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Voraussetzungen Strafrestaussetzung nach der Zwei-Drittel-Regelung

Trotz wiederholter Diebstähle und einer Freiheitsstrafe von 26 Monaten kommt eine Frau vorzeitig aus dem Gefängnis frei. Das Oberlandesgericht Brandenburg setzt ihre Reststrafe zur Bewährung aus und gewährt ihr damit eine zweite Chance, obwohl sie bereits mehrfach straffällig geworden war. Die Richter sehen eine positive Prognose und betonen die Bedeutung der Resozialisierung.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Verurteilte befand sich erstmalig in Strafhaft und hatte zwei Drittel ihrer Freiheitsstrafen verbüßt.
  • Das Landgericht Cottbus entschied, die Reststrafe zur Bewährung auszusetzen, was die Staatsanwaltschaft anfocht.
  • Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die Verbüßung des Strafvollzugs künftiger Straffälligkeit entgegenwirken kann.
  • Das Gericht hob hervor, dass eine erstmalige Haft einen starken spezialpräventiven Eindruck hinterlässt.
  • Die bisherige Führung der Verurteilten während der Haft war einwandfrei und ohne Beanstandungen.
  • Trotz früherer Straffälligkeiten und Bewährungsbrüche sah das Gericht eine realistische Chance für ein zukünftiges straffreies Leben.
  • Die Straftaten der Verurteilten wurden als nicht gravierend genug angesehen, um die Bewährungsaussetzung zu verweigern.
  • Die soziale und wirtschaftliche Stabilität der Verurteilten wurde als positiv für die Zukunftsperspektive bewertet.
  • Die Staatsanwaltschafts-Beschwerde wurde abgewiesen und die Kosten des Verfahrens der Staatskasse auferlegt.

Zwei-Drittel-Regelung: Bedeutung und Fallbeispiel zur Strafrestaussetzung

Die Strafrestaussetzung ist ein bedeutendes Instrument im deutschen Strafrecht, das die Haftentlassung von Strafgefangenen unter bestimmten Voraussetzungen regelt. Die Zwei-Drittel-Regelung spielt dabei eine zentrale Rolle: Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe haben Gefangene unter bestimmten Umständen die Möglichkeit, vorzeitig aus dem Strafvollzug entlassen zu werden. Diese Regelung zielt darauf ab, eine effektive Resozialisierung zu fördern und den Betroffenen den Einstieg in eine strukturierte und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.

Die gesetzlichen Regelungen zur Strafrestaussetzung setzen jedoch klare Entlassungsvoraussetzungen, die in jedem Einzelfall geprüft werden müssen. Dabei spielt die Gefährlichkeit des Täters, sein Verhalten während der Haft und seine Rückfallgefahr eine entscheidende Rolle. Die Justizvollzugsanstalt bewertet, ob der Gefangene die nötigen Schritte zur Resozialisierung unternommen hat und ob er von entsprechenden Wiederintegrationshilfen in der Gesellschaft profitieren kann.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Anwendung der Zwei-Drittel-Regelung verdeutlicht und die damit verbundenen rechtlichen Aspekte beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Erstmalige Haftstrafe: Gericht gewährt vorzeitige Bewährung trotz Vorstrafen

In einem Fall, der die Komplexität von Bewährungsentscheidungen verdeutlicht, hat das Oberlandesgericht Brandenburg die vorzeitige Haftentlassung einer Verurteilten bestätigt.

Vorzeitige Haftentlassung und Resozialisierung
Das Oberlandesgericht Brandenburg hat die vorzeitige Entlassung einer Verurteilten aus der Haft genehmigt, da ihre Resozialisierungschancen trotz ihrer Vorstrafen positiv eingeschätzt wurden.(Symbolfoto: Flux gen.)

Die Frau, die erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt, wurde wegen wiederholter Ladendiebstähle, Hausfriedensbruchs und Erschleichens von Leistungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 26 Monaten verurteilt.

