Strafrechtliche Folgen: Unfallflucht führt zu Geldstrafe und Fahrverbot
Im Straßenverkehr kann es vorkommen, dass Beteiligte nach einem Verkehrsunfall den Ort des Geschehens verlassen, ohne die notwendigen Informationen mit den anderen Beteiligten auszutauschen. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort stellt im Strafrecht eine erhebliche Verfehlung dar und kann zu Geldstrafen oder gar zum Entzug der Fahrerlaubnis führen. Das Amtsgericht Solingen hat sich mit einem solchen Fall auseinandergesetzt, bei dem es um die rechtlichen Konsequenzen des Verlassens eines Unfallortes ging. Die zentrale Rechtsfrage dreht sich um die Verantwortung des Fahrers, die notwendigen Schritte nach einem Unfall zu unternehmen und die Konsequenzen, die sich aus einem Versäumnis ergeben. Das juristische Kernthema befasst sich mit der Abwägung zwischen den Rechten und Pflichten eines Verkehrsteilnehmers und dem Schutz der Allgemeinheit vor potenziell gefährlichen Fahrern.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die Angeklagte wurde wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe verurteilt und ihr wurde die Fahrerlaubnis entzogen.
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Verkehrsunfall in Hagen am 19.05.2017, bei dem die Angeklagte beteiligt war.
- Die Angeklagte kollidierte mit dem Fahrzeug eines Zeugen, verursachte einen Schaden von ca. 3.200,00 Euro.
- Trotz Verständigung mit dem Zeugen verließ die Angeklagte den Unfallort, ohne Kontaktdaten zu hinterlassen.
- Die Angeklagte meldete sich erst am nächsten Tag bei der Polizei.
- Das Amtsgericht Solingen verurteilte die Angeklagte zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10,00 EUR.
- Der Führerschein der Angeklagten wurde eingezogen und eine Sperrfrist von 7 Monaten festgelegt.
- Die Angeklagte behauptete, den Unfall nicht bemerkt zu haben, was durch Zeugenaussagen widerlegt wurde.
- Das Gericht berücksichtigte bei der Strafzumessung, dass die Angeklagte bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, aber auch den erheblichen Sachschaden.
Übersicht
Ein unerwarteter Vorfall: Verkehrsunfall in Hagen
Am 19. Mai 2017 ereignete sich in Hagen ein Verkehrsunfall, bei dem die Angeklagte beteiligt war. Sie war zu einer Hochzeit eingeladen und befand sich auf dem Weg zu einem Fototermin. Während ihrer Fahrt auf der Iserlohnerstraße beabsichtigte sie, in die Mühlenbergstraße abzubiegen. Diese Straßen sind durch eine Ampelanlage geregelt. Die Angeklagte, die in Hagen nicht ortskundig war, folgte einer Freundin in einem anderen Auto. Aufgrund von Unachtsamkeit kollidierte sie mit dem Fahrzeug eines Zeugen, wodurch ein Schaden von etwa 3.200 Euro entstand. Obwohl die Angeklagte den Unfall bemerkte und eine Verständigung mit dem Zeugen erfolgte, verließ sie den Unfallort, ohne ihre Kontaktdaten zu hinterlassen. Erst am nächsten Tag meldete sie sich bei der Polizei.
Rechtliche Implikationen: Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
Das rechtliche Problem in diesem Fall liegt in der Tatsache, dass die Angeklagte den Unfallort verlassen hat, ohne ihre Personalien zu hinterlassen. Dies stellt eine Verletzung des § 142 I StPO dar, der das unerlaubte Entfernen vom Unfallort unter Strafe stellt. Das Gericht musste klären, ob die Angeklagte tatsächlich den Unfall bemerkt hat und ob sie vorsätzlich gehandelt hat.
Die Angeklagte behauptete, sie habe den Unfall nicht bemerkt und sei der Meinung gewesen, es sei zu keiner Kollision gekommen. Diese Aussage wurde jedoch durch den Zeugen widerlegt, der den Unfall detailliert schilderte. Seine Aussage wurde durch einen weiteren Zeugen gestützt.
Urteil des Amtsgerichts Solingen
Das Amtsgericht Solingen verurteilte die Angeklagte zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10 Euro und entzog ihr die Fahrerlaubnis. Zudem wurde festgelegt, dass ihr vor Ablauf von sieben Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Gericht, dass die Angeklagte bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und sich einen Tag nach dem Unfall bei der Polizei gemeldet hat. Allerdings wurde auch der erhebliche Sachschaden, der durch ihr Fahrverhalten entstanden ist, berücksichtigt.
