Bei der Bestimmung von Geldstrafen im Kontext von Verkehrsdelikten, insbesondere bei Trunkenheit im Verkehr, spielt die Festlegung der Tagessatzhöhe eine zentrale Rolle. Hierbei werden sowohl das individuelle Nettoeinkommen als auch mögliche Sozialleistungen des Angeklagten berücksichtigt. Das Amtsgericht Köln, als zuständige Instanz, muss dabei sorgfältig abwägen, um eine gerechte und angemessene Geldstrafe festzulegen. Besonders bei Angeklagten, die am Rande des Existenzminimums leben, kann es erforderlich sein, die Tagessatzhöhe entsprechend anzupassen. In solchen Fällen kann auch eine Ratenzahlung in Erwägung gezogen werden, um die finanzielle Belastung für den Angeklagten zu erleichtern.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Der Angeklagte wurde wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt. Bei der Strafzumessung wurde die Tagessatzhöhe unter Berücksichtigung seiner finanziellen Verhältnisse und seines Nettoeinkommens festgelegt.
Zentrale Punkte aus dem Urteil:
- Der Angeklagte ist deutscher Staatsbürger, geboren am 04.04.1964 in Köln, und bezieht aufgrund von Arbeitslosigkeit Leistungen nach dem SGB II („Hartz IV“).
- Er wurde wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Abs. 1, 2 StGB verurteilt.
- Die Tagessatzhöhe wurde unter Berücksichtigung des Nettoeinkommens des Angeklagten festgelegt.
- Das Nettoeinkommensprinzip berücksichtigt alle tatsächlichen Einkünfte, die den Lebensstandard eines Verurteilten beeinflussen.
- Soziale Transferleistungen, wie Hartz IV, sind bei der Bestimmung des Nettoeinkommens relevant, unabhängig davon, ob sie in Geld oder Sachleistungen gewährt werden.
- Das Gericht berücksichtigte auch die Kosten für Unterkunft und Heizung des Angeklagten bei der Festlegung der Tagessatzhöhe.
- Trotz finanzieller Einschränkungen des Angeklagten wurde die Tagessatzhöhe auf 25,00 EUR festgelegt, um den Strafcharakter zu wahren.
- Das Gericht betonte die Bindung an Gesetz und Recht und wies auf die Notwendigkeit hin, den Strafcharakter auch bei finanziellen Einschränkungen des Angeklagten zu wahren.
Hintergrund des Falles
Der Angeklagte, ein deutscher Staatsbürger, geboren am 04.04.1964 in Köln, fand sich vor dem Amtsgericht Köln wieder, nachdem er alkoholbedingt fahruntüchtig am 17.03.2017 um 13:50 Uhr die Bertoldisstraße in Mülheim mit einem Daimler-Benz Personenkraftwagen befuhr. Es wurde festgestellt, dass er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit hätte erkennen können und müssen.
Rechtliche Grundlagen und Urteil
Der rechtliche Hintergrund dieses Falles basiert auf dem Vorwurf der Trunkenheit im Verkehr gemäß §§ 316 Abs. 1, 2 StGB. Der Angeklagte wurde durch einen Strafbefehl vom 04.08.2017 des Amtsgerichts Köln für schuldig befunden. Der Strafbefehl wurde auf Basis der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Köln vom 11.05.2017 erlassen. Gegen diesen Strafbefehl wurde lediglich hinsichtlich der Tagessatzhöhe Einspruch eingelegt.
Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 25,00 EUR, wobei ihm eine Ratenzahlung in Höhe von 100,00 EUR pro Monat ab Rechtskraft des Urteils bewilligt wurde. Darüber hinaus wurde er dazu verpflichtet, die Kosten des Verfahrens sowie seine eigenen Auslagen zu tragen.
Finanzielle Verhältnisse des Angeklagten
In Bezug auf die finanzielle Situation des Angeklagten wurde festgestellt, dass er nach früherer Selbständigkeit und Angestelltentätigkeit aufgrund eines Bandscheibenvorfalls arbeitslos wurde. Er bezieht Sozialleistungen nach dem SGB II, auch bekannt als „Hartz IV“, in Höhe von insgesamt 958,60 EUR. Dies beinhaltet den Regelbedarf von 409,00 EUR und zusätzliche Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von ca. 550,00 EUR.
Strafzumessung und Rechtsprechung
Bei der Strafzumessung war die Tagessatzhöhe ein zentraler Punkt. Das Gericht legte den Schwerpunkt auf § 40 Abs. 2 StGB, welcher besagt, dass die Höhe eines Tagessatzes unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters bestimmt wird. Das Gericht entschied, dass das Nettoeinkommen des Angeklagten, welches aus den Sozialleistungen besteht, als Grundlage für die Bestimmung der Tagessatzhöhe herangezogen wird. Dieses Vorgehen wurde durch die Rechtsprechung des OLG Köln und anderer Obergerichte gestützt.
Es wurde argumentiert, dass das Nettoeinkommen alle tatsächlichen Zuflüsse bzw. Einkünfte umfassen sollte, die den ökonomischen Lebenszuschnitt eines Verurteilten prägen. Dies schließt auch Sachbezüge oder andere unbare Vorteile ein. Das Gericht betonte, dass es keinen Unterschied macht, ob ein Angeklagter den neben dem Regelbedarf gewährten Bedarf für Unterkunft und Heizung direkt ausgezahlt bekommt oder ob der zuständige Träger direkt an den Vermieter zahlt.
Abschließend wurde festgestellt, dass das Gericht sich nicht von einer „örtlichen Rechtspraxis“ leiten lassen sollte, sondern sich an Gesetz und Recht halten muss. Das Urteil des Amtsgerichts Köln zeigt die Bedeutung der Einhaltung von Verkehrsregeln und die potenziellen rechtlichen Konsequenzen bei Verstößen, insbesondere bei Trunkenheit im Verkehr. Es hebt auch die Bedeutung der individuellen finanziellen Situation eines Angeklagten bei der Bestimmung der Geldstrafe hervor.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Berechnung der Tagessatzhöhe
Die Berechnung der Tagessatzhöhe im Strafrecht richtet sich nach den „persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters“ (§ 40 Absatz 2 Satz 1 StGB). Der Ausgangspunkt für die Berechnung ist das monatliche Nettogehalt des Täters. Ein Dreißigstel dieses Nettogehalts wird in der Regel als Tagessatz angesetzt. Das bedeutet, das monatliche Nettogehalt wird durch 30 geteilt, und das Ergebnis dieser Rechnung entspricht der Höhe des Tagessatzes.
Zum Beispiel, wenn der Täter ein monatliches Nettoeinkommen von 3.000 Euro hat, würde ein Dreißigstel davon einem Tagessatz von 100 Euro entsprechen (3.000 ÷ 30 = 100). Wenn der Täter ein monatliches Nettoeinkommen von 450 Euro hat, würde der Tagessatz 15 Euro betragen (450 ÷ 30 = 15). Es ist wichtig zu beachten, dass ein Tagessatz laut Strafrecht mindestens einen Euro betragen muss, darf jedoch einen Betrag von 30.000 Euro nicht überschreiten (§ 40 Absatz 2 Satz 3 StGB).
Die Gesamtgeldstrafe ergibt sich dann aus der Multiplikation der Anzahl der Tagessätze mit der Tagessatzhöhe. Zum Beispiel, wenn das Gericht eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen verhängt und der Tagessatz 100 Euro beträgt, wäre die Gesamtgeldstrafe 9.000 Euro (100 Euro x 90 = 9.000 Euro).
Es ist auch wichtig zu beachten, dass die Anzahl der Tagessätze die eigentliche Strafzumessung darstellt und sich nach den Tatumständen und den entstandenen Schäden richtet. Die Geldstrafe muss aus mindestens fünf und höchstens 360 Tagessätzen bestehen (§ 40 Absatz 1 Satz 2 StGB). Wenn die Geldstrafe nicht bezahlt werden kann, kann eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden. Dabei entspricht ein Tagessatz einem Hafttag. Bei einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen betrüge die Ersatzfreiheitsstrafe damit 90 Tage.
Nettoeinkommensprinzip bei Strafzumessung
Das Nettoeinkommensprinzip spielt eine zentrale Rolle bei der Strafzumessung im deutschen Strafrecht, insbesondere bei der Berechnung der Höhe der Tagessätze für Geldstrafen. Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 des Strafgesetzbuches (StGB) ist bei der Bemessung der Tagessatzhöhe grundsätzlich von dem Nettoeinkommen auszugehen, das der Täter an einem Tag hat oder haben könnte.
Das Nettoeinkommen ist das Einkommen, das dem Täter nach Abzug aller gesetzlich geschuldeten Abgaben und Beiträge, wie Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, zur Verfügung steht. Darüber hinaus können auch Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge vom Nettoeinkommen abgezogen werden, sofern der Verurteilte diesen Zahlungspflichten tatsächlich nachkommt.
Es ist wichtig zu beachten, dass das Nettoeinkommensprinzip nicht nur das Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit berücksichtigt, sondern alle Einkünfte, die dem Täter zufließen, unabhängig von ihrer Quelle. Dies kann beispielsweise auch Einkommen aus Vermietung und Verpachtung, Kapitalerträge oder Sozialleistungen umfassen.
Die Anwendung des Nettoeinkommensprinzips soll sicherstellen, dass die Höhe der Geldstrafe in einem angemessenen Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Täters steht. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Geldstrafe für den Täter spürbar ist, ihn aber nicht in eine finanzielle Notlage bringt.
Es ist jedoch zu beachten, dass das Gericht bei der Festsetzung der Tagessatzhöhe einen gewissen Ermessensspielraum hat und von dem Nettoeinkommensprinzip abweichen kann, wenn dies aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters gerechtfertigt ist.
Das vorliegende Urteil
Amtsgericht Köln – Az.: 716 Ds 171/17 – Urteil vom 24.11.2017
Der Angeklagte ist der im Strafbefehl vom 04.08.2017 (Bl. 46) iVm der Anklageschrift vom 11.05.2017 bezeichneten Tat schuldig.
Er wird zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 25,00 EUR verurteilt. Ihm wird Ratenzahlung in Höhe von 100,00 EUR / Monat ab Rechtskraft bewilligt.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine eigenen Auslagen.
Vorschriften: §§ 316 Abs. 1, 2, 69, 69a StGB.
G r ü n d e
I.
Der am 04.04.1964 in Köln geborene Angeklagte ist deutscher Staatsbürger. Nach früherer Selbständigkeit sowie Angestelltentätigkeit ist er heute, auch bedingt durch einen Bandscheibenvorfall, arbeitslos. Er bezieht Leistungen nach dem SGB II (Grundsicherung, sog. „Hartz IV“), und zwar in Höhe von insgesamt 958,60 EUR. Neben dem Regelbedarf von derzeit 409,00 EUR (vgl. § 20 SGB II) werden ihm auch Leistungen als weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung (vgl. § 22 SGB II) in Höhe von ca. 550,00 EUR gewährt.
II.
Bezüglich des Tatgeschehens steht folgender Sachverhalt fest:
Am 17.03.2017 befuhr der Angeklagte gegen 13:50 Uhr mit dem Personenkraftwagen der Marke Daimler-Benz, amtl. Kennzeichen LEV-JW 464, in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand u. a. die Bertoldisstraße in Mülheim. Seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit hätte der Angeklagte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen können und müssen.
III.
Die getroffenen Feststellungen zu Ziff. I. ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des Angeklagten und den Ausführungen seines Verteidigers.
Die Feststellungen zu Ziff. II. stehen fest aufgrund des insoweit rechtskräftigen Sitzungsstrafbefehls des Gerichts vom 04.08.2017 in Verbindung mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Köln vom 11.05.2017, gegen den nur beschränkt hinsichtlich der Tagessatzhöhe Einspruch eingelegt wurde. Die so vorgenommene Beschränkung des Rechtsbehelfs ist zulässig und wirksam, § 410 Abs. 2 StPO (vgl. auch § 411 Abs. 1 S. 3 StPO und grundlegend BGH, Beschluss vom 30.11.1976 – 1 StR 319/76 zu § 318 StPO).
IV.
Der Angeklagte hat durch sein Verhalten – was wiederum aufgrund des insoweit rechtskräftigen Strafbefehls des Gerichts vom 04.08.2017 feststeht – den Tatbestand der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 Abs. 1, 2 StGB verwirklicht.
V.
Bei der Strafzumessung war nur noch über die Tagessatzhöhe zu entscheiden; die im Strafbefehl vom 04.08.2017 festgesetzte Zahl von 40 Tagessätzen hat der Angeklagte mit seinem Einspruch ebenfalls nicht angegriffen, s. o.
