Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Bewährungsstrafen im Fokus: Risiken und Chancen der Strafaussetzung
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Weiterführende Informationen
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet es, wenn die Bewährung widerrufen wird?
- Welche Bedingungen führen typischerweise zu einem Widerruf der Bewährung?
- Welche Möglichkeiten gibt es, einen Bewährungswiderruf abzuwenden?
- Was sind die rechtlichen Schritte, nachdem ein Widerruf der Bewährung ausgesprochen wurde?
- Wie wirkt sich ein Bewährungswiderruf auf zukünftige rechtliche Situationen und Möglichkeiten aus?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Die Verurteilte wurde wegen mehrfachen Diebstahls und Fahren ohne Fahrerlaubnis zu mehreren Freiheitsstrafen verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurden.
- Während der Bewährungszeit beging sie erneut Straftaten, darunter Diebstahl und Fahren ohne Fahrerlaubnis.
- Das Gericht entschied, die Bewährung zu widerrufen, da die Verurteilte die Erwartungen nicht erfüllte, sich gesetzestreu zu verhalten.
- Der Widerruf der Bewährung basiert darauf, dass die neuen Straftaten deutlich machen, dass die Begünstigung der Straffreiheit nicht erfüllt wurde.
- Das Gericht bewertete, dass mildere Maßnahmen wie eine Verlängerung der Bewährungszeit nicht ausreichen würden.
- Der Anspruch der Verurteilten, die Haft habe ihm eine lehrreiche Wirkung gezeigt, war nicht überzeugend.
- Das Gericht nahm an, dass ihre Bereitschaft zur Therapie nicht ausreichend ernsthaft ist, um eine günstige Prognose zu rechtfertigen.
- Die Sorge um die Kinder der Verurteilten wurde als unzureichend betrachtet, um von zukünftigen Straftaten abzuhalten.
- Das Gericht stellte fest, dass eine mündliche Anhörung der Verurteilten nicht notwendig war.
- Die Verurteilte muss die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels tragen.
Bewährungsstrafen im Fokus: Risiken und Chancen der Strafaussetzung
Die Strafaussetzung zur Bewährung stellt eine wichtige Regelung im deutschen Strafrecht dar und bietet straffällig gewordenen Personen die Möglichkeit, ihre Strafe unter bestimmten Voraussetzungen zu umgehen. Anstelle einer Haftstrafe kann das Gericht eine Bewährungsstrafe verhängen, die die Resozialisierung des Täters unterstützen soll. Dabei erhält der Verurteilte die Chance, sich in die Gesellschaft reintegrieren, ohne sofort an die strengen Bedingungen des Gefängnislebens gebunden zu sein. Um sicherzustellen, dass diese Wiedereingliederung gelingt, sind Bewährungsauflagen vorgesehen, die der Verurteilte einhalten muss.
Der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung kann jedoch schwerwiegende Folgen für den Betroffenen haben. Wenn der Verurteilte die festgelegten Auflagen nicht erfüllt oder rückfällig wird, kann das Gericht entscheiden, die Bewährung aufzuheben und die ursprünglich verhängte Strafe vollstrecken. In dieser komplexen Materie spielen die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bewahrung und die Entscheidungsfindung des Richters eine entscheidende Rolle. Die folgende Analyse eines konkreten Falls gibt Aufschluss über die praktischen Auswirkungen dieser Regelungen und die damit verbundenen Rechtsfolgen.
Der Fall vor Gericht
Bewährungswiderruf nach mehrfacher Straffälligkeit
Das Kammergericht Berlin hat die sofortige Beschwerde einer Verurteilten gegen den Widerruf ihrer Bewährung verworfen. Die Frau war vom Amtsgericht Düsseldorf im Januar 2018 wegen zweifachen Diebstahls zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Im August 2019 wurde diese mit anderen Strafen zu einer achtmonatigen Gesamtfreiheitsstrafe zusammengefasst, ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt.
Erneute Straftaten während der Bewährungszeit
Während der dreijährigen Bewährungszeit beging die Verurteilte mehrere neue Straftaten. Im Februar 2019 wurde sie wegen eines Diebstahls vom Juli 2018 zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Ebenfalls im Februar 2019 erfolgte eine weitere Verurteilung zu neun Monaten Bewährungsstrafe wegen gewerbsmäßigen Diebstahls. Im Dezember 2020 wurde gegen sie eine Geldstrafe wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verhängt. Schließlich verurteilte das Amtsgericht Velbert sie im September 2020 wegen eines Diebstahls von Lebensmitteln im Wert von 4,68 Euro zu acht Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung.
Begründung des Bewährungswiderrufs
Das Landgericht Berlin widerrief daraufhin die Strafaussetzung zur Bewährung. Das Kammergericht bestätigte diese Entscheidung. Es sah die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB als erfüllt an. Die Verurteilte habe durch ihr Verhalten gezeigt, dass sich die Erwartung, sie werde sich gesetzestreu verhalten, nicht erfüllt habe. Jede in der Bewährungszeit begangene Straftat von einigem Gewicht rechtfertige den Widerruf, unabhängig davon, ob sie einschlägig sei oder nicht.
Ablehnung milderer Maßnahmen
Das Gericht lehnte mildere Maßnahmen wie eine Verlängerung der Bewährungszeit oder neue Auflagen ab. Solche kämen nur in Betracht, wenn neue Tatsachen vorlägen, die trotz des Bewährungsversagens die Erwartung rechtfertigten, die Verurteilte werde künftig keine Straftaten mehr begehen. Daran fehle es hier. Weder die bisherige Haftzeit von zwölf Monaten noch die erklärte Bereitschaft zu betreutem Wohnen und Anbindung an den Sozialpsychiatrischen Dienst reichten dafür aus. Auch die erneute Mutterschaft der Verurteilten sah das Gericht nicht als tragfähige Grundlage für eine positive Prognose.
Konsequenzen für die Verurteilte
Die Verurteilte muss nun die widerrufene achtmonatige Gesamtfreiheitsstrafe verbüßen. Zudem verbüßt sie bereits seit Juli 2022 eine einjährige Freiheitsstrafe nach Widerruf einer anderen Bewährung. Insgesamt erwartet sie eine Haftzeit bis voraussichtlich Juni 2024.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung verdeutlicht die strikte Handhabung des Bewährungswiderrufs bei wiederholter Straffälligkeit. Jede nicht unerhebliche Straftat während der Bewährungszeit kann zum Widerruf führen, wobei die Gerichte eine Gesamtschau des Verhaltens vornehmen. Für mildere Maßnahmen bedarf es konkreter Tatsachen, die eine positive Zukunftsprognose rechtfertigen. Bloße Absichtserklärungen oder Lebensumstände wie Elternschaft reichen dafür nicht aus.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurden, ist es entscheidend, dass Sie sich während der Bewährungszeit straffrei verhalten. Dieses Urteil zeigt, dass selbst kleinere Delikte wie Diebstähle geringwertiger Sachen oder Fahren ohne Fahrerlaubnis zum Widerruf der Bewährung führen können, besonders wenn sie wiederholt auftreten. Das Gericht betrachtet Ihr Gesamtverhalten und nicht nur einzelne Taten. Versprechungen oder Lebensumstände wie eine neue Elternschaft reichen nicht aus, um einen Widerruf zu verhindern. Um Ihre Bewährung zu behalten, müssen Sie aktiv an Ihrer Rehabilitation arbeiten, Auflagen konsequent einhalten und jegliche Straftaten vermeiden. Bei Schwierigkeiten sollten Sie frühzeitig Hilfe suchen, etwa bei Ihrem Bewährungshelfer oder einer Beratungsstelle.
Weiterführende Informationen
Im Kontext der strafrechtlichen Rehabilitation spielt der Bewährungswiderruf nach mehrfacher Straffälligkeit eine entscheidende Rolle. In diesem Abschnitt finden Sie häufig gestellte Fragen, die Ihnen ein besseres Verständnis der Materie ermöglichen, sowie ein Glossar, das wichtige Fachbegriffe verständlich macht. Darüber hinaus werden die relevanten Rechtsgrundlagen vorgestellt, die für die Beurteilung und Handhabung von Fällen im Zusammenhang mit Bewährungswiderrufen von Bedeutung sind. Lassen Sie sich informieren und erweitern Sie Ihr Wissen zu diesem komplexen Thema.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was bedeutet es, wenn die Bewährung widerrufen wird?
- Welche Bedingungen führen typischerweise zu einem Widerruf der Bewährung?
- Welche Möglichkeiten gibt es, einen Bewährungswiderruf abzuwenden?
- Was sind die rechtlichen Schritte, nachdem ein Widerruf der Bewährung ausgesprochen wurde?
- Wie wirkt sich ein Bewährungswiderruf auf zukünftige rechtliche Situationen und Möglichkeiten aus?
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet es, wenn die Bewährung widerrufen wird?
Der Widerruf der Bewährung bedeutet, dass eine ursprünglich zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe nun vollstreckt wird. Sie müssen in diesem Fall die Haftstrafe antreten, die zunächst zur Bewährung ausgesetzt war.
Gründe für einen Bewährungswiderruf
Ein Bewährungswiderruf kann erfolgen, wenn Sie:
- Während der Bewährungszeit eine neue Straftat begehen
- Gegen Bewährungsauflagen gröblich oder beharrlich verstoßen
- Sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers beharrlich entziehen
Rechtliche Grundlagen
Die gesetzliche Grundlage für den Bewährungswiderruf findet sich in § 56f des Strafgesetzbuches (StGB). Das Gericht muss die Strafaussetzung widerrufen, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Es hat jedoch einen Ermessensspielraum und kann in bestimmten Fällen von einem Widerruf absehen.
Konsequenzen des Widerrufs
Wenn Ihre Bewährung widerrufen wird, hat dies folgende Auswirkungen:
- Sie müssen die ursprünglich verhängte Freiheitsstrafe antreten.
- Die Zeit, die Sie bereits auf Bewährung verbracht haben, wird nicht auf die Haftzeit angerechnet.
- Bei einer neuen Straftat während der Bewährungszeit müssen Sie möglicherweise zusätzlich die Strafe für diese neue Tat verbüßen.
Ablauf des Widerrufsverfahrens
Bevor die Bewährung widerrufen wird, haben Sie das Recht, in einer mündlichen Anhörung vor Gericht Stellung zu nehmen. Das Gericht prüft dann, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf vorliegen und ob mildere Maßnahmen ausreichen könnten.
Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Bewährungsstrafe erhalten und verstoßen gegen Auflagen. In einem solchen Fall wird das Gericht prüfen, ob dieser Verstoß schwerwiegend genug ist, um die Bewährung zu widerrufen, oder ob andere Maßnahmen wie eine Verlängerung der Bewährungszeit ausreichen.
Welche Bedingungen führen typischerweise zu einem Widerruf der Bewährung?
Ein Widerruf der Bewährung kann erfolgen, wenn Sie als verurteilte Person bestimmte Bedingungen nicht einhalten. Die häufigsten Gründe für einen Bewährungswiderruf sind:
Begehung einer neuen Straftat
Wenn Sie während der Bewährungszeit eine weitere Straftat begehen, kann dies zum Widerruf der Bewährung führen. Das Gericht muss dabei überzeugt sein, dass Sie durch die neue Tat gezeigt haben, dass sich die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, nicht erfüllt hat. Beachten Sie, dass nicht jede Straftat automatisch zum Widerruf führt. Beispielsweise werden Fahrlässigkeitsdelikte oder Bagatelldelikte, die der ursprünglichen Tat nicht ähneln, oft milder beurteilt.
