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Anspucken als strafbare Körperverletzung?

Nicht selten kommt es im Alltag des Menschen zu Streitsituationen, die schon einmal in Gewaltausübungen eskalieren können. Wer den Gedankengang verfolgt, dass das Anspucken des Gegenübers im Gegensatz zum Schlagen auf jeden Fall straffrei bleibt, der ist einem Irrtum aufgesessen. In dem öffentlichen Meinungsbild gilt das Anspucken als eine zutiefst ekelerregende Angelegenheit und zudem auch als Ausdruck der Verachtung des Gegenübers. Überdies erfüllt das Anspucken auch gem. § 185 Strafgesetzbuch (StGB) den Tatbestand der Beleidigung. Ob das Anspucken jedoch als strafbare Körperverletzung gem. § 223 StGB geahndet werden kann, gilt als rechtlich umstritten. Hier in diesem Artikel geben wir Ihnen alle wichtigen Informationen zu dieser Thematik.

Das Wichtigste in Kürze


  • Anspucken in der Gesellschaft: Anspucken wird als ekelerregende Handlung und Ausdruck der Verachtung betrachtet.
  • Rechtliche Einordnung: Anspucken erfüllt den Tatbestand der Beleidigung gemäß § 185 StGB.
  • Körperverletzung: Ob Anspucken als Körperverletzung gemäß § 223 StGB gewertet wird, ist rechtlich umstritten.
  • Einzelfallentscheidungen: Trotz einiger Urteile, die Anspucken als Körperverletzung werteten, gibt es auch Gegenurteile, z.B. vom BGH.
  • Beleidigung: Anspucken wird als schwere Beleidigung betrachtet und kann nach § 185 StGB geahndet werden.
  • Strafmaß: Unterschiedliche Strafmaße für Körperverletzung und Beleidigung, abhängig von den Umständen und dem Alter des Täters.
  • Zivilrechtliche Folgen: Opfer können unter bestimmten Voraussetzungen Schmerzensgeldansprüche geltend machen.

Anspucken als Körperverletzung

Strafbarkeit von Anspucken
Anspucken: Strafbarkeit und Folgen – Klärung der rechtlichen Aspekt (Symbolfoto: SasaStock /Shutterstock.com)

Damit das Anspucken den Straftatbestand der Körperverletzung erfüllt, müssen die Straftatbestände des § 223 StGB erfüllt werden. Dieser Paragraf schreibt in Abs. 1 vor, dass eine körperliche Misshandlung respektive gesundheitliche Schädigung einer anderen Person vorliegen muss. Problematisch ist in diesem Zusammenhang jedoch der Umstand, dass die körperliche Misshandlung als eine Tat definiert wird, durch die das Opfer erheblich in seinem körperlichen Wohlbefinden respektive in der körperlichen Unversehrtheit beeinträchtigt wird. Als gesundheitliche Schädigung wird jede Handlung angesehen, durch die ein dem körperlichen Normalzustand abweichender Zustand entweder hervorgerufen oder gesteigert wird.

Nach der einhelligen rechtlichen Ansicht erfüllt das Anspucken diesen Straftatbestand aktuell bisher nicht. Es müssen jedoch stets die Einzelfallkriterien beachtet werden. In der Rechtsprechung gab es bereits Fälle, in denen ein Täter aufgrund des Anspuckens des Opfers auf der Grundlage des § 223 StGB verurteilt wurde. Das Landgericht Mainz sprach eine derartige Verurteilung gegen einen Angeklagten, welches jedoch später vom Bundesgerichtshof (BGH) wieder aufgehoben wurde (Beschluss v. 18. August 2015, Aktenzeichen 3 StR 289/15). Im besagten Fall wurde ein Polizist von einem Täter angespuckt, woraufhin bei dem Polizisten Brechreiz und sehr starke Ekelgefühle hervorgerufen wurden.

Der BGH sah hierin jedoch nicht den subjektiven Tatbestand des § 223 StGB nicht als erfüllt. Ein denkbarer Ansatz dafür, dass das Anspucken als Körperverletzung gewertet werden kann, stellt die gesundheitlichen Risiken durch das Anspucken dar. Wird etwa eine Krankheit auf diese Weise übertragen, so wäre der Straftatbestand der Körperverletzung gegeben. Problematisch ist in diesem Zusammenhang jedoch der Umstand, dass dies erst einmal bewiesen werden muss. Es käme hierbei sehr stark auf das Ausmaß des Anspuckens an. In der gängigen Praxis dürfte sich eine Erkrankung, die auf das Anspucken zurückzuführen ist, nur schwerlich beweisen lassen.

Was besagt § 223 StGB?


§ 223 des Strafgesetzbuches (StGB) regelt das Delikt der Körperverletzung. Gemäß § 223 Abs. 1 StGB wird bestraft, wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt. Die Strafe kann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe sein. Eine körperliche Misshandlung im Sinne dieses Paragraphen ist jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden mehr als nur unerheblich beeinträchtigt. Eine Gesundheitsschädigung liegt vor, wenn ein pathologischer Zustand hervorgerufen oder verstärkt wird. Es ist zu beachten, dass die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 ein sogenanntes „Antragsdelikt“ ist, weshalb für die Verfolgung ein Strafantrag des Opfers erforderlich ist.


