Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Strafvereitelung durch unsaubere Zeugenaussagen: Ein prägnanter Fallbericht
- Der Fall vor Gericht
- Polizeiliches Ermittlungsverfahren: Strafvereitelung durch unvollständige Zeugenaussage?
- Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Verschweigen relevanter Informationen
- Rechtliche Bewertung: Unterlassen statt aktives Handeln
- Keine Garantenstellung bei polizeilicher Befragung
- Unterschied zur gerichtlichen Vernehmung
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Was ist Strafvereitelung und wann macht man sich strafbar?
- Welche Pflichten hat ein Zeuge bei polizeilichen Befragungen?
- Kann man sich durch unvollständige Angaben in einem polizeilichen Fragebogen strafbar machen?
- Wie unterscheidet sich die rechtliche Situation bei polizeilichen und gerichtlichen Befragungen?
- Was bedeutet „Garantenstellung“ im Zusammenhang mit Zeugenaussagen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeschuldigten vor, durch unvollständige Angaben im Rahmen einer Zeugenaussage eine Strafvereitelung begangen zu haben.
- Der Angeschuldigte war Zeuge einer gefährlichen Körperverletzung und wurde von der Polizei um nähere Angaben zu dem Vorfall gebeten.
- Er antwortete auf die sechs Fragen im Zeugenfragebogen, gab jedoch nicht an, dass eine ihm bereits bekannte Videoaufzeichnung existierte, die wichtige Informationen zu den Tätern enthalten hätte.
- Das Amtsgericht Tiergarten lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab und stellte fest, dass es am erforderlichen Garantenpflicht des Angeschuldigten fehle.
- Das Gericht betonte, dass der Vorwurf des Unterlassens sich auf die Nichtoffenbarung einer nicht erfragten Tatsache beziehe.
- Die Staatsanwaltschaft konnte nicht überzeugend darlegen, dass das Verschweigen der Videoaufzeichnung als falsche Aussage im Sinne einer aktiven Täuschung gewertet werden kann.
- Der Fall betrifft spezifisch die schriftliche Beantwortung konkreter Fragen und ist nicht vergleichbar mit den Anforderungen einer Aussage vor Gericht.
- Die Entscheidung führt zur Klarstellung, dass nicht jede unklare oder unvollständige Aussage automatisch strafbar ist, sofern es an einer rechtlichen Verpflichtung fehlt.
- Der Beschluss hat Auswirkungen auf die Pflichten von Zeugen und deren Rechtssicherheit bei der Beantwortung von Fragen.
- Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden der Landeskasse auferlegt, was die finanziellen Konsequenzen für den Angeschuldigten mindert.
Strafvereitelung durch unsaubere Zeugenaussagen: Ein prägnanter Fallbericht
In der Welt des Strafrechts spielt die Zeugenaussage eine entscheidende Rolle, da sie oft maßgeblich für den Ausgang von Ermittlungsverfahren ist. Zeugen sind verpflichtet, wahrheitsgemäße und vollständige Angaben zu machen, wenn sie von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft vernommen werden. Das Unterlassen dieser Pflicht und die absichtliche Hinterziehung von Informationen können als Strafvereitelung gewertet werden, was rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. In diesem Kontext ist es wichtig, die Bedeutung einer klaren und vollständigen Aussage zu verstehen, insbesondere wenn es um die mögliche Falschaussage oder Aussageverweigerung geht.
Darüber hinaus beeinflussen Aspekte der Aussagepsychologie und die Qualität der Zeugenaussage die Beweisverwertung erheblich. Unvollständige oder täuschende Informationen können nicht nur die Ermittlungen behindern, sondern auch die Integrität des gesamten Verfahrens gefährden. Der Schutz von Zeugen, beispielsweise durch Zeugenschutzprogramme, unterstreicht die Wichtigkeit von ehrlichen und umfassenden Informationen. Eine sorgfältige rechtliche Anwaltsberatung ist oft ratsam, um die Rechte und Pflichten von Zeugen in solchen Szenarien zu klären.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die vielschichtigen Aspekte der Strafvereitelung durch unvollständige Angaben in einer schriftlichen Zeugenaussage beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Polizeiliches Ermittlungsverfahren: Strafvereitelung durch unvollständige Zeugenaussage?