Verstoß gegen Auflagen und Weisungen
Ein gröblicher oder beharrlicher Verstoß gegen Auflagen oder Weisungen kann ebenfalls einen Widerruf begründen. Wenn Sie beispielsweise auferlegte Geldzahlungen nicht leisten, Sozialstunden nicht ableisten oder dem Gericht einen Umzug nicht mitteilen, riskieren Sie den Widerruf Ihrer Bewährung.
Entzug der Aufsicht und Leitung
Entziehen Sie sich beharrlich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers, kann dies zum Widerruf führen. Dies gilt insbesondere, wenn dadurch die Besorgnis entsteht, dass Sie erneut Straftaten begehen könnten.
Zeitlicher Aspekt
Beachten Sie, dass auch Straftaten, die Sie in der Zeit zwischen der Entscheidung über die Strafaussetzung und deren Rechtskraft begangen haben, einen Widerruf begründen können.
Verhältnismäßigkeit und Alternativen
Das Gericht prüft stets, ob weniger einschneidende Maßnahmen als der Widerruf ausreichen. Es kann beispielsweise weitere Auflagen erteilen, Sie einem Bewährungshelfer unterstellen oder die Bewährungszeit verlängern, anstatt die Bewährung zu widerrufen.
Bedenken Sie, dass jeder Fall individuell betrachtet wird. Die Entwicklung nach einer möglichen neuen Straftat und Ihr Gesamtverhalten während der Bewährungszeit spielen eine wichtige Rolle bei der Entscheidung des Gerichts.
Welche Möglichkeiten gibt es, einen Bewährungswiderruf abzuwenden?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, einen drohenden Bewährungswiderruf abzuwenden:
Erfüllung von Auflagen und Weisungen
Wenn Sie alle Bewährungsauflagen und Weisungen strikt einhalten, verringern Sie das Risiko eines Widerrufs erheblich. Dies umfasst beispielsweise regelmäßige Meldungen beim Bewährungshelfer, die Zahlung von Geldauflagen oder die Teilnahme an Therapiemaßnahmen. Sollten Sie Schwierigkeiten bei der Erfüllung haben, informieren Sie umgehend Ihren Bewährungshelfer und das Gericht.
Positive Lebensführung nachweisen
Zeigen Sie dem Gericht, dass Sie aktiv an einer Verbesserung Ihrer Lebenssituation arbeiten. Dies kann durch die Aufnahme einer geregelten Arbeit, den Beginn einer Ausbildung oder die Teilnahme an Fortbildungen geschehen. Auch ehrenamtliches Engagement oder der Nachweis einer stabilen Wohnsituation können sich positiv auswirken.
Neue Tatsachen vorbringen
Wenn sich Ihre Lebensumstände seit der ursprünglichen Verurteilung wesentlich geändert haben, bringen Sie diese neuen Tatsachen dem Gericht zur Kenntnis. Dies können beispielsweise eine erfolgreiche Suchttherapie, die Gründung einer Familie oder der Abbruch von Kontakten zu kriminellen Kreisen sein.
Verlängerung der Bewährungszeit
In manchen Fällen kann das Gericht gemäß § 56f Abs. 2 StGB von einem Widerruf absehen und stattdessen die Bewährungszeit verlängern. Wenn Sie dem Gericht glaubhaft vermitteln können, dass Sie trotz kleinerer Verstöße grundsätzlich auf dem richtigen Weg sind, kann dies eine Alternative zum Widerruf sein.
Zusätzliche Auflagen oder Weisungen
Das Gericht hat die Möglichkeit, anstelle eines Widerrufs zusätzliche Auflagen oder Weisungen zu erteilen. Zeigen Sie sich offen für solche Maßnahmen und schlagen Sie gegebenenfalls selbst vor, welche zusätzlichen Auflagen Sie erfüllen könnten, um Ihre Bereitschaft zur Besserung zu demonstrieren.
Glaubhafte Entschuldigung für Verstöße
Sollten Sie gegen Auflagen verstoßen haben, erklären Sie dem Gericht die Gründe dafür. Wenn Sie beispielsweise aufgrund einer schweren Erkrankung oder unverschuldeter Arbeitslosigkeit Geldauflagen nicht erfüllen konnten, kann das Gericht dies berücksichtigen.
Unterstützung durch Bewährungshelfer
Arbeiten Sie eng mit Ihrem Bewährungshelfer zusammen. Dieser kann dem Gericht eine positive Stellungnahme zu Ihrer Entwicklung geben und sich für Alternativen zum Widerruf einsetzen.
Was sind die rechtlichen Schritte, nachdem ein Widerruf der Bewährung ausgesprochen wurde?
Nach einem Bewährungswiderruf haben Sie als Betroffener mehrere rechtliche Möglichkeiten, um gegen diese Entscheidung vorzugehen:
Sofortige Beschwerde einlegen
Die wichtigste und dringlichste Maßnahme ist die Einlegung einer sofortigen Beschwerde. Diese müssen Sie innerhalb einer Woche nach Zustellung des Widerrufsbeschlusses beim zuständigen Gericht einreichen. Die Beschwerde können Sie schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts erklären.
Begründung der Beschwerde
Nach Einlegung der sofortigen Beschwerde setzt das Gericht in der Regel eine weitere Frist zur Begründung der Beschwerde. In dieser Begründung sollten Sie darlegen, warum Sie den Widerruf für ungerechtfertigt halten. Mögliche Argumente könnten sein:
- Die neue Straftat war nicht schwerwiegend genug, um einen Widerruf zu rechtfertigen.
- Sie haben sich ansonsten bewährungskonform verhalten.
- Es liegen besondere persönliche Umstände vor, die gegen einen Widerruf sprechen.
Beweise vorlegen
Sie haben das Recht, Beweise für Ihr positives Verhalten während der Bewährungszeit vorzulegen. Dies können beispielsweise sein:
- Nachweise über die Erfüllung von Auflagen
- Bescheinigungen über eine Therapieteilnahme
- Arbeitszeugnisse oder andere Belege für Ihre soziale Integration
Alternativen zum Widerruf vorschlagen
Sie können dem Gericht Alternativen zum Bewährungswiderruf vorschlagen. Dazu gehören:
- Verlängerung der Bewährungszeit
- Erteilung zusätzlicher Auflagen oder Weisungen
- Unterstellung unter einen Bewährungshelfer
Prüfung des Widerrufsbeschlusses
Im Rahmen der Beschwerde wird sowohl der Widerrufsbeschluss als auch der ursprüngliche Bewährungsbeschluss auf formale und inhaltliche Fehler überprüft. Dabei können folgende Aspekte eine Rolle spielen:
- Zuständigkeit des Gerichts
- Rechtmäßigkeit von Bewährungsauflagen
- Verhältnismäßigkeit des Widerrufs
Verfassungsbeschwerde als letztes Mittel
Sollte die sofortige Beschwerde erfolglos bleiben, können Sie in Erwägung ziehen, eine Verfassungsbeschwerde einzureichen. Dies ist jedoch ein außerordentliches Rechtsmittel und sollte nur in Betracht gezogen werden, wenn Sie der Meinung sind, dass Ihre Grundrechte verletzt wurden.
Beachten Sie, dass bei einem Widerruf wegen erneuter Straffälligkeit grundsätzlich eine rechtskräftige Verurteilung erforderlich ist. Solange das neue Strafverfahren noch läuft, können Sie sich auf die Unschuldsvermutung berufen.
Wie wirkt sich ein Bewährungswiderruf auf zukünftige rechtliche Situationen und Möglichkeiten aus?
Ein Bewährungswiderruf hat erhebliche Auswirkungen auf Ihre zukünftige rechtliche Situation. Zunächst müssen Sie die ursprünglich verhängte Freiheitsstrafe vollständig verbüßen, was Ihre persönliche Freiheit unmittelbar einschränkt.
