Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Was passiert, wenn ich einen wichtigen Gerichtstermin krankheitsbedingt verpasse?
- Was war passiert, bevor der Fall vor das höchste bayerische Gericht kam?
- Warum wurde die Berufung des Mannes zunächst abgewiesen?
- Was beanstandete der Angeklagte an diesem Urteil?
- Warum war das Urteil des Landgerichts formal fehlerhaft?
- Machte das Landgericht auch einen inhaltlichen Fehler bei der Bewertung des Attestes?
- Was ist die Konsequenz aus diesen Fehlern?
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was passiert, wenn ich einen Gerichtstermin nicht wahrnehmen kann, besonders wegen Krankheit?
- Welche Art von Entschuldigung ist für Gerichte bei Krankheit allgemein ausreichend?
- Was genau ist ein Verwerfungsurteil und welche Auswirkungen hat es auf meine Berufung oder mein Rechtsmittel?
- Welche Pflichten hat ein Gericht bei der Prüfung meiner Entschuldigung für das Fehlen?
- Welche Möglichkeiten habe ich, wenn meine Entschuldigung abgelehnt wurde und ein Verwerfungsurteil gegen mich ergangen ist?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil 206 StRR 105/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG), Strafsenat
- Datum: 07.04.2025
- Aktenzeichen: 206 StRR 105/25
- Verfahrensart: Revisionsverfahren
- Rechtsbereiche: Strafprozessrecht, Revisionsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Angeklagte, dessen Berufung in einer Strafsache verworfen wurde und der hiergegen Revision einlegte.
- Beklagte: Das Landgericht Augsburg, dessen Urteil zur Verwerfung der Berufung vom Angeklagten angegriffen wurde.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Der Angeklagte, ursprünglich wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte verurteilt, erschien nicht zu seiner Berufungsverhandlung. Das Landgericht verwarf daraufhin seine Berufung ohne inhaltliche Prüfung, da es sein Ausbleiben als unentschuldigt ansah.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: Betraf die formalen Anforderungen an die Begründung eines Urteils, das eine Berufung wegen unentschuldigten Ausbleibens verwirft, und die ausreichende Würdigung von Entschuldigungsgründen bei Krankheit.
Wie hat das Gericht entschieden?
- Aufhebung des Berufungsurteils: Das Bayerische Oberste Landesgericht hob das Urteil des Landgerichts Augsburg auf.
- Kernaussagen der Begründung:
- Unzureichende Begründung des Landgerichts: Das Landgericht hatte die vom Angeklagten vorgebrachten Entschuldigungsgründe nicht ausreichend und nachvollziehbar dargestellt und gewürdigt.
- Fehlerhafte Bewertung des Attestes: Die bloße Tatsache, dass der Arzt den Angeklagten am Verhandlungstag nicht untersucht hatte, war kein ausreichender Grund, eine Verhandlungsunfähigkeit zu verneinen. Art der Krankheit und Vorkenntnisse des Arztes waren zu berücksichtigen.
- Mangelnde Darlegung von Gesprächsinhalten: Das Landgericht hatte nicht hinreichend beschrieben, was in einem Telefonat mit dem Arzt besprochen wurde, was eine Überprüfung der Entscheidung unmöglich machte.
- Folgen für die Klägerin/den Kläger:
- Der Fall wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendkammer des Landgerichts Augsburg zurückverwiesen.
- Auch über die Kosten des Revisionsverfahrens wird neu entschieden.
Der Fall vor Gericht
Was passiert, wenn ich einen wichtigen Gerichtstermin krankheitsbedingt verpasse?
Stellen Sie sich vor, Sie haben einen entscheidenden Gerichtstermin, von dem viel abhängt. Doch am Morgen des Termins wachen Sie mit hohem Fieber und Übelkeit auf. Sie können kaum das Bett verlassen, geschweige denn vor Gericht erscheinen. Sie melden sich krank, doch das Gericht glaubt Ihnen nicht und entscheidet zu Ihrem Nachteil. Ein ähnlicher Fall landete vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG), das klären musste, wie ein Gericht eine solche Entschuldigung prüfen und seine Entscheidung begründen muss.
Was war passiert, bevor der Fall vor das höchste bayerische Gericht kam?

Ein Mann wurde von einem Amtsgericht wegen des Besitzes kinderpornographischer Inhalte zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Mit diesem Urteil war er nicht einverstanden und legte deshalb Berufung ein. Eine Berufung ist so etwas wie eine zweite Chance vor einem höheren Gericht. Das Landgericht Augsburg sollte den Fall komplett neu verhandeln und alle Beweise noch einmal prüfen.
Der Termin für diese neue Verhandlung wurde auf den 20. November 2024 festgelegt. Der Angeklagte erhielt eine offizielle Ladung, in der er auch darüber belehrt wurde, was passiert, wenn er ohne einen guten Grund nicht erscheint: Das Gericht kann seine Berufung einfach abweisen, ohne sich den Fall überhaupt anzusehen.
Genau das geschah: Der Angeklagte kam nicht zum Termin. Das Landgericht Augsburg verhandelte daher nicht über die Sache selbst, sondern fällte ein sogenanntes Verwerfungsurteil. Das bedeutet, die Berufung des Mannes wurde als unzulässig verworfen, weil er unentschuldigt gefehlt hatte.
Warum wurde die Berufung des Mannes zunächst abgewiesen?
Das Landgericht begründete seine Entscheidung kurz und knapp: Der Angeklagte sei ohne „hinreichende Entschuldigung“ nicht erschienen. Was bedeutet das konkret? Das Gericht war der Meinung, der Grund für sein Fehlen sei nicht gut genug gewesen.
Um das zu untermauern, fügte das Gericht eine wichtige Information hinzu: Es habe eine telefonische Nachfrage bei der Ärztin gegeben, die dem Mann angeblich eine Verhandlungsunfähigkeit bescheinigt hatte. Diese Ärztin habe am Telefon gesagt, dass sie den Angeklagten gar nicht persönlich untersucht habe. Daraus schloss das Gericht: Ein solches Attest ohne Untersuchung ist keine ausreichende Entschuldigung. Zusätzlich merkte das Gericht an, dass der Anwalt des Mannes keine schriftliche Vollmacht vorlegen konnte.
Gegen dieses Verwerfungsurteil legte der Anwalt des Mannes das Rechtsmittel der Revision ein. Eine Revision ist keine weitere komplette Neuverhandlung wie eine Berufung. Stattdessen prüft ein noch höheres Gericht – hier das Bayerische Oberste Landesgericht – das vorherige Urteil nur noch auf Rechtsfehler. Man kann es sich so vorstellen: Die Revision prüft nicht, ob der Spieler ein Foul begangen hat, sondern ob der Schiedsrichter die Spielregeln richtig angewendet hat.
Gleichzeitig beantragte der Anwalt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das ist ein juristischer Antrag, mit dem man quasi sagt: „Ich habe eine Frist oder einen Termin unverschuldet verpasst und bitte darum, so gestellt zu werden, als wäre es nicht passiert.“ Zur Begründung erklärte er, sein Mandant habe am Verhandlungstag an einer schweren Magen-Darm-Grippe mit ständigem Erbrechen und Durchfall gelitten. Es sei ihm unmöglich gewesen, das Haus zu verlassen und zur Ärztin oder zum Gericht zu fahren. Erst zwei Tage später sei es ihm besser gegangen, woraufhin er sofort die Ärztin aufsuchte, die ihm dann schriftlich seine Verhandlungsunfähigkeit bescheinigte.
Was beanstandete der Angeklagte an diesem Urteil?
Obwohl der Anwalt in seiner Begründung nicht ausdrücklich das Wort „Verfahrensfehler“ benutzte, verstand das Bayerische Oberste Landesgericht, worauf er hinauswollte. Es legte seine Argumente großzügig aus und erkannte das eigentliche Ziel: Der Anwalt warf dem Landgericht vor, den Begriff der „genügenden Entschuldigung“ falsch verstanden und angewendet zu haben.
Im Kern lautete der Vorwurf:
- Das Landgericht hat die schwere, akute Erkrankung des Angeklagten nicht ernst genug genommen.
- Es hat zu schnell und ohne weitere Prüfung gefolgert, dass das Fehlen unentschuldigt war.
- Die Tatsache, dass die Ärztin den Mann erst zwei Tage später untersuchen konnte, wurde fälschlicherweise als Beweis gegen eine echte Erkrankung am Verhandlungstag gewertet.
Der Angeklagte argumentierte also, dass seine plötzliche und heftige Erkrankung ein absolut ausreichender Grund für sein Fehlen war und das Landgericht dies hätte anerkennen müssen.
Warum war das Urteil des Landgerichts formal fehlerhaft?
Das Bayerische Oberste Landesgericht gab dem Angeklagten Recht und hob das Urteil des Landgerichts auf. Der Hauptgrund dafür waren schwere Mängel in der schriftlichen Begründung des Verwerfungsurteils.
Ein Gericht muss seine Entscheidung immer so ausführlich begründen, dass ein höheres Gericht nachvollziehen kann, warum es so entschieden hat. Diese Begründungspflicht ist ein Eckpfeiler des Rechtsstaats. Man stelle sich vor, ein Lehrer würde nur eine Note unter eine Prüfung schreiben, ohne zu erklären, was falsch war. Eine Überprüfung wäre unmöglich. Genauso ist es bei Gerichtsurteilen.
Das Bayerische Oberste Landesgericht stellte fest, dass das Landgericht gegen diese Pflicht verstoßen hatte. Die Urteilsbegründung war lückenhaft und unzureichend. Konkret kritisierte das Gericht die folgenden Punkte:
- Keine Darstellung der Entschuldigungsgründe: Im Urteil stand nicht, welche Entschuldigungsgründe der Angeklagte (oder sein Anwalt) dem Gericht überhaupt mitgeteilt hatte. Es fehlte eine geschlossene Darstellung des Sachverhalts.
- Unklare Angaben zum Telefonat: Das Urteil erwähnte zwar ein Telefonat mit der Ärztin, ließ aber entscheidende Details offen. Wer vom Gericht hat mit wem genau gesprochen? Was war der genaue Inhalt des Gesprächs? Ohne diese Informationen konnte das Revisionsgericht nicht überprüfen, ob die Schlussfolgerung des Landgerichts – nämlich dass das Attest wertlos sei – überhaupt logisch und rechtlich haltbar war.
- Kein Rückgriff auf die Akte erlaubt: Das Revisionsgericht darf solche Lücken nicht selbst füllen, indem es in den Gerichtsakten oder im Verhandlungsprotokoll nachliest. Es darf nur das bewerten, was im schriftlichen Urteil selbst steht. Da die Begründung unvollständig war, war eine Überprüfung unmöglich.
Machte das Landgericht auch einen inhaltlichen Fehler bei der Bewertung des Attestes?
Ja, und das war der zweite entscheidende Punkt. Das Landgericht hatte seine ganze Argumentation auf eine einzige Tatsache gestützt: Die Ärztin hatte den Angeklagten am Verhandlungstag nicht persönlich untersucht. Das Bayerische Oberste Landesgericht erklärte diese Schlussfolgerung für rechtsfehlerhaft.
Aber warum ist das ein Fehler? Das Gericht erklärte, dass die Notwendigkeit einer tagesaktuellen Untersuchung stark von der Art der Krankheit abhängt. Bei einer plötzlich auftretenden, schweren Magen-Darm-Grippe mit Erbrechen und Durchfall ist es für jeden nachvollziehbar, dass ein Betroffener das Haus nicht verlassen kann. Eine Ärztin kann in einem solchen Fall eine Verhandlungsunfähigkeit auch dann glaubhaft bescheinigen, wenn sie den Patienten kennt und die geschilderten Symptome zu einem bekannten Krankheitsbild passen.
Die alleinige Feststellung „keine Untersuchung am selben Tag“ reicht also nicht aus, um eine Entschuldigung pauschal abzulehnen. Das Landgericht hätte prüfen müssen, ob die Krankheit selbst einen Arztbesuch unmöglich machte. Diese Abwägung hat es aber unterlassen und damit einen rechtlichen Fehler begangen.
Was ist die Konsequenz aus diesen Fehlern?
Ein Gerichtsurteil wird nur dann aufgehoben, wenn der festgestellte Fehler auch kausal für die Entscheidung war. Das bedeutet, es muss wahrscheinlich sein, dass das Gericht ohne den Fehler anders entschieden hätte. Anders ausgedrückt: Wäre die Entschuldigung des Mannes so offensichtlich fadenscheinig gewesen, dass sie unter keinen Umständen ausgereicht hätte, wäre der Formfehler in der Begründung egal gewesen.
Hier war das aber nicht der Fall. Die Entschuldigung des Angeklagten – eine akute Gastroenteritis, die ihn ans Bett fesselte und durch ein nachträgliches Attest belegt wurde – war keineswegs „ganz offensichtlich ungeeignet“. Sie war plausibel. Deshalb war der Fehler des Landgerichts, diese Entschuldigung nicht ordnungsgemäß zu prüfen und die Entscheidung nicht nachvollziehbar zu begründen, entscheidend für das Ergebnis.
Das Bayerische Oberste Landesgericht hob daher das Urteil des Landgerichts Augsburg auf. Der Fall wurde zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen. Das bedeutet, der Fall geht zurück an den Start. Eine andere Abteilung (eine andere Jugendkammer) des Landgerichts muss nun eine neue Berufungsverhandlung durchführen und dabei die Rechtsauffassung des höheren Gerichts beachten.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass Gerichte krankheitsbedingte Entschuldigungen bei verpassten Terminen sorgfältig prüfen und ihre Entscheidung nachvollziehbar begründen müssen.
- Begründungspflicht bei Verwerfungsurteilen: Gerichte müssen ausführlich darlegen, welche Entschuldigungsgründe vorgetragen wurden und warum diese nicht ausreichen – eine pauschale Ablehnung ohne detaillierte Sachverhaltsdarstellung ist rechtsfehlerhaft.
- Differenzierte Bewertung ärztlicher Atteste: Die fehlende Untersuchung am Verhandlungstag allein macht ein ärztliches Attest nicht automatisch wertlos – bei Krankheiten, die einen Arztbesuch unmöglich machen (wie schwere Magen-Darm-Grippe), kann auch eine nachträgliche Bescheinigung ausreichend sein.
- Einzelfallabhängige Prüfung der Verhandlungsunfähigkeit: Gerichte dürfen nicht schematisch entscheiden, sondern müssen die konkreten Umstände der Erkrankung und deren Auswirkungen auf die Teilnahmemöglichkeit würdigen.
Diese Entscheidung stärkt die Rechte von Verfahrensbeteiligten und verpflichtet Gerichte zu einer gründlicheren Auseinandersetzung mit krankheitsbedingten Abwesenheiten.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was passiert, wenn ich einen Gerichtstermin nicht wahrnehmen kann, besonders wegen Krankheit?
Gerichtstermine sind grundsätzlich ernst zu nehmen und verpflichtend. Ihre Anwesenheit kann entscheidend für den Ausgang Ihres Falles sein. Wenn Sie einen Termin nicht wahrnehmen können, drohen je nach Art des Verfahrens und Ihrer Rolle im Prozess erhebliche Konsequenzen.
Was tun bei Verhinderung – insbesondere Krankheit?
Es ist entscheidend, das Gericht unverzüglich zu informieren, sobald Sie wissen, dass Sie nicht erscheinen können. Eine bloße Entschuldigung reicht in der Regel nicht aus. Die Verhinderung, insbesondere eine Krankheit, muss glaubhaft gemacht und nachgewiesen werden.
Bei Krankheit ist in der Regel ein ärztliches Attest erforderlich. Dieses Attest muss dem Gericht klar mitteilen, dass Sie am Tag des Termins aufgrund Ihrer Erkrankung nicht verhandlungsfähig sind. Ein einfaches „krankgeschrieben“ reicht oft nicht aus. Je nach Einzelfall und Verfahrensart kann das Gericht auch eine detailliertere ärztliche Stellungnahme oder eine Untersuchung durch einen Amtsarzt verlangen, um die Verhandlungsunfähigkeit zu prüfen. Unentschuldigtes Fernbleiben oder eine nicht ausreichend begründete Entschuldigung wird vom Gericht als Nichterscheinen ohne wichtigen Grund gewertet.
Mögliche Konsequenzen im Zivilrecht
Im Zivilrecht geht es oft um Streitigkeiten zwischen Bürgern oder Unternehmen (z.B. Vertragsstreitigkeiten, Schadensersatzforderungen).
- Versäumnisurteil: Sind Sie als Beklagter zu einem Termin geladen, bei dem Ihre Anwesenheit verpflichtend ist, und erscheinen unentschuldigt nicht, kann die Gegenseite beantragen, dass ein Versäumnisurteil ergeht. Dies bedeutet, dass das Gericht die Behauptungen der Gegenseite als zugestanden ansehen und dem Antrag der Gegenseite stattgeben kann, ohne den Fall inhaltlich zu prüfen. Für Sie bedeutet das in der Regel, dass Sie den Rechtsstreit verlieren, die geltend gemachten Ansprüche erfüllen und die gesamten Kosten tragen müssen.
- Klageabweisung/Verwerfungsurteil: Sind Sie als Kläger (derjenige, der geklagt hat) unentschuldigt abwesend, kann Ihre Klage abgewiesen werden oder das Gericht erlässt ein Verwerfungsurteil. Die Klage gilt dann als zurückgenommen oder der Prozess wird beendet, ohne dass Ihre Forderungen geprüft wurden. Die Kosten des Verfahrens tragen Sie.
- Verzögerung und Kosten: Auch wenn es nicht sofort zu einem Urteil kommt, führt Ihr Nichterscheinen zu einer Verzögerung des Verfahrens und kann zusätzliche Kosten verursachen, die Ihnen auferlegt werden.
Besondere Folgen im Strafrecht
Im Strafrecht geht es um die Verfolgung von Straftaten (z.B. Diebstahl, Körperverletzung). Die Folgen sind hier oft gravierender.
- Für den Angeklagten: Sind Sie als Angeklagter zu einer Hauptverhandlung geladen und erscheinen unentschuldigt nicht, kann das Gericht eine Vorführung durch die Polizei anordnen. Die Polizei holt Sie dann ab und bringt Sie zum Gericht. Bei schwerwiegenderen Straftaten oder wenn Fluchtgefahr besteht, kann sogar ein Haftbefehl erlassen werden, der Ihre vorläufige Festnahme zur Folge hat, um Ihr Erscheinen sicherzustellen.
- Für Zeugen: Wenn Sie als Zeuge geladen sind, sind Sie zur Aussage verpflichtet. Bleiben Sie unentschuldigt fern, können Ihnen ein Ordnungsgeld (eine Art Geldstrafe) oder sogar Ordnungshaft (kurze Haftstrafe) auferlegt werden. Auch hier ist eine Vorführung durch die Polizei möglich, und Sie müssen die Kosten tragen, die durch Ihr Fernbleiben entstehen (z.B. Kosten der Gerichtsverhandlung und der Anreise anderer Beteiligter).
Ein Gerichtstermin ist somit eine Verpflichtung, deren Missachtung gravierende und oft teure Konsequenzen haben kann, die sich direkt auf den Ausgang Ihres Falles auswirken.
Welche Art von Entschuldigung ist für Gerichte bei Krankheit allgemein ausreichend?
Wenn Sie krankheitsbedingt nicht zu einem Gerichtstermin erscheinen können, ist eine unverzügliche und glaubhafte Entschuldigung gegenüber dem Gericht von großer Bedeutung. Eine bloße Mitteilung, dass Sie erkrankt sind, genügt in der Regel nicht. Gerichte erwarten eine nachvollziehbare und verifizierbare Begründung für Ihre Abwesenheit.
Das medizinische Attest: Inhalt und Anforderungen
Die allgemein anerkannte Form der Entschuldigung ist ein medizinisches Attest (ärztliches Zeugnis). Dieses Attest muss über eine einfache Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hinausgehen. Es sollte dem Gericht klar darlegen, warum Ihnen die Teilnahme an der Verhandlung unmöglich oder unzumutbar ist. Dies bedeutet:
- Bestätigung der Erkrankung: Das Attest muss bestätigen, dass eine Erkrankung vorliegt.
- Zeitraum der Verhandlungsunfähigkeit: Es muss den genauen Zeitraum angeben, für den Sie voraussichtlich nicht in der Lage sind, am Termin teilzunehmen.
- Begründung der Verhandlungsunfähigkeit: Dies ist der wichtigste Punkt. Das Attest sollte nicht nur eine Diagnose nennen, sondern die konkreten Auswirkungen der Erkrankung auf Ihre Fähigkeit, am Gerichtstermin teilzunehmen, beschreiben. Beispiele hierfür sind:
- Akute, das Haus verlassen unmöglich machende Symptome: wie starkes Fieber, Erbrechen, schwere Kreislaufprobleme, die eine Reise zum Gericht oder das Verweilen dort unmöglich machen.
