müssen. Diese Änderungen sehen sich jedoch massiver Kritik gegenüber.

Die Bundesjustizministerin Lambrecht gehörte selbst zu denjenigen Stimmen, die sich kritisch gegenüber den Änderungen äußerte. Laut Aussage von Lambrecht wäre es weitaus wichtiger gewesen, eine Sensibilisierung mit diesem Thema gegenüber Lehrern sowie Erziehern und Ärzten vorzunehmen. Der mediale Druck, der auf Lambrecht einwirkte, führte letztlich zu einer Meinungsänderung der Bundesjustizministerin.

Strafprozessordnung
(Symbolfoto: Von FabrikaSimf/Shutterstock.com)

Die Einordnung als Verbrechen

Auf der Grundlage des § 184b Strafgesetzbuch (StGB) ist

  • die Verbreitung
  • die Herstellung
  • der Bezug
  • die Auslieferung

von kinderpornografischen Schriften strafbar und zieht eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten bis zu maximal fünf Jahren oder alternativ dazu eine Geldstrafe nach sich. Sollte die Tat einen gewerbsmäßigen Hintergrund haben führt dies zu einer Erhöhung des Strafrahmens auf der Grundlage des § 184b Absatz 2 StGB. In einem derartigen Fall ziehen diese Handlungen eine Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bis maximal zehn Jahre nach sich. Durch die Fortentwicklung der Strafprozessordnung 2021 werden die Strafrahmen jedoch erhöht.

Sowohl die Verbreitung als auch der Besitz kinderpornografischer Schriften werden künftig als Verbrechen angesehen. Dies bedeutet gem. § 184b StGB, dass die Mindestfreiheitsstrafe ein Jahr beträgt. Bei einem gewerbsmäßigen Hintergrund der Tat beträgt die Mindestfreiheitsstrafe gem. § 184b Absatz 2 StGB zwei Jahre.

Der Erwerb oder auch Besitz bzw. die Verbreitung der sogenannten Sexpuppen, die ein kindliches Erscheinungsbild aufweisen, erfahren seitens des Gesetzgebers keine Wertung als Verbrechen. Auf der Grundlage des § 184 I StGB-E zieht dies eine Freiheitsstrafe von maximal fünf Jahren nach sich.

Der sexuelle Missbrauch wird ein Verbrechen

Für den sexuellen Missbrauch gilt aktuell der § 176 StGB. Diesem Paragrafen zur folge wird diejenige Person, die entsprechende sexuelle Handlungen an einer unter 14-jährigen Person vornimmt oder die eine Person unter 14 Jahren zu sexuellen Handlungen animiert bzw. zwingt, mit einer Mindestfreiheitsstrafe in Höhe von sechs Monaten bis maximal zehn Jahren abgestraft. Sollte es sich um einen Wiederholungsfall handeln, so erhöht sich das Mindeststrafmaß gem. § 176a Absatz 1 Strafgesetzbuch auf ein Jahr bei leichten Fällen und in schweren Fällen gem. § 176a Absatz 2 StGB auf zwei Jahre.

Zukünftig ist angedacht, dass die Mindeststrafe auch bei leichten Fällen ein Jahr beträgt. Damit einher geht auch die Einstufung dieser Handlungen als Verbrechen. Die Maximalstrafe wird sich auf 15 Jahre erhöhen.

Auf für Wiederholungstäter soll es verschärfte Strafen geben. Die Mindeststrafe wird bei leichten Fällen auf zwei Jahre festgelegt während hingegen bei schweren Kindesmisshandlungen gem. § 176c Absatz 3 StGB-E eine Mindeststrafe von fünf Jahren droht. Sollte die sexuelle Missbrauchshandlung den Kindestod nach sich ziehen, so wird der Täter mit einer Mindeststrafe von zehn Jahren bestraft.

Sexuelle körperkontaktlose Handlungen werden ein eigener Straftatbestand

Mit der Fortentwicklung der StPO sollen insbesondere auch diejenigen Täter erfasst werden, welche Kinder an dritte Personen für sexuelle Handlungen anbieten oder die Verabredungen zu diesem Zweck mit anderen Personen treffen. Für derartige Handlungen gab es bislang keinen eigenständigen Straftatbestand, sodass der Gesetzgeber dringenden Handlungsbedarf gesehen hat. Auf der Grundlage des § 176a StGB-E sollen auch diejenigen sexuellen körperkontaktlosen Handlungen unter Strafe gestellt werden, bei denen Täter vor den Kindesaugen sexuelle Handlungen an der eigenen Person vornehmen. Eine derartige Handlung zieht eine Mindestfreiheitsstrafe in Höhe von sechs Monaten bis maximal zehn Jahre nach sich.

Auch die Verjährungsfrist für entsprechende sexuelle Bildaufnahmen, die Kinder zeigen, gibt es nunmehr eine neue Frist. Die Verjährungsfrist startet künftig mit dem endenden 30. Lebensjahr des Opfers.

