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Wann liegt leichtfertige Geldwäsche in scheinbarem Arbeitsverhältnis vor?

Leichtfertige Geldwäsche: Scheinbares Arbeitsverhältnis reicht für Verurteilung

Im Bereich des Strafrechts stellt die leichtfertige Geldwäsche eine bedeutende Herausforderung dar. Diese Form der Geldwäsche tritt auf, wenn Personen ohne direkte Absicht, aber mit grober Fahrlässigkeit oder Gleichgültigkeit an der Verschleierung oder Weiterleitung von aus Straftaten stammenden Vermögenswerten beteiligt sind. Besonders brisant wird diese Thematik, wenn sie im Kontext von Arbeitsverhältnissen auftritt, die auf den ersten Blick legitim erscheinen, jedoch bei genauerer Betrachtung Merkmale aufweisen, die auf Geldwäscheaktivitäten hindeuten. Solche Merkmale können eine unverhältnismäßig hohe Bezahlung für vermeintlich einfache Tätigkeiten, unklare oder widersprüchliche Geschäftsmodelle und die Anforderung, private Konten für geschäftliche Transaktionen zu nutzen, umfassen. Das Verständnis und die rechtliche Einordnung solcher Fälle erfordern eine sorgfältige Untersuchung der Umstände, um festzustellen, ob und inwieweit die Beteiligten die kriminelle Natur ihrer Handlungen hätten erkennen und vermeiden müssen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 25 NBs 5/23  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Urteil des Landgerichts Hildesheim hebt hervor, dass bei einem Arbeitsverhältnis mit zahlreichen Merkwürdigkeiten, insbesondere bei überhöhter Bezahlung und unklaren Geschäftspraktiken, der Tatbestand der leichtfertigen Geldwäsche erfüllt sein kann. Dies gilt selbst dann, wenn keine direkte Absicht zur Beteiligung an kriminellen Handlungen vorliegt, aber grobe Fahrlässigkeit oder Gleichgültigkeit bezüglich der kriminellen Natur der Aktivitäten besteht.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Leichtfertige Geldwäsche: Anerkennung im Kontext von Arbeitsverhältnissen mit ungewöhnlich hohen Gehältern und widersprüchlichen Geschäftsmodellen.
  2. Kein Abzug von Aufwendungen: Bei leichtfertig handelnden Personen im Gegensatz zu fahrlässig handelnden.
  3. Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils: Das Landgericht Hildesheim setzt sich über das Urteil des Amtsgerichts Alfeld hinweg.
  4. Schuldig in vier Fällen: Die Angeklagte wird in vier Fällen der leichtfertigen Geldwäsche für schuldig befunden.
  5. Verwarnung und vorbehaltene Gesamtgeldstrafe: Die Angeklagte erhält eine Verwarnung mit Vorbehalt für eine Gesamtgeldstrafe.
  6. Einziehung des Erlangten: Anordnung der Einziehung des aus den Straftaten erlangten Werts.
  7. Kein Abzug der Aufwendungen für leichtfertig Handelnde: Rechtssystematische Gründe verhindern den Abzug von Aufwendungen bei leichtfertiger Beteiligung.
  8. Berücksichtigung persönlicher Umstände: Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeklagten wurden bei der Strafzumessung berücksichtigt.

Die Rolle der leichtfertigen Geldwäsche im Kontext fragwürdiger Arbeitsverhältnisse

Im Fokus der rechtlichen Auseinandersetzung stand die Frage, inwieweit bei einem Arbeitsverhältnis mit zahlreichen Unregelmäßigkeiten der Tatbestand der leichtfertigen Geldwäsche erfüllt wird. Das Landgericht Hildesheim hat in seinem Urteil (Az.: 25 NBs 5/23) vom 12. Oktober 2023 die Kriterien für die leichtfertige Geldwäsche in solchen Konstellationen konkretisiert. Es wurde festgestellt, dass bei einem Arbeitsverhältnis, in dem die Tätigkeit unverhältnismäßig hoch entlohnt wird, Kontakte zu Kollegen unterbunden sind und Geldbewegungen über Privatkonten abgewickelt werden sollen, der Verdacht der leichtfertigen Geldwäsche naheliegt.

