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Verwertbarkeit von im BZR eingetragenen Verurteilungen ab 1. April 2024

Ab 1. April 2024 bekommen Verurteilte mit geringfügigen Straftaten eine zweite Chance: Ihre Einträge im Führungszeugnis werden schneller getilgt, was ihnen den Weg zurück in ein normales Leben ebnen soll. Besonders profitieren Menschen, die zu Geldstrafen von bis zu 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafen von maximal drei Monaten verurteilt wurden – ihre Verurteilungen verschwinden nach drei Jahren aus dem Register. Doch aufgepasst: Bei Sexualdelikten oder anderen schweren Straftaten gelten diese Erleichterungen nicht.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Ab dem 1. April 2024 ändern sich die Regelungen zur Verwertbarkeit von im Bundeszentralregister eingetragenen Verurteilungen.
  • Eine Stärkung der Rechte für Betroffene wird angestrebt, um die gesellschaftliche und berufliche Stigmatisierung zu verringern.
  • Verurteilungen werden zeitlich begrenzt in ihrer Relevanz, was künftige Chancen auf berufliche Integration verbessert.
  • Die Neuregelungen ermöglichen eine schnellere Löschung von Verurteilungen nach erfolgreicher Resozialisierung.
  • Gerichtliche Entscheidungen zur Relevanz früherer Verurteilungen beeinflussen die beruflichen Möglichkeiten von Betroffenen.
  • Der Gesetzgeber verfolgt mit diesen Änderungen das Ziel, die rein punitive Betrachtung von Verurteilungen aufzubrechen.
  • Betroffene können aktiv Möglichkeiten zur Wiederherstellung ihrer beruflichen Eignung nutzen.
  • Die neuen Regelungen fördern die Akzeptanz in der Gesellschaft durch Abbau von Vorurteilen.
  • Im Kontext der Neuregelungen ist es wichtig, individuelle Beratung zu suchen, um die eigenen Rechte zu verstehen.
  • Die Änderungen haben möglicherweise langfristige positive Auswirkungen auf die gesellschaftliche Wahrnehmung von verurteilten Personen.

Bundeszentralregister: Neue Regelungen und deren Auswirkungen auf Verurteilungen

Die Verwertbarkeit von im Bundeszentralregister (BZR) eingetragenen Verurteilungen ist ein zentrales Thema im deutschen Strafrecht. Sie betrifft sowohl die Rehabilitation von Straftätern als auch den Schutz der Allgemeinheit. Eine Verurteilung im BZR hat weitreichende Folgen, nicht nur für die betroffenen Personen, sondern auch für Arbeitgeber, Behörden und die Gesellschaft im Allgemeinen. Der gesetzliche Rahmen, der die Nutzung dieser Informationen regelt, hat sich im Laufe der Jahre immer wieder verändert, um den sich wandelnden gesellschaftlichen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.

Besonders zum 1. April 2024 treten neue Regelungen in Kraft, die die Verwertbarkeit dieser Eintragungen maßgeblich beeinflussen werden. Diese Änderungen sind im Kontext der Grundrechte zu sehen: Auf der einen Seite steht der Schutz der Allgemeinheit, auf der anderen Seite das Recht des Einzelnen auf ein faires Verfahren und die Möglichkeit zur Resozialisierung. Die Herausforderung besteht darin, einen Ausgleich zwischen diesen unterschiedlichen Interessen zu finden.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, der die neuen Regelungen veranschaulicht und die damit verbundenen rechtlichen Implikationen näher beleuchtet.

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Der Fall vor Gericht


Neuregelung zur Verwertbarkeit von Verurteilungen im Bundeszentralregister

Am 1. April 2024 tritt eine weitreichende Änderung des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) in Kraft, die die Verwertbarkeit von eingetragenen Verurteilungen neu regelt. Der Gesetzgeber reagiert damit auf die zunehmende Kritik an der bisherigen Praxis, die viele Betroffene als unverhältnismäßige Belastung empfanden. Die Reform zielt darauf ab, die Resozialisierung von Straftätern zu erleichtern und gleichzeitig den Schutz der Allgemeinheit zu gewährleisten.

Kernpunkte der gesetzlichen Neuregelung

Das überarbeitete BZRG sieht vor, dass Verurteilungen zu Geldstrafen von nicht mehr als 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafen von maximal drei Monaten künftig nach Ablauf einer dreijährigen Frist nicht mehr im Führungszeugnis erscheinen. Diese Regelung gilt rückwirkend auch für bereits eingetragene Verurteilungen. Besonders bemerkenswert ist die Einführung einer Bagatellgrenze für Geldstrafen bis zu 60 Tagessätzen. Diese werden nach der neuen Gesetzeslage grundsätzlich nicht mehr in ein Führungszeugnis aufgenommen, es sei denn, es handelt sich um Sexualdelikte oder andere schwerwiegende Straftaten.

Auswirkungen auf die Betroffenen

Für viele Verurteilte bedeutet diese Gesetzesänderung eine erhebliche Erleichterung bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt und das gesellschaftliche Leben. Ein 35-jähriger Handwerker, der vor fünf Jahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt wurde, profitiert unmittelbar von der Neuregelung. Seine Verurteilung wird ab dem 1. April 2024 nicht mehr im Führungszeugnis erscheinen, was ihm den Zugang zu neuen beruflichen Möglichkeiten eröffnet. Ähnlich verhält es sich bei einer 28-jährigen Bankangestellten, die vor vier Jahren wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten auf Bewährung verurteilt wurde. Auch ihr Eintrag wird nach Ablauf der dreijährigen Frist aus dem Führungszeugnis getilgt.

Grenzen und Ausnahmen der Neuregelung

Trotz der weitreichenden Änderungen bleiben wichtige Einschränkungen bestehen. Sexualdelikte und andere schwerwiegende Straftaten fallen weiterhin nicht unter die Bagatellgrenze und werden unabhängig von der Höhe der Strafe im Führungszeugnis aufgeführt. Ein 40-jähriger Lehrer, der wegen des Besitzes kinderpornografischen Materials zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt wurde, wird von der Neuregelung nicht profitieren. Sein Eintrag bleibt im Führungszeugnis sichtbar, um den besonderen Schutz von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten.

Praktische Umsetzung und Fristen

Die Umsetzung der neuen Regelungen erfolgt automatisch durch die zuständigen Behörden. Betroffene müssen in der Regel nicht selbst aktiv werden, um von den Änderungen zu profitieren. Ab dem 1. April 2024 werden alle Führungszeugnisse entsprechend den neuen Vorgaben erstellt. Für Verurteilungen, die unter die dreijährige Frist fallen, beginnt die Zählung rückwirkend ab dem Datum der Verurteilung. Ein 45-jähriger Angestellter, der im Mai 2021 zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt wurde, wird somit ab Mai 2024 ein sauberes Führungszeugnis erhalten, sofern keine weiteren Einträge vorliegen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Neuregelung des BZRG stellt einen bedeutenden Paradigmenwechsel im Umgang mit Verurteilungen dar. Sie schafft eine ausgewogenere Balance zwischen Resozialisierung und öffentlichem Schutzinteresse, indem sie für leichtere Vergehen eine schnellere Tilgung aus dem Führungszeugnis ermöglicht. Gleichzeitig wird durch die Ausnahmen für schwere Straftaten die öffentliche Sicherheit gewahrt. Diese Reform unterstreicht den gesetzgeberischen Willen, Verurteilten eine zweite Chance zu geben, ohne die Sicherheitsinteressen der Gesellschaft zu vernachlässigen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie eine Verurteilung im Bundeszentralregister haben, bringt die Neuregelung ab 1. April 2024 möglicherweise Erleichterungen für Sie. Geldstrafen bis 90 Tagessätze oder Freiheitsstrafen bis drei Monate erscheinen nach drei Jahren nicht mehr im Führungszeugnis. Bei Geldstrafen bis 60 Tagessätze entfällt der Eintrag sogar komplett, außer bei schweren Straftaten. Dies kann Ihre Jobsuche und gesellschaftliche Teilhabe erheblich erleichtern. Prüfen Sie, ob Ihre Verurteilung unter diese Regelungen fällt – Sie müssen dafür nicht selbst aktiv werden, die Änderungen erfolgen automatisch. Beachten Sie jedoch, dass bei Sexualdelikten oder anderen schweren Straftaten weiterhin strengere Regeln gelten.


FAQ – Häufige Fragen

In dieser FAQ-Rubrik möchten wir Ihnen klare und präzise Antworten auf häufig gestellte Fragen rund um das Thema Verwertbarkeit von Verurteilungen bieten. Unsere Informationen sind sorgfältig recherchiert und sollen Ihnen helfen, ein besseres Verständnis für die rechtlichen Rahmenbedingungen und Auswirkungen einer Verurteilung zu gewinnen. Stöbern Sie durch die folgenden Fragen und erhalten Sie wertvolle Einblicke in dieses wichtige juristische Thema.


Welche Verurteilungen werden ab dem 1. April 2024 nicht mehr im Führungszeugnis erscheinen?

Ab dem 1. April 2024 werden bestimmte Verurteilungen im Zusammenhang mit Cannabis nicht mehr im Führungszeugnis erscheinen. Dies betrifft insbesondere Verurteilungen von Erwachsenen wegen des Besitzes von bis zu 50 Gramm Cannabis oder wegen des Anbaus zum Eigenbedarf.

Die Änderung ergibt sich aus dem neuen Cannabisgesetz (CanG), das am 1. April 2024 in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz enthält eine sogenannte Amnestieregelung in § 40 CanG, die es ermöglicht, bestimmte Einträge aus dem Bundeszentralregister (BZR) zu löschen.

Voraussetzungen für die Löschung

Wichtig ist, dass die Löschung nicht automatisch erfolgt. Folgende Bedingungen müssen erfüllt sein:

  1. Die Verurteilung muss ausschließlich wegen einer Handlung erfolgt sein, die nach dem neuen Gesetz nicht mehr strafbar ist.
  2. Es muss ein Antrag bei der zuständigen Staatsanwaltschaft gestellt werden.

Die Staatsanwaltschaft prüft dann, ob die Eintragung tilgungsfähig ist. Bei positivem Ergebnis wird dies dem Verurteilten und der Registerbehörde mitgeteilt, woraufhin die Eintragung gelöscht wird.

Bedeutung für Betroffene

Für viele Betroffene kann diese Regelung neue Perspektiven eröffnen, insbesondere bei der Jobsuche. Ein „sauberes“ Führungszeugnis kann den Zugang zu bestimmten Berufen oder Ausbildungen erleichtern, die zuvor aufgrund der Eintragung möglicherweise verschlossen waren.

Weitere Auswirkungen

Es ist zu beachten, dass die Amnestieregelung nicht nur Auswirkungen auf das Führungszeugnis hat. Sie sieht auch vor, dass bereits verhängte, aber noch nicht vollständig vollstreckte Strafen nach dem Betäubungsmittelgesetz, die nach dem Cannabisgesetz nicht mehr strafbar sind, erlassen werden müssen.

Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre spezifische Verurteilung von dieser Regelung betroffen ist, empfiehlt es sich, rechtlichen Rat einzuholen oder direkt bei der zuständigen Staatsanwaltschaft nachzufragen. Die genauen Auswirkungen können je nach individuellem Fall variieren.

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Was bedeutet die Bagatellgrenze für Verurteilungen zu Geldstrafen bis zu 60 Tagessätzen?

Die Bagatellgrenze für Verurteilungen zu Geldstrafen bis zu 60 Tagessätzen bedeutet, dass solche Verurteilungen ab dem 1. April 2024 nicht mehr im Führungszeugnis erscheinen werden. Dies ist eine wichtige Neuerung im Rahmen der Reform des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG).

Konkrete Auswirkungen der Bagatellgrenze

Wenn Sie zu einer Geldstrafe von bis zu 60 Tagessätzen verurteilt wurden, wird diese Verurteilung zukünftig nicht mehr in Ihrem Führungszeugnis aufgeführt. Das bedeutet für Sie konkret:

  • Verbesserte Chancen auf dem Arbeitsmarkt: Potenzielle Arbeitgeber werden diese Verurteilung nicht mehr sehen, wenn sie ein Führungszeugnis von Ihnen anfordern.
  • Erleichterter Zugang zu bestimmten Berufen: Berufe, die ein einwandfreies Führungszeugnis voraussetzen, werden für Sie leichter zugänglich.
  • Geringere soziale Stigmatisierung: Die Verurteilung bleibt in vielen Lebensbereichen unsichtbar, was Ihre gesellschaftliche Teilhabe erleichtern kann.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Verurteilung weiterhin im Bundeszentralregister eingetragen bleibt. Sie wird lediglich nicht mehr in das Führungszeugnis aufgenommen.

Ausnahmen und Einschränkungen

Trotz der Bagatellgrenze gibt es einige wichtige Ausnahmen zu beachten:

  • Sexualdelikte: Verurteilungen wegen Sexualstraftaten fallen nicht unter die Bagatellgrenze, unabhängig von der Höhe der Geldstrafe.
  • Mehrfache Verurteilungen: Wenn Sie mehrere Verurteilungen haben, die in Summe 60 Tagessätze überschreiten, werden diese weiterhin im Führungszeugnis aufgeführt.
  • Erweiterte Führungszeugnisse: Für bestimmte sensible Bereiche, wie die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, gelten strengere Regeln. Hier können auch Verurteilungen unterhalb der Bagatellgrenze noch relevant sein.

Praktische Bedeutung für Sie

Wenn Sie in der Vergangenheit zu einer Geldstrafe von bis zu 60 Tagessätzen verurteilt wurden, könnte dies ab April 2024 positive Auswirkungen auf Ihre beruflichen und persönlichen Möglichkeiten haben. Es ist jedoch ratsam, sich bewusst zu sein, dass die Verurteilung weiterhin im Bundeszentralregister verbleibt und für bestimmte Zwecke, wie etwa in Strafverfahren oder bei behördlichen Anfragen, noch relevant sein kann.

Bedenken Sie auch, dass diese Änderung keine rückwirkende Tilgung bedeutet. Wenn Sie vor dem 1. April 2024 ein Führungszeugnis beantragen, wird die Verurteilung noch darin erscheinen. Ab diesem Stichtag wird sie jedoch in neu beantragten Führungszeugnissen nicht mehr aufgeführt.

Diese Neuregelung zielt darauf ab, Menschen mit geringfügigen Verurteilungen eine bessere Chance zur Reintegration in die Gesellschaft zu geben. Sie ermöglicht es Ihnen, leichter einen Neuanfang zu machen, ohne dass vergangene kleinere Fehler Ihre Zukunft dauerhaft beeinträchtigen.

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Welche Ausnahmen gelten für die neuen Regelungen zur Verwertbarkeit von Verurteilungen?

Die neuen Regelungen zur Verwertbarkeit von Verurteilungen sehen wichtige Ausnahmen vor, die auch weiterhin im Führungszeugnis erscheinen:

Sexualstraftaten bleiben unabhängig vom Strafmaß im Führungszeugnis sichtbar. Dies betrifft alle Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung, wie sexueller Missbrauch oder Vergewaltigung. Der Gesetzgeber will damit den besonderen Schutz vor Sexualstraftätern gewährleisten, insbesondere wenn es um die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen geht.

Gewaltdelikte mit einer Freiheitsstrafe von mehr als 2 Jahren werden ebenfalls weiterhin aufgeführt. Darunter fallen schwere Körperverletzung, Raub oder gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr. Diese Ausnahme soll die öffentliche Sicherheit gewährleisten und potenzielle Arbeitgeber vor Personen mit einer Neigung zu schwerer Gewalt schützen.

Staatsschutzdelikte wie Hochverrat, Bildung terroristischer Vereinigungen oder bestimmte Formen der Volksverhetzung bleiben ebenfalls im Führungszeugnis ersichtlich. Hier geht es um den Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Organisierte Kriminalität und damit verbundene Straftaten wie Geldwäsche oder Menschenhandel sind von der Bagatellgrenze ausgenommen. Diese Ausnahme zielt darauf ab, kriminelle Strukturen zu bekämpfen und deren Mitglieder von sensiblen Positionen fernzuhalten.

Wiederholungstäter fallen ebenfalls unter die Ausnahmeregelung. Wenn Sie innerhalb von 10 Jahren mehrfach wegen ähnlicher Delikte verurteilt wurden, werden diese Verurteilungen weiterhin im Führungszeugnis aufgeführt. Dies soll verhindern, dass Personen mit einem erkennbaren Hang zu bestimmten Straftaten in kritische Positionen gelangen.

Die Ausnahmen von der Neuregelung dienen dem Schutz der Allgemeinheit vor besonders gefährlichen Straftätern oder solchen, die eine Gefahr für die staatliche Ordnung darstellen könnten. Wenn Sie von einer dieser Ausnahmen betroffen sind, bedeutet das für Sie, dass potenzielle Arbeitgeber oder Behörden weiterhin Kenntnis von Ihren Verurteilungen erhalten können. Dies kann Ihre beruflichen Möglichkeiten einschränken, insbesondere in sensiblen Bereichen wie der Arbeit mit Kindern oder in sicherheitsrelevanten Positionen.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Ausnahmen nicht bedeuten, dass eine Resozialisierung unmöglich ist. Sie erschweren sie lediglich in bestimmten Bereichen. In vielen Fällen gibt es trotzdem Möglichkeiten der beruflichen Wiedereingliederung, möglicherweise mit Unterstützung von Resozialisierungsprogrammen oder speziellen Beratungsstellen.

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Wie wirkt sich die Neuregelung auf die Resozialisierung und Berufschancen aus?

Die Neuregelung zur Verwertbarkeit von Eintragungen im Bundeszentralregister (BZR) ab dem 1. April 2024 hat positive Auswirkungen auf die Resozialisierung und Berufschancen von Betroffenen.

Verbesserte Wiedereingliederungschancen: Durch die Verkürzung der Fristen, nach denen Verurteilungen nicht mehr im Führungszeugnis erscheinen, erhalten Betroffene schneller die Möglichkeit, ohne den Makel einer Vorstrafe eine Beschäftigung zu finden. Dies erhöht ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erheblich.

Reduzierung des Stigmas: Die Neuregelung trägt dazu bei, das Stigma einer Verurteilung zu verringern. Arbeitgeber erfahren in vielen Fällen nicht mehr von zurückliegenden Straftaten, was den Betroffenen einen Neuanfang ohne Vorurteile ermöglicht.

Förderung der beruflichen Entwicklung: Mit dem erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt können Betroffene ihre beruflichen Fähigkeiten besser entwickeln und ausbauen. Dies fördert ihre langfristige berufliche Stabilität und Integration in die Gesellschaft.

Motivation zur Resozialisierung: Die Aussicht auf verbesserte Berufschancen kann als starker Anreiz für eine erfolgreiche Resozialisierung wirken. Betroffene sehen eine konkrete Perspektive für ein straffreies Leben, was ihre Motivation zur Veränderung stärken kann.

Schutz sensibler Bereiche: Trotz der Erleichterungen bleibt der Schutz besonders sensibler Arbeitsbereiche, wie etwa die Arbeit mit Kindern, gewährleistet. Hier gelten weiterhin strengere Regeln zur Offenlegung von Vorstrafen.

Gesellschaftliche Akzeptanz: Die Neuregelung kann zu einer erhöhten gesellschaftlichen Akzeptanz von Resozialisierungsbemühungen beitragen, indem sie signalisiert, dass Menschen nach Verbüßung ihrer Strafe eine zweite Chance verdienen.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Neuregelung zwar die Chancen verbessert, aber die aktive Mitarbeit der Betroffenen an ihrer Resozialisierung weiterhin entscheidend ist. Nutzen Sie die verbesserten Möglichkeiten, um Ihre beruflichen Ziele zu verfolgen und sich erfolgreich in die Gesellschaft zu integrieren.

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Muss ich als Betroffener etwas unternehmen, um von der Gesetzesänderung zu profitieren?

Nein, als Betroffener müssen Sie in der Regel nichts unternehmen, um von der Gesetzesänderung zu profitieren. Die Änderungen im Bundeszentralregistergesetz (BZRG) treten automatisch am 1. April 2024 in Kraft und gelten ab diesem Zeitpunkt für alle betroffenen Eintragungen.

Automatische Anwendung der neuen Regelungen

Die neuen Bestimmungen zur Verwertbarkeit von Eintragungen im Bundeszentralregister werden ohne Ihr Zutun umgesetzt. Das bedeutet:

  • Alle zuständigen Behörden und Gerichte sind verpflichtet, die neuen Regelungen ab dem Stichtag anzuwenden.
  • Frühere Verurteilungen, die nach den neuen Bestimmungen nicht mehr verwertet werden dürfen, werden automatisch als nicht mehr verwertbar behandelt.

Mögliche Ausnahmen

In bestimmten Fällen könnte es sinnvoll sein, aktiv zu werden:

  • Bei laufenden Verfahren: Wenn Sie sich derzeit in einem Verfahren befinden, bei dem Ihre Vorstrafen eine Rolle spielen könnten, sollten Sie Ihren Anwalt auf die bevorstehende Gesetzesänderung hinweisen.
  • Bei Bewerbungen: Wenn Sie sich nach dem 1. April 2024 um eine Stelle bewerben, bei der ein erweitertes Führungszeugnis verlangt wird, könnten Sie den Arbeitgeber auf die neue Rechtslage aufmerksam machen, falls ältere Eintragungen nicht mehr berücksichtigt werden dürfen.

Überprüfung Ihrer Situation

Obwohl keine aktive Handlung erforderlich ist, kann es für Sie von Vorteil sein, Ihre persönliche Situation zu überprüfen:

  • Informieren Sie sich: Machen Sie sich mit den Details der Gesetzesänderung vertraut, um zu verstehen, wie sie sich auf Ihre spezifische Situation auswirken könnte.
  • Führungszeugnis anfordern: Wenn Sie unsicher sind, welche Eintragungen über Sie im Bundeszentralregister vorhanden sind, können Sie ein Führungszeugnis zur Eigenauskunft beantragen. Ab dem 1. April 2024 wird dieses die neuen Regelungen berücksichtigen.