- Kognitive Einschränkungen: Die Erkrankung führt zu einer so starken Beeinträchtigung der Konzentrations- oder Äußerungsfähigkeit, dass eine sinnvolle Teilnahme an der Verhandlung nicht möglich wäre.
- Ansteckungsgefahr: Eine hochansteckende Erkrankung, die eine Gefährdung anderer Personen im Gerichtssaal darstellen würde.
Das Attest muss dabei nicht die genaue Diagnose detailliert offenlegen, um das Arztgeheimnis zu wahren. Es muss jedoch so präzise sein, dass das Gericht die Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit der Terminswahrnehmung beurteilen kann.
Zeitliche Aspekte und Glaubhaftigkeit
Zeitnahe Information: Es ist entscheidend, das Gericht unverzüglich über Ihre Erkrankung zu informieren, sobald diese feststeht und Ihre Abwesenheit absehbar ist. Warten Sie nicht bis zum letzten Moment oder gar bis zum Termin selbst. Eine verspätete Mitteilung kann dazu führen, dass die Entschuldigung nicht akzeptiert wird.
Zeitnahe ärztliche Untersuchung: Die ärztliche Untersuchung, die dem Attest zugrunde liegt, sollte ebenfalls zeitnah zum Gerichtstermin oder zum Beginn der Erkrankung erfolgen. Bei akuten Erkrankungen, die das Verlassen des Hauses unmöglich machen, ist es erforderlich, sobald medizinisch vertretbar einen Arzt aufzusuchen oder einen Hausbesuch zu veranlassen. Ein Attest, das erst Tage nach dem Termin rückwirkend ausgestellt wird und keine plausible Erklärung für die verspätete Untersuchung liefert, kann vom Gericht als unglaubwürdig eingestuft werden.
Glaubhaftmachung durch das Gericht: Wenn das Gericht Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Attests hat, kann es weitere Maßnahmen ergreifen. Es kann beispielsweise eine weitere ärztliche Bescheinigung anfordern, die die Auswirkungen der Erkrankung detaillierter beschreibt, oder im Extremfall ein amtsärztliches Gutachten anordnen. Es ist wichtig, auf solche Anfragen des Gerichts umgehend zu reagieren.
Das Gericht prüft stets im Einzelfall, ob die vorgebrachte Entschuldigung ausreicht, um die Abwesenheit zu rechtfertigen und den Termin zu verlegen. Grundlage hierfür sind Regelungen wie beispielsweise § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO), der die Verschiebung von Terminen bei „erheblichen Gründen“ ermöglicht.
Was genau ist ein Verwerfungsurteil und welche Auswirkungen hat es auf meine Berufung oder mein Rechtsmittel?
Ein Verwerfungsurteil ist eine gerichtliche Entscheidung, bei der ein eingelegtes Rechtsmittel – wie zum Beispiel eine Berufung oder eine Revision – nicht inhaltlich geprüft wird. Das Gericht befasst sich also nicht damit, ob die ursprüngliche Entscheidung sachlich richtig war oder nicht. Stattdessen wird das Rechtsmittel als unzulässig abgewiesen, weil ein bestimmter formeller Fehler oder eine Verfahrensvorschrift nicht eingehalten wurde.
Was bedeutet „Verwerfung“ im Detail?
Stellen Sie sich vor, Sie möchten eine Beschwerde einreichen, aber Sie haben dabei eine wichtige Frist verpasst oder sind zu einem entscheidenden Gerichtstermin unentschuldigt nicht erschienen. In solchen Fällen prüft das Gericht nicht, ob Ihre Beschwerde inhaltlich begründet wäre. Es stellt lediglich fest, dass die notwendigen formalen Voraussetzungen für die Prüfung Ihrer Beschwerde nicht erfüllt wurden. Ihr Rechtsmittel wird dann aufgrund dieses Verfahrensfehlers „verworfen“. Es ist, als würde ein Einlass verwehrt, weil die Eintrittskarte nicht korrekt ist, noch bevor man überhaupt den Saal betreten konnte.
Welche Auswirkungen hat ein Verwerfungsurteil?
Für Sie als betroffene Person hat ein Verwerfungsurteil weitreichende Folgen:
- Keine neue inhaltliche Prüfung: Ihr Fall wird nicht erneut verhandelt und die Richter prüfen nicht, ob das Urteil der Vorinstanz möglicherweise falsch war.
- Bestand des vorherigen Urteils: Das Urteil des Gerichts aus der vorherigen Instanz – also das Urteil, gegen das Sie Berufung oder Revision eingelegt hatten – bleibt bestehen und wird rechtskräftig. Das bedeutet, es ist endgültig und kann in dieser Sache nicht mehr angefochten werden.
- Rechtsmittel ist verbraucht: Die Möglichkeit, Ihr Anliegen über das spezifische Rechtsmittel der Berufung oder Revision in dieser Angelegenheit weiterzuverfolgen, ist in der Regel erschöpft.
Kurz gesagt: Wenn Ihr Rechtsmittel durch ein Verwerfungsurteil beendet wird, tritt die vom Gericht der Vorinstanz getroffene Entscheidung in Kraft, ohne dass die Argumente und Fakten Ihres Falles in der höheren Instanz überhaupt bewertet wurden.
