AG Wesel – Az.: 8 Ds – 597 Js 93/18 – 161/18 – Urteil vom 12.03.2019
Der Angeklagte wird wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10,00 EUR verurteilt.
Anerkenntnisurteil:
Der Angeklagte wird aufgrund seines Anerkenntnis verurteilt, an den Adhäsionskläger ein restliches Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 EUR zu zahlen.
Der Adhäsionskläger hat die Kosten des Adhäsionsverfahrens zu 95 % zu tragen.
Der Angeklagte hat die übrigen Kosten des Verfahrens und die der Nebenklage zu zahlen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
§§ 229, 230 StGB, 465, 472 StPO
Gründe
(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz StPO)
Der 27 Jahre alte Angeklagte wuchs im elterlichen Haushalt auf. Er besuchte die Grundschule und anschließend die Realschule, die er mit der Fachoberschulreife verließ. Im Anschluss daran begann er eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, die er nach eineinhalb Jahren abbrach. In der Folgezeit war der Angeklagte in verschiedenen Minijobs tätig. Seit ca. sieben Jahren ist der Angeklagte im Sicherheitsdienst beschäftigt. Gleichzeitig besuchte er die VHS um seinen Durchschnitt zu verbessern. Er besucht derzeit das Berufskolleg, um die Hochschulreife zu erlangen. Er bezieht BAföG i. H. v. 400 EUR monatlich. Gleichzeitig verdient der Angeklagte monatlich 450 EUR als Sicherheitskraft. Seine Miete beträgt monatlich 500 EUR.
Der Angeklagte ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
Am 16.08.2018 ließ der Angeklagte gegen 18.15 Uhr entgegen der ihm bekannten Anlein- und Maulkorbpflicht seinen 18 Monate alten und ausgewachsenen Rottweiler im Waldgebiet am T-See in X unangeleint und ohne Maulkorb laufen.
Zeitgleich befand sich eine Läufergruppe im Wald, zu der auch der 10jährige C. X. gehörte, welcher von dem Rottweiler angefallen und u. a. in den Oberschenkel gebissen wurde. Zu diesem Zeitpunkt hielt sich der Angeklagte mit zwei weiteren Personen ca. 30 Meter entfernt auf. Erst durch das Schreien des Kindes wurde der Angeklagte aufmerksam und reagierte, indem er dorthin eilte und den Hund am Halsband packend von dem Geschädigten trennte.
Der Geschädigte C. X. erlitt eine Schürfwunde am rechten Oberschenkel, eine große Schürfwunde mit Hämatombildung am linken Beckenkamm und eine ca. 10 cm lange, 3 cm tiefe Risswunde am rechten Oberschenkel, welche genäht werden musste. Der Geschädigte befand sich 3 Tage stationär im Krankenhaus. Die Wunde ist vernarbt. Posttraumatische Belastungsstörungen konnten bei dem Geschädigten nicht festgestellt werden. Weitere ärztliche Behandlungen sind bislang nicht erforderlich geworden.
Die Körperverletzung des Kindes war für den Angeklagten bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt vorhersehbar und vermeidbar.
Dieser Sachverhalt beruht auf dem Geständnis des Angeklagten und den übrigen ausweislich des Sitzungsprotokolls der Hauptverhandlung ausgeschöpften Beweismitteln.
Nach den getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte der fahrlässigen Körperverletzung gemäß §§ 229, 230 StGB schuldig. Der Angeklagte hat fahrlässig gehandelt. Hätte der Angeklagte seinen Hund, wie gemäß §§ 10, 5 LHundG NRW vorgeschrieben, angeleint und mit einem Maulkorb versehen in dem Erholungsgebiet ausgeführt, so wäre das Kind nicht von dem Hund gebissen worden.
Ein Strafantrag ist gestellt.
Der Versicherer des Angeklagten, die I-Versicherung, wies an den Adhäsionsklägervertreter mit Schreiben vom 03.12.2018 einen Betrag von 500 EUR zur freien Verrechnung an. Mit weiterem Schreiben von Ende Dezember 2018 erkannte der Versicherer ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 4500 EUR und darüber hinaus Anwaltskosten i. H. v. 492 EUR an. Dieses Geld ging noch Anfang 2019 bei dem Adhäsionsklägervertreter ein.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 29.01.2019 beantragte der Adhäsionskläger die Zahlung eines Schmerzensgeldes, dessen Höhe er in das Ermessen des Gerichts stellte, jedoch nicht unter 15.000 EUR nebst Zinsen. Darüber hinaus beantragte er die Feststellung, dass der Angeklagten die etwaigen Spätfolgen zu ersetzen habe.
Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage nahm der Adhäsionsklägervertreter in der mündlichen Verhandlung die vorbezeichneten Anträge mit Zustimmung des Angeklagten zurück und beantragte unter Berücksichtigung der bereits geflossenen Zahlungen von Seiten des Versicherers nunmehr die Zahlung eines restlichen Schmerzensgeldes i. H. v. 500 EUR, welches der Angeklagte anerkannt hat.
Daher erging das aus dem Tenor ersichtliche Anerkenntnisurteil.
Strafrechtlich hat sich der Angeklagte wegen einer fahrlässigen Körperverletzung zu verantworten.
Nach § 229 StGB beträgt der Strafrahmen für eine fahrlässige Körperverletzung Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.
Bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat sich das Gericht an den gesetzlichen Bestimmungen des § 46 StGB orientiert und im Wesentlichen von folgenden Erwägungen leiten lassen:
Zu Gunsten des Angeklagten wirkt sich dessen Geständnis aus. In der Verhandlung entschuldigte sich der Angeklagte für sein Vergehen. Auch hat das Gericht strafmildernd berücksichtigt, dass er nicht vorbestraft ist. Strafschärfend hat das Gericht hingegen die erhebliche Verletzung des Kindes und die Umstände der Tat bedacht.
Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungserwägungen erachtet das Gericht eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen für tat-und schuldangemessen.
Die Tagessatzhöhe hat das Gericht unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Angeklagten auf 10 Euro festgesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465, 472 StPO und hinsichtlich des Adhäsionsverfahrens auf § 472 a Abs.2 StPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr.1 ZPO.