Der § 176 Absatz 2 StGB-E soll künftig auch gewisse Sonderregelungen enthalten. Ein Beispiel hierfür sind einvernehmliche sexuelle Handlungen von Kindern im gleichen Alter oder auch Jugendlichen. Durch diese Sonderregelungen soll den Gerichten auch eine Möglichkeit eingeräumt werden, im Einzelfall eine Bestrafung dieser Handlungen zu unterlassen. Der Staat verfolgt damit das Ziel, dass ein Eingriff in die sexuelle Entwicklung der Kinder bzw. Jugendlichen nicht erfolgt bzw. dass auf normale sexuelle Entwicklungen keine Strafe erfolgt.

Im Rahmen der Fortentwicklung erfolgen auch Änderungen bereits gängiger Begrifflichkeiten, was unter Experten als umstritten gilt. Der bisher gängige Begriff „sexueller Missbrauch“ wird durch „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“ ausgetauscht mit dem Ziel, dass durch den neuen Begriff das Tatunrecht erheblich stärker zum Ausdruck kommt. Kritisiert wird daran jedoch, dass das Gewaltmerkmal zu stark in den Fokus gerät und dass die Täter in der Regel nicht das Ziel von Gewalt verfolgen. Vielmehr geht es den meisten Tätern ausschließlich um die Befriedigung von sexuellen Begierden bzw. die gezielte sexuelle Stimulation.

Durch die Fortentwicklung der StPO gibt es auch Änderungen im Hinblick auf die Verfahrenseinstellung. Eine Einstellung entsprechender Verfahren aufgrund von Geringfügigkeit oder auch gegen die Erteilung von Auflagen wird künftig ausgeschlossen. Neu ist auch, dass an die Untersuchungshaft künftig nicht mehr die Verdunkelungs- oder Fluchtgefahr geknüpft ist. Gem. § 112 StPO-E ist es künftig möglich, entsprechend dringende Tatverdächtige in die Untersuchungshaft einzuweisen, ohne dass eine Verdunkelungs- bzw. Fluchtgefahr besteht.

Bei dringend tatverdächtigen Personen kann die Telekommunikationsüberwachung sowie auch Online-Durchsuchung abweichend von dem bisher geltenden Katalog erweitert werden. Dies erhöht das Entdeckungsrisiko für die Täter.

Auf der Grundlage des § 48a StPO-E müssen Verhandlungen sowie auch Untersuchungshandlungen und Vernehmungen, bei denen besonders schutzbedürftige Personen als Zeugen auftreten, unter einer besonderen Berücksichtigung des schutzwürdigen Zeugeninteresses beschleunigt durchgeführt werden. Dies gilt ausdrücklich dann, wenn es sich bei den Zeugen auch um die Geschädigten handelt und diese minderjährig sind. Die körperliche sowie auch seelische Gesundheit des Opfers ist zu schonen.

Im Zuge dieser Maßnahmen sollen auch Staatsanwälte sowie Richter künftig besser psychologisch geschult werden.

Nicht alle geplanten Änderungen wurden durchgeführt

Im Hinblick auf die Fortentwicklung der StPO wurde von dem Bundesland Baden-Württemberg der Vorschlag vorgebracht, dass Sexualdelikte zukünftig für einen zeitlich unbegrenzten Zeitraum in das Führungszeugnis des Täters eingetragen wird. Die tatsächlich durchgeführte Fortentwicklung der StPO nimmt diesen Vorschlag zum Teil mit auf. Entsprechende Taten werden künftig für den Zeitraum von zehn Jahren in das Führungszeugnis des Täters eingetragen. Bei kinderschutzrelevanten Straftaten beträgt diese Frist 20 Jahre, sofern eine Verurteilung von mindestens einem Jahr erfolgt ist.

Der Umstand, dass sexualisierte Gewalt sowie auch Kinderpornografie künftig als Verbrechen angesehen wird, ist laut Bundesjustizministern Lambrecht absolut unstrittig. Es gibt jedoch auch Gegenstimmen, die von einer unverhältnismäßigen Überkriminalisierung bei leichten Fällen sprechen. Dass überdies auch die Grundsätze im Zusammenhang mit der Untersuchungshaft durch die Fortentwicklung der StPO ausgehebelt wurde, stößt bei den Kritikern ebenfalls auf sehr wenig Verständnis. Die bessere Ausbildung von Staatsanwälten sowie auch Richtern wurde jedoch einvernehmlich begrüßt.

Nicht vergessen werden darf jedoch in diesem Zusammenhang, dass die Thematik Kindesmissbrauch ein sehr hohes Existenzvernichtungspotenzial besitzt. Ist ein derartiger Verdacht erst einmal im Raum, so können die sozialen Existenzen der vermeintlichen Täter für immer unwiederbringlich vernichtet werden. Selbst dann, wenn sich der Verdacht als unstimmig herausgestellt hat, ist die verdächtigte Person für das ganze Leben gebrandmarkt. Nicht selten gehen damit auch Traumatisierungen einher, die nicht mehr gut gemacht werden können. Es gab in der Vergangenheit auch Fälle, in denen derartige Verdächtigungen taktisch lanciert wurden, sodass der vermeintliche Täter in Wahrheit ein Opfer gewesen ist. Dies darf der Gesetzgeber ebenfalls nicht vergessen.

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