Eintrag im Bundeszentralregister
Der Widerruf wird im Bundeszentralregister eingetragen. Dies bedeutet, dass er bei zukünftigen Strafverfahren berücksichtigt werden kann. Gerichte haben dadurch Kenntnis von Ihrem vorherigen Bewährungsversagen, was sich negativ auf künftige Strafzumessungen auswirken kann.
Erschwerter Zugang zu Strafaussetzungen
Bei erneuten Verurteilungen zu Freiheitsstrafen wird es für Sie deutlich schwieriger, eine Strafaussetzung zur Bewährung zu erhalten. Gerichte werden aufgrund des vorherigen Bewährungswiderrufs skeptischer hinsichtlich Ihrer Fähigkeit sein, sich straffrei zu führen. Die für eine Strafaussetzung erforderliche günstige Sozialprognose nach § 56 StGB wird kritischer geprüft.
Auswirkungen auf berufliche Möglichkeiten
Ein Bewährungswiderruf kann Ihre beruflichen Chancen erheblich beeinträchtigen. Bei vielen Arbeitgebern müssen Sie ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen, in dem der Widerruf ersichtlich ist. Dies kann insbesondere bei Tätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in sicherheitsrelevanten Bereichen zum Ausschluss von bestimmten Berufsfeldern führen.
Einschränkungen bei Aufenthaltsrechten
Für Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit kann ein Bewährungswiderruf aufenthaltsrechtliche Konsequenzen haben. Er kann als Grund für eine Ausweisung herangezogen werden oder die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis erschweren.
Verlängerung von Tilgungsfristen
Die Tilgungsfristen im Bundeszentralregister verlängern sich durch einen Bewährungswiderruf. Einträge bleiben somit länger bestehen, was die Resozialisierung erschwert und sich auf viele Lebensbereiche auswirken kann, von Kreditanträgen bis hin zu Mietverträgen.
Ein Bewährungswiderruf hat also weitreichende Folgen, die weit über die unmittelbare Strafvollstreckung hinausgehen und Ihre zukünftigen rechtlichen und persönlichen Möglichkeiten erheblich einschränken können.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Strafaussetzung zur Bewährung
Eine Strafaussetzung zur Bewährung bedeutet, dass jemand, der eigentlich eine Haftstrafe bekommen hätte, stattdessen unter bestimmten Bedingungen frei bleibt. Diese Möglichkeit soll dem Verurteilten helfen, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern, ohne ins Gefängnis zu müssen. Während der Bewährungszeit muss der Verurteilte bestimmte Auflagen einhalten, wie z. B. straffrei zu bleiben. Gelingt dies nicht, kann die Bewährung widerrufen werden und die Haftstrafe muss angetreten werden.
Bewährungsauflagen
Bewährungsauflagen sind Bedingungen, die eine Person erfüllen muss, um während der Bewährungszeit nicht ins Gefängnis zu müssen. Diese können z. B. Regelungen über regelmäßige Treffen mit einem Bewährungshelfer oder das Verbot, bestimmte Orte aufzusuchen, umfassen. Die Auflagen dienen dazu, den Verurteilten zu unterstützen und sicherzustellen, dass er sich gesetzestreu verhält. Werden die Auflagen nicht erfüllt, kann dies zum Widerruf der Bewährung führen.
Widerruf der Bewährung
Der Widerruf der Bewährung tritt ein, wenn jemand während der Bewährungszeit gegen die Bedingungen verstößt oder eine neue Straftat von gewissem Gewicht begeht. In diesem Fall muss die ursprünglich ausgesetzte Freiheitsstrafe doch noch verbüßt werden. Die rechtliche Grundlage dafür ist § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB. Ein Beispiel dafür ist, wenn eine Person, die auf Bewährung draußen ist, erneut einen Diebstahl begeht.
Gesamtfreiheitsstrafe
Eine Gesamtfreiheitsstrafe wird verhängt, wenn eine Person wegen mehrerer Straftaten verurteilt wird und diese zu einer einzigen Strafzeit zusammengefasst werden. Dies bedeutet, dass die Verurteilte nicht für jede Tat einzeln bestraft wird, sondern eine Gesamtstrafe erhält. Diese kann ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt werden, jedoch unterliegt sie denselben Bedingungen wie eine einzelne Strafe auf Bewährung.