Hintergrund und Details des Falles

Die Angeklagte, eine Frau mittleren Alters mit einer vielseitigen Berufserfahrung, fand sich in einem scheinbaren Arbeitsverhältnis wieder, das zahlreiche Merkwürdigkeiten aufwies. Nachdem sie eine Stellenanzeige für die Position einer „Transfermanagerin im Homeoffice“ gefunden hatte, kontaktierte sie das Unternehmen und durchlief ein online Bewerbungsverfahren. Ihre Tätigkeit sollte den Umtausch von Überweisungen in Kryptowährungen beinhalten, wofür sie einen Stundenlohn von 18,75 € sowie 2% Provision pro Transaktion erhalten sollte. Das Gericht stellte fest, dass der Arbeitsvertrag der Angeklagten widersprüchliche Regelungen enthielt und die wirtschaftliche Logik hinter dem Geschäftsmodell des Unternehmens fragwürdig war.

Das Gerichtsurteil und seine Begründung

Das Gericht urteilte, dass die Angeklagte der leichtfertigen Geldwäsche in vier Fällen schuldig ist, wobei sie in zwei weiteren Fällen freigesprochen wurde. Die Angeklagte, die nicht vorbestraft war, wurde zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt, mit der Möglichkeit der Einziehung des Werts des Erlangten in Höhe von 17.324,25 €. Das Gericht erachtete ihr Handeln als leichtfertig, da sie trotz zahlreicher Anzeichen und Merkwürdigkeiten im Arbeitsvertrag und in der Geschäftstätigkeit die mögliche kriminelle Natur des Unternehmens nicht erkannte.

Die Komplexität von leichtfertiger Geldwäsche im Strafrecht

Der Fall verdeutlicht die Schwierigkeiten, die sich im Bereich der leichtfertigen Geldwäsche im Strafrecht ergeben. Es zeigte sich, dass die Angeklagte zwar keinen direkten Vorsatz zur Beteiligung an kriminellen Aktivitäten hatte, jedoch aufgrund ihrer Gleichgültigkeit und groben Unachtsamkeit die kriminelle Herkunft der Gelder verkannte. Das Urteil des Landgerichts Hildesheim macht deutlich, dass auch ohne direkte Absicht zur Begehung einer Straftat, die Missachtung offensichtlicher Anzeichen für kriminelle Aktivitäten zu schwerwiegenden rechtlichen Konsequenzen führen kann.

In diesem Fall lieferte das Gericht wichtige Erkenntnisse zur Definition und Bewertung der leichtfertigen Geldwäsche im Kontext von Arbeitsverhältnissen mit unklaren Geschäftspraktiken und deren Verbindung zu Geldtransaktionen über Privatkonten. Das Urteil betont, dass eine kritische Prüfung und Hinterfragung von Arbeitsverhältnissen und finanziellen Transaktionen unerlässlich ist, um nicht unwissentlich Teil einer kriminellen Handlung zu werden.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Wie unterscheidet sich die Haftung von leichtfertig und fahrlässig Handelnden bei der Geldwäsche?

Die Haftung bei leichtfertigem und fahrlässigem Handeln in Bezug auf Geldwäsche in Deutschland unterscheidet sich hauptsächlich in der Schwere des Pflichtverstoßes und der Strafbarkeit.

Leichtfertigkeit wird als ein besonders schwerer Pflichtverstoß definiert, bei dem der Handelnde sich in krasser Weise über die gebotene Sorgfalt hinwegsetzt. Es handelt sich um einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit, der nahe an den Vorsatz grenzt und nicht nur bei bewusster, sondern auch bei unbewusster Fahrlässigkeit vorliegen kann. Leichtfertige Geldwäsche macht sich schuldig, wer leichtfertig das Herrühren des Gegenstandes aus rechtswidrigen Tat nicht erkennt. Leichtfertigkeit ist gegeben, wenn sich dem Täter nach der Sachlage hätte aufdrängen müssen, dass das Vermögen illegal beschafft worden ist und er diese Warnzeichen aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit außer Acht lässt.

