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Übermalen des Personalausweisfotos – Strafbarkeit

Das Kammergericht Berlin sprach den Angeklagten vom Vorwurf des Veränderns von amtlichen Ausweisen frei, da weder eine Täuschungsabsicht noch eine tatsächliche Täuschung vorlag. Die offensichtliche Übermalung des Personalausweisfotos konnte keine Fehlvorstellung im Rechtsverkehr hervorrufen. Auch eine Verurteilung wegen Sachbeschädigung kam nicht in Betracht, da die Täterschaft nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 ORs 23/23 – 121 Ss 100/23

✔ Kurz und knapp


  • Übermalen des Personalausweisfotos stellt keine strafbare Täuschungshandlung nach § 273 Abs. 1 StGB dar, da niemand über die offensichtliche Veränderung getäuscht werden kann.
  • Eine Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 2 StGB scheidet aus, weil unklar ist, ob der Angeklagte selbst den Ausweis verändert hat oder dies gebilligt hat.
  • Das Freisprechungsurteil ist gerechtfertigt, da die Tatbestandsvoraussetzungen für die angeklagten Delikte nicht erfüllt sind.
  • Weder eine Täuschungsabsicht noch eine Rechtspflicht zur Verhinderung der Sachbeschädigung liegen vor.
  • Der Personalausweis ist eine fremde Sache, aber die Übermalung stellt keine unerhebliche Veränderung dar.
  • Das Landgericht hätte keine weiteren Feststellungen zum Tatgeschehen treffen können.
  • Der Freispruch erfolgt aus tatsächlichen Gründen gemäß § 345 Abs. 1 StPO.
  • Die Kosten- und Auslagenentscheidung basiert auf §§ 464, 467 Abs. 1 StPO.

Gericht spricht Angeklagten von Foto-Übermalung auf Ausweis frei

Die Frage der Strafbarkeit bei Veränderungen an offiziellen Ausweisdokumenten ist ein komplexes Thema, das sich nicht immer einfach beantworten lässt. Grundsätzlich ist es strafbar, Personalausweise, Reisepässe oder andere amtliche Identifikationspapiere zu fälschen oder zu manipulieren. Doch nicht jede Veränderung am äußeren Erscheinungsbild eines Ausweises zieht zwangsläufig eine strafrechtliche Konsequenz nach sich.

Das Strafgesetzbuch sieht in § 273 den Straftatbestand des „Veränderns von amtlichen Ausweisen“ vor. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, ob die Veränderung in betrügerischer Absicht erfolgte, um im Rechtsverkehr zu täuschen. Nicht jede Beschädigung oder Manipulation eines Ausweises erfüllt automatisch diesen Straftatbestand. Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob tatsächlich eine Täuschungsabsicht vorlag.

Im Folgenden soll ein konkreter Gerichtsfall näher beleuchtet werden, in dem es um das teilweise Übermalen eines Personalausweisfotos ging. Das Urteil zeigt exemplarisch, wie die Gerichte in solch einer Situation die Strafbarkeit bewerten.

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✔ Der Fall vor dem Kammergericht Berlin


Übermalung des Personalausweisfotos: Freispruch nach Revision

Personalausweis übermalen Strafbarkeit
(Symbolfoto: Christian Horz /Shutterstock.com)

Im vorliegenden Fall wurde der Angeklagte zunächst vom Amtsgericht Tiergarten in Berlin und später vom Landgericht Berlin verurteilt, bevor der Fall letztlich vor dem Kammergericht Berlin landete. Ausgangspunkt der rechtlichen Auseinandersetzung war die Übermalung des Fotos auf dem Personalausweis des Angeklagten, die in einer alkoholisierten Nacht mit Freunden entstand. Das Amtsgericht Tiergarten hatte den Angeklagten wegen Veränderns von amtlichen Ausweisen zu einer Geldstrafe verurteilt, eine Entscheidung, die das Landgericht Berlin in der Berufung bestätigte, jedoch abmilderte. Der Angeklagte legte daraufhin Revision ein und argumentierte, dass weder eine Täuschungsabsicht noch eine tatsächliche Täuschung vorgelegen habe.