Mildernde Umstände
Mildernde Umstände sind Faktoren, die bei der Strafzumessung eine Reduzierung der Strafe rechtfertigen können. Dazu zählen z. B. Reue des Täters oder besondere persönliche Umstände wie eine Krankheit. Im vorliegenden Fall erkannte das Gericht keine mildernden Umstände wie Elternschaft an, da sie nicht ausreichend waren, um von einer positiven Zukunftsprognose auszugehen.
Resozialisierung
Resozialisierung bezeichnet den Prozess der Wiedereingliederung eines Straftäters in die Gesellschaft, mit dem Ziel, zukünftige Straftaten zu verhindern. Bewährungsstrafen sind oft darauf ausgerichtet, die Resozialisierung zu fördern, indem sie dem Täter die Möglichkeit bieten, durch bestimmte Auflagen und Unterstützung von Bewährungshelfern straffrei zu bleiben. Der Erfolg der Resozialisierung hängt maßgeblich davon ab, ob sich der Täter an die gesellschaftlichen Regeln und Bewährungsauflagen hält.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 56f StGB: Diese Vorschrift regelt den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung. Der Widerruf kann insbesondere dann erfolgen, wenn der Verurteilte während der Bewährungszeit eine Straftat begeht, die nicht unerheblich ist. Diese Regelung sorgt dafür, dass die Bewährungszeit ernst genommen wird und Straftäter zur Einhaltung der Auflagen angehalten werden. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin mehrfach während ihrer Bewährungszeit Straftaten begangen, was die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 56f StGB erfüllt.
- § 453 Abs. 2 StPO: Hierbei handelt es sich um die Regelungen zur sofortigen Beschwerde gegen anfechtbare Entscheidungen im Strafverfahren. Gemäß dieser Vorschrift kann eine sofortige Beschwerde eingelegt werden, wenn Entscheidungen in einer Strafsache das Recht des Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Im aktuellen Fall hat die Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin, der den Widerruf der Bewährung betraf, sofortige Beschwerde erhoben, was in Übereinstimmung mit diesem Paragrafen steht.
- § 462a StPO: Dieser Paragraph beschreibt die Zulässigkeit und Voraussetzungen für die Antragstellung auf eine Beschwerde im Verfahren der Strafvollstreckung. Die Vorschrift stellt sicher, dass Betroffene in bestimmten Verfahren rechtliche Schritte einleiten können, um gegen Entscheidungen vorzugehen. In diesem Fall hat die Beschwerdeführerin ihre sofortige Beschwerde rechtzeitig und ordnungsgemäß eingelegt, wie es § 462a StPO erfordert.
- § 32 StGB: Diese Vorschrift regelt die Voraussetzungen der Strafbarkeit, insbesondere die Frage der Schuld und der Strafzumessung. Sie stellt klar, dass die persönliche Schuld und das Verhalten des Täters in die Beurteilung der Tat einfließen. Im Kontext des Falls ist es relevant, da die wiederholte Begehung von Straftaten während der Bewährungszeit die Einschätzung der Schuldhaftigkeit der Beschwerdeführerin erheblich beeinflusst.
- § 47 StGB: Der Paragraph legt fest, dass die Strafe unter Berücksichtigung der Gesamtstrafe ausgeurteilt werden kann, wenn mehrere Taten begangen wurden. Er ermöglicht eine Einbeziehung sämtlicher Taten bei der Festlegung einer Gesamtstrafe und deren Aussetzung zur Bewährung. In diesem Fall musste das Gericht die Vielzahl der zuvor begangenen Straftaten der Beschwerdeführerin berücksichtigen und diese in Bezug auf die Entscheidung über die Bewährungseinsetzung bewerten.
Das vorliegende Urteil
KG Berlin – Az.: 2 Ws 1/23 – 161 AR 293/22 – Beschluss vom 16.02.2023
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