Welche Pflichten hat ein Gericht bei der Prüfung meiner Entschuldigung für das Fehlen?
Wenn Sie einem Gerichtstermin fernbleiben und dafür eine Entschuldigung einreichen, hat das Gericht umfassende Pflichten, diese Entschuldigung sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen. Es darf nicht willkürlich über Ihre Abwesenheit entscheiden, sondern muss bestimmte Regeln und Grundsätze beachten. Ziel ist es, festzustellen, ob Ihr Fehlen unabwendbar war und Sie tatsächlich nicht erscheinen konnten.
Gründliche Prüfung der vorgebrachten Gründe
Das Gericht ist verpflichtet, die von Ihnen vorgebrachten Gründe für Ihr Fehlen eingehend zu bewerten. Es muss prüfen, ob die Entschuldigung glaubhaft und nachvollziehbar ist. Es reicht also nicht aus, nur knapp anzugeben, dass Sie verhindert waren. Vielmehr muss das Gericht sich mit den Details Ihrer Begründung auseinandersetzen, um zu beurteilen, ob der genannte Hinderungsgrund tatsächlich so schwerwiegend war, dass er Ihr Erscheinen unmöglich gemacht hat.
Anforderungen an die Begründung Ihrer Entschuldigung
Für eine erfolgreiche Prüfung ist entscheidend, dass Ihre Entschuldigung ausreichend detailliert und substanziiert ist. Das bedeutet, sie muss alle relevanten Informationen enthalten, die das Gericht benötigt, um die Sachlage umfassend zu beurteilen.
- Plausibilität: Der genannte Grund muss nachvollziehbar sein. Wenn Sie sich beispielsweise auf eine Krankheit berufen, muss aus der Entschuldigung hervorgehen, warum diese Krankheit konkret Ihr Erscheinen im Gerichtstermin verhindert hat (z.B. Bettlägerigkeit, Reiseunfähigkeit, akute Schmerzen).
- Vollständigkeit: Alle Umstände, die zu Ihrer Abwesenheit geführt haben, müssen klar und verständlich dargelegt werden.
Bewertung von Attesten und Klärungsbedarf
Ein eingereichtes medizinisches Attest spielt bei der Prüfung eine zentrale Rolle. Hierbei gilt: Eine allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, wie Sie diese vielleicht für Ihren Arbeitgeber erhalten, ist für das Gericht oft nicht ausreichend. Das Gericht benötigt ein detaillierteres Attest, das ausdrücklich die Verhandlungsunfähigkeit oder die Unmöglichkeit der Reise zum Gerichtstermin bescheinigt und die medizinischen Gründe dafür nachvollziehbar darlegt.
Sollte das Attest oder die gesamte Entschuldigung unklar oder nicht ausreichend präzise sein, hat das Gericht die Pflicht, Nachfragen zu stellen und weitere Präzisierungen zu verlangen. Dies kann bedeuten, dass Sie aufgefordert werden, ein detaillierteres Attest vorzulegen oder weitere Informationen zu Ihrem Hinderungsgrund zu geben. In Ausnahmefällen, insbesondere wenn es um die Frage der Verhandlungsfähigkeit einer Partei über einen längeren Zeitraum geht, kann das Gericht auch ein Sachverständigengutachten anfordern, um die medizinische Lage beurteilen zu lassen. Solche Maßnahmen dienen dazu, die Entscheidungsfindung des Gerichts auf eine fundierte Grundlage zu stellen.
Notwendigkeit einer nachvollziehbaren Gerichtsentscheidung
Nachdem das Gericht Ihre Entschuldigung geprüft hat, muss seine Entscheidung darüber – sei es die Annahme oder die Ablehnung der Entschuldigung – stets begründet und nachvollziehbar sein. Diese Begründung wird in einem Gerichtsbeschluss oder im Urteil festgehalten. Für Sie als betroffene Person ist dies von großer Bedeutung, denn nur eine klar begründete Entscheidung ermöglicht es einer höheren Instanz, die gerichtliche Prüfung im Falle einer Überprüfung vollständig nachzuvollziehen und auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Das Gericht darf also nicht einfach lapidar feststellen, dass Ihre Entschuldigung nicht akzeptiert wird, sondern muss darlegen, welche Überlegungen und Beweise zu diesem Ergebnis geführt haben.
Welche Möglichkeiten habe ich, wenn meine Entschuldigung abgelehnt wurde und ein Verwerfungsurteil gegen mich ergangen ist?
Wenn Ihre Entschuldigung für das Versäumen eines Termins oder einer Frist vom Gericht nicht akzeptiert wurde und daraufhin ein sogenanntes Verwerfungsurteil gegen Sie ergangen ist, bedeutet das, dass das Gericht Ihre Begründung für die Abwesenheit als unzureichend angesehen und die Entscheidung in der Sache oft zu Ihrem Nachteil getroffen hat. Sie haben in dieser Situation dennoch bestimmte rechtliche Möglichkeiten, um auf diese Gerichtsentscheidung zu reagieren.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Eine der wichtigsten Möglichkeiten ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Stellen Sie sich vor, die Zeit wird symbolisch „zurückgespult“. Dieser Rechtsbehelf ist dafür da, die Folgen eines Fristversäumnisses oder des Versäumens eines Termins rückgängig zu machen, wenn Sie unverschuldet daran gehindert wurden, die Frist einzuhalten oder am Termin teilzunehmen.