Gerichtliche Entscheidung und rechtliche Grundlagen

Das Landgericht Cottbus hatte zunächst die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haftzeit angeordnet. Die Staatsanwaltschaft Berlin legte gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde ein, die jedoch vom Oberlandesgericht Brandenburg als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB, wonach die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann, wenn dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann. Besondere Bedeutung maß das Gericht dem „Erstverbüßerprivileg“ gemäß § 57 Abs. 2 StGB bei.

Bewertung der Resozialisierungschancen

Trotz einiger ungünstiger Faktoren in der Vorgeschichte der Verurteilten – darunter eine vorherige Untersuchungshaft und wiederholte Straffälligkeit seit 2017 – sah das Gericht eine realistische Chance für eine erfolgreiche Resozialisierung. Es betonte, dass für eine Bewährungsentlassung keine zweifelsfreie Gewissheit künftiger Straffreiheit erforderlich sei, sondern vielmehr eine verantwortbare Abwägung zwischen Resozialisierung und öffentlicher Sicherheit.

Berücksichtigung persönlicher Umstände

Das Gericht würdigte die positive Führung der Verurteilten während der Haftzeit und ihre Angaben zu einer stabileren Lebenssituation. Insbesondere wurde berücksichtigt, dass sie vor ihrer Inhaftierung als Reinigungskraft gearbeitet und zusätzlich zu Sozialleistungen Geld verdient hatte. Diese festen Einkünfte wurden als wesentlicher stabilisierender Faktor für ein künftig straffreies Leben gewertet.

Abwägung der Sicherheitsinteressen

Bei der Entscheidung spielte auch die Art der begangenen Straftaten eine Rolle. Das Gericht bewertete das Ausmaß der Rechtsgutsgefährdung durch Ladendiebstähle, Hausfriedensbruch und Leistungserschleichung als nicht so gravierend, dass eine Reststrafenaussetzung unverantwortbar wäre. Zudem wurde positiv vermerkt, dass die Verurteilte seit Juli 2020 bis zu ihrer Inhaftierung nicht mehr straffällig geworden war.

Mit diesem Beschluss unterstreicht das Oberlandesgericht Brandenburg die Bedeutung individueller Prognosen und die Chance auf Resozialisierung, selbst bei Verurteilten mit problematischer Vorgeschichte. Die Entscheidung zeigt, dass das deutsche Rechtssystem den Grundsatz der Resozialisierung auch in komplexen Fällen hochhält und eine sorgfältige Abwägung zwischen gesellschaftlichen Sicherheitsinteressen und der Rehabilitationsperspektive des Einzelnen vornimmt.


Die Schlüsselerkenntnisse


Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des Erstverbüßerprivilegs und der individuellen Resozialisierungsprognose bei der vorzeitigen Haftentlassung. Sie verdeutlicht, dass selbst bei Vorstrafen und ungünstigen Faktoren eine Bewährungsentlassung möglich ist, wenn positive Entwicklungen erkennbar sind. Das Gericht betont die Notwendigkeit einer verantwortbaren Abwägung zwischen Resozialisierungschancen und öffentlicher Sicherheit, wobei keine absolute Gewissheit künftiger Straffreiheit erforderlich ist.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie oder ein Angehöriger erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßen, gibt dieses Urteil Anlass zur Hoffnung auf eine vorzeitige Entlassung. Auch bei vorheriger Straffälligkeit oder Untersuchungshaft kann nach zwei Dritteln der Haftzeit eine Bewährung möglich sein, sofern Sie sich im Gefängnis gut geführt haben und Ihre Lebenssituation stabil erscheint. Wichtig sind dabei feste Einkünfte und eine realistische Perspektive für ein straffreies Leben. Das Gericht berücksichtigt Ihre individuelle Situation und wägt Ihre Resozialisierungschancen gegen die öffentliche Sicherheit ab. Eine absolute Gewissheit für Ihre künftige Straffreiheit ist nicht erforderlich. Bei weniger schwerwiegenden Delikten wie Diebstahl oder Leistungserschleichung stehen Ihre Chancen besonders gut. Lassen Sie sich von einem Anwalt beraten, um Ihre Möglichkeiten optimal zu nutzen.


Weiterführende Informationen

Im Rahmen der Thematik der vorzeitigen Haftentlassung und Resozialisierung ist es entscheidend, die komplexen rechtlichen Grundlagen und die damit verbundenen Fachbegriffe zu verstehen. Dieser Abschnitt bietet Ihnen eine prägnante Zusammenstellung häufig gestellter Fragen, ein Glossar mit essenziellen Begrifflichkeiten sowie eine Übersicht der wichtigsten rechtlichen Bestimmungen zu diesem Thema. Tauchen Sie ein in die relevanten Aspekte und stärken Sie Ihr Wissen über die Mechanismen, die der Resozialisierung von Straftätern zugrunde liegen.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)


 

Was bedeutet die vorzeitige Entlassung aus der Haft nach zwei Dritteln der Strafe?

Die vorzeitige Entlassung aus der Haft nach zwei Dritteln der Strafe ist eine gesetzlich vorgesehene Möglichkeit zur Resozialisierung von Strafgefangenen. Sie basiert auf § 57 des Strafgesetzbuches (StGB) und ermöglicht es, den Rest einer Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Voraussetzungen für die Zwei-Drittel-Entlassung

Für eine vorzeitige Entlassung nach zwei Dritteln der Strafe müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  1. Mindestverbüßungsdauer: Der Verurteilte muss zwei Drittel seiner Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt haben.
  2. Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit: Die Entlassung muss unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden können.
  3. Einwilligung des Verurteilten: Der Gefangene muss der vorzeitigen Entlassung zustimmen.

Entscheidungskriterien für das Gericht

Bei der Entscheidung über eine vorzeitige Entlassung berücksichtigt das Gericht verschiedene Faktoren:

  • Die Persönlichkeit und das Vorleben des Verurteilten
  • Die Umstände der Tat
  • Das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts
  • Das Verhalten des Verurteilten im Vollzug
  • Die Lebensverhältnisse des Verurteilten
  • Die zu erwartenden Wirkungen der Aussetzung

Wenn Sie beispielsweise zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt wurden, könnten Sie nach zwei Jahren einen Antrag auf vorzeitige Entlassung stellen. Das Gericht würde dann prüfen, ob Sie sich im Vollzug gut geführt haben, ob eine positive Sozialprognose besteht und ob von Ihnen keine Gefahr für die Allgemeinheit mehr ausgeht.

Rechtliche Folgen der Zwei-Drittel-Entlassung

Bei einer positiven Entscheidung wird der Rest der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Dies bedeutet:

  • Sie werden aus der Haft entlassen, stehen aber unter Bewährung.
  • Die Bewährungszeit dauert mindestens so lange wie der Strafrest.
  • Es können Bewährungsauflagen und -weisungen erteilt werden.
  • Bei Verstößen gegen Auflagen oder neuen Straftaten kann die Bewährung widerrufen werden.

Stellen Sie sich vor, Sie werden nach zwei Jahren einer dreijährigen Haftstrafe entlassen. In diesem Fall stünden Sie für mindestens ein Jahr unter Bewährung und müssten sich an die Auflagen des Gerichts halten, um nicht wieder inhaftiert zu werden.

Die Zwei-Drittel-Regelung bietet Ihnen als Verurteilter die Chance, sich früher zu bewähren und in die Gesellschaft zu reintegrieren. Gleichzeitig dient sie dem Ziel der Resozialisierung und kann helfen, die Rückfallquote zu senken.


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Welche Rolle spielt das „Erstverbüßerprivileg“ bei der Entscheidung zur vorzeitigen Entlassung?

Das „Erstverbüßerprivileg“ spielt eine bedeutende Rolle bei der Entscheidung über eine vorzeitige Haftentlassung. Es basiert auf der Annahme, dass der Strafvollzug einen Erstverbüßer im Allgemeinen beeindruckt und von weiteren Straftaten abhalten kann.

Grundlagen des Erstverbüßerprivilegs

Wenn Sie zum ersten Mal eine Freiheitsstrafe verbüßen, genießen Sie einen besonderen Status. Das Gericht geht davon aus, dass die Erfahrung der Haft für Sie besonders einschneidend ist und eine starke abschreckende Wirkung hat. Diese Vermutung wirkt sich positiv auf die Prognose für Ihre zukünftige Straffreiheit aus.

Auswirkungen auf die vorzeitige Entlassung

Das Erstverbüßerprivileg kann Ihre Chancen auf eine vorzeitige Entlassung erheblich verbessern. Bei der Entscheidung über eine Strafrestaussetzung zur Bewährung nach § 57 StGB berücksichtigt das Gericht diesen Umstand besonders. Wenn Sie erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßen und diese zwei Jahre nicht übersteigt, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes schon nach der Hälfte der Strafe zur Bewährung aussetzen, sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.

Einschränkungen des Privilegs

Beachten Sie, dass das Erstverbüßerprivileg nicht uneingeschränkt gilt. Bei wiederholter Begehung einschlägiger Straftaten oder mehrfachem Bewährungsversagen wird es nur eingeschränkt angewendet. In solchen Fällen legen die Gerichte strengere Maßstäbe an die Wahrscheinlichkeit Ihrer künftigen Straffreiheit an.

Wenn in Ihrer Persönlichkeitsstruktur nach wie vor ernstzunehmende Rückfallrisiken angelegt sind, kann eine Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes trotz Erstverbüßung ausgeschlossen sein. Das Gericht wird in einem solchen Fall Ihre individuelle Situation genau prüfen und abwägen, ob eine vorzeitige Entlassung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.


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Wie bewertet das Gericht die Resozialisierungschancen bei einer vorzeitigen Entlassung?

Bei der Bewertung der Resozialisierungschancen für eine vorzeitige Entlassung berücksichtigt das Gericht verschiedene Faktoren, die Aufschluss über die Entwicklung und Zukunftsperspektiven des Verurteilten geben.

Verhalten während der Haftzeit

Das Verhalten des Gefangenen im Vollzug spielt eine zentrale Rolle. Wenn Sie sich an die Regeln halten, aktiv an Resozialisierungsmaßnahmen teilnehmen und eine positive Entwicklung zeigen, wirkt sich dies günstig auf die Bewertung aus. Dazu gehören beispielsweise die Teilnahme an Bildungs- oder Therapieangeboten sowie die Übernahme von Verantwortung innerhalb der Anstalt.

Auseinandersetzung mit der Tat

Das Gericht prüft, inwieweit Sie sich kritisch mit Ihrer Straftat auseinandergesetzt haben. Eine erkennbare Reue, Einsicht in das Unrecht der Tat und die Bereitschaft zur Wiedergutmachung werden positiv bewertet. Stellen Sie sich vor, Sie zeigen in Gesprächen mit dem Sozialdienst oder in Therapiesitzungen, dass Sie die Folgen Ihres Handelns verstanden haben und Strategien entwickeln, um künftig Straftaten zu vermeiden.

Zukunftsperspektiven

Ihre Pläne für die Zeit nach der Entlassung fließen ebenfalls in die Bewertung ein. Das Gericht prüft, ob realistische Aussichten auf eine geregelte Arbeit, eine stabile Wohnsituation und ein unterstützendes soziales Umfeld bestehen. Wenn Sie beispielsweise während der Haft eine Ausbildung absolviert haben und eine Arbeitsstelle in Aussicht steht, erhöht dies Ihre Resozialisierungschancen.

Risikoeinschätzung

Das Gericht nimmt auch eine Einschätzung des Rückfallrisikos vor. Hierbei werden Faktoren wie Ihr Vorleben, die Art der begangenen Straftat und Ihr Verhalten während der Haft berücksichtigt. Bei schweren Straftaten oder wiederholter Straffälligkeit kann das Gericht ein Prognosegutachten eines Sachverständigen einholen.

Vollzugslockerungen

Die erfolgreiche Teilnahme an Vollzugslockerungen wie Ausgang oder Freigang kann Ihre Resozialisierungschancen deutlich verbessern. Wenn Sie diese Freiheiten ohne Beanstandungen nutzen, zeigt dies dem Gericht, dass Sie zunehmend Verantwortung übernehmen können.

Bedenken Sie, dass das Gericht all diese Faktoren in einer Gesamtschau betrachtet. Eine positive Entwicklung in mehreren Bereichen erhöht Ihre Chancen auf eine vorzeitige Entlassung erheblich.


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Welche persönlichen Umstände können sich positiv auf die Entscheidung zur vorzeitigen Haftentlassung auswirken?

Bei der Entscheidung über eine vorzeitige Haftentlassung spielen verschiedene persönliche Umstände eine wichtige Rolle. Das Gericht berücksichtigt gemäß § 57 Abs. 1 Satz 2 StGB insbesondere Ihre Persönlichkeit, Ihr Vorleben, die Umstände Ihrer Tat, Ihr Verhalten im Vollzug, Ihre Lebensverhältnisse und die zu erwartenden Wirkungen der Aussetzung.

Positives Verhalten während der Haftzeit

Eine gute Führung im Strafvollzug kann Ihre Chancen auf eine vorzeitige Entlassung erheblich verbessern. Wenn Sie aktiv an Resozialisierungsmaßnahmen teilnehmen, sich weiterbilden oder eine Therapie erfolgreich abschließen, zeigt dies Ihre Bereitschaft zur Veränderung. Stellen Sie sich vor, Sie nutzen die Zeit in Haft, um einen Schulabschluss nachzuholen oder eine Berufsausbildung zu beginnen – dies könnte als starkes Indiz für Ihre Resozialisierungsbemühungen gewertet werden.

Stabile Lebensverhältnisse nach der Entlassung

Die Aussicht auf geordnete Lebensverhältnisse nach der Haftentlassung ist ein weiterer wichtiger Faktor. Wenn Sie beispielsweise eine konkrete Arbeitsstelle in Aussicht haben oder eine gesicherte Wohnsituation nachweisen können, erhöht dies Ihre Chancen auf eine positive Prognose. In einem solchen Fall könnten Sie dem Gericht darlegen, dass Sie bereits Vorbereitungen für ein geregeltes Leben in Freiheit getroffen haben.

Soziale Bindungen und Unterstützung

Stabile soziale Beziehungen können ebenfalls zu einer günstigen Prognose beitragen. Wenn Sie während der Haftzeit den Kontakt zu Familie oder Freunden aufrechterhalten oder sogar verbessert haben, zeigt dies Ihre soziale Einbindung. Eine intakte Partnerschaft oder der regelmäßige Kontakt zu Ihren Kindern können als positive Faktoren gewertet werden.

Auseinandersetzung mit der Tat

Eine kritische Reflexion Ihrer Straftat und die Übernahme von Verantwortung für Ihr Handeln können sich positiv auswirken. Wenn Sie beispielsweise an einem Täter-Opfer-Ausgleich teilgenommen oder Wiedergutmachungsbemühungen unternommen haben, kann dies Ihre Einsicht und persönliche Entwicklung demonstrieren.

Suchtbewältigung und Therapieerfolge

Falls Suchtprobleme eine Rolle bei Ihrer Straftat gespielt haben, kann der erfolgreiche Abschluss einer Suchttherapie oder die kontinuierliche Teilnahme an Selbsthilfegruppen Ihre Prognose verbessern. Stellen Sie sich vor, Sie haben während der Haftzeit eine Entzugsbehandlung absolviert und können nachweisen, dass Sie seit längerer Zeit drogenfrei leben – dies würde Ihre Chancen auf eine vorzeitige Entlassung erhöhen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass das Gericht alle diese Faktoren in einer Gesamtschau betrachtet. Je mehr positive Aspekte Sie vorweisen können, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer günstigen Prognose für Ihre vorzeitige Entlassung. Bedenken Sie jedoch, dass die Entscheidung immer eine Einzelfallprüfung bleibt und vom Gericht sorgfältig abgewogen wird.


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Wie werden Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit bei der Entscheidung über eine vorzeitige Entlassung berücksichtigt?

Bei der Entscheidung über eine vorzeitige Haftentlassung spielt die Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine zentrale Rolle. Das Gericht muss sorgfältig abwägen, ob von dem Verurteilten nach der Entlassung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen könnte.

Individuelle Risikoeinschätzung

Das Gericht nimmt eine umfassende Bewertung des Einzelfalls vor. Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt:

  • Persönlichkeit des Verurteilten: Es wird geprüft, ob sich die Person während der Haftzeit positiv entwickelt hat.
  • Vorleben: Die kriminelle Vorgeschichte und frühere Verurteilungen fließen in die Beurteilung ein.
  • Art und Schwere der Tat: Bei besonders schweren Straftaten wird die Gefahr für die Allgemeinheit höher eingeschätzt.
  • Verhalten im Vollzug: Positive Entwicklungen wie die Teilnahme an Resozialisierungsprogrammen werden berücksichtigt.
  • Soziale Perspektiven: Die Aussicht auf eine stabile Lebenssituation nach der Entlassung wird bewertet.

Prognose für die Zukunft

Stellen Sie sich vor, Sie wären Richter und müssten entscheiden, ob ein Häftling vorzeitig entlassen werden kann. Sie würden sich fragen: Wie wahrscheinlich ist es, dass diese Person erneut straffällig wird? Das Gericht erstellt eine Prognose für das zukünftige Verhalten des Verurteilten. Dabei wird eingeschätzt, ob die Person in der Lage sein wird, ein straffreies Leben zu führen.

Abwägung mit dem Resozialisierungsinteresse

Die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit werden gegen das Resozialisierungsinteresse des Verurteilten abgewogen. Wenn Sie als Häftling eine vorzeitige Entlassung anstreben, ist es wichtig zu zeigen, dass Sie keine Gefahr mehr für die Gesellschaft darstellen. Das Gericht muss zu dem Schluss kommen, dass eine vorzeitige Entlassung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

Einfluss auf die Entscheidung

Die Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen kann dazu führen, dass eine vorzeitige Entlassung abgelehnt wird, wenn das Risiko für die Allgemeinheit als zu hoch eingeschätzt wird. In einem solchen Fall müssen Sie als Verurteilter möglicherweise die gesamte Haftstrafe verbüßen.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Strafrestaussetzung

Die Strafrestaussetzung ist ein juristisches Instrument des deutschen Strafrechts, das die Möglichkeit bietet, eine bereits begonnene Freiheitsstrafe unter bestimmten Voraussetzungen vorzeitig zu beenden. Nach § 57 StGB kann die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Gefangene sich während der Bewährungszeit nichts zuschulden kommen lässt und die weitere Vollstreckung der Strafe nicht erforderlich ist. Beispiel: Ein Gefangener mit einer ursprünglichen Strafe von drei Jahren könnte nach zwei Jahren entlassen werden, wenn er die obigen Voraussetzungen erfüllt und sich bis dahin gut geführt hat.


Zwei-Drittel-Regelung

Die Zwei-Drittel-Regelung im Strafrecht bezieht sich auf die Möglichkeit der vorzeitigen Haftentlassung nach der Verbüßung von zwei Dritteln einer Freiheitsstrafe (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB). Diese Regelung fördert die Resozialisierung, indem sie die Entlassung ermöglicht, wenn dies unter Wahrung der öffentlichen Sicherheit verantwortet werden kann. Ein Beispiel dafür wäre ein Gefangener, der nach absitzen von 20 Monaten einer 30-monatigen Haftstrafe freikommt, weil er die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt.


Erstverbüßerprivileg

Das Erstverbüßerprivileg im deutschen Strafrecht begünstigt Personen, die zum ersten Mal eine Haftstrafe verbüßen. Es kann dazu führen, dass trotz bestehender Vorstrafen eine vorzeitige Entlassung gewährt wird (§ 57 Abs. 2 StGB). Das Gericht kann bei erstmaliger Haft dies als Zeichen sehen, dass der Abschreckungseffekt der Strafe besonders hoch ist und eine Bewährung geeignet erscheint. Beispiel: Ein erstverurteilter Täter könnte durch dieses Privileg eine günstigere Entlassungsprognose erhalten.


Resozialisierung

Resozialisierung bezeichnet den Prozess, bei dem ein Straftäter nach der Haftentlassung wieder in die Gesellschaft integriert wird, mit dem Ziel, künftig keine Straftaten mehr zu begehen. Sie spielt eine zentrale Rolle bei der Entscheidung über die Strafrestaussetzung, indem Faktoren wie der Verlauf während der Haft und die sozialen Umstände berücksichtigt werden. Beispiel: Eine Person, die während der Haft Tätigkeiten aufgenommen hat und durch Arbeitsangebote oder familiären Rückhalt außerhalb des Gefängnisses stabilisiert wird, hat eine bessere Chance auf erfolgreiche Resozialisierung.


Gefährlichkeitsprognose

Die Gefährlichkeitsprognose ist eine Bewertung im Rahmen von Entscheidungen über die vorzeitige Haftentlassung, bei der das Risiko neuer Straftaten durch den Gefangenen abgeschätzt wird. Gerichte prüfen dabei das Verhalten des Gefangenen während der Haft sowie seine sozialen und beruflichen Perspektiven. Beispiel: Ein geringes Rückfallrisiko könnte durch gute Führung in der Haft und einen festen Job nach der Entlassung entstehen.


Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit

Das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit bezieht sich auf das Bedürfnis der Gesellschaft, vor weiteren Straftaten geschützt zu werden. Bei Entscheidungen über die Strafrestaussetzung wird abgewogen, ob die vorzeitige Freilassung des Gefangenen dieses Interesse gefährden könnte. Beispiel: Einem Gefangenen mit schwerwiegenden oder wiederholten Straftaten könnte die Aussetzung der Reststrafe verweigert werden, wenn eine Bedrohung für die Öffentlichkeit bestünde.


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 57 StGB: Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung. Grundsätzlich kann die Vollstreckung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe ausgesetzt werden, wenn dies verantwortbar ist und das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit nicht gefährdet wird. Im vorliegenden Fall hat das Gericht entschieden, dass die Verurteilte, die erstmals in Haft ist, die Voraussetzungen für eine solche Aussetzung erfüllt.
  • § 473 StPO: Diese Vorschrift regelt die Kostenentscheidung in Strafverfahren. Insbesondere wird geregelt, dass die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Staatskasse zur Last fallen, wenn die Beschwerde als unbegründet verworfen wird. Im hier diskutierten Fall wurde die Staatsanwaltschaft für die Kosten des Verfahrens belastet, nachdem ihre Beschwerde gegen die Aussetzung der Vollstreckung als unbegründet angesehen wurde.
  • BGH NStZ-RR 2003, 201: Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs thematisiert die Vermutungen hinsichtlich der spezialpräventiven Wirkung von ersten Freiheitsentzügen. Das Gericht hat festgestellt, dass bei erstmaliger Haft eine Vermutung für die Erforderlichkeit einer Bewährungsaufsicht besteht, da davon ausgegangen werden kann, dass der Haftvollzug eine abschreckende Wirkung hat. Dies spielt eine entscheidende Rolle im vorliegenden Fall, da das Landgericht die Bewährungsexistenz mit dieser Vermutung begründete.
  • OLG Stuttgart, Beschl. v. 28. September 1989 – 4 Ws 246/89: In diesem Beschluss wurde das Erstverbüßerprivileg behandelt. Das Oberlandesgericht hat klargestellt, dass sich für erste Verurteilte bei der Entscheidung über die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung positive Effekte ergeben. Dieser Grundsatz war auch im vorliegenden Fall von Bedeutung, da die Verurteilte zum ersten Mal eine Freiheitsstrafe verbüßte und daher von dieser Regel profitiert.
  • Fischer, StGB: In den Kommentaren von Fischer wird die rechtliche Auffassung zur Bedeutung der Erstverbüßung einer Freiheitsstrafe hervorgehoben. Dabei wird ausgeführt, dass die Auswirkungen der Strafe auf den Verurteilten in der Regel positiver Natur sind und eine Verantwortung für die Aussetzung der Strafe geben kann. Diese Argumentation war zentral für die Entscheidung des Gerichts, dass die Verurteilte nach einer Teilverbüßung ihrer Strafe zur Bewährung entlassen werden kann.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 2 Ws 62/23 (S) – Beschluss vom 01.06.2023


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