Normativer Ausgangspunkt für die Bestimmung der Tagessatzhöhe ist § 40 Abs. 2 StGB. Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt der Tatrichter hiernach unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters, wobei er regelmäßig von dem Nettoeinkommen ausgeht, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte.
Mit dem so normierten Nettoeinkommensprinzip hat sich der Strafgesetzgeber bewusst für ein System, entschieden, das – anders als das sog. Einbuße- oder Zumutbarkeitsprinzip – grundsätzlich nicht nach dem nur über einem zum Leben notwendigen Selbstbehalt hinausgehenden Abzuschöpfenden fragt; im Nettoeinkommensprinzip ist für einen „notwendigen Selbstbehalt des Verurteilten“ bei der Frage der Bemessung der Tagessatzhöhe grundsätzlich kein Platz (grundlegend Radtke, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2016, § 40 Rn. 2 ff; vgl. auch Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 29. Auflage 2014, § 40 Rn. 8; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Auflage 2017, Rn. 106; Albrecht, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, 5. Auflage 2017, § 40 Rn. 19 ff.).
Das regelmäßig maßgebende Nettoeinkommen ist originär strafrechtlich zu bestimmen; es umfasst alle tatsächlichen Zuflüsse bzw. Einkünfte, die den ökonomischen Lebenszuschnitt eines Verurteilten faktisch prägen, und zwar unabhängig davon, ob sie auf einer der fünf einkommensteuerrechtlichen Einkunftsarten oder auf anderen Quellen beruhen (Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Auflage 2017, Rn. 113). Hierzu gehören namentlich auch unbare Bezüge bzw. Sachbezüge, da diese ebenso wie der Bezug von Geldleistungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Empfängers prägen (Radtke, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2016, § 40 Rn. 60; Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 29. Auflage 2014, § 40 Rn. 9; Hartmann, in: Dölling/Duttge/König/Rössner, Gesamtes Strafrecht, 4. Auflage 2017, § 40 Rn. 8, jew. mwN). Es handelt sich insoweit um einen übergreifenden Grundsatz, der auch in anderen Teilen der Rechtsordnung gilt, namentlich im Recht der Sozialhilfe, im Unterhaltsrecht, im Recht der Prozesskostenhilfe und im Einkommenssteuerrecht; weshalb im Strafrecht abweichend hiervon ein Sachbezüge nicht berücksichtigender Einkommensbegriff gelten sollte, ist nicht ersichtlich (so OLG Köln, Beschluss vom 24.03.2009 – 83 Ss 13/09). Die Einbeziehung von Sachbezügen oder anderen unbaren Vorteilen ermöglicht eine dem Zweck der Geldstrafe und des Tagessatzsystems entsprechende Lösung vor allem hinsichtlich der selbst nicht berufstätigen Verurteilten (Radtke, aaO).
Diese allgemeinen Erwägungen gelten auch für die Bestimmung des regelmäßig maßgeblichen „Nettoeinkommens“ im Sinne von § 40 Abs. 2 StGB bei Empfängern sozialer Transferleistungen. Sämtliche Bezüge, etwa gem. §§ 27 ff. SGB XII oder §§ 20 ff. SGB II, sind demnach grundsätzlich berücksichtigungsfähig; ob die Gewährung in Geld oder Sachbezügen erfolgt, spielt keine Rolle. Daher macht es auch keinen Unterschied, ob ein Angeklagter – worauf die Verteidigung abstellen wollte – einen neben dem Regelbedarf gewährten Bedarf für Unterkunft und Heizung selbst ausgezahlt bekommt oder der zuständige Träger auf Antrag oder in den Fällen des § 22 Abs. 7 S. 2, 3 SGB II direkt an den Vermieter bzw. sonst Empfangsberechtigten zahlt.
Dieser umfassende Ansatz sämtlicher Bezüge, d. h. auch weiterer gewährter Bedarfe neben dem Regelsatz, insbesondere auch von Unterkunft und Heizung, entspricht auch der Rechtsprechung der Obergerichte (s. nur OLG Braunschweig, Beschluss vom 19.05.2014 – 1 Ss 18/14; Urteil vom 26.06.2015 – 1 Ss 30/15; OLG Frankfurt, Urteil vom 21.03.2006 – 2 Ss 30/06; OLG Oldenburg, Beschluss vom 30.07.2007 – Ss 205/07; OLG Stuttgart, Urteil vom 21.07.2008 – 2 Ss 346/08).
Dieser umfassende Ansatz sämtlicher Bezüge entspricht aber insbesondere auch der Rechtsprechung des OLG Köln. Dies gilt einmal für die Berücksichtigung von Sachbezügen an sich (dazu OLG Köln, Beschluss vom 24.03.2009 – 83 Ss 13/09; Beschluss vom 17.06.2015 – 1 RVs 101/15), vor allem aber auch für die Berücksichtigung von neben dem Regelbedarf gewährten Bedarfen für Unterkunft und Heizung. Im Beschluss vom 10.06.2011 – 1 RVs 96/11 hat das OLG Köln ausgeführt (Hervorhebung hier):
„Die Angeklagte bezog nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen Leistungen „nach Hartz IV“, d. i. Arbeitslosengeld II gemäß § 20 SGB II. Mangels entgegenstehender Feststellungen und insbesondere mangels abweichenden Vortrags in der Revisionsbegründung ist dabei davon auszugehen, dass die Angeklagte den Regelsatz bezog. […]
Da der Tagessatz in der Regel nach dem Tages-Nettoeinkommen des Täters zu berechnen ist (§ 40 Abs. 2 S. 2 StGB), ist schon auf der Grundlage der festgestellten Bezüge der Angeklagten gegen eine Festsetzung des Tagessatzes mit 10,00 € im Grundsatz nichts zu erinnern. Ob die Angeklagte über den Regelsatz hinaus weitere berücksichtigungsfähige Transferleistungen – wie etwa Mietbeihilfen oder Beihilfen zu Energiekosten – erhält, wozu das Tatgericht keine Feststellungen getroffen hat, ist daher unerheblich.“
Das Gericht hat hiernach keinerlei Bedenken, vorliegend neben dem Regelbedarf von derzeit 409,00 EUR auch die dem Angeklagten gewährten weiteren Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von ca. 550,00 EUR – mithin die ihm insgesamt gewährten Leistungen nach dem SGB II von 958,60 EUR – als in der Regel maßgebliches Nettoeinkommen im Sinne von § 40 Abs. 2 S. 2 StGB anzusetzen.
Dieses Ergebnis entspricht im Übrigen auch der Rechtslage bei erwerbstätigen Angeklagten. Es ist allgemein anerkannt und entspricht auch der Rechtsprechung des BGH, dass Verpflichtungen, die in der Regel jeder Täter hat, wie etwa Aufwendungen für Wohnung, Verpflegung und Kleidung, bei der Zumessung der Höhe des Tagessatzes nicht vom Nettoeinkommen abzuziehen sind und daher, anders als etwa tatsächlich bediente Unterhaltsverpflichtungen oder Verpflichtungen aus „vorausschauender Lebensführung“ wie zum Zwecke der Ausbildung, unberücksichtigt bleiben (s. BGH, Urteil vom 10.02.1981 – 1 StR 515/80; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.07.1976 – 1 Ss 179/76; OLG Celle, Urteil vom 08.03.1977 – 1 Ss 36/77; BayObLG, Beschluss vom 08.07.1992 – 2 St RR 127/92; OLG Celle, Urteil vom 24.06.1975 – 1 Ss 107/75; Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, 28. Auflage 2014, § 40 Rn. 11; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Auflage 2017, Rn. 120). Denn aus der gesetzgeberischen Entscheidung für das in § 40 Abs. 2 StGB verankerte Nettoeinkommensprinzip folgt gerade, dass es für die Bemessung eines Tagessatzes nicht auf das ankommt, was der Verurteilte „erübrigen“ kann (s. o.). Kann ein erwerbstätiger Angeklagter jedoch seine allgemeinen Lebenshaltungs- und insbesondere seine Mietkosten nicht berücksichtigt wissen, ist es nicht einzusehen, warum dies im Falle eines straffälligen Transferleistungsempfängers anders sein soll.