Umfassende Prüfung der Rechtslage durch das Kammergericht Berlin

Das Kammergericht Berlin befasste sich intensiv mit der Rechtslage und stellte fest, dass die Annahme einer Täuschungsabsicht im Sinne von § 273 Abs. 1 StGB nicht gerechtfertigt war. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin betonte, dass das besondere subjektive Merkmal der Täuschungsabsicht nicht vorlag, da die Veränderung am Ausweisfoto derart offensichtlich war, dass niemand darüber getäuscht werden konnte. Das Gericht führte aus, dass eine Täuschung im Rechtsverkehr nicht möglich war, da der Zustand des Ausweises keine Fehlvorstellung hervorrufen konnte.

Keine Verurteilung wegen Sachbeschädigung

Zusätzlich prüfte das Kammergericht Berlin, ob eine Verurteilung wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 2 StGB gerechtfertigt war. Das Gericht stellte fest, dass es sich bei der Übermalung zwar um eine unbefugte und nicht unerhebliche Veränderung des Ausweisbildes handelte. Es ließ jedoch offen, ob der Angeklagte selbst oder eine andere Person die Übermalung vorgenommen hatte. Eine mittäterschaftliche Begehungsweise war nicht nachweisbar, und auch eine Sachbeschädigung durch Unterlassen kam nicht in Betracht, da es an einer rechtlichen Pflicht zur Verhinderung der Tat fehlte.

Freispruch und Verfahrenskosten

In Anbetracht der festgestellten Tatsachen und der rechtlichen Würdigung entschied das Kammergericht Berlin, den Angeklagten freizusprechen. Das Gericht stellte klar, dass keine weiteren Feststellungen zum Tatgeschehen in einer neuen Hauptverhandlung zu erwarten waren. Daher wurde der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf des Veränderns von amtlichen Ausweisen freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten wurden der Landeskasse Berlin auferlegt.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Das Urteil verdeutlicht, dass für eine Strafbarkeit nach § 273 Abs. 1 StGB die Täuschungsabsicht und -möglichkeit essentiell sind. Eine offensichtliche, groteske Veränderung eines Ausweisfotos erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Zudem zeigt der Fall, dass für eine Verurteilung wegen Sachbeschädigung die Täterschaft zweifelsfrei feststehen muss und eine Garantenstellung für eine Strafbarkeit durch Unterlassen notwendig ist. Das Urteil schärft die Konturen der Tatbestände und mahnt zu einer sorgfältigen Prüfung der subjektiven und objektiven Merkmale.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Strafbarkeit der Ausweismanipulation


Was ist strafbar bei der Manipulation von Ausweisdokumenten?

Die Manipulation von Ausweisdokumenten umfasst eine Reihe von Handlungen, die nach deutschem Strafrecht unter verschiedenen Straftatbeständen fallen können. Eine der häufigsten Formen der Manipulation ist die Veränderung von amtlichen Ausweisen, wie beispielsweise das Übermalen des Personalausweisfotos. Solche Handlungen sind nach § 273 des Strafgesetzbuches (StGB) strafbar. Dieser Paragraph stellt das Verändern von amtlichen Ausweisen unter Strafe und umfasst auch das Gebrauchen eines veränderten amtlichen Ausweises. Die Strafandrohung kann eine Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe umfassen.

Ein weiterer relevanter Straftatbestand ist der Missbrauch von Ausweispapieren gemäß § 281 StGB. Dieser Paragraph bestraft das Gebrauchen eines Ausweispapiers, das für einen anderen ausgestellt ist, zur Täuschung im Rechtsverkehr sowie das Überlassen eines solchen Ausweispapiers an einen anderen, wenn es nicht für diesen ausgestellt ist. Auch hier ist der Versuch strafbar und kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden.

Die Urkundenfälschung nach § 267 StGB ist ebenfalls relevant, wenn es um die Manipulation von Ausweisdokumenten geht. Diese Vorschrift erfasst das Herstellen, Verfälschen oder Gebrauchen gefälschter Urkunden mit dem Ziel, jemanden zu täuschen und sich oder einem anderen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Ausweisdokumente fallen unter den Begriff der Urkunden, sodass Manipulationen an diesen ebenfalls unter diesen Straftatbestand fallen können.

Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht nur die direkte Manipulation von Ausweisdokumenten strafbar ist, sondern auch das Anfertigen, Besitzen oder Überlassen von Geräten, Software oder anderen Mitteln, die zur Fälschung oder Veränderung von Ausweisen bestimmt sind, gemäß § 276 StGB unter Strafe gestellt werden kann.

Die genannten Straftatbestände zeigen, dass das Strafrecht ein breites Spektrum von Handlungen im Zusammenhang mit der Manipulation von Ausweisdokumenten abdeckt. Die Strafbarkeit setzt dabei voraus, dass die Handlung mit der Absicht erfolgt, im Rechtsverkehr zu täuschen. Die konkreten Strafen hängen von den Umständen des Einzelfalls ab, einschließlich der Art der Manipulation und der damit verfolgten Ziele.


Wann liegt eine Täuschungsabsicht im Sinne des § 273 Abs. 1 StGB vor?

Täuschungsabsicht im Sinne des § 273 Abs. 1 StGB liegt vor, wenn der Täter mit der Veränderung eines amtlichen Ausweises beabsichtigt, im Rechtsverkehr eine andere Person über die Echtheit oder den Inhalt des Ausweises zu täuschen. Diese Absicht ist ein zentrales Merkmal für die Strafbarkeit nach § 273 Abs. 1 StGB und muss neben dem Vorsatz hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale gegeben sein.

Die Täuschungsabsicht erfordert, dass der Täter durch die Veränderung des Ausweises einen Irrtum bei einem Dritten hervorrufen möchte, der diesen zu einem rechtlich erheblichen Verhalten veranlasst. Dies bedeutet, dass der Täter den veränderten Ausweis in einer Weise verwenden will, dass der Adressat der Täuschung, beispielsweise ein Amtsträger oder eine andere Person im Rechtsverkehr, über die Identität oder die Angaben im Ausweis getäuscht wird und daraufhin eine rechtlich relevante Entscheidung trifft.

Ein Beispiel für Täuschungsabsicht wäre das Übermalen des Fotos auf einem Personalausweis, um bei einer Kontrolle eine andere Identität vorzutäuschen und dadurch eine rechtliche Konsequenz zu vermeiden oder einen Vorteil zu erlangen. Die Täuschungsabsicht muss sich dabei auf die Verwendung des veränderten Ausweises im Rechtsverkehr beziehen, also darauf, dass der Ausweis in einer Situation vorgelegt wird, in der er rechtliche Bedeutung hat.

Die Rechtsprechung betont, dass die Täuschungsabsicht im Sinne des § 273 Abs. 1 StGB ähnlich wie bei der Urkundenfälschung nach § 267 StGB zu verstehen ist. Es muss beabsichtigt sein, dass der Adressat der Täuschung durch den Gebrauch des veränderten Ausweises in die Irre geführt und dadurch zu einem rechtserheblichen Verhalten veranlasst wird. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein veränderter Ausweis bei einer Behörde vorgelegt wird, um eine staatliche Leistung zu erhalten, für die keine Berechtigung besteht.

Die Täuschungsabsicht ist nicht gegeben, wenn der Täter den Ausweis nur verändert, ohne die Absicht, diesen im Rechtsverkehr zu verwenden. Es muss also eine konkrete Absicht bestehen, den veränderten Ausweis in einer Weise zu nutzen, die eine Täuschung im Rechtsverkehr bewirkt. Dies bedeutet, dass die bloße Veränderung eines Ausweises ohne die Absicht, diesen zu täuschen, nicht ausreicht, um den Tatbestand des § 273 Abs. 1 StGB zu erfüllen.


Kann eine offensichtliche Veränderung eines Ausweisfotos überhaupt täuschend sein?