In einem kürzlich verhandelten Fall befasste sich das Landgericht Berlin mit der Frage, ob ein Zeuge einer gefährlichen Körperverletzung sich der Strafvereitelung schuldig gemacht hat, indem er bei der Beantwortung eines polizeilichen Fragebogens bestimmte Informationen nicht mitteilte. Der Vorfall ereignete sich im September 2021 in einem Spätkauf, wobei der Beschuldigte Zeuge der Tat wurde.
Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Verschweigen relevanter Informationen
Im Zuge der Ermittlungen gegen Unbekannt erhielt der Zeuge von der Polizei einen Fragebogen mit sechs spezifischen Fragen zum Tathergang. Die Staatsanwaltschaft warf dem Zeugen vor, bei der Beantwortung nicht erwähnt zu haben, dass eine ihm bekannte Videoaufzeichnung des Vorfalls existierte. Diese Information hätte laut Anklage eine schnellere Identifizierung der Täter ermöglicht, die letztendlich erst im Dezember 2022 erfolgte.
Rechtliche Bewertung: Unterlassen statt aktives Handeln
Das Landgericht Berlin bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts Tiergarten, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen. In seiner Begründung betonte das Gericht, dass der Schwerpunkt des Vorwurfs auf einem Unterlassen liegt – dem Nichtoffenbaren einer nicht explizit erfragten Tatsache. Dies unterscheide sich von einer aktiv falschen Aussage, wie sie etwa bei einer eidlichen Vernehmung vor Gericht relevant wäre.
Keine Garantenstellung bei polizeilicher Befragung
Ein zentraler Punkt in der Urteilsbegründung war die Frage der Garantenstellung des Zeugen. Das Gericht stellte klar, dass bei einer polizeilichen Befragung, der kein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt, keine rechtliche Verpflichtung zur Mitwirkung besteht. Laut § 163 Abs. 3 S. 1 StPO gibt es in solchen Fällen weder eine Erscheinens- noch eine Aussagepflicht für Zeugen. Die Abgabe einer schriftlichen Erklärung kann demnach nicht erzwungen werden.
Das Gericht argumentierte: „Ist der Zeuge in diesem Verfahrensstadium jedoch in keiner Weise dazu verpflichtet, an der Strafverfolgung mitzuwirken, kann er auch nicht als Garant für die staatliche Strafrechtspflege angesehen werden.“ Eine gegenteilige Auffassung würde bedeuten, dass jedem Zeugen, der auf eine polizeiliche Anfrage nicht reagiert, eine Strafverfolgung wegen Strafvereitelung durch Unterlassen drohen könnte.
Unterschied zur gerichtlichen Vernehmung
Das Landgericht betonte den Unterschied zwischen der vorliegenden Situation und einer gerichtlichen Vernehmung. Bei Letzterer wird oft angenommen, dass die Zeugenstellung eine Garantenstellung für die staatliche Strafrechtspflege begründet. Dies gilt jedoch nicht für polizeiliche Befragungen ohne staatsanwaltschaftlichen Auftrag.
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Amtsgerichts wurde somit verworfen. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschuldigten wurden der Landeskasse auferlegt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des Landgerichts Berlin stärkt die Rechte von Zeugen in polizeilichen Ermittlungsverfahren. Es stellt klar, dass bei polizeilichen Befragungen ohne staatsanwaltschaftlichen Auftrag keine Garantenstellung für die Strafverfolgung besteht. Dies unterscheidet sich von gerichtlichen Vernehmungen und bedeutet, dass Zeugen in diesem Stadium nicht verpflichtet sind, ungefragt Informationen preiszugeben. Die Entscheidung schützt Bürger vor unverhältnismäßigen strafrechtlichen Konsequenzen bei unvollständigen Aussagen gegenüber der Polizei.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil stärkt Ihre Rechte als Zeuge bei polizeilichen Befragungen erheblich. Wenn Sie einen Fragebogen von der Polizei erhalten, ohne dass die Staatsanwaltschaft involviert ist, sind Sie nicht verpflichtet, ungefragt zusätzliche Informationen preiszugeben. Sie können sich auf die Beantwortung der konkreten Fragen beschränken, ohne befürchten zu müssen, wegen Strafvereitelung belangt zu werden. Das Gericht hat klargestellt, dass Sie in dieser Situation keine „Garantenstellung“ für die Strafverfolgung haben. Das bedeutet, Sie müssen die Ermittlungen nicht aktiv unterstützen. Allerdings ist Vorsicht geboten: Bei einer gerichtlichen Vernehmung gelten strengere Regeln. Zudem entbindet Sie das Urteil nicht von der Pflicht, wahrheitsgemäß zu antworten. Es schützt Sie lediglich davor, für unvollständige Angaben bestraft zu werden, solange Sie die gestellten Fragen korrekt beantworten.