Fahrlässigkeit hingegen ist definiert als das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Fahrlässig handelt dabei jemand, der ohne die in seinem Fall gebotene Vorsicht vorgeht. Fahrlässige Geldwäsche ist in Deutschland jedoch nicht strafbar.

Geldwäsche selbst ist das Einschleusen von illegal erwirtschafteten Geldern in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf und ist strafbar. Sie kann mit Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren, in schweren Fällen bis zu zehn Jahren bestraft werden. Der Versuch der Geldwäsche ist ebenfalls strafbar, jedoch ist der Versuch der leichtfertigen Geldwäsche nicht strafbar, da es sich um ein Fahrlässigkeitsdelikt handelt.

Die Unterscheidung zwischen leichtfertigem und fahrlässigem Handeln ist daher von großer Bedeutung für die Strafbarkeit und die Schwere der Strafe bei Geldwäsche in Deutschland.


Das vorliegende Urteil

Landgericht Hildesheim – Az.: 25 NBs 5/23 – Urteil vom 12.10.2023

Amtlicher Leitsatz

1. Leichtfertige Geldwäsche ist zu bejahen, wenn sich bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses zu viele Merkwürdigkeiten ergeben, unter anderem, dass die vereinbarte Tätigkeit für ihre Schwierigkeit (zu) gut entlohnt wird, wirtschaftlich keinen Sinn gibt, Kontakte zu mutmaßlichen Kollegen unterbunden werden und/oder Geldbewegungen über Privatkonten gefordert werden.

2. Anders als bei bloß fahrlässig handelnden Tatbeteiligten sind bei leichtfertig Handelnden keine Aufwendungen in Abzug zu bringen. Dies folgt aus systematischen Gründen (Haftung von Drittbeteiligten, Vergleich zum zivilrechtlichen Bereicherungsrecht).


In der Strafsache wegen Geldwäsche hat die kleine Strafkammer 15 des Landgerichts Hildesheim aufgrund der Berufungshauptverhandlung vom 12.10.2023 für Recht erkannt:

Das Urteil des Amtsgerichts Alfeld vom 13. Juni 2023 (3 Cs 10/23) wird aufgehoben.

Die Angeklagte ist der leichtfertigen Geldwäsche in vier Fällen schuldig.

Sie wird verwarnt.

Die Verurteilung zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 € bleibt vorbehalten.

Die Einziehung des Werts des Erlangten wird in Höhe von 17.324,25 € gesamtschuldnerisch angeordnet.

Die Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Jedoch wird die Berufungsgebühr um 1/4 ermäßigt. Im gleichen Umfang hat die Landeskasse die der Angeklagten in der Berufungsinstanz erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

(abgekürzt gemäß §§ 332, 267 Abs. 4 StPO)

I.

Das Amtsgericht Alfeld – Strafrichterin – hat die Angeklagte am 13. Juni 2023 wegen Geldwäsche in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 55 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt, die Einziehung des Werts des Erlangten in Höhe von 15.184,25 € angeordnet und sie vom Vorwurf der – ebenfalls leichtfertigen – Geldwäsche in zwei weiteren Fällen freigesprochen

Mit ihrer Berufung hat die Angeklagte ihren vollständigen Freispruch erstrebt, die Staatsanwaltschaft hat mit ihrer Berufung nur den Teilfreispruch angegriffen. Die Rechtsmittel haben den aus der Urteilsformel ersichtlichen (Teil-)Erfolg.

II.

Die Kammer hat folgende Feststellungen getroffen:

1. Die Angeklagte hat dem erweiterten Realschulabschluss ab dem Jahre 1994 eine dreijährige Ausbildung zur Schwimmmeisterin absolviert. Ab 2006 arbeitete sie in der Gastronomie. Anschließend war sie in einem Callcenter und als Bürokraft in Heimarbeit für verschiedene andere Unternehmen tätig. Zum 01. März 2023 hatte sie eine Stelle als Bürokraft in Heimarbeit mit einer Arbeitszeit von 30 Stunden .. angetreten. Seit Mai ist sie jedoch wegen psychischer Probleme, die auch auf die hier abgeurteilten Vorgänge zurückzuführen sind, krankgeschrieben und wurde gekündigt. Sie lässt sich gegenwärtig in einer psychiatrischen Tagesklinik behandeln und bezieht Krankengeld .. € täglich. Wegen Schadensersatzansprüchen der XXX über knapp 6.000 € (s. u. 2. b) hat sie die – mittlerweile erfolgte – Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragt.