Eine offensichtliche Veränderung eines Ausweisfotos kann unter bestimmten Umständen dennoch täuschend sein. Die Täuschungseignung hängt nicht allein davon ab, ob die Veränderung sofort erkennbar ist, sondern auch davon, ob sie geeignet ist, im Rechtsverkehr einen Irrtum zu erregen. Dies bedeutet, dass selbst eine für den durchschnittlichen Betrachter erkennbare Veränderung eines Ausweisfotos eine Täuschung darstellen kann, wenn sie dazu führt, dass der Ausweis in einer Weise verwendet wird, die eine rechtlich relevante Entscheidung beeinflusst.

Die Rechtsprechung und juristische Literatur betonen, dass die Täuschungsabsicht im Sinne des § 273 Abs. 1 StGB darauf abzielt, im Rechtsverkehr eine andere Person über die Echtheit oder den Inhalt des Ausweises zu täuschen. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die Veränderung offensichtlich ist, aber dennoch dazu führt, dass der Ausweis in einer Weise verwendet wird, die eine rechtliche Relevanz hat. Beispielsweise könnte ein übermaltes Foto auf einem Personalausweis bei einer oberflächlichen Kontrolle nicht sofort auffallen und somit eine Täuschung bewirken.

Ein weiteres Kriterium ist die Absicht des Täters. Wenn der Täter die Veränderung vornimmt, um im Rechtsverkehr eine Täuschung zu bewirken, ist die Täuschungsabsicht gegeben, unabhängig davon, ob die Veränderung offensichtlich ist. Die Täuschungseignung wird also nicht allein durch die Sichtbarkeit der Veränderung bestimmt, sondern durch die Absicht und die tatsächliche Verwendung des veränderten Ausweises.

Ein Beispiel aus der Praxis könnte das Übermalen des Fotos auf einem Personalausweis sein, um bei einer Kontrolle eine andere Identität vorzutäuschen. Auch wenn die Veränderung für einen geschulten Betrachter erkennbar ist, könnte sie bei einer schnellen oder oberflächlichen Prüfung übersehen werden und somit eine Täuschung im Rechtsverkehr bewirken. Die Täuschungsabsicht liegt in der Absicht des Täters, den veränderten Ausweis in einer Weise zu verwenden, die eine rechtlich relevante Entscheidung beeinflusst.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Offensichtlichkeit einer Veränderung nicht automatisch die Täuschungseignung ausschließt. Entscheidend ist, ob die Veränderung geeignet ist, im Rechtsverkehr einen Irrtum zu erregen und ob der Täter die Absicht hatte, eine solche Täuschung zu bewirken.


Wann kann eine Ausweismanipulation als Sachbeschädigung gewertet werden?

Eine Ausweismanipulation kann unter bestimmten Voraussetzungen als Sachbeschädigung im Sinne des § 303 Abs. 2 StGB gewertet werden. Nach dieser Vorschrift wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert. Für die Strafbarkeit einer Ausweismanipulation, wie beispielsweise das Übermalen des Personalausweisfotos, sind daher mehrere Kriterien relevant.

Zunächst muss es sich bei dem Ausweis um eine fremde Sache handeln. Dies ist der Fall, wenn der Ausweis nicht im Alleineigentum des Täters steht oder wenn der Täter nicht über die erforderlichen Befugnisse verfügt, um über den Ausweis zu verfügen oder ihn zu verändern.

Die Manipulation des Ausweises muss unbefugt erfolgen. Dies bedeutet, dass der Täter keine Erlaubnis zur Vornahme der Veränderung hat. Im Kontext von amtlichen Ausweisdokumenten, wie dem Personalausweis, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass jegliche Veränderung ohne entsprechende behördliche Genehmigung unbefugt ist.

Weiterhin muss die Veränderung des Erscheinungsbildes des Ausweises nicht nur unerheblich sein. Eine unerhebliche Veränderung, die das Erscheinungsbild des Ausweises nicht wesentlich beeinflusst, fällt nicht unter den Tatbestand der Sachbeschädigung. Das Übermalen des Personalausweisfotos stellt jedoch eine erhebliche Veränderung dar, da es die Identifizierungsfunktion des Ausweises beeinträchtigt und somit das Erscheinungsbild wesentlich verändert.

Darüber hinaus muss die Veränderung nicht nur vorübergehend sein. Dies bedeutet, dass die Veränderung dauerhaft oder zumindest für einen längeren Zeitraum Bestand hat. Beim Übermalen des Personalausweisfotos ist in der Regel von einer dauerhaften Veränderung auszugehen, da eine Rückführung in den ursprünglichen Zustand ohne weiteres nicht möglich ist.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Ausweismanipulation, wie das Übermalen des Personalausweisfotos, unter den genannten Voraussetzungen als Sachbeschädigung nach § 303 Abs. 2 StGB gewertet werden kann, da sie eine unbefugte, nicht nur unerhebliche und nicht nur vorübergehende Veränderung des Erscheinungsbildes einer fremden Sache darstellt.

Welche Rolle spielt die Täterschaft bei der Strafbarkeit von Ausweismanipulationen?

Die Täterschaft spielt bei der Strafbarkeit von Ausweismanipulationen, wie dem Übermalen eines Personalausweisfotos, eine entscheidende Rolle, da sie die Grundlage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit bildet. Gemäß § 25 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB) wird als Täter bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. Dies bedeutet, dass für eine Verurteilung die Täterschaft zweifelsfrei feststehen muss.

Bei der Ausweismanipulation kann die Täterschaft direkt durch die Person erfolgen, die das Foto übermalt, oder mittelbar, wenn jemand anderes dazu angestiftet oder beauftragt wird, die Manipulation vorzunehmen. Die mittelbare Täterschaft nach § 25 Abs. 1 2. Alt. StGB setzt voraus, dass der Hintermann die Tat durch einen anderen begeht, wobei der Vordermann als Werkzeug des Hintermannes fungiert.

Eine mittäterschaftliche Begehung, geregelt in § 25 Abs. 2 StGB, liegt vor, wenn mehrere Personen gemeinschaftlich die Tat begehen. Bei der Ausweismanipulation wäre dies der Fall, wenn mehrere Personen zusammenwirken, um das Foto zu übermalen oder die Manipulation zu planen und durchzuführen. Jeder Mittäter muss einen eigenen Tatbeitrag leisten, der für die Tatbestandsverwirklichung kausal und nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist. Die Mittäterschaft erfordert zudem einen gemeinsamen Tatentschluss und ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken.

Darüber hinaus kann eine Strafbarkeit durch Unterlassen gemäß § 13 StGB in Betracht kommen, wenn jemand es unterlässt, eine Ausweismanipulation zu verhindern, obwohl er rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt. Dies setzt eine Garantenstellung voraus, die beispielsweise aus einer Überwachungspflicht resultieren kann. Das Unterlassen muss der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entsprechen.

Die Anforderungen an den Nachweis der Täterschaft sind hoch und erfordern eine lückenlose Beweisführung. Insbesondere bei der mittelbaren Täterschaft und der Mittäterschaft muss genau dargelegt werden, wie der oder die Täter zur Tatbestandsverwirklichung beigetragen haben. Bei der Strafbarkeit durch Unterlassen muss nachgewiesen werden, dass der Täter tatsächlich in der Lage war, den tatbestandlichen Erfolg zu verhindern, und dass er eine rechtliche Verpflichtung dazu hatte.

Zusammenfassend ist die Täterschaft ein zentrales Element bei der Beurteilung der Strafbarkeit von Ausweismanipulationen. Sie bestimmt, wer für die Tat strafrechtlich verantwortlich gemacht werden kann, und setzt eine genaue Prüfung der Umstände und des individuellen Beitrags zur Tat voraus.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 273 Abs. 1 StGB (Verändern von amtlichen Ausweisen): Der Angeklagte wurde zunächst wegen Veränderns eines amtlichen Ausweises verurteilt. Die rechtliche Prüfung konzentrierte sich darauf, ob die Übermalung des Ausweisfotos eine Täuschungsabsicht im Rechtsverkehr darstellte. Das Gericht stellte fest, dass dies nicht der Fall war, da die Übermalung zu offensichtlich war, um jemanden zu täuschen.
  • § 303 Abs. 2 StGB (Sachbeschädigung): Das Gericht prüfte auch, ob die Übermalung des Fotos eine Sachbeschädigung darstellt. Hierbei wurde festgestellt, dass der Ausweis eine fremde Sache ist und die Übermalung eine nicht unerhebliche Veränderung darstellt. Es war jedoch unklar, ob der Angeklagte oder eine andere Person die Übermalung vorgenommen hatte, sodass eine mittäterschaftliche Begehung nicht nachgewiesen werden konnte.
  • § 345 Abs. 1 StPO (Entscheidung in der Sache selbst): Aufgrund der festgestellten Tatsachen und der rechtlichen Würdigung entschied das Kammergericht Berlin, dass keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, und sprach den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen frei.
  • § 464 StPO (Kostenentscheidung): Das Gericht entschied, dass die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten von der Landeskasse Berlin zu tragen sind.
  • § 467 Abs. 1 StPO (Kosten- und Auslagenentscheidung bei Freispruch): Diese Regelung wurde angewendet, um die Kosten und Auslagen des freigesprochenen Angeklagten zu decken.


