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Voraussetzung für die Annahme einer Geldwäsche

LG Frankfurt am Main – Az.: 5/03 Qs 7/21 – Beschluss vom 01.07.2021

In der Strafsache wegen: Geldwäsche hier: Beschwerde gegen Arrestbeschluss hat das Landgericht Frankfurt am Main — 3. große Strafkammer als Jugendstrafkammer – am 01.07.2021 beschlossen:

1. Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird der Beschluss des Amtsgerichtes Frankfurt am Main vom 04.12.2020, Az. 2401 Js 254499/20 — 931 Gs, aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten trägt die Staatskasse.

Gründe:

Der Beschuldigte wurde durch Vermittlung eines Bekannten angeworben, für die sog. PK-Germany die Benutzerfreundlichkeit verschiedener Applikationen gegen Entgelt zu testen. Die Kommunikation mit der PK-Germany erfolgte ausschließlich per Chat und Telefonie über Whatsapp. Nach näherer Anweisung durch seinen Chat-Partner von PK-Germany lud der Beschuldigte zunächst die App „bitwala-crypto-banking“ über den App-Store herunter und führte sodann über Videotelefonie mit einem Mitarbeiter von „bitwala-crypto-banking“ eine Kontoeröffnung durch. Hierfür erhielt er eine Vergütung von € 30,00. Sodann wurde ihm angeboten, die Apps „n26-the mobile-bank“, „bung“, „bitpanda“, „Wirex-crypto-fiat-accounts“ u.a. zu testen, was er auch tat. Im weiteren Verlauf wurde er u.a. aufgefordert, ein Konto bei der PSD Bank zu eröffnen und der PK-Germany Kontounterlagen sowie PIN zur Verfügung zu stellen, was er ebenfalls tat, ebenso wie bei weiteren Banken wie der Danske Bank, N26 Bank, Bendigo Bank, no-risbank, Targo, Postbank etc. Der Beschuldigte sollte jeweils Fotos der übersandten ec/Kreditkarten, der zugehörigen PINs oder QR-Codes an PK-Germany senden und das Design der Karten bewerten, wobei er auch diesen Vorgaben Folge leistete.

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Auf das am 12.11.2020 durch den Beschuldigten auf seinen Namen eröffnete Konto bei der N26 Bank GmbH mit der IBAN pppppp. gingen schließlich Überweisungen ein, die aus betrügerischen Ebay-Verkäufen herrühren sollen, die über den „gehackten“ Ebay-Account des Geschädigten pp. Haselberg durchgeführt worden sein sollen. Die betrügerischen Handlungen sollen durch noch unbekannte Täter, die den Beschuldigten als App-Tester angeworben hatten, durchgeführt worden sein.

Im Tatzeitraum sollen auf dem Konto des Beschuldigten folgende Beträge eingegangen sein:

  • Name des Auftraggebers Gutschrift
  • pp1 € 665,00
  • pp2 € 600,00
  • pp3 € 1.400,00
  • pp4 € 2.260,00
  • pp5 € 1.000,00
  • pp6 € 860,00
  • pp7 € 1.720,00
  • pp8 € 2.530,00
  • pp9 € 1.601,00
  • pp10 € 855,00
  • pp11 € 660,00
  • pp12 € 2.200,00
  • pp13 € 2.100,00
  • pp14 € 660,00
  • pp15 € 860,00
  • pp16 € 350,00
  • pp17 € 660,00
  • pp18 € 322,00
  • pp19 € 672,00
  • GESAMT € 22.875,00

Die eingegangenen Gelder wurden jeweils zeitnah an den in London / Großbritannien ansässigen Finanzdienstleister Wirex weitergeleitet oder sind durch Gebrauch einer MasterCard verwendet worden. Die Überweisung oder Verwendung der Gelder erfolgte nicht durch den Beschuldigten. Es liegt nahe, dass die Hintermänner von PK-Germany die Gelder verwendeten.

Der Tatverdacht beruht auf den Angaben der Zeugen pp. und pp., den Kontounterlagen und Umsatzauflistungen sowie den sonstigen bisherigen polizeilichen Ermittlungen und der Einlassung des Beschuldigten, soweit er davon Kenntnis hatte.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat das Amtsgericht Frankfurt am Main mit dem angefochtenen Beschluss vom 04.12.2020 einen Vermögensarrest in Höhe von € 22.875,00 in das Vermögen des Beschuldigten angeordnet.

Hiergegen hat der Beschuldigte mit Schriftsatz seiner Verteidigerin, eingegangen bei Gericht am 02.03.2021, Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führte der Beschuldigte an, dass er ein undoloses Werkzeug von Hintermännern gewesen sei und faktisch keinen Zugriff auf das Konto mit der IBAN DE40 1001 1001 2622 2036 83 bei der N26 Bank GmbH gehabt habe. Das Konto habe er, wie verschiedene andere Konten, eröffnet, da er dachte, dass es sich um einen „Test“ gehandelt habe, welcher ihm von den Hintermännern per WhatsApp aufgegeben worden sei.

Die zunächst eingeleiteten Verfahren gegen den Beschuldigten wegen Betrugs sollen laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft vom 01.06.2021 gem. § 170 Abs. 2 StGB eingestellt werden.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, da die Voraussetzungen für die Anordnung eines Vermögensarrestes gem. § 111e Abs. 1 StPO nicht (mehr) vorliegen.

Nach § 111e Abs. 1 Satz 1 StPO kann zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden, wenn die Annahme begründet ist, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen. Die Anordnung des Vermögensarrestes setzt danach — neben einem erforderlichen Sicherungsbedürfnis (vgl. Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 111e Rn. 5) — voraus, dass bestimmte Tatsachen die Annahme (im Sinne einer gewissen Wahrscheinlichkeit) begründen, dass die Voraussetzungen für eine spätere gerichtliche Anordnung der Wertersatzeinziehung vorliegen (vgl. Köhler, a.a.O., § 111e Rn. 4). Es muss also der einfache Tatverdacht der Begehung einer Straftat bestehen und mithin Gründe für die Annahme vorhanden sein, dass die Einziehung von Wertersatz in dem Urteil wegen der Tat oder im selbständigen Einziehungsverfahren (§ 76a StGB, §§ 435, 436 StPO) angeordnet werden wird (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 26. Mai 2021 — 4 Ws 53/21 —, Rn. 5, juris m.w.N.).

Vorliegend besteht – anders als zum Zeitpunkt der Anordnung des Vermögensarrestes durch das Amtsgericht – der Verdacht eines Vergehens der Geldwäsche gemäß § 261 StGB (in der Fassung vom 23.06.2017, gültig vom 03.01.2018 bis zum 17.03.2021) nicht mehr.

Der Tatbestand des § 261 Abs. 1 StGB a.F. ist u.a. dann erfüllt, wenn der Täter die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, die Einziehung oder die Sicherstellung eines Gegenstandes, der aus einer rechtswidrigen (bestimmten) Tat herrührt, vereitelt oder gefährdet. Hiervon sind Tathandlungen umfasst, die den Ermittlungsbehörden den Zugang zum Tatobjekt oder dessen Einziehung erschweren (BeckOK StGB, StGB § 261 Rn. 30, beck-online).

So kann z.B. durch das Zurverfügungstellen eines Bankkontos durch einen sogenannten Finanzagenten der Gefährdungstatbestand der Geldwäsche erfüllt sein, da dies den Ermittlungsbehörden den Zugriff auf inkriminierte Gelder erschwert. Die Beutesicherung durch Finanzagenten ist von der Rechtsprechung grundsätzlich als leichtfertige Geldwäsche im Sinne von § 261 Abs. 1 Nr. 4. a), Abs. 5 angesehen worden (Kochheim, Cybercrime, Rn. 1456, beck-online).

Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Tathandlung nicht lediglich die Vorbereitung einer späteren, noch gesondert herbeizuführenden Gefährdung darstellt (MüKoStGB/ Neuheuser, 4. Aufl. 2021, StGB, § 261, Rn. 78). Denn allen Geldwäschehandlungen des § 261 Abs. 1 u. 2 StGB ist gemein, dass ein aus einer qualifiziert rechtswidrigen Tat nach § 261 Abs. 1 S. 2 StGB stammender Gegenstand bei der Tathandlung schon vorhanden gewesen sein muss, wie dem Wortlaut der Vorschrift („herrührt“) zu entnehmen ist. Denn solange sich der bemakelte Vermögensgegenstand noch gar nicht im Verfügungsbereich eines Beschuldigten befindet, ist er durch dessen Handlungen auch nicht konkret gefährdet (OLG Düsseldorf Beschl. v. 05.01.2009 -111-5 Ss 265/08-178/08 IV, BeckRS 2013, 7142, beck-online).

Vorliegend fehlt es aber hieran, da das dem Beschuldigten vorgeworfene Verhalten sich nach dessen weiterem Vortrag anders darstellt als noch bei Anordnung des Vermögensarrestes durch das Amtsgericht. Aus den mittlerweile vorgelegten Chatverläufen ergibt sich, dass der Beschuldigte zwar nach Aufforderung von PK-Germany Konten bei verschiedenen Banken eröffnete, aber keine Giralgelder von diesen Konten in bar abhob oder anderweitig über diese verfügte, wie es das Amtsgericht noch angenommen hat, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beschuldigte Zugriff auf die Gelder hatte.

Unmittelbar im Anschluss an die Kontoeröffnung und Übergabe der Zugangsdaten gab der Beschuldigte die Verfügungsgewalt über die Kontodaten auf, indem er die Zugangsdaten vernichtete. Insofern befanden sich die Gelder aus den betrügerischen Verkäufen zu keinem Zeitpunkt im Verfügungsbereich des Beschuldigten. Sein Handeln ist damit lediglich als Vorbereitungshandlung zu qualifizieren.

Mangels faktischer Zugriffsverfügungsmöglichkeit, von der allein wegen der fortbestehenden formalen Kontoinhaberschaft nicht ausgegangen werden kann, liegt auch kein „Verwahren“ der eingegangenen Gelder vor (vgl. Neuheuser, in; Münchener Kommentar StGB, 4. Aufl. 2021, § 261 Rn 83, 84; BGH, Urt. v. 12.7.2016 – 1 StR 595/15).

Hinzu kommt, dass der Beschuldigte zumindest keinen Vorsatz bzgl. einer Geldwäsche-handlung in Gestalt des Gefährdungstatbestandes hatte, als er die Konten eröffnete. Anders als in den Fällen der sog. „Finanzagenten“, die inkriminierte Vermögenswerte von einem Konto abheben oder auf ein anderes Konto überweisen, liegt der Fall hier so, dass der Beschuldigte bei Zurverfügungstellung der Kontodaten nicht wusste, dass auf dem Konto Gelder eingehen sollten. Er ging vielmehr bis zur Pfändung der Konten davon aus, dass er diese lediglich im Rahmen eines Testes eröffnet hatte. Weder den Chatprotokollen noch dem Auszug zum Konto mit der IBAN pp. lässt sich entnehmen, dass der Beschuldigte von den Eingängen auf das Konto wusste, geschweige denn, dass er über die Gelder verfügte. Zwar ist die erste Überweisung von einem „pp““ mit dem Verwendungszweck „Uni Geld Kantine Rueckzahlung LG“ versehen. Hier geht die Kammer aber nicht davon aus, dass es sich um ein privates Geschäft des Beschuldigten handelte, da die Überweisung von einem Konto mit einer niederländischen IBAN erfolgte. Es liegt vielmehr nahe, dass die Hintermänner von PK-Germany diese Überweisung vorgenommen haben könnten, um sich von dessen Nutzbarkeit als Empfangskonto für Gelder zu überzeugen.

Auch wenn sich aufdrängt, dass eine Weitergabe von Kontodaten an unbekannte Dritte dazu führen kann, dass das Konto rechtswidrig verwendet werden kann, reicht dies nicht aus. Denn bezogen auf die Geldwäschehandlung muss der Beschuldigte mindestens bedingt vorsätzlich handeln, die leichtfertige Geldwäsche gern. § 261 Abs. 5 StGB sieht nur bezüglich der Herkunft des Vermögenswertes aus einer Katalogtat die Möglichkeit einer leichtfertigen Verkennung vor. Es bestehen aber keine Hinweise darauf, dass der Beschuldigte eine Nutzung der Konten für betrügerische Zwecke in Betracht zog. Vielmehr war das Anbahnen des Geschäftskontaktes durch PK-Germany geschickt aufgezogen worden, so dass der Beschuldigte auch keinen Verdacht schöpfte. So wurde der Beschuldigte immer wieder danach gefragt, wie er die Qualität der Mitarbeiter der Video-ldentifikationsdienste oder das Design der ihm zugeschickten Bankkarten bewerte. Die Legende eines „App-Testers“ blieb damit plausibel, sodass der heranwachsende und im Geschäftsverkehr unerfahrene Beschuldigte keinen Verdacht schöpfte. Es kann daher nicht mit der genügenden Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es dem Beschuldigten gleichgültig war, was mit den Konten nach deren Eröffnung passierte, da er davon ausgehen konnte, dass er tatsächlich nur App-Tests vorgenommen hat.

Mit Kenntnisnahme vom Ermittlungsverfahren muss dem Beschuldigten aber nunmehr klar sein, dass die Eröffnung von Konten und die Weitergabe von PINs an Dritte mit hoher Wahrscheinlichkeit der Geldwäsche dient, sodass bei Fortsetzung derartiger Handlungen fortan eine Gleichgültigkeit des Beschuldigten naheliegen würde.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 467 StPO.

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