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Anspucken als Beleidigung

Maßgeblich für die strafbare Handlung der Beleidigung ist der § 185 StGB. Dieser Paragraf schützt die Ehre eines Menschen als Rechtsgut und stellt jegliche Kundgabe einer Nicht-/Missachtung einer anderen Person gegenüber unter Strafe. Um den Straftatbestand zu erfüllen, muss die Kundgabe jedoch die Eignung dazu besitzen, das Ehrgefühl einer anderen Person verletzen zu können. Entscheidend hierbei ist, was die Gesellschaft als solche als ehrverletzende Maßnahme verstehen würde. Zugrunde gelegt werden die geltenden Werte und Normen der Gesellschaft. Da das Anspucken als eine Handlung verstanden wird, durch die der Täter das Opfer herabwürdigen möchte, erfüllt diese Handlung den Straftatbestand der Beleidigung gem. § 185 StGB. Das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth hat dies mit seinem Urteil v. 16. Juni 2020 (Aktenzeichen 15 Ns 201 Js 13894/19) so gewertet. Problematisch ist, dass die Beleidigung als solche in der gängigen Praxis nur kaum von dem Opfer zur Anzeige gebracht wird. Als Grund hierfür gilt die landläufig sehr weitverbreitete Meinung, dass dem Täter allein aufgrund der Beleidigung keine nennenswerte Strafe droht. Diese Ansicht ist jedoch schlichtweg falsch.

Was besagt § 185 StGB?


§ 185 des Strafgesetzbuches (StGB) befasst sich mit dem Delikt der Beleidigung. Eine Beleidigung ist definiert als ein Angriff auf die Ehre einer anderen Person durch Kundgabe ihrer Missachtung. Im Kontext von Beleidigungsdelikten werden Werturteile und Tatsachenbehauptungen unterschieden. Werturteile sind bloße Meinungen, während Tatsachenbehauptungen überprüfbar sind. Für den Tatbestand der Beleidigung werden Werturteile gegenüber der betreffenden Person selbst oder gegenüber einem Dritten geäußert. Beleidigungen können als missachtende oder nichtachtende Äußerungen in Wort, Bild, Schrift und Geste verstanden werden, durch die eine Person herabgewürdigt oder als minderwertig dargestellt wird. Die Strafe für eine Beleidigung kann eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe sein.


Strafmaß und Strafverfolgung

Der Gesetzgeber in Deutschland sieht für eine Körperverletzung selbstverständlich ein anderes Strafmaß vor als für eine Beleidigung. Das Strafmaß für die Körperverletzung ist davon abhängig, ob es sich um eine einfache oder gefährliche Körperverletzung handelt. Diese Differenzierung ist auch für die Strafverfolgung von entscheidender Bedeutung, da es sich bei der einfachen respektive leichten Körperverletzung um ein sogenanntes Antragsdelikt handelt. Lediglich die schwere Körperverletzung ist ein Offizialdelikt. Der Einzelfall wird dabei stets geprüft. Gem. § 223 Abs. 1 StGB muss ein Täter mit einer Geldstrafe oder alternativ dazu mit einer Freiheitsstrafe in Höhe von maximal 5 Jahren rechnen.

Das Strafmaß für die Beleidigung gem. § 185 StGB ist stark von den jeweiligen individuellen Rahmenbedingungen abhängig. Für die sogenannte einfache Beleidigung sieht der Gesetzgeber eine Geldstrafe oder alternativ dazu eine Maximalfreiheitsstrafe von einem Jahr vor. Erfolgte die Beleidigung jedoch öffentlich im Rahmen einer Menschenansammlung oder durch das Verbreiten gewisser Inhalte in sozialen Medien, so fällt das Strafmaß deutlich höher aus. Gleichermaßen verhält es sich auch, wenn die Beleidigung durch eine Tätlichkeit, beispielsweise durch das Anspucken, erfolgte. In diesem Fall muss der Täter mit einer Geldstrafe oder alternativ dazu mit einer Maximalfreiheitsstrafe in Höhe von 2 Jahren rechnen.

Das Strafmaß ist ebenfalls davon abhängig, ob der Täter nach dem Jugendstrafrecht oder nach dem Strafrecht für Erwachsene angeklagt wird.

Problematisch ist in der gängigen Praxis der Umstand, dass es sich sowohl bei der einfachen Körperverletzung als auch bei der Beleidigung um ein Antragsdelikt handelt. Dies bedeutet, dass die Strafverfolgung des Täters nur dann erfolgen kann, wenn seitens des Opfers eine Anzeige erstattet wurde. Unterbleibt die Anzeige, so findet auch keine Strafverfolgung statt. Dies ist der wesentliche Unterschied des Antragsdelikts zu dem Offizialdelikt, bei dem kein Antrag des Opfers für die Strafverfolgung erforderlich wird. Ist die Anzeige erst einmal erfolgt, so beginnt das Ermittlungsverfahren seitens der Polizei.

Das Verfahren wird dann an die Staatsanwaltschaft übergeben, die einen Antrag auf Eröffnung des Hauptverfahrens an das zuständige Gericht stellt. Das Hauptverfahren endet dann mit dem Richterspruch. Die Zuständigkeit des Gerichts muss davon abhängig gemacht werden, ob der Täter minderjährig ist oder als Heranwachsender angesehen wird. In derartigen Fällen liegt die Zuständigkeit beim Jugendgericht. Der Täter muss vor diesem Gericht noch keine Freiheitsstrafe befürchten. In der gängigen Praxis werden Sozialstunden auferlegt. Heranwachsende müssen jedoch in besonders schwerwiegenden Fällen mit einer Geldstrafe rechnen.

Hat der Täter das 14. Lebensjahr bisher nicht erreicht, so gilt er als strafunmündig.

Zivilrechtliche Folgen

Unter gewissen Umständen kann ein Opfer gegenüber dem Täter zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. Denkbar ist das Schmerzensgeld, für das jedoch eng gesteckte rechtliche Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen. Das Anspucken als Beleidigung kann einen derartigen Anspruch rechtfertigen. Die Höhe des Schmerzensgeldanspruchs hängt von der jeweiligen Einzelfallsituation ab. In der gängigen Praxis wird dies als besonders schwerwiegende Beleidigung gewertet. Das Amtsgericht (AG) Meppen hat mit seinem Urteil v. 25. Februar 2004 einem Opfer 629,24 EUR Schmerzensgeld zugesprochen. Dies kann jedoch nicht als Rahmenrichtwert für den Schmerzensgeldanspruch gewertet werden. Ein Opfer kann auch in einem laufenden Strafverfahren mittels des sogenannten Adhäsionsverfahrens bereits zivilrechtliche Ansprüche gegen den Täter geltend machen. Das Adhäsionsverfahren erspart dem Opfer dann ein weiteres Verfahren, da die zivilrechtlichen Ansprüche durch den Richter in dem Strafverfahren entschieden werden.

Fazit

Das Anspucken einer Person kann in Deutschland sowohl als Beleidigung gemäß § 185 StGB als auch unter bestimmten Umständen als Körperverletzung gemäß § 223 StGB gewertet werden. Während das Anspucken als Beleidigung weitgehend anerkannt ist, ist die Einordnung als Körperverletzung umstritten. Es gab Fälle, in denen Personen wegen Anspuckens verurteilt wurden, aber diese Urteile wurden oft in höheren Instanzen aufgehoben. Ein entscheidender Faktor für die Einordnung als Körperverletzung könnte das Übertragen von Krankheiten durch das Anspucken sein, obwohl dies schwer nachzuweisen ist. Das Strafmaß unterscheidet sich je nachdem, ob die Tat als Beleidigung oder Körperverletzung gewertet wird, wobei die Strafen für Körperverletzung in der Regel schwerwiegender sind. Zivilrechtlich kann das Opfer Schmerzensgeldansprüche geltend machen, wenn es durch das Anspucken zu erheblichen Beeinträchtigungen kommt.

FAQ zum Thema Anspucken

  • Was ist mit dem Straftatbestand „Anspucken“ gemeint? Das Anspucken an sich stellt keinen eigenständigen Straftatbestand im StGB dar. Es handelt sich vielmehr um eine schwere Beleidigung im Sinne des § 185 StGB.
  • Welche Strafen müssen bei einem Anspucken befürchtet werden? Der Gesetzgeber sieht für das Anspucken entweder eine Geldstrafe oder eine Maximalfreiheitsstrafe von 2 Jahren vor.
  • Welche Folgen hat das Anspucken? Erstattet das Opfer eine Anzeige gegen den Täter, so folgt ein Ermittlungsverfahren. Dieses Ermittlungsverfahren mündet in ein Strafverfahren, welches mit dem Richterspruch endet.
  • Wie geht man vor, wenn man Opfer eines Anspuckens wird? Das Opfer sollte bei den zuständigen Stellen (Polizei, Staatsanwaltschaft) eine Anzeige gegen den Täter erstatten.
  • Welche möglichen Ursachen gibt es für das Anspucken? In der gängigen Praxis geht dem Anspucken ein Streit zwischen zwei Personen voraus. Unzufriedenheit, Wut sowie auch eine gesteigerte Aggression des Täters können ebenso die Ursache sein wie eine zuvor erfolgte Provokation. Auch psychische Störungen können als Ursache in Betracht kommen.
  • Wie kann das Anspucken präventiv verhindert werden? Neben der Förderung von Empathie sowie sozialen Kompetenzen kann der Staat auch durch eine verstärkte Strafverfolgung dem Anspucken präventiv begegnen.
  • Welche Beispiele gibt es für das Anspucken im öffentlichen Raum? Polizisten werden im Rahmen von Demonstrationen nicht selten Opfer von Spuckattacken.
  • Welche psychologischen Folgen erleidet das Opfer vom Anspucken? Eine Spuckattacke kann bei dem Opfer eine Depression, Angstzustände oder auch ein Trauma auslösen.

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