⬇ Das vorliegende Urteil vom Kammergericht Berlin

KG Berlin – Az.: 2 ORs 23/23 – 121 Ss 100/23 – Beschluss vom 11.07.2023

Auf die Revision des Angeklagten werden die Urteile des Landgerichts Berlin vom 3. Mai 2023 sowie des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. Oktober 2021 aufgehoben.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich derjenigen des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten jeweils entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse Berlin.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin verurteilte den Angeklagten am 18. Oktober 2021 wegen Veränderns von amtlichen Ausweisen zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 13,00 Euro. Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 3. Mai 2023 mit der Maßgabe verworfen, dass er unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Düren vom 21. August 2020 – 117 Cs 563/19 – zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 13 Euro verurteilt wurde. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen und formellen Rechts rügt.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die ebenfalls erhobene Verfahrensrüge nicht mehr ankommt.

1. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:

„In der Nacht vom 22. zum 23.3.2021 hielten sich der Angeklagte, der Zeuge N und andere Freunde des Angeklagten in wechselnder Besetzung lange in einer der Wohnungen der Teilnehmer (nicht des Angeklagten) auf und tranken erhebliche, nicht näher zu ermittelnde Mengen Alkohol. Der Angeklagte betrachtet Ausweisdokumente als Bestandteil eines Systems, das täglich Menschen kontrolliert, diskriminiert und tötet. Er ließ es als Teil des gemeinsamen Herumalberns in der Gruppe zu, dass er oder einer der anderen Anwesenden auf seinem Personalausweis mit der unter I. angegebenen Nummer mit einem schwarzen alkohollöslichen Stift das Lichtbild bis auf die Augenpartie unkenntlich machte; sofern dies durch eine andere Person geschah, billigte er dies. Er wusste, dass der Ausweis in diesem Zustand seine Funktion, seine optische Identifizierung zu ermöglichen, verloren hatte. Er steckte den Ausweis in seinem betrunkenen Zustand lediglich wieder in seine Hosentasche. Zu diesem Zeitpunkt war die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht ausschließbar erheblich vermindert, aber nicht aufgehoben. Als der Angeklagte am nächsten Tag an einer Demonstration teilnahm und die Polizei die vom Angeklagten mündlich angegebenen Personalien überprüfen wollte, fand der Zeuge PM O bei einer Durchsuchung den unverändert beschmierten Personalausweis in der Hosentasche des Angeklagten.“

2. Die auf diese Feststellungen gestützte Verurteilung des Angeklagten wegen Veränderns von amtlichen Ausweisen gemäß § 273 Abs. 1 Nr. 1 StGB hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat in ihrer Stellungnahme vom 23. Juni 2023 dazu folgendes ausgeführt:

„1.

