AG Kehl, Az.: 2 Cs 505 Js 17762/17
Beschluss vom 08.03.2018
Die Einziehung von Taterträgen (§§ 73 ff. StGB) wird wieder in das Verfahren einbezogen.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeschuldigten, er habe sich von der Anzeigenerstatterin durch ein fiktives Verkaufsangebots eines Mobilfunktelefon im Internet 100 € erschlichen, strafbar als Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB. Sie beantragt die Verhängung einer Geldstrafe im Wege eines Strafbefehls. In der Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft ist vermerkt, dass von einer Beantragung der Einziehung des Wertes der Taterträge bzw. der Durchführung eines isolierten Einziehungsverfahrens gemäß § 421 Abs. 1, Abs. 3 StPO sowie § 435 Abs. 1 StPO aufgrund der geringen Höhe abgesehen werde.
II.
Das Gericht hält es für angezeigt, gemäß § 421 Abs. 2 Satz 1 StPO die Einziehung des Tatertrags wieder in das Verfahren einzubeziehen.
1. Es kann offenbleiben, ob der geringe Wert im Sinne des § 421 Abs. 1 Nr. 1 StPO an § 248a StGB auszurichten ist (so Köhler NStZ 2017, 497), was im vorliegenden Fall bei einem Tatertrag von 100 € ein Absehen von der Einziehung ausschließen würde, oder dies zu eng und vielmehr eine Betrachtung des Einzelfalls maßgebend ist (so Beck‘scher Online-Kommentar, StPO, 28. Edition, Stand 01.07.2017, § 421, Rn. 5). Denn das Absehen von einer Einziehung des Tatertrags widerspricht im vorliegenden Fall der Intention des Gesetzgebers, mit der Einziehung des Tatertrags bzw. seines Wertersatzes nach den §§ 73 ff. StGB dem Geschädigten eine einfache und effiziente Schadenswiedergutmachung zu ermöglichen (vgl. AG Kehl, Beschluss vom 28. November 2017 – 3 Cs 308 Js 10383/17 -, juris). Es ist davon auszugehen, dass ein Geldbetrag von 100 € für die Geschädigte nicht unerheblich ist, weshalb sie auch Strafanzeige erstattet haben dürfte. Andererseits dürfte es aus Sicht eines vernünftigen Geschädigten kaum ratsam sein zu versuchen, sich auf dem Zivilrechtsweg schadlos zu halten, weil zunächst sämtliche Kosten verauslagt werden müssen, ohne Gewissheit zu haben, dass eine Vollstreckung erfolgreich wäre. Gerade in solchen Fällen ist es aber mit der am 01.07.2017 in Kraft getretenen Reform der Vermögensabschöpfung, ausgehend von dem Grundsatz, dass nunmehr die Schadenswiedergutmachung grundsätzlich im Strafverfahren zu erfolgen hat, Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, den Geschädigten zur Schadenswiedergutmachung zu verhelfen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, Bundestagsdrucksache 18/9525 vom 05.09.2016, Seiten 2, 46 und 54).
2. Im vorliegenden Fall kann das Absehen von der grundsätzlich obligatorischen Einziehung des Tatertrags (vgl. AG Kehl a.a.O; LG Offenburg, Beschluss vom 08. Januar 2018 – 3 Qs 118/17 -, juris) weder mit dem Hinweis auf die Verfahrensökonomie noch einem Mehraufwand in der Vollstreckung gerechtfertigt werden.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen können die Voraussetzungen für die Einziehung des Tatertrags bzw. seines Wertersatzes nach den §§ 73, 73c StGB ohne Weiteres festgestellt werden; konkret erschöpfen sie sich hier in den Feststellungen zum Vorwurf des Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB wie sie bereits im Strafbefehlsantrags enthalten sind.
Den Mehraufwand in der Vollstreckung hat der Gesetzgeber gesehen und in Kauf genommen (Begründung des Gesetzentwurfs a.a.O., Seite 3). Vorliegend ist auch kein über das übliche Maß hinausgehende Mehraufwand zu erwarten. Die Vollstreckung der Einziehung eines Geldbetrages gemäß § 459g Abs. 2 StPO erfolgt in entsprechender Anwendung der für die Vollstreckung von Geldstrafen geltenden §§ 459, 459a sowie 459c Abs. 1 und 2 StPO.