FAQ – Häufige Fragen
In dieser FAQ-Rubrik finden Sie Antworten auf häufige Fragen rund um rechtliche Themen und speziell die Thematik der Strafvereitelung durch unvollständige Zeugenaussage. Wir bieten Ihnen prägnante Informationen und differenzierte Einblicke, um Ihr Verständnis für diese komplexen rechtlichen Fragestellungen zu vertiefen. Tauchen Sie ein in unsere informativen Inhalte und erweitern Sie Ihr Wissen. Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ-Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was ist Strafvereitelung und wann macht man sich strafbar?
- Welche Pflichten hat ein Zeuge bei polizeilichen Befragungen?
- Kann man sich durch unvollständige Angaben in einem polizeilichen Fragebogen strafbar machen?
- Wie unterscheidet sich die rechtliche Situation bei polizeilichen und gerichtlichen Befragungen?
- Was bedeutet „Garantenstellung“ im Zusammenhang mit Zeugenaussagen?
Was ist Strafvereitelung und wann macht man sich strafbar?
Strafvereitelung ist nach § 258 des Strafgesetzbuchs (StGB) die absichtliche oder wissentliche Vereitelung der Bestrafung oder Strafvollstreckung einer von einem anderen begangenen Straftat. Sie machen sich strafbar, wenn Sie verhindern, dass jemand für eine Straftat bestraft wird oder eine verhängte Strafe vollstreckt werden kann.
Formen der Strafvereitelung
Es gibt zwei Hauptformen der Strafvereitelung:
- Verfolgungsvereitelung (§ 258 Abs. 1 StGB): Hier verhindern Sie, dass gegen jemanden eine Strafe oder Maßnahme verhängt wird.
- Vollstreckungsvereitelung (§ 258 Abs. 2 StGB): In diesem Fall vereiteln Sie die Vollstreckung einer bereits verhängten Strafe oder Maßnahme.
Typische Beispiele für Strafvereitelung
Stellen Sie sich vor, Sie werden Zeuge einer Straftat. Folgende Handlungen könnten als Strafvereitelung gelten:
- Das Verstecken eines Flüchtigen
- Eine Falschaussage vor der Polizei, die zur Einstellung der Ermittlungen führt
- Die Beseitigung von Beweismitteln
- Das Bezahlen einer Geldstrafe für einen anderen
Unvollständige Zeugenaussagen
Wenn Sie als Zeuge bei der Polizei aussagen, müssen Ihre Angaben grundsätzlich richtig und vollständig sein. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass Sie nicht verpflichtet sind, ungefragt alles zu erzählen. Die Art der Vernehmung spielt hierbei eine Rolle. Wenn der vernehmende Beamte nicht detailliert nachfragt, kann es sein, dass bestimmte Informationen nicht erfasst werden.
Strafbarkeit und Ausnahmen
Die Strafandrohung für Strafvereitelung beträgt Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Es gibt jedoch wichtige Ausnahmen:
- Straflosigkeit bei Angehörigen: Wenn Sie die Strafverfolgung eines Angehörigen vereiteln, bleiben Sie straffrei.
- Selbstbegünstigung: Sie dürfen sich selbst vor Strafverfolgung schützen, ohne sich strafbar zu machen.
Besonderheit: Strafvereitelung im Amt
Für Amtsträger, die zur Mitwirkung an einem Strafverfahren berufen sind, gelten strengere Regeln. Sie machen sich nach § 258a StGB der Strafvereitelung im Amt schuldig, wenn sie ihre Amtspflichten verletzen. Hier gilt die Straflosigkeit für Angehörige nicht.
Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Verhalten als Strafvereitelung gewertet werden könnte, ist es ratsam, sich rechtlichen Rat einzuholen. Bedenken Sie, dass jeder Fall individuell betrachtet wird und die Umstände eine wichtige Rolle spielen.
Welche Pflichten hat ein Zeuge bei polizeilichen Befragungen?
Bei polizeilichen Befragungen haben Zeugen grundsätzlich keine Pflicht zu erscheinen oder auszusagen, es sei denn, die Vorladung erfolgt im Auftrag der Staatsanwaltschaft. Dies ist ein wichtiger Unterschied zu gerichtlichen Vernehmungen, bei denen eine Erscheinungs- und Aussagepflicht besteht.
Vorladung ohne staatsanwaltschaftlichen Auftrag
Wenn Sie eine polizeiliche Vorladung als Zeuge erhalten, die nicht im Auftrag der Staatsanwaltschaft erfolgt, können Sie frei entscheiden, ob Sie dieser nachkommen möchten. In diesem Fall haben Sie keine rechtliche Verpflichtung zu erscheinen oder eine Aussage zu machen. Es kann jedoch sinnvoll sein, freiwillig auszusagen, um zur Aufklärung eines Sachverhalts beizutragen.
Vorladung mit staatsanwaltschaftlichem Auftrag
Liegt der polizeilichen Vorladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde, sind Sie als Zeuge verpflichtet, zu erscheinen und auszusagen. Dies ergibt sich aus § 163a Abs. 3 StPO. Kommen Sie dieser Pflicht nicht nach, können Zwangsmaßnahmen wie eine Vorführung oder die Verhängung eines Ordnungsgeldes drohen.
Pflichten bei der Aussage
Unabhängig davon, ob Sie freiwillig oder aufgrund einer Verpflichtung aussagen, gelten folgende Pflichten:
- Wahrheitspflicht: Sie müssen stets die Wahrheit sagen. Falschaussagen können strafrechtliche Konsequenzen haben.
- Vollständigkeitspflicht: Ihre Aussage muss vollständig sein. Das bedeutet, Sie dürfen keine wesentlichen Umstände weglassen, die den Sachverhalt verfälschen würden.
- Personalienangabe: Sie sind verpflichtet, Ihre Personalien wahrheitsgemäß anzugeben.
Wichtige Rechte als Zeuge
Auch wenn Sie zur Aussage verpflichtet sind, haben Sie wichtige Rechte:
- Zeugnisverweigerungsrecht: In bestimmten Fällen, etwa bei Verwandtschaftsverhältnissen zum Beschuldigten, können Sie die Aussage komplett verweigern.
- Auskunftsverweigerungsrecht: Sie dürfen Auskünfte verweigern, wenn Sie sich selbst oder nahe Angehörige belasten würden.
- Recht auf Zeugenbeistand: Sie können sich von einem Rechtsanwalt begleiten lassen.
Wenn Sie unsicher sind, ob Sie einer polizeilichen Vorladung Folge leisten müssen oder welche Rechte Sie haben, ist es ratsam, sich juristisch beraten zu lassen. Dies kann Ihnen helfen, Ihre Rechte zu wahren und gleichzeitig Ihrer Bürgerpflicht nachzukommen.
Kann man sich durch unvollständige Angaben in einem polizeilichen Fragebogen strafbar machen?
Grundsätzlich können Sie sich durch unvollständige Angaben in einem polizeilichen Fragebogen nicht strafbar machen, solange Sie keine falschen Informationen aktiv angeben. Das bloße Verschweigen von Informationen ist in der Regel nicht strafbar.
Rechtliche Grundlagen
Das Strafgesetzbuch (StGB) kennt keinen Straftatbestand für unvollständige Angaben gegenüber der Polizei. Die Strafvereitelung nach § 258 StGB setzt ein aktives Handeln voraus, nicht ein bloßes Unterlassen.
Ausnahmen und Einschränkungen
Es gibt jedoch wichtige Ausnahmen zu beachten:
- Falsche Personalien: Wenn Sie nach Ihren Personalien gefragt werden, müssen Sie diese vollständig und korrekt angeben. Falsche oder unvollständige Angaben können hier eine Ordnungswidrigkeit darstellen.
- Aktive Falschaussage: Sobald Sie aktiv falsche Informationen in den Fragebogen eintragen, kann dies unter Umständen als falsche Verdächtigung (§ 164 StGB) oder Vortäuschen einer Straftat (§ 145d StGB) strafbar sein.
- Besondere Pflichten: In bestimmten Situationen, etwa als Zeuge vor Gericht, können Sie zur vollständigen Aussage verpflichtet sein. Dies gilt jedoch nicht für polizeiliche Fragebögen im Ermittlungsverfahren.
Praktische Konsequenzen
Wenn Sie einen polizeilichen Fragebogen erhalten, haben Sie grundsätzlich das Recht zu schweigen. Sie können den Fragebogen unausgefüllt zurücksenden oder nur teilweise ausfüllen, ohne strafrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Bedenken Sie jedoch, dass unvollständige Angaben die Ermittlungen behindern können, was zu weiteren Nachforschungen führen kann.
Es ist ratsam, im Zweifelsfall einen Rechtsanwalt zu konsultieren, bevor Sie Angaben machen, die Sie möglicherweise belasten könnten. Ein Anwalt kann Ihnen helfen, Ihre Rechte zu wahren und gleichzeitig im Rahmen des Gesetzes zu kooperieren.
Wie unterscheidet sich die rechtliche Situation bei polizeilichen und gerichtlichen Befragungen?
Bei polizeilichen und gerichtlichen Befragungen bestehen erhebliche rechtliche Unterschiede, die Sie als Befragter unbedingt kennen sollten:
Erscheinungspflicht
Bei polizeilichen Befragungen besteht für Sie als Zeuge grundsätzlich keine Pflicht zu erscheinen oder auszusagen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Staatsanwaltschaft die Vernehmung angeordnet hat.
Bei gerichtlichen Befragungen sind Sie hingegen als Zeuge verpflichtet, der Vorladung Folge zu leisten und vor Gericht zu erscheinen. Kommen Sie dieser Pflicht nicht nach, können Ordnungsmittel wie Ordnungsgeld oder sogar Ordnungshaft gegen Sie verhängt werden.
Aussagepflicht
Gegenüber der Polizei besteht für Sie als Zeuge keine generelle Aussagepflicht. Sie müssen lediglich Angaben zu Ihren Personalien machen.
Vor Gericht sind Sie als Zeuge grundsätzlich zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Aussage verpflichtet. Eine Falschaussage vor Gericht kann strafrechtliche Konsequenzen haben.
Zeugnisverweigerungsrecht
Sowohl bei polizeilichen als auch bei gerichtlichen Befragungen haben Sie als Zeuge ein Zeugnisverweigerungsrecht, wenn Sie mit dem Beschuldigten verwandt oder verschwägert sind oder sich selbst oder nahe Angehörige durch die Aussage belasten würden. Vor Gericht müssen Sie trotz Zeugnisverweigerungsrecht erscheinen und die Gründe für die Verweigerung darlegen.
Belehrungspflichten
Die Polizei muss Sie bei einer Vernehmung über Ihr Recht zu schweigen und die Möglichkeit, einen Anwalt hinzuzuziehen, belehren.
Das Gericht hat umfassendere Belehrungspflichten. Es muss Sie zusätzlich über die Folgen einer Falschaussage und die Möglichkeit der Vereidigung aufklären.
Anwesenheit eines Rechtsbeistands
Bei polizeilichen Befragungen haben Sie als Zeuge das Recht, einen Anwalt als Beistand hinzuzuziehen. Die Kosten müssen Sie in der Regel selbst tragen.
Bei gerichtlichen Vernehmungen kann Ihnen unter bestimmten Umständen ein Zeugenbeistand auf Staatskosten beigeordnet werden, etwa wenn Sie sich durch die Aussage selbst belasten könnten.
Wenn Sie zu einer Befragung geladen werden, sollten Sie die Vorladung sorgfältig prüfen und im Zweifelsfall rechtlichen Rat einholen. So können Sie Ihre Rechte wahren und gleichzeitig Ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen.
Was bedeutet „Garantenstellung“ im Zusammenhang mit Zeugenaussagen?
Eine Garantenstellung im Zusammenhang mit Zeugenaussagen bedeutet, dass eine Person aufgrund ihrer besonderen rechtlichen Stellung verpflichtet ist, bestimmte Handlungen vorzunehmen oder zu unterlassen, um rechtswidrige Zustände zu verhindern. Im Kontext von Zeugenaussagen ist dies besonders relevant, da es die Pflichten eines Zeugen erheblich erweitern kann.
Entstehung der Garantenstellung
Eine Garantenstellung kann aus verschiedenen Quellen entstehen:
- Gesetzliche Verpflichtungen: Beispielsweise haben Eltern eine Garantenstellung gegenüber ihren Kindern.
- Vertragliche Vereinbarungen: Ein Sicherheitsdienstmitarbeiter hat eine Garantenstellung für den Schutz der ihm anvertrauten Objekte.
- Vorausgegangenes gefährliches Tun: Wer eine Gefahrenlage schafft, ist verpflichtet, Schäden abzuwenden.
Wenn Sie als Zeuge eine Garantenstellung innehaben, kann dies Ihre Pflichten bei einer Aussage erheblich erweitern.
Garantenstellung bei Zeugenaussagen
Bei Zeugenaussagen ist die Garantenstellung besonders relevant für Personen in bestimmten Positionen oder mit spezifischem Wissen:
- Amtsträger: Polizeibeamte oder andere Behördenmitarbeiter haben oft eine Garantenstellung aufgrund ihrer dienstlichen Pflichten.
- Vorgesetzte: In Unternehmen können Vorgesetzte eine Garantenstellung für ihre Mitarbeiter haben.
- Spezialisten: Personen mit Fachwissen in bestimmten Bereichen können unter Umständen eine Garantenstellung haben.
Wenn Sie eine solche Position innehaben, müssen Sie bei Zeugenaussagen besonders vorsichtig sein und möglicherweise umfassendere Angaben machen als andere Zeugen.
Konsequenzen für Zeugen mit Garantenstellung
Die Garantenstellung kann für Sie als Zeuge weitreichende Folgen haben:
- Erweiterte Aussagepflicht: Sie müssen möglicherweise mehr Informationen preisgeben als ein Zeuge ohne Garantenstellung.
- Strafbarkeit bei Unterlassung: Wenn Sie relevante Informationen verschweigen, könnte dies als Strafvereitelung im Amt gewertet werden.
- Höhere Sorgfaltspflicht: Von Ihnen wird eine besonders genaue und vollständige Aussage erwartet.
Unterschied zwischen polizeilichen und gerichtlichen Befragungen
Es ist wichtig zu verstehen, dass sich die rechtlichen Konsequenzen Ihrer Aussage je nach Befragungssituation unterscheiden können:
- Polizeiliche Befragung: Hier besteht grundsätzlich keine Pflicht zur Aussage, außer bei der Angabe von Personalien. Falschaussagen sind hier nicht als Falschaussage im Sinne des § 153 StGB strafbar.
- Gerichtliche Befragung: Vor Gericht besteht eine Wahrheitspflicht. Falschaussagen können hier strafrechtliche Konsequenzen haben.
Wenn Sie eine Garantenstellung innehaben, kann jedoch auch bei polizeilichen Befragungen eine erweiterte Pflicht zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Aussage bestehen. Dies gilt insbesondere, wenn Sie als Amtsträger befragt werden.
Strafvereitelung durch unvollständige Angaben
Besonders heikel ist die Situation, wenn Sie als Person mit Garantenstellung unvollständige Angaben in einer schriftlichen Zeugenaussage gegenüber der Polizei machen. Dies könnte unter Umständen als Strafvereitelung im Amt gewertet werden, wenn Sie dadurch bewusst die Aufklärung einer Straftat behindern.
Wenn Sie sich in einer solchen Situation befinden, ist es ratsam, sich über Ihre genauen rechtlichen Pflichten zu informieren. Im Zweifelsfall sollten Sie sich an einen Rechtsanwalt wenden, um Ihre spezifische Situation zu klären und mögliche rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Strafvereitelung: Strafvereitelung bezeichnet die vorsätzliche Verhinderung oder Erschwerung der Strafverfolgung eines anderen. Dies kann durch aktives Tun (z.B. Vernichten von Beweismitteln) oder Unterlassen (z.B. Nichtmelden einer Straftat) geschehen. Entscheidend ist die Absicht, die Verfolgung zu beeinträchtigen. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob das Verschweigen des Videos eine Strafvereitelung darstellt. Wichtig ist, dass nicht jedes Verschweigen von Informationen automatisch eine Strafvereitelung ist. Es kommt auf die konkreten Umstände und die rechtliche Verpflichtung zur Mitwirkung an.
- Garantenstellung: Eine Garantenstellung bezeichnet eine rechtliche Verpflichtung, zum Schutz bestimmter Rechtsgüter aktiv zu werden. Sie ist Voraussetzung für die Strafbarkeit eines Unterlassens. Garanten können durch Gesetz (z.B. Eltern für ihre Kinder), Vertrag (z.B. Bademeister) oder vorheriges gefährdendes Tun (z.B. Unfallverursacher) bestimmt werden. Im Fall wurde diskutiert, ob Zeugen eine Garantenstellung für die Strafverfolgung haben. Das Gericht verneinte dies für polizeiliche Befragungen ohne staatsanwaltschaftlichen Auftrag, anders als bei gerichtlichen Vernehmungen.
- Unterlassungsdelikt: Ein Unterlassungsdelikt liegt vor, wenn jemand eine rechtlich gebotene Handlung nicht vornimmt. Im Gegensatz zu aktiven Taten wird hier das Nichthandeln bestraft. Voraussetzung ist eine Pflicht zum Handeln (Garantenstellung). Im konkreten Fall wurde das Nichterwähnen des Videos als mögliches Unterlassungsdelikt geprüft. Das Gericht entschied, dass ohne Garantenstellung keine Strafbarkeit für das Unterlassen besteht, solange keine explizite Frage nach dem Video gestellt wurde.
- Aussagepflicht: Die Aussagepflicht bezeichnet die gesetzliche Verpflichtung, vor Gericht oder anderen Behörden wahrheitsgemäß auszusagen. Sie gilt grundsätzlich für alle Zeugen, es sei denn, es besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht. Bei polizeilichen Befragungen ohne staatsanwaltschaftlichen Auftrag besteht jedoch keine Aussagepflicht. Im Fall war entscheidend, dass der Zeuge bei der polizeilichen Befragung nicht zur Aussage verpflichtet war und daher auch nicht alle ihm bekannten Informationen offenbaren musste.
- Falschaussage: Eine Falschaussage ist eine vorsätzlich unwahre oder unvollständige Aussage vor Gericht oder einer zur eidlichen Vernehmung befugten Stelle. Sie ist strafbar nach § 153 StGB. Im Gegensatz zur Strafvereitelung geht es hier nicht um die Behinderung der Strafverfolgung, sondern um den Schutz der Wahrheitsfindung im Verfahren. Im Fall wurde diskutiert, ob das Verschweigen des Videos einer Falschaussage gleichkommt. Das Gericht verneinte dies, da es sich um eine polizeiliche Befragung und nicht um eine gerichtliche Vernehmung handelte.
- Ermittlungsverfahren: Das Ermittlungsverfahren ist der erste Abschnitt des Strafverfahrens, in dem Polizei und Staatsanwaltschaft den Verdacht einer Straftat untersuchen. Ziel ist es, zu klären, ob eine Anklage erhoben wird. In dieser Phase haben Zeugen unterschiedliche Rechte und Pflichten, abhängig davon, ob sie von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft befragt werden. Im konkreten Fall war entscheidend, dass es sich um eine polizeiliche Befragung ohne staatsanwaltschaftlichen Auftrag handelte, was die Rechte und Pflichten des Zeugen beeinflusste.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 258 StGB (Strafvereitelung): Diese Vorschrift stellt unter Strafe, wer absichtlich oder wissentlich die Verfolgung eines Täters vereitelt oder erschwert. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob das Verschweigen des Videos eine Strafvereitelung darstellt.
- § 13 StGB (Begehen durch Unterlassen): Diese Norm regelt die Strafbarkeit durch Unterlassen. Ein Unterlassen ist nur strafbar, wenn eine Garantenstellung besteht, d.h. eine rechtliche Pflicht zum Handeln. Im Fall wurde diskutiert, ob der Zeuge eine solche Pflicht hatte, das Video zu erwähnen.
- § 163 StPO (Zeugnispflicht): Dieser Paragraph regelt die Pflicht zur Aussage als Zeuge. Er legt fest, wann ein Zeuge aussagen muss und wann er sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen kann. Im vorliegenden Fall war relevant, ob der Zeuge verpflichtet war, Angaben zum Video zu machen.
- § 161a StPO (Vernehmung des Zeugen durch die Polizei): Dieser Paragraph ermächtigt die Polizei, Zeugen zu vernehmen, bevor ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Er ist relevant, da die Vernehmung des Zeugen durch die Polizei erfolgte und nicht im Rahmen einer staatsanwaltschaftlichen Untersuchung.
- § 153 StGB (Falsche uneidliche Aussage): Diese Vorschrift stellt die falsche Aussage vor Gericht oder einer anderen zur eidlichen Vernehmung zuständigen Stelle unter Strafe. Sie wurde im Fall herangezogen, um zu prüfen, ob das Verschweigen von Informationen einer falschen Aussage gleichkommt.
Das vorliegende Urteil
LG Berlin I – Az.: 525 Qs 80/24 – Beschluss vom 14.08.2024
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