- Voraussetzungen: Sie müssen darlegen und nachweisen, dass Sie die Frist oder den Termin ohne eigenes Verschulden versäumt haben. Beispiele hierfür können eine plötzliche, schwere Erkrankung, ein unvorhersehbarer Unfall oder andere unvermeidbare Ereignisse sein.
- Ablauf: Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muss innerhalb einer sehr kurzen Frist – in der Regel zwei Wochen – nachdem das Hindernis weggefallen ist, gestellt werden. Gleichzeitig müssen Sie die versäumte Handlung nachholen, also beispielsweise den ursprünglich versäumten Einspruch oder die Berufung einlegen. Wenn der Antrag erfolgreich ist, wird die Verhandlung so fortgesetzt, als wäre der Fehler nie passiert.
Überprüfung des Verwerfungsurteils selbst
Unabhängig von der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann in bestimmten Fällen auch das Verwerfungsurteil selbst angegriffen werden. Dies ist relevant, wenn Sie der Ansicht sind, dass das Gericht bei der Entscheidung über Ihre Entschuldigung oder bei der Erlassung des Verwerfungsurteils Rechtsfehler gemacht hat.
- Grundlage: Hier geht es nicht um Ihr eigenes Verschulden am Fristversäumnis, sondern darum, ob das Gericht bei seiner Prüfung Ihrer Entschuldigung oder der Anwendung des Rechts fehlerhaft gehandelt hat. Hat das Gericht zum Beispiel entscheidende Beweise zu Ihrer Entschuldigung übersehen oder das Gesetz falsch angewendet?
- Mögliche Schritte: Gegen ein solches Urteil können je nach Gerichtsbarkeit und Verfahrensart weitere Rechtsmittel wie beispielsweise eine Berufung oder eine Revision in Betracht kommen. Solche Rechtsmittel zielen darauf ab, die Entscheidung des Gerichts von einer höheren Instanz überprüfen zu lassen.
Wichtige Aspekte bei der Reaktion
Unabhängig davon, welchen Weg Sie in Betracht ziehen:
- Die Fristen für alle genannten Möglichkeiten sind äußerst kurz und strikt. Ein Überschreiten dieser Fristen führt in der Regel dazu, dass die Möglichkeit unwiderruflich verloren geht.
- Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder für ein erfolgreiches Rechtsmittel gegen ein Verwerfungsurteil sind komplex und erfordern eine genaue Prüfung der Umstände und der rechtlichen Lage. Es ist entscheidend, alle Fakten detailliert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Berufung
Die Berufung ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Partei verlangt, dass ein Urteil eines erstinstanzlichen Gerichts von einer höheren gerichtlichen Instanz vollständig neu geprüft wird. Dabei werden sowohl die rechtlichen als auch die tatsächlichen Feststellungen überprüft, also alle Beweise und Argumente werden erneut untersucht (§§ 511 ff. Zivilprozessordnung). Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte gegen sein Urteil Berufung eingelegt, um eine neue Verhandlung vor dem Landgericht zu erreichen. Beispiel: Wenn Sie gegen einen Richterentscheid im Zivilprozess sind, können Sie Berufung einlegen, damit ein höheres Gericht die Entscheidung noch einmal komplett überprüft.
Verwerfungsurteil
Ein Verwerfungsurteil ist eine gerichtliche Entscheidung, die ein eingelegtes Rechtsmittel – wie etwa eine Berufung – ohne inhaltliche Prüfung ablehnt, weil formale Voraussetzungen nicht erfüllt wurden oder der Betroffene unentschuldigt nicht erscheint. Das bedeutet, das Gericht beschäftigt sich nicht mit dem eigentlichen Streitfall, sondern stellt fest, dass das Rechtsmittel unzulässig ist und lässt die vorherige Entscheidung rechtskräftig werden. Im Text wurde die Berufung des Angeklagten verworfen, weil er ohne hinreichende Entschuldigung nicht zum Termin erschienen war. Beispiel: Wenn Sie eine Berufung einlegen, aber den notwendigen Gerichtstermin ohne triftigen Grund versäumen, kann das Gericht Ihre Berufung verwerfen, ohne die Sache zu prüfen.
Revision
Die Revision ist ein Rechtsmittel, das – anders als die Berufung – nicht die Tatsachen, sondern nur die rechtliche Prüfung eines Urteils zum Gegenstand hat (§§ 333 ff. Strafprozessordnung). Dabei kontrolliert ein höheres Gericht, ob das untere Gericht das Recht richtig angewendet hat. Im vorliegenden Fall wurde gegen das Verwerfungsurteil die Revision eingelegt, damit die Entscheidung auf Rechtsfehler überprüft wird, insbesondere wie das Gericht die Entschuldigung ausgelegt hat. Beispiel: Wenn Sie meinen, das Gericht habe das Gesetz falsch ausgelegt oder Verfahrensregeln nicht beachtet, können Sie Revision einlegen, damit ein höheres Gericht diese Rechtsfragen prüft.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ein Rechtsbehelf, mit dem ein Partei beantragen kann, eine versäumte Frist oder einen versäumten Gerichtstermin nachträglich wiederherstellen zu lassen, wenn sie die Frist oder den Termin unverschuldet verpasst hat (§ 233 ZPO). So wird die Partei so behandelt, als hätte sie die Frist oder den Termin rechtzeitig eingehalten. Im Text beantragte der Anwalt dieses Rechtsmittel, um das Verwerfungsurteil wegen eines krankheitsbedingten Fernbleibens aufheben zu lassen. Beispiel: Wenn Sie wegen plötzlicher Krankheit einen Gerichtstermin verpassen und dies beweisen können, können Sie Wiedereinsetzung beantragen, damit das Verfahren fortgesetzt wird, als wären Sie erschienen.
Begründungspflicht (Urteilsbegründung)
Die Begründungspflicht verpflichtet ein Gericht, seine Entscheidungen so schriftlich zu erläutern, dass die Entscheidungsgründe nachvollziehbar sind und eine Überprüfung durch höhere Instanzen möglich wird (§ 313 Abs. 2 ZPO). Das bedeutet, ein Urteil muss verständlich darstellen, warum das Gericht wie entschieden hat, welche Tatsachen es als bewiesen ansieht und welche rechtlichen Überlegungen es angestellt hat. Im vorliegenden Fall wurde die Begründungspflicht verletzt, weil das Landgericht die Entschuldigungsgründe nicht vollständig und nachvollziehbar darlegte. Beispiel: Ein Lehrer muss erklären, warum eine Prüfung mit einer bestimmten Note bewertet wurde, sonst könnte der Schüler nicht verstehen, warum er mangelhaft abgeschnitten hat. Ebenso muss ein Gericht seine Entscheidung erklären, damit sie überprüft werden kann.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 329 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO): Dieser Paragraph regelt, was geschieht, wenn ein Angeklagter nicht zum Termin einer Berufungsverhandlung im Strafverfahren erscheint. Er ermöglicht dem Gericht, die Berufung als unzulässig zu verwerfen, also abzulehnen, wenn der Angeklagte unentschuldigt fernbleibt. Das Gericht kann dann ein sogenanntes Verwerfungsurteil fällen, ohne die eigentliche Sache inhaltlich zu verhandeln. Diese Vorschrift dient der Verfahrensbeschleunigung und soll verhindern, dass Gerichtsverfahren durch unbegründetes Fehlen verzögert werden. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht Augsburg hat die Berufung des Angeklagten nach dieser Vorschrift verworfen, weil es sein Fehlen zum Termin als nicht hinreichend entschuldigt ansah und entsprechend handelte.
- § 44 Strafprozessordnung (StPO): Diese Vorschrift ermöglicht die „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“, wenn jemand eine gesetzliche Frist oder einen Gerichtstermin unverschuldet versäumt hat. Durch diesen Antrag wird der Betreffende so gestellt, als hätte er die Versäumnis nicht begangen. Die Wiedereinsetzung ist ein zentrales Instrument, um zu gewährleisten, dass Verfahrensrechte nicht aufgrund von Umständen verloren gehen, die nicht in der Verantwortung der betroffenen Person liegen. Sie dient der Vermeidung unbilliger Härten im Prozessverlauf. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Anwalt des Angeklagten beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, um die Auswirkungen des verpassten Gerichtstermins und des daraufhin ergangenen Verwerfungsurteils rückgängig zu machen.
- § 267 Strafprozessordnung (StPO): Dieser Paragraph legt die Anforderungen an den Inhalt eines schriftlichen Urteils in Strafsachen fest. Er schreibt vor, dass ein Urteil die wesentlichen Tatsachen und rechtlichen Erwägungen enthalten muss, die zu der Entscheidung geführt haben. Diese „Begründungspflicht“ ist fundamental für einen Rechtsstaat, da sie die Nachvollziehbarkeit der gerichtlichen Entscheidung gewährleistet. Sie ermöglicht zudem eine effektive Überprüfung des Urteils durch ein höheres Gericht und trägt zur Transparenz des Verfahrens bei. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Bayerische Oberste Landesgericht rügte das Landgericht, weil dessen Verwerfungsurteil die erforderlichen Angaben zu den Entschuldigungsgründen des Angeklagten und den Details des Telefonats mit der Ärztin nicht nachvollziehbar enthielt und somit gegen diese Begründungspflicht verstieß.
- Das Rechtsmittel der Revision (insbesondere §§ 333 ff. Strafprozessordnung (StPO)): Die Revision ist ein Rechtsmittel, bei dem ein höheres Gericht die Entscheidung einer unteren Instanz ausschließlich auf Rechtsfehler überprüft. Anders als bei einer Berufung findet in der Revision keine erneute Beweisaufnahme statt, und der Sachverhalt wird nicht neu festgestellt. Das Revisionsgericht prüft lediglich, ob das vorherige Gericht das geltende Recht richtig angewendet hat, was sowohl materielle als auch prozessuale Rechtsfehler umfassen kann. Sie ist ein entscheidendes Instrument zur Sicherung der Rechtseinheitlichkeit und zur Korrektur von Rechtsirrtümern. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Bayerische Oberste Landesgericht agierte als Revisionsgericht und durfte das Urteil des Landgerichts daher nur auf Rechtsfehler prüfen, nicht aber den zugrunde liegenden Sachverhalt der Erkrankung neu beurteilen oder ergänzend in den Gerichtsakten nachlesen.
Das vorliegende Urteil
BayObLG – Az.: 206 StRR 105/25 – Beschluss vom 07.04.2025
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