Die Angeklagte hat aus erster Ehe Zwillinge im Alter von 16 Jahren, welche bei dem Kindesvater leben. Mit ihrem nunmehrigen zweiten Ehemann hat die Angeklagte eine dreijährige Tochter, welche mit im gemeinsamen Haushalt lebt. …

Die Angeklagte ist nicht vorbestraft.

2. Im März 2022 las die Angeklagte in der Zeitung eine Annonce der XXX aus Stuttgart. Hierin wurde eine Tätigkeit als „Transfermanagerin im Homeoffice“ angeboten. Da die Anzeige das Interesse der Angeklagten geweckt hatte, informierte sich diese über das Unternehmen im Wege einer Internetrecherche. In der Annahme, dass es sich um ein seriöses Arbeitsangebot handele, kontaktierte die Angeklagte die XXX. Aufgrund dessen kam es zu einem ausschließlich per Videokonferenz (online) durchgeführten Bewerbungsverfahren nebst Vorstellungsgespräch.

Die Angeklagte wurde sodann als Transfermanagerin auf 20-Stunden-Basis mit einem Stundenlohn von 18,75 € und 2% Provision pro getätigter Transaktion, die jeweils in dem „Umtausch“ von auf einem vorgeblichen Treuhandkonto eingehenden Überweisungen in Kryptowährungen bestehen sollte, eingestellt. Als Zweck ihrer Tätigkeit wurde ihr erklärt, dass das Unternehmen für wohlhabende Privatpersonen, die in Kryptowährungen investieren wollten, ohne selbst nach außen in Erscheinung zu treten, entsprechende Transaktionen vornehme. Wie sich bei vollständigem Umtausch der jeweils eingehenden Überweisungen in Kryptowährungen sich die XXX selbst finanziert, wurde der Angeklagten weder erläutert noch von ihr hinterfragt. Ein ihr übermittelter Arbeitsvertrag wurde seitens der GmbH von einer ………als „Gründerin und Geschäftsführerin“ unterschrieben und weist widersprüchliche Regelungen auf. So wird einerseits die vorgenannte Entlohnung auf 20-Stunden-Basis vereinbart, andererseits aber mehrfach auf ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis und die diesbezüglichen sozialversicherungsrechtlichen Regelungen rekurriert. Einerseits soll der Vertrag nur für sechs Monate gelten, anderseits sich aber einschränkungslos jeweils verlängern und ihr nach vier Wochen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angeboten werden. Erst dann sollen die von ihr – jeweils innerhalb von zwölf Tagen – durchzuführenden Transaktionen über ein Girokonto des Arbeitgebers abgewickelt werden, zuvor über ein Privatkonto.

Die Angeklagte wurde sodann einem vermeintlichen Team eines vorgeblichen …….zugewiesen, mit dem sie im Rahmen ihrer Tätigkeit täglich Kontakt über E-Mail oder Telefon hielt. Die anderen vorgeblichen Teammitglieder lernte sie nie kennen; P… bedeutete ihr, dass dies aus Datenschutzgründen nicht möglich sei. Die Angeklagte nahm in Vorbereitung auf ihre Tätigkeit als Transfermanagerin an weiteren Online-Schulungen teil.

Weiter eröffnete die Angeklagte nach P…Weisung auf ihren Namen ein vorgebliches Treuhandkonto bei der Deutschen Kreditbank (DKB, IBAN DE ..), welches für die Transaktionen dienen sollte, ferner ein Konto bei der Kryptowährungsbörse Bitpanda, über das dann die eigentlichen Transaktionen von Euro in die Kryptowährung Bitcoin erfolgen sollten. Entsprechend einer Vorankündigung P… wurde ihr ein Schreiben zugesandt, mit dem angeblich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) bestätigte, dass sie für die XXX bei der DKB ein Treuhandkonto gemäß „§ 23a TreuhG“ eröffnet habe.

Sodann führte die Angeklagte die nachfolgenden vier Transaktionen durch, wobei sie sich aufgrund des ihr in Aussicht gestellten, aber nie erhaltenen guten Verdienstes, der sich zunehmend aufdrängenden Einsicht verstellte, dass sie sich so an der Weiterleitung betrügerisch erlangter Geldbeträge beteiligte:

a) Am 22. März 2022 ging auf dem vorgenannten DKB-Konto eine Gutschrift über 1.940 € von P. mit dem Verwendungszweck „Privat“ ein. Die Angeklagte überwies diesen Geldbetrag am gleichen Tage auf ihr Konto bei der XXX. Dort erfolgte der Umtausch in Bitcoin zum Zugriff durch den vorgeblichen P… oder anderen Verantwortlichen der XXX.

Die Angeklagte wusste nicht, dass P. glaubte, mit der Überweisung tatsächlich den Kaufpreis für Silbermünzen, die ihm bei der Internet-Handelsplattform eBay-Kleinanzeigen angeboten worden waren, im Wege der Vorkasse zu bezahlen. Er erhielt in der Folgezeit keine Silbermünzen.

b) Weiter erhielt die Angeklagte am 28. März 2022 eine Gutschrift in Höhe von 5.584 € der gesondert verfolgten B. mit dem Verwendungszweck „Auftrag“ auf das genannte Konto bei der DKB Bank überwiesen. Hierbei handelte es sich um einen Betrag, den der Geschädigte Ü. zuvor geleistet hatte und der – wie die Angeklagte nicht wusste – aus einer vorangegangenen Betrugstat herrührte.

Die Angeklagte überwies zunächst 200 € als Auslagenersatz auf ihr Privatkonto bei der Sparkasse .. weiter. Die übrigen, auf dem DKB Konto der Angeklagten verbliebenen 5.384 € wurden aufgrund eines Überweisungsrückrufes an B. zurück überwiesen. Die Angeklagte hatte aber bereits wie im Fall a) einen Bitcoinkauf bei der XXX GmbH durchgeführt, weswegen sie nunmehr von dieser Gesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.

Sodann sperrte wegen eines dort entstandenen Geldwäscheverdachts die DKB-Bank das Konto. Der Grund der Sperrung wurde der Angeklagten aber nicht mitgeteilt.

c) Der vorgebliche Herr P. bat die Angeklagte, kurzfristig ihr Privatkonto zur Verfügung zu stellen, unter anderem weil nunmehr Echtzeitüberweisungen erfolgen sollten, die die DKB nicht anbiete. Ferner sollte sie ein Konto bei der Kryptowährungsbörse Kraken eröffnen.

Die Angeklagte erhielt ebenfalls am 28. März 2022 eine Überweisung vom Konto des F. in Höhe von 6.752,13 € auf ihr unter b) näher dargestelltes Sparkassenkonto. F. war – was die Angeklagte nicht wusste – dazu gebracht worden, Transaktionsnummern (TAN) seines Volksbankkontos einem vorgeblichen Bankmitarbeiter mitzuteilen. So wurde die Überweisung von seinem Konto mit dem Verwendungszweck „Rechnung Mercedes“ ausgelöst.

Aufgrund des angegebenen, ihr nicht plausibel erscheinenden, Verwendungszweckes kontaktierte die Angeklagte ihren vorgeblichen Teamleiter P… Er erklärte ihr, dass F. das Geld aus einem Fahrzeugverkauf erhalten habe und nunmehr die Umwandlung in Kryptowährung begehre. Mit dieser knappen Erklärung gab sich die Angeklagte zufrieden und überwies gegen 16:05 Uhr einen Geldbetrag in Höhe von 6.752 € von ihrem auf ihr Konto bei der Kryptowährungsbörse Kraken (Payward Limited) weiter. Es erfolgte ebenfalls eine Umwandlung in einer Krypotwährung mit Zugriff durch den vorgeblichen P. oder andere Verantwortliche der XXX.

d). Am gleichen Tag gegen 20:01 Uhr überwies die Angeklagte weitere 8.432 € auf ihr Kraken-Konto und transferierte es wie im Fall c in eine Kryptowährung, wobei das Geld aus einer Gutschrift in Höhe von 8432,12 € vom Konto des Y. stammte und welches aus einem vorangegangenen Betrug/Computerbetrug herrührte, was die Angeklagte ebenfalls nicht wusste.

e) Sodann wurde die Angeklagte von einem Mitarbeiter der Sparkasse kontaktiert und ihr bedeutet, dass sie sich an Geldwäschehandlungen beteiligt habe.

Sie erstattete am 29. März 2023 online Strafanzeige und versuchte nunmehr vergeblich, P… noch einmal zu erreichen.

III.

1. Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten (II.1) beruhen auf ihren entsprechenden Angaben. Die Kammer hat keinen Anlass, diese Angaben in Zweifel zu ziehen.

Dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist, ergibt sich aus der verlesenen Auskunft des Bundesamts für Justiz vom 25. August 2023.

2. Zur Sache (II.2) hat die Angeklagte betont, dass sie selbst geschädigt worden sei und wohl zu blauäugig gewesen sei. Sie habe sich ja über die Gesellschaft erkundigt und P… ob der vielen Kontakte vertraut. Das objektive Geschehen hat sie so wie festgestellt geschildert.

3. Hinsichtlich des Vorstellungsbildes der Angeklagten vermag die Kammer ihrer Einlassung nicht zu folgen.

Vielmehr ist die Kammer davon überzeugt, dass die Angeklagte aus den vielen Merkwürdigkeiten (widersprüchlicher Arbeitsvertrag, hohe Entlohnung mit Bonus für eine eher mechanische Tätigkeit, Möglichkeit, Aufwendungsersatz von den eingehenden Überweisungen abzuziehen, geringe Anzahl der Transaktionen für eine Halbtagsbeschäftigung und vor allem Aufforderung, eigene Konten bei einer Tätigkeit für einen Finanzdienstleister für vorgeblich wohlhabende Privatkunden zu verwenden, fragwürdige Verwendungszwecke und für Geldanlage in Bitcoin eher geringe und krumme Summen) nicht den sich aufdrängenden Schluss gezogen hat, dass sie für die Weiterleitung und Verschleierung betrügerisch erlangter Geldbeträge als Finanzagentin „angestellt“ worden ist, weil sie diese Merkwürdigkeiten aufgrund des ihr in Aussicht gestellten hohen Verdienstes nicht sehen wollte.

Dies gilt um so mehr für die Fälle II.2. c und d, wo die Angeklagte ihr Privatkonto nutzen sollte. Es gibt gar keinen Sinn, dass ein Finanzdienstleister eine neue Mitarbeiterin auffordert, bei einer bestimmten Bank ein vorgebliches Treuhandkonto einzurichten, dann aber mitteilt, dass dort keine Echtzeitüberweisungen – die letztlich nach dem Arbeitsvertrag (dort geregelte Pflicht, die eingehenden Geldbeträge binnen 12 Stunden in Kryptowährungen umzuwandeln) geschuldet waren – möglich sein sollen.

Dieser Wertung steht das angebliche Bestätigungsschreiben der BAFin nicht entgegen. Hier hätte sich angesichts der dort mitgeteilten Warnung, dass Verstöße gegen eine (vorgebliche) Mitteilungspflicht nach § 2 TreuhG geahndet werden würden, aufgedrängt, den Inhalt dieser Regelung nachzuvollziehen. Dies hätte ohne Weiteres ergeben, dass das TreuhG nicht die – realiter im Wesentlichen allein mit der kontoführenden Bank zu vereinbarende – Einrichtung und Verwaltung von Treuhandkonten regelt, sondern die Abwicklung der Treuhandanstalt, die in den 90ger Jahren für die Privatisierung des vormaligen Volkseigentums der DDR zuständig war.