Die Feststellungen tragen entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht die Annahme, dass der Angeklagte zur Täuschung im Rechtsverkehr im Sinne von § 273 Abs. 1 StGB handelte.

a)

Neben dem Vorsatz im Hinblick auf die objektiven Tatbestandsmerkmale verlangt § 273 Abs. 1 StGB das besondere subjektive Merkmal der Täuschungsabsicht. Täuschung im Rechtsverkehr ist dabei im Ausgangspunkt zu verstehen wie bei § 267 StGB. Vor dem Hintergrund der Rechtsgutskonzeption ist aber zu verlangen, dass durch den Gebrauch des Ausweises bei einem Amtsträger ein Irrtum herbeigeführt und dieser dadurch zu einem rechtserheblichen Verhalten veranlasst werden soll (vgl. Zieschang in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage 2023, § 273 Rn. 26). Es ist erforderlich, dass der Adressat einer unmittelbaren Vorlage des Ausweises über den Umstand getäuscht werden soll, dass sich im Ausweis die nunmehr unterdrückte Eintragung befunden hatte, um ihn hierdurch zu einer rechtlich erheblichen Disposition zu veranlassen (vgl. MüKoStGB/Erb, 4. Aufl. 2022, StGB § 273 Rn. 6).

b)

So liegt der Fall hier gerade nicht. Das Landgericht erblickt in der Beeinträchtigung oder Aufhebung der ‚Identifizierungsfunktion als Beweiszweck‘ durch die festgestellte Übermalung des Ausweisfotos eine Eignung zur Täuschung, ohne jedoch darlegen zu können, worüber hierdurch konkret getäuscht werden sollte. Das ist auch nicht möglich, denn die Veränderung am Ausweis ist derart offensichtlich, dass angesichts dieser niemand eine entsprechende Fehlvorstellung hätte entwickeln können. Dass – worauf das Landgericht abstellt – eine Täuschung im Rechtsverkehr (in der zitierten Kommentierung heißt es: ‚Täuschungsabsicht‘) stets gegeben ist, wenn der Täter sich der Beweiswirkung der Urkunde auf seine Person entziehen will (vgl. UA, S. 4), steht dem nicht entgegen, denn gleichwohl ist immer erforderlich, dass der Täter eine andere Person zu einem irrtumsbedingten rechtserheblichen Verhalten veranlassen will (vgl. Fischer, StGB, 70. Auflage, § 267 Rn. 42 m. w. N.). Bei der Übermalung des Ausweisfotos ist es indes schlicht unmöglich, einen Irrtum in diesem Sinne zu erzeugen.

2.

Die Feststellungen tragen vorliegend auch keine Verurteilung wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 2 StGB.

a)

Zwar handelt es sich bei dem Personalausweis um eine fremde Sache (§ 4 Abs. 2 PAuswG).

b)

Auch handelt es sich bei der festgestellten teilweisen Übermalung des Ausweisfotos ‚mit einem schwarzen alkohollöslichen Stift‘ (UA, S. 2) um eine unbefugte, nicht unerhebliche und nicht nur vorübergehende Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des Ausweises.

c)

Das Landgericht musste jedoch offenlassen, ob der Angeklagte selbst oder eine dritte Person die Veränderungen an dem Ausweis vorgenommen haben, wobei der Angeklagte im letzteren Fall die [Veränderungen] ‚gebilligt‘ habe. Eine mittäterschaftliche Begehungsweise ist damit indes nicht festgestellt, zumal das Gericht in seiner Beweiswürdigung darauf abstellt, der Angeklagte habe die Veränderung an dem Ausweis ‚zugelassen‘ (UA, S. 3). Auch eine Sachbeschädigung durch Unterlassen kommt nicht in Betracht, weil es insoweit an einer Rechtspflicht des Angeklagten zur Tatbestandsverhinderung fehlt. Insbesondere folgt diese nicht aus dem Gesetz. § 27 PAuswG regelt die Pflichten des Ausweisinhabers. Gegen keine der dort bezeichneten Pflichten hat der Angeklagte im Zuge des verfahrensgegenständlichen Tatgeschehens verstoßen. Auch andere gesetzliche oder sonstige Garantenpflichten sind vorliegend nicht gegeben.“

Diese Ausführungen treffen zu, weshalb sie sich der Senat zu eigen macht.

3. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen zum Tatgeschehen zu erwarten sind. Gemäß § 345 Abs. 1 StPO hat er daher in der Sache selbst zu entscheiden und spricht den Angeklagten auf der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf des Veränderns von amtlichen Ausweisen frei.

III.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 464, § 467 Abs. 1 StPO.

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