An diesem Ergebnis ändert schließlich auch eine etwa bestehende anderweitige „örtliche Rechtspraxis“ – worauf die Verteidigung nachdrücklich hinwies – nichts. Derlei entbindet den Richter offensichtlich nicht von seiner Bindung nur an Gesetz und Recht, Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG, noch von seiner Verpflichtung, sich bei Zweifeln an der Richtigkeit einer – nur unterstellten, dem Gericht nicht bekannten – „örtlichen Rechtspraxis“ sein eigenes Urteil zu bilden; auch Art. 3 Abs. 1 GG garantiert insoweit keine Rechtsanwendungsgleichheit (vgl. nur Jachmann, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 81. EL September 2017, Art. 95 Rn. 18).
Aus dem hiernach im vorliegenden Fall anzusetzenden maßgeblichen Nettoeinkommen des Angeklagten im Sinne von § 40 Abs. 2 StGB in Höhe von 958,60 EUR ergäbe sich dem Grunde nach eine regelhafte Tagessatzhöhe von 31,95 EUR (zur Zulässigkeit ungerundeter Tagessatzhöhen OLG Köln, Beschluss vom 05.02.2008 – 82 Ss 7/08). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es gerade in Fällen niedriger Einkommen bzw. bei Angeklagten, die von Bezügen am Rande des Existenzminimums leben, geboten sein kann, auch unter Berücksichtigung der nach § 42 StGB möglichen, zeitlich grundsätzlich nicht beschränkten Zahlungserleichterungen und unter Beachtung der Notwendigkeit der Wahrung der Strafe als ernsthaft fühlbares Übel die Tagessatzhöhe unterhalb eines Dreißigstels des Nettoeinkommens festzusetzen (OLG Köln, Beschluss vom 17.06.2015 – 1 RVs 101/15; Beschluss vom 10.06.2011 – 1 RVs 96/11; vgl. auch OLG Braunschweig, Beschluss vom 19.05.2014 – 1 Ss 18/14; Urteil vom 26.06.2015 – 1 Ss 30/15).
Es handelt sich insoweit um einen ermessensähnlich ausgestalteten Strafzumessungsakt, der sich einer schematischen Behandlung entzieht (OLG Köln, Beschluss vom 22.01.2016 – 1 RVs 3/16).
Unter Berücksichtigung der festgestellten Verhältnisse des Angeklagten einerseits und der Notwendigkeit, den tatsächlich fühlbaren, empfindlichen Strafcharakter auch im vorliegenden Falle erkanntermaßen beschränkter finanzieller Möglichkeiten zu wahren, erschien dem Gericht eine Absenkung der Tagessatzhöhe auf 25,00 EUR – d. h. um etwas mehr als 20 % – angemessen, aber auch ausreichend. Eine (noch) niedrigere Tagessatzhöhe wäre unter Berücksichtigung des festgestellten und nach der gesetzgeberischen Wertung in der Regel maßgeblichen Nettoeinkommens unangemessen und nicht begründet. Dies gilt erst Recht für eine Tagessatzhöhe von nur 10,00 EUR wie von der Verteidigung gefordert; diese entspräche rechnerisch einem Nettoeinkommen von nur 300,00 EUR, mithin weniger als einem Drittel des bei dem Angeklagten im Sinne von § 40 Abs. 2 StGB anzusetzen Betrages von 958,60 EUR (s. o.).
Eine Absenkung der Tagessatzhöhe auf noch 25,00 EUR erschien dem Gericht zudem angemessen, aber auch ausreichend, da es flankierend möglich ist, dem Angeklagten gem. § 42 StGB die tenorierte Ratenzahlungsmöglichkeit einzuräumen. Diese stellt zudem sicher, dass dem Angeklagten das für den Lebensbedarf Unerlässliche (vgl. § 26 Abs. 2 SGB XII) verbleibt (s. OLG Köln, Beschluss vom 10.06.2011 – 1 RVs 96/11). Das Gericht überträgt insoweit den vom OLG Köln aaO angelegten, vermittelnden Maßstab von 75 % auf den aktuellen Regelsatz von 409,00 EUR; dies ergibt einen für den Lebensbedarf unerlässlichen Betrag von 306,75 EUR. Die getroffene Ratenanordnung von 100,00 EUR lässt diesen Betrag unberührt. Sie stellt – bei Ausübung pflichtgemäßen Ermessens – aber gleichzeitig sicher, dass durch die Ratenanordnung das Wesen der Geldstrafe nicht beeinträchtigt wird und der Strafcharakter erhalten und für den Angeklagten fühlbar bleibt (s. BGH, Urteil vom 02.12.1959 – 2 StR 497/59). Die festgesetzte Höhe zwingt den Angeklagten, was das Gericht nicht verkennt, zu fühlbaren finanziellen Einbußen, hält sich, wie gezeigt, aber im Rahmen des Zumutbaren (vgl. Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder Strafgesetzbuch, 29. Auflage 2014, § 42 Rn. 5; Radtke, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2016, § 42 Rn. 21; OLG Köln, Beschluss vom Beschluss vom 10.06.2011 – 1 RVs 96/11: Ratenanordnung von 35,00 EUR monatlich – entsprechend knapp 50 % des das Unerlässliche übersteigenden Betrages – im deutlich ärgeren Falle einer alleinerziehenden Mutter mit drei minderjährigen Kindern).
VI.
Das Gericht hat schließlich nicht übersehen, dass der Angeklagte in der Sache 716 Ds 296/17 am heutigen Tage wegen einer späteren Tat, namentlich vom 18.03.2017, bereits der vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 25,00 EUR verurteilt worden ist. Die aufgeworfene Frage einer etwa unzumutbaren „Doppelbelastung“ des Angeklagten durch die im dortigen Verfahren erkannte Geldstrafe neben der hiesigen ist indes keine Frage der hier zu treffenden Einzelstrafzumessung, sondern eine eventuell möglicher – ggf. auch nachträglicher – Gesamtstrafenbildung nebst dann einheitlich zu treffender Ratenanordnung gem. §§ 53 ff. StGB.
Derzeit liegen die Voraussetzungen einer ggf. möglichen Gesamtstrafenbildung gem. § 53 f. StGB jedenfalls deshalb nicht vor, da § 53 Abs. 1 StGB u. a. voraussetzt, dass mehrere Taten gleichzeitig abgeurteilt werden; dies ist nur dann der Fall, wenn die strafprozessual begründete Möglichkeit einer Aburteilung in ein und demselben Verfahren vor demselben Gericht besteht (BGH, Beschluss vom 22.05.1990 – 4 StR 210/90; Sternberg-Lieben/Bosch, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 29. Auflage 2014, § 53 Rn. 6; Frister, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, 5. Auflage 2017, § 53 Rn. 13). Sind die Straftaten – wie hier – in unterschiedlichen Verfahren anhängig, kann eine Gesamtstrafenbildung daher nur nach einer Verfahrensverbindung nach § 4 StPO erfolgen (BGH, Beschluss vom 22.05.1990 – 4 StR 210/90; von Heintschel-Heinegg, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2016, § 53 Rn. 8). Ob vorliegend das weitere Verfahren betreffend den Angeklagten und das hiesige in diesem Sinne hätten verbunden werden können, nachdem im hiesigen Verfahren aufgrund des insoweit zulässig und wirksam beschränkten Einspruchs bereits teilweise die Rechtskraft des Sitzungsstrafbefehles vom 04.08.2017 eingetreten war, kann im Ergebnis dahinstehen, da das Gericht bei Ausübung seines insoweit bestehenden Ermessens (s. nur BGH, Urteil vom 08.12.1999 – 5 StR 32/99 mwN) von einer Verbindung – worauf hingewiesen wurde – abgesehen hat. Dagegen wurde nichts erinnert.
Einer ggf. denkbaren nachträglichen Gesamtstrafenbildung gem. § 55 StGB steht derzeit jedenfalls entgegen, dass die im Verfahren 716 Ds 296/17 erkannte Strafe nicht rechtskräftig ist, § 55 Abs. 1 S. 1 StGB. Zu Recht weist der BGH darauf hin, dass es nicht Sinn von § 55 StGB ist, Einzelstrafen einzubeziehen, deren Bestand nicht gesichert ist. In diesem Fall kann auf das Nachtragsverfahren gem. § 460 StPO verwiesen werden (BGH, Urteil vom 24.07.1997 – 1 StR 216/97; Urteil vom 06.08.1969 – 4 StR 233/69; Appl, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Auflage 2013, § 460 Rn. 6).
VII.
Die Kostenentscheidung beruht – da der Einspruch nur Rechtsbehelf, nicht Rechtsmittel ist – auf § 465 StPO.