4. Die Feststellungen zu den Vortaten folgen aus der Verlesung des Protokolls der erstinstanzlichen Zeugenaussagen vor dem Amtsgericht Alfeld.

Ebenso sind der Arbeitsvertrag der Angeklagten mit der XXX, die Kontoverdichtungen und das vorgebliche Schreiben der BAFin verlesen worden.

IV.

Aufgrund der Feststellungen der Kammer war unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils die Angeklagte wegen leichtfertiger Geldwäsche in vier Fällen (§§ 261 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, Abs. 6 StGB) zu verurteilen.

Die der Angeklagten überwiesenen Geldbeträge rührten aus Straftaten des Betruges beziehungsweise Computerbetruges her (§ 261 Abs. 1 S. 1 StGB).

Mit dem taggleichen Transfer der ihr überwiesenen Geldbeträge in Kryptowährungen hat sie diese im Sinne des § 261 StGB auch Dritten, eben der unbekannten Tätergruppe um den vorgeblichen P… verschafft (§ 261 Abs. 1 Nr. 3 StGB), was ihr in Bezug auf diese Handlung selbst auch bewusst war.

Die Angeklagte wollte sich aber weder an entsprechenden Straftaten beteiligten, noch war ihr dies bewusst. Sie hat aber leichtfertig die Herkunft der ihr überwiesenen Geldbeträge aus Straftaten verkannt (§ 261 Abs. 6 StGB). Leichtfertig in diesem Sinne handelt, wer die sich aufdrängende kriminelle Herkunft der Vermögensgegenstände aus Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit außer Acht lässt (vgl. Urteil der Kammer vom 13. September 2021, 25 Ns 22 Js 31815/20; Fischer, StGB, 70. Aufl. 2021, Rn. 57 zu § 261 m. w. N).

Dies ist hier – wie unter III.3 im Einzelnen aufgeführt – der Fall.

V.

1. Leichtfertige Geldwäsche ist nach § 261 Abs. 6 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedroht, sodass die Kammer die tat- und schuldangemessenen Strafen diesem Strafrahmen entnommen hat.

In allen Einzelfällen hat die Kammer maßgeblich zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass sie nicht vorbestraft ist, die abgeurteilten Straftaten in tatsächlicher Hinsicht in vollem Umfang eingeräumt und kurz nach der letzten Tat Selbstanzeige erstattet hat. Zudem ist auch sie selbst Opfer geworden, sie wurde nicht entlohnt und sieht sich mit der Konsequenz eines Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen Schadensersatzforderungen ausgesetzt.

Im Übrigen hat sich die Kammer bei der Findung der im jeweiligen Einzelfall tat- und schuldangemessenen Strafe an der Höhe der jeweils vom Angeklagten der unbekannten Tätergruppe verschafften Geldbetrages orientiert.

Sie hat daher im Fall II.2.a eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen für angemessen gehalten, im Fall II.2.ceine Geldstrafe von 35 Tagessätzen und im Fall II.2.deine Geldstrafe von 40 Tagessätzen. Da im Fall II.2.b. das der Angeklagten überwiesene Geld zurückgebucht wurde und sie hier zudem von der XXX GmbH auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, hat die Kammer, ebenfalls entsprechend dem Schlussantrag der Staatsanwaltschaft, in diesem Fall eine Geldstrafe von 10 Tagessätzen für auskömmlich gehalten.

Die Höhe eines Tagessatzes richtet sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten (§ 40 Abs. 2 StGB) und war daher auf 30 € festzusetzen.

2. Aus den vorgenannten Einzelgeldstrafen war gemäß § 54 StGB unter angemessener Erhöhung der höchsten Einzelstrafe, mithin der für den Fall II.2.d festgesetzten 40 Tagessätze, eine Gesamtgeldstrafe zu bilden.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände, des besonders engen sachlichen zeitlichen Zusammenhangs der Taten und des Umstands, dass etwa die Hälfte des Gesamtschadens auf den Fall II.2.d. entfällt, ist ein besonders straffer Zusammenzug der Einzelstrafen geboten. Die Kammer hat daher wie die Staatsanwaltschaft eine Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 € als tat- und schuldangemessen erachtet.

Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles – namentlich des Umstands, dass die Angeklagte zügig Selbstanzeige erstattet hat, im Kontext dieser Taten das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet wurde und die Vorfälle bei ihr akute psychische Probleme ausgelöst haben, hat es die Kammer für angezeigt erachtet, die Angeklagte gemäß § 59 Abs. 1 StGB unter Vorbehalt der Verurteilung zu der vorgenannten Geldstrafe bloß zu verwarnen.

Sie erscheint der Kammer durch die vorgenannten Umstände und das Verfahren hinreichend gestraft.

3. Die den Konten der Angeklagten überwiesenen und von ihr an P…. oder andere Verantwortliche der XXX weitergeleiteten Geldbeträge sind von ihr im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt worden. Es ist daher die Einziehung des Werts des Erlangten in Höhe von insgesamt 17.324,25 € (Fall II.a 1.940 €, II.b. 200 €, II.c. 6.752,13 €, Fall II.d 8.432,12 € anzuordnen (§ 73c StGB).

Aufgrund der weitgehenden Rückbuchung des im Fall II.b erlangten Betrages ist nach Maßgabe des § 73e StGB in diesem Fall die Einziehung nur noch in Höhe der von der Angeklagten auf ihr Privatkonto überwiesenen 200 € anzuordnen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen steht der Anordnung der Einziehung nicht entgegen.

Obschon die Angeklagte nicht vorsätzlich handelte, kommt ein Abzug ihrer Aufwendungen – die bis auf die von ihr auf ihr Privatkonto überwiesenen 200 € den erlangten Beträgen entsprächen – nach § 73d Abs. 1 S. 1 StGB nicht in Betracht. Zwar ist anerkannt, dass bei einem bloß fahrlässig handelnden Täter dieser Abzug vorzunehmen ist (vgl. Urteil der hiesigen Strafkammer 11 – 4. gr. Wirtschaftsstrafkammer v. 27. Oktober 2017, 22 KLs 14 Js 10671/14 unter D.II.1; zit. n. juris; best. durch Urteil d. BGH v. 23. Juli 2019, 1 StR 107/18; BGHSt 64, 161ff.; Fischer, a. a. O., Rn. 6 zu § 73d m. w. N.).

Dies kann aber nach Auffassung der Kammer aus rechtssystematischen Gründen nicht für den leichtfertig handelnden Täter gelten. Selbst ein nicht Tatbeteiligter Dritter ist ohne Abzugsmöglichkeit der Einziehung des Erlangten ausgesetzt, wenn er dessen kriminelle Herkunft hätte erkennen müssen, also sie leichtfertig verkannt hat (vgl. § 73b Abs. 1 S. 2 StGB, s. a. LK-Lohse, 13. Aufl. 2020, Rn. 15 zu § 73d m. w. N.; Fischer a. a. O.; a. A. Rübenstahl in Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltskommentar StGB, 3. Aufl. 2020, Rn. 17). Dieselbe Wertung folgt auch aus dem Vergleich mit dem zivilrechtlichen Kondiktionenrecht (§§ 812ff. BGB), dem die strafrechtliche Einziehung nachempfunden ist. § 817 S. 2 BGB schließt die Rückforderung einer vorsätzlich oder leichtfertig gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten erbrachten Leistung aus (vgl. BGH, Urteil v. 23. Februar 2005, VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490 m. w. N.; Grüneberg-Sprau, BGB, 82. Aufl. 2023, Rn. 17 zu § 817).

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 465 Abs. 1, 473 Abs. 4 StPO.

Da die Berufung der Angeklagten trotz der Aufhebung des Freispruchs insoweit Erfolg hatte, dass sie unter Strafvorbehalt verwarnt und nicht mehr zu einer unbedingten Geldstrafe verurteilt worden ist, hat die Kammer es für angemessen gehalten, die Gebühren für das Berufungsverfahren um 1/4 zu ermäßigen und insoweit die notwendigen Auslagen der Angeklagten im Berufungsrechtszug der Landeskasse aufzuerlegen.

 

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