OLG Dresden – Az.: 2 OLG 25 Ss 80/18 – Beschluss vom 26.02.2018
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 27. September 2017 aufgehoben, soweit die Angeklagte verurteilt worden ist. Von der Aufhebung ausgenommen sind die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, die aufrechterhalten bleiben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hatte die Angeklagte wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 13 EUR verurteilt, der Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, der Angeklagten vor Ablauf von zehn Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
Auf die Berufung der Angeklagten hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben, die Angeklagte wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 13 EUR verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Es hat der Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, der Angeklagten vor Ablauf von drei Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
Gegen das Urteil richtet sich die Revision der Angeklagten, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, auf die Revision der Angeklagten das Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben, die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen und die Revision im Übrigen als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Revision hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen erweist sie sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Angesichts der im Urteil dargestellten Alkoholisierung der Angeklagten erscheint es nicht ausgeschlossen, dass ihre Schuldfähigkeit bei Begehung der Taten vermindert oder vollständig aufgehoben war.
Die der Angeklagten um 1.57 Uhr und 2.30 Uhr entnommenen Blutproben ergaben eine Blutalkoholkonzentration von 1,65 und 1,54 Promille.
Bei der Prüfung der Schuldfähigkeit der Angeklagten ist ein maximaler stündlicher Abbauwert von 0,2 Promille zuzüglich eines einmaligen Sicherheitszuschlages von 0,2 Promille zugrunde zu legen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2016 – 5 StR 85/16 –, juris m.w.N.). Dies ergibt im vorliegenden Fall zur Tatzeit um 23.15 Uhr eine maximale Blutalkoholkonzentration von 2,37 Promille.
Zwar gibt es keinen gesicherten Rechts- oder Erfahrungssatz, wonach ab einer bestimmten Höhe der Blutalkoholkonzentration ohne Rücksicht auf psychodiagnostische Beurteilungskriterien regelmäßig vom Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung auszugehen ist. Bei einem Wert von über 2 Promille ist eine erhebliche Herabsetzung der Hemmungsfähigkeit aber je nach den Umständen des Einzelfalles in Betracht zu ziehen, naheliegend oder gar in hohem Maße wahrscheinlich (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2014 – 4 StR 397/14 –, juris m.w.N.). Mit einem zusätzlichen Blick auf die Übrigen vom Landgericht zum Störungsbild der Angeklagten getroffenen Feststellungen war dies hier erörterungsbedürftig. Bei der Annahme verminderter Schuldfähigkeit wäre dann eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21 Satz 2, 49 Abs. 1 StGB zu prüfen gewesen.
Da nicht völlig auszuschließen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen getroffen werden, die möglicherweise sogar eine Schuldunfähigkeit belegen, hat der Senat auch den Schuldspruch aufgehoben.
Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren Tatablauf können aufrechterhalten bleiben. Ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch tretende Feststellungen sind möglich.
III.
Die Entscheidung ergeht einstimmig gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO.