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Strafbefehlsverfahren – Zulässigkeit des Beschlussverfahrens im Berufungsverfahren

OLG Dresden – Az.: 2 Ws 30/14 – Beschluss vom 22.01.2014

1. Auf die sofortige Beschwerde der Angeklagten wird der Beschluss der 5a. Strafkammer des Landgerichts Görlitz vom 17. Dezember 2013 aufgehoben.

2. Die Sache wird zur Durchführung des Berufungsverfahrens an das Landgericht Görlitz zurückverwiesen.

Gründe

I.

Der Strafrichter des Amtsgerichts Zittau erließ am 05. April 2013 einen Strafbefehl gegen die Angeklagte wegen des Vorwurfs einer falschen uneidlichen Zeugenaussage vor Gericht. Gegen den ihr am 10. April 2013 zugestellten Strafbefehl legte die Angeklagte mit Verteidigerschriftsatz am 17. April 2013 rechtzeitig umfassend Einspruch ein. Nach Durchführung der daraufhin anberaumten Hauptverhandlung mit Beweisaufnahme sprach sie das Amtsgericht Zittau mit Urteil vom 12. August 2013 der falschen uneidlichen Aussage schuldig und verurteilte sie deswegen zu der Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 25,00 Euro.

Gegen dieses Urteil legte die Angeklagte am 17. August 2013 Berufung ein. Mit weiterem Schriftsatz ihres Verteidigers vom 06. Dezember 2013 beschränkte die Berufungsführerin ihr Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch und innerhalb dessen auf die Frage der Tagessatzhöhe. Zugleich beantragte sie unter Beifügung der Ablichtung eines Bescheides des Jobcenters … über die Bewilligung von Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 29. Oktober 2013, über die noch nicht rechtskräftige Tagessatzhöhe gemäß § 411 Abs. 1 S. 3 StPO im Beschlusswege ohne Hauptverhandlung zu entscheiden.

Nach Einholung der staatsanwaltschaftlichen Zustimmung hob die Berufungskammer ihren bereits anberaumten Hauptverhandlungstermin auf und setzte die Höhe des einzelnen Tagessatzes mit Beschluss vom 17. Dezember 2013 auf 15,00 Euro fest. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrer durch Anwaltsschriftsatz rechtzeitig erhobenen sofortigen Beschwerde, weil die Berufungskammer bei der Festsetzung der Tagessatzhöhe zu ihren Lasten Nebeneinkünfte zugrunde gelegt habe, die sie in Wahrheit nicht erziele.

Die Generalstaatsanwaltschaft hält die sofortige Beschwerde für unbegründet und hat beantragt, das Rechtsmittel „aus den zutreffenden, durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräfteten Gründen der angefochtenen Entscheidung“ zu verwerfen. Die Beschwerdeführerin habe für ihr Vorbringen keine Nachweise erbracht.

II.

Die sofortige Beschwerde führt aus grundsätzlichen Erwägungen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Die Auffassung des Landgerichts Görlitz, gemäß § 332 StPO sei das Beschlussverfahren nach § 411 Abs. 1 S. 3 StPO auch im Berufungsverfahren zulässig, ist unzutreffend.

Zwar sind nach § 332 StPO, welcher seinem Wortlaut nach auf die Normen des sechsten Abschnitts des zweiten Buches der StPO verweist, die für das erstinstanzliche Verfahren vorgesehenen Regelungen auch im Berufungsverfahren heranzuziehen, soweit für letzteres in den §§ 312 ff. StPO keine eigenständige Regelungen getroffen werden. Die Berufungskammer hat aber nicht bedacht, dass § 411 StPO von dieser Verweisungsvorschrift nicht erfasst wird, weil sein Anwendungsbereich ausschließlich im Einspruchsverfahren liegt (vgl. Gössel in LR-StPO 26. Aufl., § 411 Rdnr. 1).

Die (Ausnahme-)Regelung des § 411 Abs. 1 S. 3 StPO trägt allein den Besonderheiten des summarischen Strafbefehlsverfahrens nach einem auf die Tagessatzhöhe beschränkten Einspruch Rechnung (vgl. BT-Drucks. 15/3482, S. 22, rechte Spalte). Für das nach einem zulässigen – und wie hier auch unbeschränkten – Einspruch durchzuführende weitere Verfahren hingegen gelten die allgemeinen Verfahrensvorschriften. Der ursprüngliche Strafbefehl ersetzt dabei den Eröffnungsbeschluss, der Strafbefehlsantrag die Anklageschrift (OLG Düsseldorf StV 1989, 437; NStZ 1991, 99; BGHSt 23, 336; u.v.a.m.). Im Übrigen spielt der Strafbefehl keine Rolle mehr, vgl. § 411 Abs. 4 StPO.

Nach Abschluss der ersten Instanz durch Urteil war dem Berufungsgericht daher die Rückkehr in das Einspruchsverfahren verwehrt. Weiterreichende Ausnahmen von dem strengen Strafverfahrensrecht, beispielsweise aus Zweckmäßigkeitserwägungen, sind aus Gründen der Rechtssicherheit und Prozessklarheit abzulehnen.

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