Die Bedeutung des Urteils für die Öffentlichkeit
Das Urteil zeigt die ernsten rechtlichen Konsequenzen, die entstehen können, wenn man sich nach einem Verkehrsunfall unerlaubt vom Unfallort entfernt. Es betont die Wichtigkeit, nach einem Unfall die notwendigen Informationen auszutauschen und die Situation ordnungsgemäß zu klären. Das Gericht hat in diesem Fall deutlich gemacht, dass das Verlassen des Unfallortes ohne die erforderlichen Maßnahmen als vorsätzliches und rechtswidriges Handeln angesehen wird.
Amtsgericht Solingen – Az.: 22 Ds 156/17 -Urteil vom 29.01.2018
Die Angeklagte wird wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10,00 EUR verurteilt, § 142 I StPO.Die Fahrerlaubnis wird entzogen. Der Führerschein wird eingezogen.Der Verkehrsbehörde wird auferlegt, ihr vor Ablauf von 7 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen, §§ 69, 69 a StGB.Sie trägt die Kosten des Verfahrens.
G r ü n d e :
Zur Sache
Am 19.05.2017 hielt sich die Angeklagte in Hagen auf. Sie war dort auf einer Hochzeit eingeladen und beabsichtigte, zu einem nach der Hochzeit stattfindenden Fototermin zu fahren. Mit dem Pkw – befuhr sie unter anderem die Iserlohnerstraße in Hagen, um von dort in die Mühlenbergstraße abzubiegen. Die Iserlohnerstraße und im weiteren Verlauf die Stennertstraße sind gegenüber der Mühlenbergstraße vorfahrtsberechtigt. Dieses Straßendreieck ist geregelt durch eine Ampelanlage.
Die Angeklagte ordnete sich auf der Linksabbiegerspur der Iserlohnerstraße in Richtung Mühlenbergstraße ein. Ihre Lichtzeichenanlage zeigte grün. Aus der Gegenrichtung näherte sich dem Einmündungsbereich der Zeuge mit seinem Pkw.
In dem Pkw der Angeklagten befanden sich die Zeuginnen als Beifahrerin und die Zeugin auf dem Rücksitz.
Da die Angeklagte in Hagen ortsfremd war, wurde sie offensichtlich von einer Freundin in einem anderen Pkw geleitet, wobei dieses Fahrzeug den Einmündungsbereich bereits passiert hatte.
Aufgrund Unachtsamkeit fuhr die Angeklagte an und stieß gegen das Fahrzeug des Zeugen . Dabei entstand am Fahrzeug des Zeugen ein Schaden von ca. 3.200,00 Euro, welcher erst im Dezember 2017 von der Haftpflichtversicherung der Angeklagten reguliert worden ist.
Die Angeklagte bemerkte den Verkehrsunfall. Es kam zu einer Verständigung zwischen dem Zeugen und der Angeklagten dahingehend, dass man sich auf einem Parkstreifen vor dem Haus Iserlohnerstraße 2 treffen werde, um die weiteren Modalitäten zu besprechen. Zu diesem Zweck hatte der Zeuge der Angeklagten Handzeichen gegeben, auf die sie mit Nicken reagiert hat. Als der Zeuge dann seinen Pkw auf dem Parkstreifen anhielt, war die Angeklagte bereits weitergefahren und nicht mehr vor Ort.
Am darauffolgenden Tag meldete sich die Angeklagte sowohl bei der Polizei in Hagen, als auch bei der Polizei in Solingen, und gab an, dass sie wohl einen Verkehrsunfall gehabt habe, weil sie einen Schaden an ihrem Fahrzeug festgestellt habe.
Der Sachverhalt steht fest aufgrund der Einlassung der Angeklagten, soweit das Gericht ihr folgen konnte, den Einlassungen der uneidlich vernommenen Zeugen sowie dem Akteninhalt, soweit er zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht worden ist, wobei insgesamt für den Umfang der Beweisaufnahme auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen wird.
Die Angeklagte hat sich dahingehend eingelassen, dass sie von dem Verkehrsunfall nichts bemerkt habe. Zu einer Verständigung mit dem Zeugen sei es nicht gekommen. Sie habe das Fahrzeug des Zeugen bemerkt und eine Vollbremsung durchgeführt. Sie sei dann der Auffassung gewesen, dass es nicht zu einer Berührung der Fahrzeuge gekommen sei, da auch der Zeuge weitergefahren sei. Sie habe daraufhin die Unfallstelle verlassen und erst am darauffolgenden Tag die Polizei informiert, nachdem sie den Schaden an ihrem Fahrzeug festgestellt habe.
Die Einlassung der Angeklagten ist widerlegt unter anderem durch die Aussage des Zeugen .
Der Zeuge hat nachvollziehbar, überzeugend und ohne jegliche Belastungstendenz den Verkehrsunfall geschildert. Der Zeuge hat insbesondere sehr anschaulich dargelegt, dass er aufgrund der Berührung der Fahrzeuge das Gefühl gehabt habe, dass er mit seinem Fahrzeug die gesamte Front des Fahrzeugs der Angeklagten „abrasiert“ habe. Der Zeuge hat auch den Moment der Kontaktaufnahme zwischen der Angeklagten und ihm anschaulich schildern können.
Die Aussage des Zeugen wird gestützt durch die Aussage des Zeugen . Dieser Zeuge folgte dem Fahrzeug des Zeugen nach und erkannte, dass es wohl zu einem Unfallereignis im Einmündungsbereich gekommen war, wobei er den Zusammenstoß selbst nicht mitbekommen hat. Bemerkenswert ist jedoch, dass der Zeuge um das Fahrzeug der Angeklagten herumfahren musste, um seine Fahrt fortsetzen zu können. Darauf wird später noch eingegangen werden.
Die vernommenen Polizeibeamten hatten keinen Zweifel an der Einlassung des Zeugen zum Unfallhergang.
Die Einlassung der Angeklagten wird von den Mitfahrerinnen, den Zeuginnen und gestützt. Beide Zeuginnen haben völlig übereinstimmend angegeben, dass nach der Vollbremsung sich die Angeklagte sofort zu ihnen gewandt habe, um sich deren Unversehrtheit zu versichern. Als man dann nach vorne geblickt habe, sei das andere Fahrzeug weg gewesen. Ein weiteres folgendes Fahrzeug habe dann noch Handzeichen gegeben, dass man weiterfahren solle.
Diese Aussage ist nicht glaubhaft. Es ist schon nicht nachvollziehbar, dass nach einem solchen Vorfall die Fahrerin sich unverzüglich um die Gesundheit ihrer Mitfahrerinnen kümmert, dem weiteren Geschehen jedoch keinerlei Aufmerksamkeit schenkt. Dies ist völlig lebensfremd. Zudem kann es sich bei dem Fahrzeug, bei dem der Fahrer Handzeichen zum Weiterfahren gegeben haben soll, nach der Gesamtschau der Aussagen nur um das Fahrzeug des Zeugen gehandelt haben. Der Zeuge hat aber glaubhaft angegeben, dass er um das Fahrzeug der Angeklagten herumfahren musste, um seine Fahrt fortsetzen zu können. Nach alledem bestehen für das Gericht keinerlei Zweifel daran, dass die Angeklagte den Verkehrsunfall, der zu einem Sachschaden von 3.200,00 Euro bei dem Zeugen geführt hat, tatsächlich auch bemerkt hat. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen ist die Angeklagte weitergefahren, ohne dem Zeugen die für die Abwicklung des Verkehrsunfalls notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen.
Durch die Tat hat die Angeklagte sich im Tenor ersichtlichen Umfang strafbar gemacht.
Sie hat insoweit vorsätzlich und rechtswidrig gehandelt.
Die Angeklagte war zur Tatzeit 20 Jahre und 7 Monate alt, mithin Heranwachsende. Auf die Angeklagte findet Regelstrafrecht Anwendung.
Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte nicht altersgerecht entwickelt ist, hat die Hauptverhandlung nicht ergeben. Die Angeklagte war vielmehr weit über ihr Alter hinaus entwickelt, was sich aus ihrem schulischen Werdegang, ihrem sozialen Engagement und dem Einsatz für ihre Familie ablesen lässt.
Bei der weiteren Strafzumessung hat das Gericht einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe auszufüllen.
Unter Berücksichtigung der in § 46 StGB niedergelegten Grundsätze zur Strafzumessung hat das Gericht zugunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass sie bislang strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist. Zugunsten der Angeklagten hat das Gericht auch berücksichtigt, dass sie sich bereits am darauffolgenden Tag bei der Polizei gemeldet hat und damit, wenn auch verspätet, die Feststellungen ihrer Personalien ermöglicht hat.
Zu Lasten der Angeklagten kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass durch ihr Fahrverhalten ein erheblicher Sachschaden entstanden ist.
Unter Berücksichtigung aller für und gegen sie sprechender Umstände hält das Gericht eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen.
Die Höhe des Tagessatzes ergibt sich aus den mitgeteilten Einkommensverhältnissen.
Die Fahrerlaubnis der Angeklagten war gemäß § 69 StGB zu entziehen und gemäß § 69 a StGB eine Sperrfrist von 7 Monaten festzusetzen.
Es liegen die Voraussetzungen des § 69 II Ziff. 3 StGB vor. Anhaltspunkte dafür, vom Regelfall abzusehen, hat die Hauptverhandlung nicht ergeben. Besondere Umstände dazu sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.
Gemäß § 69 a StGB hält das Gericht eine Sperrfrist von 7 Monaten für ausreichend, aber auch angemessen, um auf die Eignung der Angeklagten zum Führen eines Kraftfahrzeuges einzuwirken.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO.