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Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung aufgrund Faustschlags auf Auge

Ein Einzelfaustschlag mit verheerenden Konsequenzen: Ein juristisches Urteil unter der Lupe

Die vorliegende Fallstudie analysiert ein juristisches Urteil, das auf den ersten Blick alltäglich zu sein scheint, aber bei genauerer Betrachtung komplexere Fragestellungen aufwirft. Ein 31-jähriger Angeklagter, dessen persönlicher Hintergrund von getrennten Eltern und neuen familiären Beziehungen geprägt ist, steht im Mittelpunkt der Betrachtung.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 52 KLs – 70 Js 451/19 – 39/19 >>>

Der Vorfall und dessen Auswirkungen

Der Angeklagte führte eine absichtliche und gezielte Faustschlagattacke gegen den Kopf des Nebenklägers aus. Dies resultierte in massiven Verletzungen des Nebenklägers, insbesondere einer Beeinträchtigung der Sehkraft auf dem linken Auge. Die Gutachten der Sachverständigen, sowohl psychiatrische als auch rechtsmedizinische, wurden berücksichtigt, um das Ausmaß der Verletzungen und die Möglichkeit ihrer Entstehung durch einen Faustschlag zu beurteilen.

Analyse der subjektiven Tatseiten

Die subjektiven Tatseiten wurden auf Basis der Tathandlungen und der Aussage des Angeklagten analysiert, wonach er beabsichtigte, gegen den Kopf des Nebenklägers zu schlagen. Es wurde festgestellt, dass der Angeklagte nicht beabsichtigte, den Nebenkläger so zu verletzen, dass dieser seine Sehkraft verliert. Der Angeklagte zeigte Überraschung und Bedauern über das Ausmaß der von ihm verursachten Verletzungen.

Interpretation der Tatumstände und Gutachten

Trotz der Absicht des Angeklagten wurde festgestellt, dass die Verletzungen durchaus üblich und nicht außerhalb jeglicher Lebenswahrscheinlichkeit liegen. Ein objektiver Dritter hätte die Möglichkeit solcher Verletzungen durch einen gezielten Schlag gegen den Kopf erkennen können. Auch wurde das Vorhandensein einer krankhaften seelischen Störung beim Angeklagten, die auf Alkohol- und Drogenkonsum zurückzuführen ist, ausgeschlossen.

Beurteilung der Schuldfähigkeit

Die Kammer stimmte dem psychiatrischen Sachverständigen zu und kam zu dem Schluss, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht erheblich gemindert oder vollständig aufgehoben war. Der Angeklagte handelte nachvollziehbar und gezielt und wurde als verhaltensunauffällig beschrieben.

Konsequenzen und Strafmildernde Umstände

Trotz des massiven Faustschlags und der verursachten Verletzungen kann ein erhebliches Abweichen vom Normalfall nicht angenommen werden. Der Grund für die Tat war nichtig und der Angeklagte hat äußerst massiv zugeschlagen. Dies führt zu einer starken psychischen Belastung des Nebenklägers und hat juristische Folgen für den Angeklagten.

Die vorliegende Fallstudie unterstreicht die juristische Komplexität selbst bei scheinbar alltäglichen Gewalttaten und wirft Fragen zur Bewertung der subjektiven Absicht und der Einschätzung von Verletzungsfolgen auf. […]


Das vorliegende Urteil

LG Essen – Az.: 52 KLs – 70 Js 451/19 – 39/19 – Urteil vom 29.10.2020

1. Der Angeklagte wird wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.

2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Nebenklägers trägt der Angeklagte.

Angewendete Vorschriften: §§ 223, 226 Abs. 1 Nr. 1 StGB

Gründe

Das Urteil beruht nicht auf einer Verständigung im Sinne des § 257 c StPO.

II. Persönliche Feststellungen

Der Angeklagte war zum Zeitpunkt des Schlusses der Hauptverhandlung 31 Jahre alt.

Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung aufgrund Faustschlags auf Auge
Einzelfaustschlag mit schwerwiegenden Folgen: Ein Blick auf die juristische Komplexität alltäglicher Gewalt und die Einschätzung von Täterschaft. (Symbolfoto: Dmitriev Mikhail/Shutterstock.com)

Er ist in P als einziges gemeinsames Kind seiner Eltern geboren worden. Bereits wenige Monate nach der Geburt des Angeklagten trennten sich seine Eltern und der Vater verzog in die Türkei, wo er inzwischen als selbstständiger Maler und Lackierer arbeitet. Die Eltern des Angeklagten gingen in der Folge neue Beziehungen ein; so lebte die Mutter des Angeklagten in einer neuen Beziehung, aus der zwei Halbschwestern – 8 und 15 Jahre – entstanden und auch aus einer neuen Beziehung des Vaters entstanden zwei weitere Halbschwestern.

Der Angeklagte wuchs in P auf. Seine Mutter war zeitweise Hausfrau und arbeitete zeitweise in L bei „T“. In P besuchte er zunächst die Grundschule und wechselte danach auf eine Gesamtschule und erreichte dort den Hauptschulabschluss nach der 9. Klasse. Im Wege der Abendschule versuchte er noch den Hauptschulabschluss nach der 10. Klasse zu absolvieren, dies schaffte er allerdings nicht mehr. Nach dem Erreichen des Hauptschulabschlusses begann der Angeklagte keine Ausbildung, sondern arbeitete zunächst im Verkauf, dann im Vertrieb von nicht näher bekannte Unternehmen, bis er dann in einem P1-Handyshop arbeitete. Durch einen Haftantritt im Jahre 2016 verlor er diese Stelle. Nach Austritt aus der Haft konnte er aber wieder eine Stelle bei einem – anderen – P1-Handyshop antreten. Er wurde zunächst für einen und dann für drei Shops als Filialleiter eingesetzt. Bis in den Sommer 2019 übte er diese Tätigkeit aus. Seitdem übt der Angeklagte keine Tätigkeit mehr aus. Immer wieder hatte die Mutter des Angeklagten mit depressiven Phasen zu kämpfen, so dass auch der Angeklagte die Erziehung seiner im Haushalt lebenden Halbschwestern übernahm. Derzeit lebt er von Arbeitslosengeld II in Höhe von etwa 380,00 EUR und erhält zusätzlich von den Sozialämtern die Miete für die von ihm inzwischen angemietete Wohnung. Diese Wohnung befindet sich in P und liegt direkt neben der Wohnung seiner Mutter. Sein Großvater, welcher eine Art Ersatzvater für den Angeklagten war, verstarb im Dezember 2019. Diesen hatte er zuletzt auch mit gepflegt.

Der Angeklagte ist nicht verheiratet. Er ist Vater eines 11 Jahre alten Kindes, zu dem kein Kontakt besteht. Der Angeklagte lebt in einer Beziehung mit seiner neuen Lebensgefährtin, welche in E wohnt. Inzwischen ist der Angeklagte schuldenfrei, nachdem er durch eine Vielzahl von Strafverfahren Schulden bei der Justizkasse angesammelt hat.

Strafrechtlich ist der Angeklagte wie folgt in Erscheinung getreten:

Das Amtsgericht Oberhausen (Az. 48 Ds 292 Js 879/04 -357/04) verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 13.09.2004 wegen Körperverletzung zu der Erbringung von Arbeitsleistungen und sprach eine Verwarnung aus.

Das Amtsgericht Oberhausen (Az. 49 Ls 293 Js 965/04 -96/04) verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 10.11.2004 unter Einbeziehung der Entscheidung des Amtsgerichts Oberhausen (Az. 48 Ds 292 Js 879/04 -357/04) vom 13.09.2004 wegen sexueller Nötigung, Raub, versuchter Nötigung und Körperverletzung zu vier Wochen Jugendarrest und der Erbringung von Arbeitsleistungen.

Das Amtsgericht Oberhausen (Az. 49 Ls 291 Js 388/05 -65/05) verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 24.08.2005 wegen gemeinschaftlichen Diebstahls und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit betrug zwei Jahre.

Das Amtsgericht Oberhausen (Az. 49 Ls 205 Js 1612/05 -6/06) verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 22.03.2006 unter Einbeziehung der Entscheidung des Amtsgerichts Oberhausen (Az. 49 Ls 291 Js 388/05 -65/05) vom 24.08.2005 wegen Diebstahl in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Jugendstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit betrug zwei Jahre.

Das Amtsgericht Oberhausen (Az. 49 Ls 206 Js 338/06 -73/06) verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 14.06.2006 unter Einbeziehung der Entscheidung des Amtsgerichts Oberhausen (Az. 49 Ls 291 Js 388/05 -65/05) vom 24.08.2005 sowie der Entscheidung des Amtsgerichts Oberhausen (Az. 49 Ls 205 Js 1612/05 -6/06) vom 22.03.2006 wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten.

Das Amtsgericht Oberhausen (Az. 47 Ls 208 Js 18/07 -36/07) verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 21.06.2007 unter Einbeziehung der Entscheidung des Amtsgerichts Oberhausen (Az. 49 Ls 291 Js 388/05 -65/05) vom 24.08.2005, der Entscheidung des Amtsgerichts Oberhausen (Az. 49 Ls 205 Js 1612/05 -6/06) vom 22.03.2006 sowie der Entscheidung des Amtsgerichts Oberhausen (Az. 49 Ls 206 Js 338/06 -73/06) vom 14.06.2006 wegen gemeinschaftlichen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und acht Monaten. Der Rest der Jugendstrafe wurde bis zum 15.09.2010 zur Bewährung ausgesetzt und ein Bewährungshelfer bestellt.

Das Amtsgericht Oberhausen (Az. 49 Ls 297 Js 835/09 -135/09) verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 16.12.2009 unter Einbeziehung der Entscheidung des Amtsgerichts Oberhausen (Az. 49 Ls 291 Js 388/05 -65/05) vom 24.08.2005, der Entscheidung des Amtsgerichts Oberhausen (Az. 49 Ls 205 Js 1612/05 -6/06) vom 22.03.2006, der Entscheidung des Amtsgerichts Oberhausen (Az. 49 Ls 206 Js 338/06 -73/06) vom 14.06.2006 sowie der Entscheidung des Amtsgerichts Oberhausen (Az. 47 Ls 208 Js 18/07 -36/07) vom 21.06.2007 wegen Betrug und Urkundenfälschung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren. Der Rest der Jugendstrafe wurde bis zum 16.07.2014 zur Bewährung ausgesetzt und ein Bewährungshelfer bestellt. Der Rest der Jugendstrafe wurde mit Wirkung vom 17.11.2015 erlassen.

Das Amtsgericht Oberhausen (Az. 29 Ds 314 Js 490/13 -458/13) verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 18.11.2013 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15,00 EUR.

Das Amtsgericht Wuppertal (Az. 12 Cs 622 Js 2699/15 -146/15) verurteilte den Angeklagten mit Strafbefehl vom 07.05.2015 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15,00 EUR.

Das Amtsgericht Duisburg Hamborn (Az. 32 Ds 181 Js 213/14 -30/15) verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 31.08.2015 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubten Entfernens vom Unfallort und Anstiftung zum Vortäuschen einer Straftat zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafaussetzung wurde dann widerrufen und die Strafvollstreckung hat sich unter dem 14.08.2017 erledigt.

Das Amtsgericht Wuppertal (Az. 126 Cs 100 Js 6755/15 -931/15) verurteilte den Angeklagten mit Strafbefehl vom 08.11.2015 wegen versuchten Betruges zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 16,00 EUR.

Das Amtsgericht Oberhausen (Az. 29 Cs 182 Js 32/16 -217/16) verurteilte den Angeklagten mit Strafbefehl vom 11.04.2016 wegen Verbreitung pornografischer Schriften zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 50,00 EUR und sprach ein Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher aus.

Das Amtsgericht Solingen (Az. 21 Ds 721 Js 75/16 -420/16) verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 11.10.2016 wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30,00 EUR.

Das Amtsgericht Düsseldorf (Az. 142 Ds 100 Js 3707/16 -481/16) verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 27.04.2017 wegen versuchten Betruges zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten.

Das Landgericht Duisburg (Az. 53 Ns 119 Js 356/16 -108/18) verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 11.02.2019 unter Einbeziehung der Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf (Az. 142 Ds 100 Js 3707/16 -481/16) vom 27.04.2017 wegen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit läuft bis zum 18.02.2021.

Der Angeklagte befand sich zunächst aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts F2 vom 18.09.2019 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt F3 bis zu dessen Außervollzugsetzung durch Beschluss des Amtsgerichts F2 vom 08.10.2019.

Mit Eröffnungsbeschluss vom 16.01.2020 beauftragte die Kammer die Sachverständige N mit der Erstattung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob der Angeklagte im Tatzeitpunkt erheblich vermindert schuldfähig oder schuldunfähig gemäß §§ 20, 21 StGB war. Unter dem 27.10.2020 erstattete die Sachverständige N dazu mündlich ihr psychiatrisches Gutachten. Mit selbigen Beschluss beauftragte die Kammer zudem den Sachverständigen G mit der Erstattung eines rechtsmedizinischen Gutachtens zu der Beurteilung eingetretenen Verletzungen und Verletzungsfolgen sowie zur Nachvollziehbarkeit dessen, ob ein Schlag mit der Faust solche Verletzungen und Folgen verursachen kann. Dieses Gutachten erstattete der Sachverständige G mündlich unter dem 23.10.2020.

III. Feststellungen zur Sache

Die Kammer hat zur Sache folgende Feststellungen getroffen:

In der Nacht vom … auf den … wurde in der F Diskothek „U“ in der E1-Straße … eine türkische Veranstaltung abgehalten. Gäste dieser Veranstaltung waren unter anderem der Angeklagte, der Nebenkläger L1 sowie die Zeugen T1 und L2. Die Veranstaltung wurde von dem Zeugen H organisiert. Der Angeklagte traf dort gegen 24:00 Uhr mit zwei nicht näher bekannten Personen ein; ebenso in etwa zur selben Zeit der Nebenkläger L1 gemeinsam mit dem Zeugen T1. Der Angeklagte trug an diesem Abend eine Jeanshose in grau und einen weißen langarmigen Pullover.

Von dem Eingangs- und Ausgangsbereich des „U“ hineingehend gelangt man zu einem Durchgangsbereich, in dem der Angeklagte sowie die Zeugen L1 und T1 sich aufgehalten hatten und in dem es zu dem späteren Schlag gegen den Nebenkläger L1 gekommen ist. Geht man rechts vom Ein- und Ausgang des Clubs weiter, so gelangt man zu den Toilettenräumen. An der rechten Seite des Durchganges befindet sich erhöht der VIP-Bereich des „U“. Geht man den Durchgang weiter entlang, kommt eine Abbiegung nach rechts, wobei diese Abbiegung dann zu der Bar und dem Tanzbereich weiterführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die von dem Nebenkläger L1 gefertigte nicht maßstabsgetreue Skizze in der Hauptverhandlung vom 23.10.2020, Band 3, Anlage 1 zum Protokoll vom 23.10.2020 verwiesen.

Gegen 03:00 Uhr des … beabsichtigten der Nebenkläger L1 und der Zeuge T1, welche gemeinsam die Party besuchten, sich Richtung Ausgang zu begeben, um alsbald das „U“ zu verlassen. Bis dahin hatte der Nebenkläger L1 etwa zwei bis drei Gläser Whisky-Cola getrunken, war aber nicht angetrunken. Kurz vor dem Ein- und Ausgangsbereich trafen die Beiden auf zwei Frauen – die Zeugen Z und I. Sie standen in dem Durchgangsbereich und unterhielten sich gemeinsam. In dem Durchgangsbereich waren zudem noch weitere Personen, die in den Club herein- und aus dem Club herausgegangen sind; es war insgesamt sehr laut. Der Zeuge T1 sprach die beiden Frauen an und es entwickelte sich ein Gespräch zwischen ihm und der Zeugin Z. Der Nebenkläger stand zunächst noch einige Schritte davon entfernt und bemerkte erst jetzt, dass sich ein Gespräch zwischen dem Zeugen T1 und der Zeugin Z entwickelte. Sodann trat er nach einiger Zeit ebenfalls dazu, da er davon ausging, dass dieses Gespräch noch länger andauern würde. Er unterhielt sich dann mit der Zeugin I, welche sich aber dann nach kurzer Zeit dem Gespräch zwischen den Zeugen T1 und Z zuwandte. Der Nebenkläger L1 stand zu diesem Zeitpunkt schräg links hinter dem Zeugen T1 in einer Entfernung von etwa zwei Metern. Dazwischen standen noch die Zeugen Z und I.

Der Angeklagte, welcher bis dahin etwa zwei bis drei Gläser Wodka-S seit 00:00 Uhr getrunken hatte, stand während dessen etwa einen Meter hinter dem Nebenkläger L1. Er stand mit dem Rücken zu dem Nebenkläger an dessen linken Seite. Offenbar kam es nun zwischen dem Angeklagten und dem Nebenkläger L1 zu nicht genauer aufklärbaren unabsichtlichen und nicht nennenswerten Rempeleien. Jedenfalls drehte sich dann der Angeklagte zu dem Nebenkläger L1 um und sprach ihn Angesicht zu Angesicht mit den Worten „Geh mal weg hier“ an. Der Nebenkläger L1, welcher sich zuvor schräg links zu dem Angeklagten umgedreht hatte, erwiderte wie folgt: „Warum sollte ich?“ Dann drehte er sich wieder leicht weg von dem Angeklagten in Richtung der Gruppe um den Zeugen T1, wobei sich der Angeklagte ebenso zunächst für einen kurzen Moment wegdrehte. Doch dann drehte sich der Angeklagte wieder zu dem Nebenkläger L1 um und holte in der Drehbewegung mit der rechten Faust aus, um den Nebenkläger L1 gezielt gegen dessen Kopf zu schlagen. Der Nebenkläger L1 hatte sich in demselben Moment wieder leicht zu dem Angeklagten gedreht und blickte in Richtung der ihm gegenüber aufgestellten Wand. Der Angeklagte schlug dann den Nebenkläger L1 in nicht gerechtfertigter Weise mit der rechten Faust. Er wurde wuchtig mit dieser an seinem linken Auge getroffen, wobei die Faust des Angeklagten das gesamte linke Auge abdeckte. Dabei handelte der Angeklagte in der Absicht, den Nebenkläger am Kopf zu treffen und ihn dort zu verletzen. Der Nebenkläger L1 sackte leicht Richtung Boden, stolperte einen Schritt nach hinten und hielt sich mit den Händen sein Gesicht. Er blutete zu diesem Zeitpunkt bereits stark aus dem linken Auge.

Der Angeklagte handelte dabei weder im Zustand der Schuldunfähigkeit noch im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB.

Nach dem Schlag und in Folge des Tumultes drehte sich auch der Zeuge T1 um und erblickte den Angeklagten, wie dieser in einer Art Boxerhaltung mit gehobener Faust vor dem verletzen L1 stand. Zunächst hatte er noch nicht erkannt, dass es sich bei dem Verletzen um seinen Begleiter, dem Nebenkläger L1, handelte. Erst als dieser dann das Geschehen in Richtung des Ausganges und der Toilettenräume verließ, bemerkte er, wer der Verletzte war und folgte dem Nebenkläger L1. Der Zeuge T1 gab den anwesenden Securitymitarbeitern Bescheid, dass der Nebenkläger L1 geschlagen worden sei und dass sich der Täter noch im Club aufhalte. Zunächst konnte der Angeklagte von diesem informierten Securitymitarbeiter nicht ausfindig gemacht werden, da sich der Angeklagte von dem Tatort entfernt hatte. Doch dann wurde er von dem Zeugen T1 wiedererkannt, welcher den Securitymitarbeitern Bescheid gab und welche dann den Angeklagten aufgriffen und aus dem Club begleiteten. Inzwischen suchte der Nebenkläger – bemerkt von dem Zeugen H, welcher sich vor dem Club aufhielt – die Toilettenräume auf, um sein Auge auszuwaschen. Aus diesem drang weiterhin Blut. Nach der Erstversorgung des Nebenklägers begleitete der Zeuge H diesen vor den Club. Dort stießen auch der Angeklagten und die Securitymitarbeiter dazu. Der Nebenkläger L1 wurde gefragt, ob er den Angeklagten als Täter wieder erkennen könne; dies lehnte er zunächst ab, da er aufgrund seiner Verletzung am Auge noch nicht richtig sehen konnte. Sodann begab sich der Angeklagte wieder in das „U“.

Die Zeugin L2 – welche an diesem Abend keinen Alkohol getrunken hatte – beabsichtigte kurz vor dem Schlag gemeinsam mit ihrer Freundin – der Zeugin N1 – die Toilettenräume aufzusuchen. Sie gingen dazu den Durchgangsbereich entlang Richtung der Toilettenräume. Dann bemerkte sie, wie der Angeklagte mit seinem rechten Arm ausholte, um den Nebenkläger L1 zu schlagen. Sie versuchte noch, den Schlag zu unterbinden und griff dem Angeklagten an dessen rechten Arm. Dies führte aber vielmehr dazu, dass die Zeugin L2 zu Boden stürzte, wobei dies von Securitymitarbeitern bemerkt wurde. Diese eilten ihr zu Hilfe.

Nachdem der Angeklagte wieder das „U“ betreten hatte, ging er unbeeindruckt von der Tat zur Bar, um sich dort etwas zu trinken zu bestellen. Dort erkannte die Zeugin L2 den Angeklagten und gab den Securitymitarbeitern Bescheid, welche zu dem Angeklagten gingen und diesen aufforderten, mit ihnen zum Ausgang zu gehen und seine Beteiligung an dem Schlag zu klären. Gemeinsam mit der Zeugin L2 begaben sie sich dann zu dem Ausgang, wo der Angeklagte weiterhin medizinisch von dem Veranstalter – dem Zeugen H – versorgt wurde. Inzwischen wurden auch ein Rettungswagen und die Polizei angefordert.

Vor dem Ein- und Ausgang wurde der Angeklagte dann erneut von den Anwesenden Securitymitarbeitern und dem Zeugen H gefragt, ob er den Nebenkläger L1 geschlagen habe. Dies stritt er aber wieder ab und erklärte, dass er damit nichts zu tun habe. Er bemerkte auch an, dass er keine Verletzungen an seinen Händen habe und dass er auch kein Blut auf seinem Oberteil erkennen könne. Die Zeugen T1 und L2 wiederum bekräftigten, dass der Angeklagte zugeschlagen habe. Inzwischen trafen die informierten Polizeibeamten – die Zeugen T2 und F1 – ein. Sie veranlassten einem Atemalkoholtest bei dem Angeklagten, welcher negativ war. Auch gegenüber den Zeugen T2 und F1 stritt der Angeklagte seine Tatbeteiligung ab. Insgesamt machte der Angeklagte keinen alkoholisierten Eindruck, wirkte nicht unter Drogeneinfluss, sondern vielmehr ruhig und abgebrüht. Nach Befragung der Beteiligten ging der Angeklagte wieder in das „U“. Nach Betreten dessen erkannte er im Club die Zeugin L2 wieder und blickte provokant zu dieser.

Der Nebenkläger dagegen wurde von einem Rettungswagen zunächst in die evangelischen Kliniken nach H1 verbracht und dort erstversorgt. Nach Erkennen der Verletzungen wurde er unmittelbar an die Universitätsklinik in F überstellt und dort weiter medizinisch versorgt:

Der Nebenkläger erlitt aufgrund des Schlages – und damit aufgrund einer sehr massiven schweren stumpfen Gewalteinwirkung – eine Fraktur der Orbitawand. Die Bruchlinie verläuft nasenseitig zur Augenhöhle und dem Nasenbein. An dieser Stelle ist das knöcherne Gewebe sehr dünn und anfällig für eine massive Gewalteinwirkung. Diese wurde erstversorgt in den evangelischen Kliniken. Aufgrund der Augenverletzung erfolgte die Überweisung an das Universitätsklinikum in F. Dort wurde das linke Auge des Angeklagten erstversorgt. Dort erkannte man eine große offene Wunde – Einriss der Sklera – von etwa 17 mm an dem linken Auge im Bereich nasal nach hinten verlaufend (Augendurchmesser insgesamt etwa 24 mm) – das Auge war wie aufgeschnitten. Zusätzlich erlitt der Nebenkläger eine Riss-Quetsch Wunde des linken Augenlids. Die Versorgung erfolgte, indem einzelne Muskel abgetrennt wurden, um die Fasern im Auge wieder schließen zu können. Da es in das gesamte Auge durch einen fehlenden Druck einblutete, Strukturen aus dem Auge herausragte und im Übrigen eine Schwellung aufgrund der Fraktur der Orbitawand vorlag, konnten im Rahmen der Erstversorgung keine weiteren medizinischen Maßnahmen erfolgen. Zur weiteren sinnvollen Behandlung musste zunächst für fünf Tagen zugewartet und ein Rückgang der Schwellung abgewartet werden, bis weitere – operative – Eingriffe möglich waren. Dieser operative Eingriff wurde dann von dem Augenarzt H2 vorgenommen, aber aufgrund des Verletzungsbildes vorzeitig abgebrochen. Das Augeninnere und die Netzhaut des linken Auges waren bereits irreversible beschädigt, eine weitere medizinische Intervention war nicht mehr möglich. Der Nebenkläger erlitt eine sog. Blow-Out-Fracture, bei der durch das Abdecken des gesamten Auges durch die Schlagfaust das Auge vollständig in die seitliche Augenhöhlenwand mit den entsprechend eingetreten Folgen nach hinten gedrückt wurde. Die Netzhaut – das entsprechende Organ, das die Sehkraft ermöglicht – hat sich infolge dessen durch die Einblutung in das Auge von der hinteren Wand abgesetzt und wurde teilweise zerstört. Die Sehkraft auf dem linken Auge ist damit gänzlich aufgehoben worden. Strukturen in der Umgebung des linken Auges, die auf eine kantige Gewalteinwirkung hinweisen könnten, lagen dagegen nicht vor. Infolge des Schlages ist es sehr wahrscheinlich, dass das linke Auge letztlich amputiert werden muss, weil anderenfalls infolge eines Schrumpfens des linken beschädigten Auges auch Komplikationen für das gesunde rechte Auge drohen. Zudem liegt eine kosmetische Beeinträchtigung in der Form vor, dass das Augenlid des linken Auges herunterragt. Sämtliche dargestellten Verletzungen entstanden nicht erst infolge der medizinischen Versorgung, sondern bereits unmittelbar durch den Schlag des Angeklagten. Inzwischen ist die Fraktur der Orbitawand folgenlos verheilt.

Das Verletzungsbild ergibt, dass ein bloßer Schlag mit der Faust geeignet war, solche Verletzungen hervorzurufen; zur Beifügung dieser Verletzung ist es nicht nötig, einen Gegenstand, insbesondere einen Schlagring, zu verwenden. Ein Schlag unter Verwendung eines Schlagringes hätte eine weitergehende chirurgische Behandlung erforderlich gemacht. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Hand des Angeklagten keine Verletzungen aufweist, weil es typisch ist, dass allenfalls kurzweilige Rötungen der Haut zurückbleiben. Einreißungen der Haut sind ebenfalls nicht erforderlich. Da bereits ein einzelner massiver Schlag ausreichend ist, um diese Verletzungen und Schädigungen hervorzurufen, ist diese Handlung besonders gefährlich.

Durch einen solchen Verletzungserfolg ist es ferner nicht unüblich und außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit und außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit, dass der Nebenkläger eine Fraktur der Orbitawand sowie die dargelegte Blow-Out-Fracture erleidet, indem der Angeklagte dem Nebenkläger wuchtig und massiv gegen den Kopf schlug. Durch einen solchen Verletzungserfolg ist es ferner nicht unüblich und außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit, dass bei dem verletzen Auge die Sehkraft durch irreversible Beschädigung der Netzhaut vollständig verloren geht. Insoweit hat sich in dieser schweren Folge des Verlustes der Sehkraft die dem ungezielten Schlag mit der Faust gegen den Kopf und hier konkret gegen die Orbitawand innewohnende Gefahr verwirklicht. Dies ist objektiv für jeden anhand der bloßen Tatbegehungsweise erkennbar und vorhersehbar und wäre auch für den Angeklagten nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen in der konkreten Situation erkennbar.

Nachdem der Zeuge H erfahren hatte, dass der Nebenkläger L1 seine Sehkraft auf dem linken Auge verloren hatte, veröffentlichte er einen Aufruf auf dem G1- und J-Profil der Veranstaltung und bat dort um Hinweise auf den Täter. Daraufhin meldete sich die Zeugin L2 bei ihm und teilte mit, dass sie den Täter wieder erkennen könne.

Derzeit leidet der Nebenkläger L1 erheblich unter den Folgen des Schlages und dem Verlust der Sehkraft auf seinem linken Auge:

Nach der Behandlung im Universitätsklinikum in F wollte der Nebenkläger es noch nicht akzeptieren, dass er auf dem linken Auge seine Sehkraft verloren hat. So suchte er zur weiteren Behandlung türkische Spezialisten in J1 auf, um eine medizinische Behandlung anzustoßen. Diese teilten ihm ebenso mit, dass der Verlust der Sehkraft irreversible sei. Er hat bei sich selbst eine Wesensveränderung ausgemacht. So tritt er teilweise aggressiv gegenüber seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind auf, ohne dass dafür ein Grund erkennbar ist. Zudem hat sich bei ihm das Gefühl einer Wertlosigkeit eingestellt, welches ihn sehr verzweifeln lässt. Dies wird darin bestärkt, dass er sich täglich mit den Folgen des Schlages auseinandersetzen muss, allein durch den Blick in einen Spiegel. Dann haben sich Orientierungsprobleme eingestellt, er sieht insbesondere in den Abendstunden fast nichts mehr. Er muss viel intensiver fokussieren, um überhaupt etwas zu dieser Tageszeit zu erkennen. Eine Beschäftigung hat der Nebenkläger nicht mehr antreten können. Zurzeit hat er noch nicht den Mut wiederfinden können, sich neu zu bewerben. Die von ihm zuvor ausgeübte Tätigkeit im Sicherheitsbereich bei der E2 AG – welche er allerdings nicht durch die Tathandlung verloren hat – wird er nicht wieder ausüben können, da er im Bereich der Sicherungsaufsicht tätig war und ihm die erforderliche Eignung nun fehlt. Er muss täglich Medikamente zu sich nehmen. Ferner hat er sich in psychologische Behandlung begeben.

IV. Beweisaufnahme

Diese Feststellungen beruhen auf der durchgeführten Beweisaufnahme, wie sie sich aus den Sitzungsprotokollen vom 23.10.2020, 27.10.2020 sowie 29.10.2020 ergeben.

1.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen trifft die Kammer aufgrund der entsprechenden glaubhaften Einlassung des Angeklagten, welche durch die Aussage seiner Bewährungshelferin, der Zeugin B im Wesentlichen bestätigt wird. Die Feststellungen zu den Vorstrafen des Angeklagten trifft die Kammer aufgrund der Verlesung des Bundeszentralregisterauszuges vom 04.06.2020.

2.

Die Feststellungen zur Sache trifft die Kammer wie folgt:

a.

Der Angeklagte hat sich zunächst geständig wie folgt eingelassen:

So sei er am … in einer Disco gewesen mit zwei Freunden. An diesem Abend habe er eine graue Jeans und einen weißen langarmigen Pullover getragen. Angekommen sei er etwa gegen 24:00 Uhr. Zuvor habe er keine Drogen oder Alkohol konsumiert. Er habe mit diesen an einem Tisch im Durchgangsbereich gestanden und sich unterhalten. Der Durchgangsbereich sei der Flur neben der Tanzfläche und führe ebenso zu den Toilettenräumen. Im „U“ habe er dann zwei bis drei Gläser Wodka-S getrunken; er sei nicht dahin gegangen, um betrunken zu werden, sondern um abzuschalten, weil ihn die Sache mit seinem Opa belastet habe. Im Club sei es sehr laut gewesen und überall habe es geblitzt. Irgendwann sei der Geschädigte ebenso dahin gegangen und habe sich zu einer Gruppe gestellt; der Geschädigte sei an ihm vorbei gelaufen gemeinsam mit dem Zeugen T1, wobei dieser dann zwei dort stehende Frauen angesprochen habe. Er – der Angeklagte – habe in Richtung Tanzfläche geschaut und der Geschädigte habe hinter ihm gestanden, dahinter zwei Frauen und der Zeuge T1. Dann habe ihn der Geschädigte gegen 03:00 Uhr unabsichtlich gestoßen, weil es im Durchgangsbereich so voll und der Geschädigte betrunken gewesen sei. Er – der Angeklagte – habe sich dann zu dem Geschädigten umgedreht und ihn darauf angesprochen, dass dieser weggehen solle. Dem kam der Geschädigte nicht nach. Er habe vielmehr erwidert, dass er das nicht machen werde. Der Angeklagte habe dann bemerkt, dass der Geschädigte betrunken gewesen sei und ihm empfohlen, Nüsse zu essen. Kurze Zeit später habe der Geschädigte ihn erneut kurz angerempelt. Es sei dann zu einem Gerangel gekommen, wobei der Geschädigte ihm leicht an den Arm gepackt und zu ihm etwas Beleidigendes gesagt habe. Der Angeklagte habe sich kurz weggedreht, dann wieder zum Geschädigten umgedreht habe dann sofort absichtlich zugeschlagen, wobei er im Umdrehen mit der Faust ausgeholt habe. Es sei ein gezielter Schlag mit der rechten Faust gewesen. Der Geschädigte habe sich dann sofort an das Gesicht gefasst und sei Richtung Boden gesackt. Dann sei er Richtung Toilettenräume gegangen. Er habe sich dann etwas zu trinken holen wollen, als der Zeuge T1 mit einem Türsteher zu ihm gekommen sei. Der Türsteher habe ihn gebeten, mit vor den Club zu kommen. Dort sei der Geschädigte gefragt worden, ob der Angeklagte der Schläger gewesen sei. Dies habe der Geschädigte nicht bestätigen können, so dass er wieder in den Club gegangen sei. Dann sei die Zeugin L2 mit einem Türsteher auf ihn zugegangen und die Zeugin L2 habe ihn beschuldigt, den Geschädigten geschlagen zu haben. Die Zeugin L2 habe ihn angerempelt und beleidigt. Gemeinsam sei man erneut nach draußen gegangen. Vor dem Club habe man erneut diskutiert, ob er geschlagen habe. Dort habe er nämlich noch seine Beteiligung abgestritten, weil er Angst gehabt habe; so sei schließlich sein Opa schwer erkrankt und er habe die Konsequenzen gefürchtet, auch weil er unter laufender Bewährung stünde. Inzwischen sei auch die Polizei erschienen und habe bei ihm einen Atemalkoholtest durchgeführt, welcher negativ gewesen sei, sowie seine Personalien aufgenommen. Danach sei er wieder in das „U“ gegangen.

Er habe sich dann noch eine kurze Zeit dort aufgehalten, sei dann aber gegangen und habe das Polizeipräsidium in F aufgesucht. Dort habe er erklären wollen, dass er mit der Tat nichts zu tun habe und habe noch Fotos von seinen Händen gemacht.

Einige Tage später habe er dann auch noch mit dem Zeugen T1 telefoniert und ihm erklären wollen, dass er den Geschädigten nicht geschlagen habe.

b.

Im Wesentlichen bestätigt sich dieser von dem Angeklagten beschriebene und dargelegte Geschehensablauf durch die Aussagen der Zeugen L1, T1, L2, H, T2 und F1, wodurch die Aussage des Angeklagten glaubhaft wird:

aa.

Ergänzend zu der Einlassung des Angeklagten sagt der Nebenkläger L1 wie folgt zum konkreten Ablauf bis zum Schlag aus:

aaa.

Er sei mit seinem Freund, dem Zeugen T1, zu einer türkischen Feier im „U“ gegangen. Im Club habe er dann etwa zwei bis drei Gläser Whisky-Cola getrunken, wobei er nicht angetrunken gewesen sei. Gegen 03:00 Uhr hätten sie beabsichtigt, den Club wieder zu verlassen. Im Durchgangsbereich und auf dem Weg zum Ausgang habe der Zeuge T1 dann zwei Frauen gesehen und diese angesprochen. Nach kurzer Zeit sei er dann auch zu dieser Gruppe getreten und habe sich zunächst mit einer der Frauen unterhalten. Der Angeklagte habe dann etwa einem Meter seitlich hinter ihm gestanden und schwankende Bewegungen gemacht; der Angeklagte habe wie unter Drogen gewirkt und sei aufdringlich gewesen. Nach kurzer Zeit habe ihn der Angeklagte angesprochen, dass er weggehen solle. Dies habe er verneint mit den Worten: „Wieso soll ich?“ Zuvor habe er den Angeklagten weder angetanzt noch angerempelt. Der Angeklagte habe sich dann kurz wieder umgedreht und seine Hände in die Hosentasche gesteckt. Er habe sich selbst ebenso wieder zu dem Zeugen T1 gedreht und habe in etwa auf die ihm gegenüber liegende Wand geschaut. Er habe sich wieder zu dem Angeklagten umdrehen wollen, doch dieser habe dann sofort einmal feste zugeschlagen.

Er sei mit einer Platzwunde zunächst in die evangelischen Kliniken verbracht worden. Von dort sei er in die Uniklinik verlegt worden. Dort sei ihm gesagt worden, dass er auf dem linken Auge nicht wieder sehen würde und dass er Glück gehabt habe, dass er noch lebe.

Insoweit decken sich die dargestellten Geschehensabläufe zur konkreten Tathandlung im Wesentlichen. Sowohl der Angeklagte als auch der Geschädigte geben in Übereinstimmung zueinander wieder, wie es zu dem Schlag gekommen ist und was danach zum Teil passiert ist.

Soweit der Angeklagte wiedergibt, dass auch von dem Nebenkläger etwas ausgegangen sei, weil dieser den Angeklagten angerempelt habe, so erklärt er selber, dass dies keine Rechtfertigung für die Tat sei und eigentlich gar nicht so schlimm war, um die Reaktion mit dem Schlag zu erklären. Ferner gibt der Angeklagte selbst zu erkennen, dass es im „U“ voll war und aus diesem Grund es nachvollziehbar erscheint, dass man in einem etwas engeren Durchgangsbereich auch mit anderen Personen in Körperkontakt gerät – ohne dass dazu eine böse Absicht anzunehmen wäre. Soweit der Nebenkläger ein „komisches“ Verhalten bei dem Angeklagten beobachtet haben will, so folgt die Kammer dem nicht, da einerseits – wie noch darzulegen ist – kein weiterer Zeuge ein solches Verhalten beobachtet hat.

bbb.

Durch die Tat und die Folgen sei er – der Nebenkläger – psychisches am Ende. Er sei aggressiver geworden gegenüber seiner Tochter und seiner Ehefrau. Er habe Tabletten einnehmen müssen, sich in psychologischer Behandlung begeben müssen und erhalte nunmehr Harz IV. Seinen Job habe er aber nicht wegen der Tat verloren, sondern bereits zwei Tage vor der Tat. Er denke nunmehr jeden Tag über die Tat nach. Er fühle sich wertlos, schlecht und verzweifelt. So habe er auch keinen neuen Mut gefunden, sich erneut für eine Berufstätigkeit zu bewerben. Vielmehr werde er im Alltag dauernd an die Tat erinnert. Ferner hätten sich Orientierungsprobleme eingestellt, so sehe er schlechter, insbesondere in den Abendstunden müsse er vielmehr mit dem rechten Auge fokussieren, um überhaupt etwas sehen zu können. Den Verlust des Auges habe er zunächst nicht wahrhaben wollen und sei zu Spezialisten in J1 geflogen. Doch auch diese haben ihm bestätigt, dass das linke Auge nicht mehr zu retten sei.

Die psychischen Folgen kann der Nebenkläger glaubhaft wiedergegeben. Er lässt erkennen, wie schwer er unter dieser Tat leidet und zeigt an keiner Stelle Übertreibungen darüber, dass es ihn schwerer getroffen habe, als er es darstellt. Er kann versichern, wie wenig er von sich und seinem Leben nunmehr hält und wie sehr es ihm schwer fällt, sich zurecht zu finden, wobei dies angesichts der erlittenen Verletzung und der daraus bedingten Einschränkungen im Alltag plausibel ist.

bb.

Der Zeuge T1 äußerte sich dann wie folgt:

Er sei wohl mit dem Geschädigten gegen 24:00 Uhr im „U“ angekommen. Dort habe man dann ein, zwei Gläser Whisky-Cola getrunken, wobei die Beiden nicht angetrunken gewesen seien. Er habe sich dann mit einer Frau unterhalten und könne gar nicht viel zu dem Schlag sagen, weil er sehr vertieft in der Unterhalten gewesen sei. Er habe aber auf einmal hinter sich etwas gehört – dort wo der Geschädigte zuvor gestanden habe. Es sei plötzlich hektisch geworden, so dass er sich nach links umgedreht und dort jemanden zu Boden sacken gesehen habe. Der Angeklagte habe vor dieser Person in einer Art Boxerhaltung gestanden – die Fäuste seien noch erhoben gewesen. Die andere Person sei dann weggegangen und erst dann habe er bemerkt, dass es sich dabei um dem Geschädigten gehandelt habe. Er sei ihm hinterher gelaufen und habe einem Türsteher Bescheid gegeben. Letztlich sei der Angeklagte dann nach draußen begleitet worden. Dort habe er abgestritten, den Geschädigten geschlagen zu haben. Man habe diskutiert. Der Angeklagte habe dabei aber nicht alkoholisiert oder berauscht gewirkt.

Übereinstimmend zu dem Angeklagten und dem Nebenkläger lassen die Aussagen des Zeugen T1 nur den Rückschluss zu, dass der Angeklagte den Nebenkläger geschlagen hat. Ferner kann der Zeuge T1 übereinstimmend mit dem Angeklagten das Verhalten des Angeklagten vor dem „U“ wiedergeben und erklärt, wie sich dieser verhalten hat. Mag er zunächst bekunden haben, dass er seine polizeiliche Aussage in der Hauptverhandlung auch nur verlesen könne, so kann er gleichwohl aus eigener Erinnerung den oben dargestellten Sachverhalt wiedergeben. Zudem hat der Zeuge T1 den Angeklagten im Rahmen einer Wahllichtbildvorlage wieder erkannt.

cc.

Die Zeugin L2 äußerte sich wie folgt:

Sie habe mit einer Freundin das „U“ aufgesucht, um bei dieser türkischen Feier dabei zu sein. Sie habe dann mit einer Freundin – der Zeugin N1 – dort im Eingangsbereich gestanden und habe gegen 03:00 Uhr zu den Toilettenräumen gewollt. Alkohol habe sie an diesem Abend nicht getrunken. Dann habe sie bemerkt, wie der Angeklagte mit dem Nebenkläger diskutiert habe, wobei sie keine Worte gehört habe. Auf einmal habe der Angeklagte dann mit seiner rechten Faust ausgeholt, um den Nebenkläger zu schlagen. Sie habe noch versucht dazwischen zu gehen und den Schlag zu unterbinden, indem sie dem Angeklagten am Arm gegriffen habe. Dies habe aber nichts gebracht und sie sei zu Boden gestürzt. Dies sei von Türstehern bemerkt worden, die ihr zur Hilfe gekommen seien. Sie habe dann den Angeklagten aus den Augen verloren. Kurze Zeit später habe sie ihn allerdings wieder an der Bar ausfindig gemacht und sei mit dem Türsteher zu ihm hingegangen. Sie habe auf ihn gezeigt und gemeinsam sei man zum Ausgang gegangen. Dort habe sie den Anwesenden erklärt, dass der Angeklagte zugeschlagen habe. Sie könne auch den Angeklagten deswegen wieder erkennen, weil er sie vor einiger Zeit bei einem Datingportal angeschrieben und sie sich sein Gesicht gemerkt habe. Als sie und der Angeklagte wieder in den Club gegangen seien, sei er auf sie provozierend zugegangen. Im Nachhinein sei sie durch einen Aufruf auf dem Portal „J“ auf die Tat aufmerksam gemacht worden und habe sich bei dem Veranstalter gemeldet und diesem mitgeteilt, dass sie den Täter identifizieren könne.

Ebenso wie schon der Zeuge T1 und der Nebenkläger sowie der Angeklagte fügt sich die Aussage der Zeugin L2 in das Bild ein, in dem der Angeklagte der Täter ist. Ihre Glaubwürdigkeit wird insbesondere darin verstärkt, als dass sie tatunbeteiligt ist und in keinem persönlichen Verhältnis zu dem Angeklagten oder dem Geschädigten steht. Zudem hat die Zeugin L2 den Angeklagten im Rahmen einer Wahllichtbildvorlage wieder erkannt.

dd.

Der Zeuge H äußert sich dann wie folgt:

Er sei der Veranstalter der türkischen Feier im „U“ und habe draußen vor der Tür des „U“ gestanden. Dann habe er den Verletzten gesehen und sei ihm in den Toilettenräume gefolgt. Dort habe er gesehen, wie Blut aus dem Auge des Nebenklägers gelaufen sei und habe ihn dann durch Zuhilfenahme von Handtüchern versorgt sowie das Auge ausgewaschen. Man sei gemeinsam wieder vor den Club gegangen, wo der Nebenkläger zunächst geäußert habe, dass er auch nicht genau wisse, was passiert sei. Es sei dann der Angeklagte von den Türstehern dazu gebracht worden und man habe darüber diskutiert, ob der Angeklagte den Nebenkläger geschlagen habe. Der Nebenkläger habe den Angeklagten nicht als Täter wieder erkannt. Dann seien da aber noch weitere Personen dazugekommen, die den Angeklagten als Täter identifiziert hätten. Der habe aber alles bestritten. Der Angeklagte habe auch keinen alkoholisierten und berauschten Eindruck gemacht. Er habe dann die Polizei und einen Rettungswagen angefordert. Die Polizeibeamten seien dann auch erschienen und hätten die Aussagen aufgenommen.

Tage später habe er dann erfahren, dass der Nebenkläger sein Augenlicht auf dem linken Auge verloren habe. Er habe sich dazu entschlossen, einen Aufruf bei „J“ zu starten, um Hinweise zu erhalten. Es habe sich auch jemand gemeldet. Er habe auch Kontakt zu dem Angeklagten gehabt, um ihm zu erklären, dass alle sich auf ihn als Täter „eingeschossen“ hätten und er das klären müsse, wenn er nicht der Täter sei.

Ebenso wie schon die Zeugen T1 und L2 sowie der Nebenkläger und der Angeklagte fügt sich die Aussage des Zeugen H in das Bild ein, in dem der Angeklagte der Täter ist. Er kann als Tatunbeteiligter zwar keine unmittelbare Tathandlung beschreiben, seine Angaben zum Nachtatgeschehen decken sich aber im Wesentlichen mit denen der weiteren Zeugen. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen H wird darin bestärkt, als dass er sich an das Ganze von ihm wahrgenommen Geschehen deswegen so erinnern kann, weil ihn die Folgen – der Verlust des Auges – sehr betroffen gemacht haben. So äußert er sich dazu, dass ihm so etwas auf einer von seinen organisierten Feiern noch nie passiert ist.

ee.

Im Übrigen können die Polizeibeamten T2 und F1 bestätigen, dass der Angeklagte keinen alkoholisierten oder berauschten Eindruck im Rahmen der Sachverhaltsermittlung gemacht hat. Insbesondere die Zeugin F1 kann aus eigener Erinnerung wiedergeben, dass ein Atemalkoholtest durchgeführt wurde und dieser negativ war. Dies blieb dieser deswegen – nachvollziehbar – in Erinnerung, weil sie im Nachhinein erfahren hat, dass der Nebenkläger aufgrund des Schlages sein Augenlicht verloren hat – obwohl man zunächst von einem Routinefall ausgegangen ist.

c.

Die Feststellungen zu den eingetretenen Verletzungsfolgen trifft die Kammer aufgrund der Vernehmung des Zeugen und Sachverständigen H2 sowie anhand des mündlich erörterten rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens des Herrn G.

Danach äußert sich der Zeuge H2 zu den Verletzungsfolgen wie folgt:

In der Nacht auf dem … sei der Geschädigte in das Universitätsklinikum in F verlegte worden aufgrund einer bestehenden Verletzung am linken Auge. Die Erstversorgung sei in den evangelischen Kliniken in F erfolgt. Man habe dort eine Fraktur der Orbitawand festgestellt. Wegen der Augenverletzung sei aber eine weitere Behandlung in der Universitätsklinik in F nötig geworden. Im Rahmen der Erstbehandlung dieser Augenverletzung sei dann eine große offene Wunde von 17 mm nasal nach hinten verlaufen am linken Auge erkennbar geworden. Das Auge selber habe einen Durchmesser von etwa 24 mm. Das Auge sei im weißen Teil an der Nasenwand wie aufgeschnitten gewesen. Diese Verletzung sei dann versorgt worden; so hätten einzelne Muskeln abgetrennt werden müssen, um einzelne Fasern im Auge wieder schließen zu können. In das komplette Auge habe es eingeblutet und Strukturen im Auge hätten herausgeragt. Am Augenlid sei eine Platzwunde vorhanden gewesen. Eine weitergehende Behandlung sei aufgrund der Schwellung am Kopf und rund um das Auge nicht möglich gewesen und man habe fünf Tage warten müssen, um weitere operative Eingriffe vornehmen zu können. Er habe erstmalig das Auge einen Tag nach der Einlieferung gesehen; die Erstbehandlung habe er nicht durchgeführt. Im Rahmen dieses operativen Eingriffes habe er – der Zeuge H2 – erkennen können, dass das Augeninnere und die Netzhaut irreversible beschädigt seien. Ein Versuch, die Netzhaut wieder herzustellen, sei gescheitert, sodass er den operativen Eingriff vorzeitig beendet habe. Die Bruchstelle an der Orbitawand sei medial nicht verschoben gewesen, allerdings hätte Muskelgewebe ins Auge geragt. Für ihn lag es nahe, dass es sich um eine Blow-Out-Fracture gehandelt habe. Während des Eingriffes habe er allerdings keine Strukturen in der Umgebung des linken Auges festgestellt, die auf eine kantige Einwirkung hindeuteten. In der Nachversorgung habe er dann dem Geschädigt en empfohlen, dass beschädigte Auge zu amputieren, weil es sonst abstumpfe und infolge dessen auch das noch gesunde rechte Auge angegriffen würde. Es sei insgesamt sehr spekulativ, ob das Auge entfernt werden müsse. Allerdings liege bis heute eine kosmetische Entstellung in der Weise vor, dass das linke Augenlid herunterrage.

Diese Ausführungen kann die Kammer uneingeschränkt nachvollziehen, sie schließt sich nach eigener Prüfung der Aussage des H2 an, insbesondere vor dem Hintergrund der anschließenden Bewertung und Beurteilung durch den Sachverständigen G. H2 kann aus eigener Erinnerung wiedergegeben, welche Verletzungen er am Auge festgestellt hat und wie er diese aus eigener Sachkunde – immerhin ist er selber praktizierender Augenarzt – bewertet. Anschaulich kann er erklären, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um eine Behandlung des Auges erfolgreich abzuschließen, wenngleich dies misslang. Er verstrickt sich nicht in Widersprüche, sondern gibt chronologisch und in sachlich nachvollziehbarer Weise seine Behandlungsweise und die der Erstversorger wieder. Dies bestätigt – wie noch darzulegen ist – der gerichtlich bestellte Sachverständige G.

Der Sachverständige G kommt dann zu folgendem Ergebnis:

Bei dem Schlag gegen das linke Auge handele es sich um eine schwere stumpfe Gewalteinwirkung gegen die linke Augenhöhle, welche als sehr massiv zu bewerten sei. Letztlich sei es ja zu einer Berstung des Augapfels – der sog. Sklera – auf einer Länge von etwa 17 mm gekommen. Zusätzlich sei es zu einer Fraktur der Orbitawand gekommen mit einer Bruchlinie nasenseitig zur Augenhöhle / Nasenbein. An dieser Stelle sei die knöcherne Struktur auch sehr dünn, weswegen ein Schlag gegen diesen Bereich besonders gefährlich sei. An dem Augenlid sei es zudem zu einer Riss-Quetsch-Wunde gekommen. Zur Beifügung solcher Verletzung sei ein Schlag mit einem Gegenstand, etwa einem Schlagring, nicht erforderlich, weil dann ein anderes Verletzungsbild vorhanden gewesen sei und insbesondere weitreichende chirurgische Maßnahmen erforderlich gewesen wären. Es seien ja gerade keine kantigen Einwirkungen von dem behandelnden Arzt H2 erkannt worden. Insgesamt sei es aber auch so, dass ein einzelner kräftiger, isolierter Schlag auch ausreichend sei, um diese Verletzungen hervorzurufen. Letztlich handele es sich bei dieser Verletzung um eine sog. Blow-Out-Fracture, die dadurch entstehe, dass die gesamte Faust das Auge vollständig abdecke und auf diese Weise das Auge bzw. der Augapfel in die Seitenwand nach hinten gedrückt worden sei. Dann sei die Augenlederhaut aufgerissen und der Schaden entstanden, dass das Auge irreversible beschädigt sei. Letztlich habe sich dann die Netzhaut – welches als entsprechendes Organ dafür verantwortlich sei, dass der Mensch sehen könne – von der hinteren Wand abgelöst und sei damit teilweise zerstört gewesen. Der Augendruck sei nicht mehr ausreichend vorhanden gewesen, weswegen sich die Netzhaut habe erst lösen können und wodurch es zu der massiven Einblutung gekommen sei. Im Ergebnis könne ein einzelner sehr massiver Schlag – d.h. eine massive Kraftintensität – dieses Verletzungsbild erklären. Solche Schläge seien dann auch besonders gefährlich, weil nicht selten eine sog. Sekundenbewusstlosigkeit drohe, die zu einem Erschlaffen der Muskulatur und zu einem reflexlosen zu Boden fallen des Getroffenen führe. Auf diese Weise drohten weitere Verletzungen wie Schädelbruch oder Hirnblutungen. Dass der Angeklagte an seiner Hand keine Verletzungen aufweise, sei typisch; es sei allenfalls mit einer Rötung der Haut zu rechnen gewesen. Die dargelegten Verletzungen seien auch schon bereits unmittelbar durch den Schlag mit der Faust entstanden und nicht erst durch die anschließende medizinische Versorgung. Ein Abwarten mit der Behandlung sei auch nötig gewesen, weil ein operativer Eingriff in geschwollenes Gewebe unvorhersehbare Risiken berge.

Auch diesen Ausführungen kann die Kammer uneingeschränkt folgen, können sie doch das glaubhaft vermittelte Verletzungsbild durch den Zeugen H2 widerspruchsfrei einordnen und erklären. Nach eigener rechtlicher Prüfung schließt sich die Kammer diesen Ausführungen an. Der Sachverständige G bestärkt den Zeugen H2 darin, dass seine Befunde dem entsprechen, was er nunmehr in der Hauptverhandlung wiedergegeben hat. Der Sachverständige kommt zu einem identischen Ergebnis anhand der im vorliegenden medizinischen Unterlagen und der ihm im Rahmen der Hauptverhandlung präsentierten Erklärungen. Er stellt eine Plausibilitätserwägung an und ordnet diese Verletzungen insoweit ein, dass ein einzelner Schlag ausreichend war, um sie hervorzurufen. Gleichzeitig kann er nachvollziehbar erklären, aus welchen Gründen der bloße Schlag mit der Faust ausreichend war und wieso der Angeklagte keinen Gegenstand in der Faust bedurfte, um dieses Verletzungsbild zu erzeugen. Zudem kann der Sachverständige G hinreichend nachvollziehbar die Wirkung des Schlages auf das Auge einordnen und erklären, wie es letztlich zu dem Verlust der Sehkraft gekommen ist. Er weist aus medizinischer Sicht darauf hin, welche Kraftauswirkung – in Übereinstimmung mit dem tatsächlichen Geschehen – erforderlich war, dass überhaupt eine Beschädigung der Netzhaut eintreten konnte. Gleichzeitig verdeutlicht er nachvollziehbar die organischen Auswirkungen auf das Auge und seine Bestandteile durch diesen massiven Faustschlag. Letztlich liegen aufgrund der Deckungsgleichheit der Aussage des Zeugen H2 mit der sachverständigen Beurteilung durch den G und der nachvollziehbaren Einordnung dieser Verletzungen in das tatsächliche Geschehen keine Anhaltspunkte vor, die diese Bewertung in Zweifel ziehen.

d.

Die Feststellungen zu den subjektiven Tatseiten ergeben sich als zwingende Schlussfolgerung aus den vorgenommenen Tathandlungen sowie insbesondere der Einlassung des Angeklagten, wonach er absichtlich gegen den Kopf des Nebenklägers schlagen wollte.

e.

In Ermangelung ausreichend sicherer Feststellung geht die Kammer anhand der getroffenen Feststellungen davon aus, dass der Angeklagte es nicht in Kauf genommen hat, den Nebenkläger so zu verletzen, dass dieser seine Sehkraft auf dem linken Auge verliert. Mag er zwar hinsichtlich des Schlages gegen einen Kopf – wie dargelegt – in der Weise vorsätzlich gehandelt haben, dass er eine Verletzung am Kopf hervorrufen wollte bzw. diese jedenfalls billigend in Kauf genommen hat. Gleichzeitig kann anhand des Verhaltens des Angeklagten und bei lebensnaher Betrachtung nicht der sichere Schluss gezogen werden, dass in jedem Fall damit zu rechnen ist, dass ein Tatopfer sein Augenlicht verlieren würde, wenn man dieses mit der Faust schlägt oder dass ein Tatopfer die dargestellten Verletzungsfolgen im Übrigen erleidet. Schließlich war der Angeklagte glaubhaft selbst darüber sehr überrascht, dass er mit einem einzelnen gezielten Schlag, die ihm nun vorgeworfenen Verletzungen verursacht hat. Auch die bloße Handlungsweise des Angeklagten spricht dagegen, dass er in Kauf genommen hat, die dargestellten Verletzungsfolgen hervorzurufen. Er wollte erkennbar den Nebenkläger eine Verletzung aus Verärgerung über dessen Verhalten herbeiführen. Gleichzeitig schlägt er aber eben nur einmal – wenngleich sehr massiv – zu und trifft genau den Bereich des Gesichts, der sehr empfindlich ist. Hätte er auch nur eine Stelle unterhalb getroffen, wären wohl die Verletzungen erheblich geringer ausgefallen.

Gleichwohl sind solche dargelegten Verletzungen nicht unüblich oder liegen außerhalb jeglicher Lebenswahrscheinlichkeit. Dies ergibt sich so aus den objektiven Tatumständen. Bei Lebensnaher Betrachtung hätte ein objektiver Dritter erkennen können, dass ein massiver, fester gezielter Schlag gegen den Kopf die entsprechend dargestellten unmittelbaren Verletzungsfolgen wie eine Fraktur der Orbitawand und Verletzungen am Auge hervorrufen kann. Denn bei einem solchen Schlag mit der Faust gegen den Kopf ist es entgegen der eigentlichen Vorstellung des jeweils Handelnden nicht ausgeschlossen oder lebensfremd, dass man auch den Augenbereich trifft und entsprechend dort die dünne knöcherne Struktur mit der Folge eines Schädelbruches beschädigt. Es liegt dann auch im Bereich des objektiv Möglichen und Wahrscheinlichen, dass bei einer solchen massiven Krafteinwirkung – welche objektiv Sorgfaltswidrig ist – auch der Verlust des Augenlichts droht. Wie der Sachverständige G – und insoweit schließt sich die Kammer diesen hinreichenden Erwägungen nach eigener Prüfung an – wiedergibt, wird durch einen Schlag wie hier, also bei einer Blow-Out-Fracture, der Augapfel eben nach hinten gedrückt, so dass die Gefahr besteht, dass sich die Netzhaut aufgrund eines mangelnden Druckes ablöst und beschädigt wird; auch so beschädigt wird, dass dies irreversible ist. Es hat sich gerade die dem Faustschlag auch innewohnende Gefahr verwirklicht, dass es bei massiver Gewalteinwirkung zu einem Verlust der Sehkraft kommt. Dies wäre dem Angeklagten, hätte er sich darüber Gedanken gemacht, auch erkennbar gewesen. Denn auch er ist kognitiv in der Lage, sein Handeln zu hinterfragen und zu erkennen, dass eine massive Gewalteinwirkung auf einen sehr empfindlichen Bereich wie dem Auge zu erheblichen Verletzungsfolgen führen kann. Spezielle – insbesondere medizinische – Fähigkeiten bedarf es dazu nicht.

f.

Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten trifft die Kammer aufgrund des von der Sachverständigen N im Rahmen der Hauptverhandlung erstatteten mündlichen psychiatrischen Gutachtens.

Danach kommt die Sachverständige N zu folgendem Ergebnis:

Sie habe den Angeklagten zwar nicht untersuchen können, allerdings könne sie ihr Gutachten nunmehr auch anhand der Kenntnisse aus der Gerichtsakte und der Aussagen innerhalb der Hauptverhandlung erstatten. Danach hätten sich weder Anhaltspunkte für eine körperliche Erkrankung – etwa Hirntraumata oder andere Erkrankungen – des Angeklagten gezeigt noch läge eine krankhaft seelische Störung, ein hirnorganische Störung, Schwachsinn oder ein tiefgreifende Bewusstseinsstörung vor. Dies läge mehr oder weniger klar auf der Hand, weil der Angeklagte nicht über entsprechende Symptome leide oder eben sogar einen Hauptschulabschluss erreicht habe. Indizien für einen Persönlichkeitsstörung seien zwar erkennbar, insbesondere aufgrund des bisherigen delinquenten Verhaltens, der dissozialen Entwicklung und der problematischen Familienverhältnisse des Angeklagten. Mangels Exploration könne sie aber keine weiteren Angaben zu einer möglichen Impuls-Kontroll-Störung machen. Hinweise bezüglich einer krankhaft seelischen Störung aufgrund von Alkohol- und Drogenkonsum lägen auch nicht vor. So habe einerseits nur der Nebenkläger einen berauschten Zustand beschrieben, während sämtliche andere Zeugen einen verhaltensunauffälligen Angeklagten in Erinnerung haben und andererseits sei die glaubhaft dargelegte Menge von konsumierten Alkohol oder Koffein nicht ausreichend, um einen Rauschzustand zu bewirken. Schließlich habe der Atemalkoholtest nach der Tat gegen 03:30 Uhr einen Wert von 0,13 mg/l (0,26 Promille) ausgewiesen, was keine relevante Alkoholisierung darstelle. Koffein im S könnten zwar aktivierend wirken, aber auch diese konsumierte Menge reiche nicht aus, um einen Zustand im Sinne des §§ 20, 21 StGB zu erreichen. Vielmehr zeuge das beschriebene Leistungsbild des Angeklagten, dass er in seiner Steuerungs- und / oder Einsichtsfähigkeit nicht eingeschränkt gewesen sei. Er habe koordiniert zugeschlagen, nachvollziehbar gehandelt und sei mit Ausnahme von einer Person als verhaltensunauffällig beschrieben worden. Im Ergebnis sei damit kein Eingangsmerkmal im Sinne des §§ 20, 21 StGB erfüllt worden.

Diese Ausführungen kann die Kammer uneingeschränkt nachvollziehen, sie schließt sich nach eigener Prüfung der Bewertung der psychiatrischen Sachverständigen N an und geht vor dem Hintergrund der sachverständigen Ausführungen davon aus, dass der Angeklagte in seiner Schuldfähigkeit nicht erheblich gemindert oder diese vollständig aufgehoben war. Tragend war dabei insbesondere die überwiegende Einstimmigkeit der Zeugen dazu, dass der Angeklagten weder alkoholisiert noch berauscht gewirkt hat und dass er selber glaubhaft versichert hat, keine Drogen konsumiert zu haben. Ferner kann das Gericht auch nicht zugunsten des Angeklagten eine dissoziale Persönlichkeitsstörung annehmen, weil – wie die Sachverständige N schon hinreichend nachvollziehbar ausgeführt hat – die Verdachtsmomente für das Vorliegen einer solchen Störung allenfalls im Rahmen einer ausführlichen Exploration herausgearbeitet werden könnten, diese aber durch den Angeklagten verweigert wurde. Insoweit bleibt lediglich ein vager Verdacht, ohne dass dafür hinreichende Umstände herangezogen werden könnten, die sicher den Schluss auf das Vorliegen etwa einer Impuls-Kontrollstörung rechtfertigen.

IV. rechtliche Würdigung

Damit hat sich der Angeklagte der schweren Körperverletzung gemäß §§ 223, 226 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. StGB strafbar gemacht.

V. Strafzumessung

Wegen der schweren Körperverletzung steht der Kammer gemäß § 226 Abs. 1 StGB grundsätzlich ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 10 Jahren zur Verfügung.

Die Kammer hat sodann zunächst geprüft, ob ein minder schwerer Fall der schweren Körperverletzung im Sinne des § 226 Abs. 3 1. Alt. StGB vorlag und dies im Ergebnis abgelehnt. Ein minder schwerer Fall liegt nur dann vor, wenn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem solch erheblichen Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 07.08.2014, Az. 3 StR 224/14). Im Rahmen der hierbei vorzunehmenden Gesamtbetrachtung hat die Kammer alle Umstände herangezogen und gewürdigt, die für die Bewertung der Tat und des Täters in Betracht kamen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnten, sie begleiteten, ihr vorausgingen oder nachfolgten.

Erheblich zu Gunsten des Angeklagten sprach dabei, dass er sich nun im Rahmen der Hauptverhandlung geständig eingelassen hat. Insoweit erübrigte sich eine mögliche konfliktträchtige Beweisaufnahme dazu, ob dem Angeklagten tatsächlich die Schuld nachgewiesen und er als Täter überführt werden kann. Der Täter kann glaubhaft bekunden, dass er unter einem erheblichen Druck zum Tatzeitpunkt stand. So war sein „Ersatzvater“ – der Großvater – schwer erkrankt und bedurfte auch seiner Pflege. Zudem litt die Mutter des Angeklagten unter depressiven Phasen, so dass es bisweilen auf ihn ankam, die Erziehung seiner zwei Halbschwestern zu übernehmen. Der Angeklagte hat darüber hinaus glaubhaft Reue gezeigt. Ihm war es im Rahmen der Hauptverhandlung selten möglich, den Nebenkläger L1 direkt anzuschauen, ohne dabei sehr emotional zu reagieren. In diesem Zusammenhang hat er sich zudem mehrfach für die Tat entschuldigt, wenngleich hierin kein vertypter Strafmilderungsgrund im Sinne des gemäß §§ 46 a, 49 StGB geregelten Täter-Opfer-Ausgleich anzusehen ist; eine bloße Entschuldigungen – wie hier – stellt noch keine umfassenden Ausgleichsbemühungen dar, da diese einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraussetzen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2020 – 2 StR 412/19 -, juris). Dann hat der Angeklagte inzwischen die erste Bereitschaft zugesichert, einen ersten finanziellen Ausgleich schaffen zu wollen; so haben er und seine Mutter zugunsten des Nebenkläger L1 auf die Rückzahlung einer im Rahmen der Außervollzugsetzung des Haftbefehls geleisteten Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00 EUR verzichtet und zu Protokoll erklärt, dass dieser Betrag an den Nebenkläger ausgezahlt werden soll. Gleichwohl hat die Kammer hierin ebenso keinen vertypten Strafmilderungsgrund im Sinne des gemäß §§ 46 a, 49 StGB geregelten Täter-Opfer-Ausgleich erkannt, da im Sinne des § 46 a Nr. 1 Alt. 1 und 2 StGB noch keine vollständige oder zu einem überwiegenden Teil erfolgte Wiedergutmachung der eingetretenen Schäden zu erkennen ist und im Sinne des § 46 a Nr. 1 Alt. 3 StGB noch nicht hinreichend eine Wiedergutmachung durch den Angeklagten angestrebt ist. Er hat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass es ihm bewusst sei, dass ein Zivilverfahren noch folgen werde und dass noch weitere Leistungen zu zahlen seien. Nicht erkennbar wird allerdings, wie sich der Angeklagte verhalten wird, sofern eine Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche erfolgen wird, ob er diese der Höhe nach bestreiten wird und deswegen ein gerichtliches Verfahren droht und in welcher Art tatsächlich eine Leistung überhaupt erfolgen wird. Ein bloß vages und wenig hinreichend dargestelltes Inaussichtstellen von unbekannten Leistungen kann noch kein ernsthaftes Erstreben einer Wiedergutmachung darstellen. Dann kann zugunsten des Angeklagten erkannt werden, dass die letzte Tat, die zu einer Verurteilung geführt hat, aus dem Jahre 2016 datiert und er seit dem strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist. Dies ist angesichts der dem Angeklagten bisher nachgewiesenen Taten beachtlich, weil er bereits seit dem Jahr 2004 regelmäßig straffällig geworden ist.

Zu Lasten des Angeklagten spricht dagegen in erheblicher Weise, dass er aus einem völlig nichtigen Grund diese dargestellten Folgen für den Nebenkläger L1 verursacht hat. Mag er noch im Rahmen der Hauptverhandlung zum Ausdruck gebracht haben, dass er von dem Nebenkläger angerempelt oder gar möglicherweise beleidigt wurde, so hat er selber erklärt, dass dies sicherlich nicht ausreichend ist, um eine solche Tat im Ansatz erklären zu können. Er gibt selber zu erkennen, dass er unverhältnismäßig überreagiert hat angesichts dessen, was er durch den Schlag bei dem Nebenkläger verursacht hat. Es ist schlicht nicht erklärbar, dass ein Täter wegen – insbesondere in einer Diskothek zu erwartenden – Rempeleien in einem Eingangsbereich jemanden massiv und erheblich mit der Faust ins Gesicht schlägt, wobei bei einer solche Handlungsweise erkennbar ist, dass auch solche Verletzungsfolgen eintreten können – wenngleich der Angeklagte diese hinsichtlich des Verlustes der Sehkraft nicht billigend in Kauf genommen hat. Es sei an dieser Stelle erneut erwähnt, dass der Nebenkläger seine Sehkraft auf einem Auge verloren hat, weil es zu Rempeleien gekommen ist. Zudem zeigt das Verletzungsbild, wie brutal der Angeklagte zugeschlagen haben muss. Mögen solche Verletzungen, wie eingetreten, nicht regelmäßig vorkommen, so ist dennoch eine massive und erhebliche Kraftentwicklung nötig gewesen, um das eingetretenen Verletzungsbild zu verursachen. Zudem sind die erheblichen Folgen für den Nebenkläger zu berücksichtigen. So hat dieser glaubhaft geschildert, dass er sich in seiner Lebensführung wertlos fühle, dass er sogar aus für ihn nicht erklärbaren Gründen aggressiv und wesensverändert seiner Familie gegenüber auftritt und damit sogar diese darunter leidet. Er fühlt sich so wert- und mutlos, dass er an eine neue Beschäftigungstätigkeit nicht denken kann. Er bedurfte und bedarf auch zukünftig psychologische Hilfe, um die Auswirkungen dieser Tat verarbeiten zu können, wobei er sein Leben lang darunter zu leiden hat, weil er jeden Tag an die Tat erinnert wird. Im Übrigen ist sogar noch ein operativer Eingriff wahrscheinlich, weil das beeinträchtigte Auge wohl amputiert werden muss, um Schäden für das gesunde rechte Auge zu vermeiden. Mag auch zugunsten des Angeklagten eine gewisse Stabilisierung in strafrechtlicher Hinsicht seit dem Jahr 2016 – als dem Jahr der letzten Straftaten – erfolgt sein, so ist er dennoch erheblich und sogar einschlägig vorbestraft, was letztlich zu seinen Lasten zu berücksichtigen ist. Zudem ist zu erkennen, dass die letzte Verurteilung vom 11.02.2019 datiert und im Rahmen dessen das Landgericht Duisburg eine Freiheitsstrafe ausgeurteilt hat, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Mithin diente diese Verurteilung dazu, dem Angeklagten vor Augen zu halten, dass er künftig nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung treten sollte. Gleichwohl geht er dazu über, schon sechs Monaten nach der Verurteilung erneut eine Straftat zu verwirklichen und dies eben unter dem Eindruck der zuvor erwähnten Verurteilung und einer ihm zugestandenen laufenden Bewährung. Es ist schlicht unbegreiflich, dass dem Angeklagten dies nicht ausreichend bewusst war und erhebliche Konsequenzen folgen, um von der Tat abzusehen. Im Übrigen ist zu Lasten des Angeklagten anzunehmen, dass es für den Nebenkläger bis zur Hauptverhandlung ungewiss war, wer tatsächlich der Täter der Tathandlung war. Bis zur Eröffnung der Hauptverhandlung und bis zur Vernehmung des Nebenklägers selbst ist dieser davon ausgegangen, dass der Angeklagte die Tat bestreitet und es nicht sicher war, ob es zu einer Verurteilung des Angeklagten kommt oder nicht. Angesichts des Nachtatverhaltens musste der Nebenkläger auch damit rechnen, dass eine Nachweisbarkeit möglicherweise nicht erreicht werden kann und dass er ohne Nachweis der Schuld des Angeklagten mit seinem Verletzungen leben muss, was ebenso zu seiner psychischen Belastung beiträgt.

Angesichts dessen kann ein erhebliches Abweichen vom Normalfall schon deswegen nicht mehr angenommen werden, weil hier ein absolut nichtiger Grund für die Tat vorliegt und der Angeklagte äußerst massiv zugeschlagen hat. Zudem ist auch die bisherige Delinquenz zu erheblich, sodass sich das Tatbild eines straffälligen Täters verdichtet, der aus vorangegangenen Verurteilungen nichts gelernt hat, wenngleich eine gewisse Stabilisierung seit dem Jahr 2016 hervorzuheben ist. Doch konnten selbst der Eindruck einer Hauptverhandlung und eine zugestandene Bewährung durch das Landgericht Duisburg den Angeklagten nicht hinreichend erreichen, um ihn von einer solchen Tat abzulassen. Vielmehr setzt er sich trotz dieser Bewährung darüber hinweg und wird wieder straffällig in einem erheblichen Umfang. Die ersten erforderlichen – und positiv zu berücksichtigen – Entschädigungsversuche können auch kein anderes Bild rechtfertigen, weil sie einerseits viel zu gering sind und andererseits noch nicht erkennbar wird, wie diese im weiteren zivilrechtlichen Verfahren ausgestaltet sind. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte derzeit von Sozialleistungen lebt, wohl keine größeren Summe ansparen konnte und in naher Zukunft durch einen Haftantritt wird ansparen können. Inwieweit dann rasch überhaupt eine Entschädigung möglich ist, bleibt abzuwarten und ist sehr unsicher. Letztlich kann ein minder schwerer Fall auch nicht vor dem Hintergrund der erheblichen Veränderung für den Nebenkläger angenommen werden, der letztlich aus seinem Leben gerissen und in ein neues, für ihn erheblich schlechteres Leben gesetzt wurde.

Innerhalb des damit zur Anwendung kommenden Strafrahmens hat die Kammer bei der konkreten Straffindung die bereits bei der Strafrahmenbestimmung genannten ent- und belastenden Umstände – auf die insoweit Bezug genommen wird – erneut umfassend berücksichtigt. Unter Abwägung aller vorgenannten und Berücksichtigung sämtlicher weiterer Strafzumessungsgesichtspunkte des § 46 StGB hat die Kammer für die Tat auf eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren als tat- und schuldangemessen erkannt.

VI. Nebenentscheidungen

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 464, 465 Abs.1, 472 Abs.1 StPO.

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