Beachten Sie, dass die automatische Anwendung der neuen Regelungen bedeutet, dass Sie keine Anträge stellen oder behördliche Prozesse anstoßen müssen, um von den Änderungen zu profitieren. Die Umsetzung erfolgt systemseitig und ist für Sie als Betroffener in den meisten Fällen nicht mit zusätzlichem Aufwand verbunden.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Bundeszentralregister (BZR): Das BZR ist eine behördliche Datenbank, in der strafrechtliche Verurteilungen deutscher Gerichte gespeichert werden. Es dient als zentrales Informationssystem für Strafverfolgungsbehörden, Gerichte und bestimmte Verwaltungsbehörden. Einträge im BZR können erhebliche Auswirkungen auf das Leben Verurteilter haben, etwa bei Bewerbungen oder Visaanträgen. Die Einsicht ist streng reguliert, um den Datenschutz zu gewährleisten. Die neuen Regelungen ab April 2024 ändern die Verwertbarkeit bestimmter Einträge, um die Resozialisierung zu erleichtern.
  • Führungszeugnis: Ein Führungszeugnis ist ein amtliches Dokument, das Auskunft über strafrechtliche Verurteilungen einer Person gibt. Es wird häufig von Arbeitgebern oder Behörden verlangt, um die Vertrauenswürdigkeit einer Person einzuschätzen. Nicht alle Einträge im BZR erscheinen im Führungszeugnis – die Aufnahme hängt von der Schwere der Tat und der verstrichenen Zeit ab. Die Neuregelungen 2024 verkürzen die Fristen, nach denen bestimmte Verurteilungen nicht mehr im Führungszeugnis auftauchen, was die Chancen auf berufliche und soziale Wiedereingliederung verbessert.
  • Tagessatz: Ein Tagessatz ist die Berechnungseinheit für Geldstrafen im deutschen Strafrecht. Die Anzahl der Tagessätze spiegelt die Schwere der Tat wider, während die Höhe eines Tagessatzes sich am Einkommen des Verurteilten orientiert. Bei der Neuregelung 2024 spielt die Anzahl der Tagessätze eine entscheidende Rolle: Verurteilungen zu Geldstrafen von nicht mehr als 90 Tagessätzen werden nach drei Jahren nicht mehr im Führungszeugnis aufgeführt. Dies ermöglicht vielen Verurteilten einen leichteren Wiedereinstieg ins Berufsleben.
  • Bagatellgrenze: Die Bagatellgrenze ist ein rechtlicher Schwellenwert, der zwischen geringfügigen und schwerwiegenderen Vergehen unterscheidet. Im Kontext der BZR-Neuregelung 2024 bezeichnet sie speziell Geldstrafen bis zu 60 Tagessätzen. Verurteilungen unterhalb dieser Grenze werden grundsätzlich nicht mehr ins Führungszeugnis aufgenommen, es sei denn, es handelt sich um Sexualdelikte oder andere schwere Straftaten. Diese Regelung soll verhindern, dass Menschen wegen kleinerer Vergehen langfristig stigmatisiert werden.
  • Tilgung: Tilgung bezeichnet im Kontext des Strafregisters die Löschung oder Nichtberücksichtigung von Einträgen nach Ablauf bestimmter Fristen. Getilgte Einträge werden aus dem Führungszeugnis entfernt und dürfen dem Betroffenen nicht mehr vorgehalten werden. Die Neuregelung 2024 verkürzt die Tilgungsfristen für bestimmte Verurteilungen erheblich. Dies fördert die Resozialisierung, da Verurteilte schneller die Chance auf einen „sauberen Slate“ erhalten und sich leichter beruflich und sozial reintegrieren können.
  • Resozialisierung: Resozialisierung bezeichnet den Prozess, durch den straffällig gewordene Personen wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden. Ziel ist es, ihnen ein straffreies Leben zu ermöglichen und Rückfälle zu verhindern. Die BZR-Neuregelung 2024 unterstützt diesen Prozess, indem sie den Zugang zum Arbeitsmarkt und zur gesellschaftlichen Teilhabe erleichtert. Durch die schnellere Tilgung von Einträgen im Führungszeugnis werden Stigmatisierung und Diskriminierung reduziert, was die Chancen auf eine erfolgreiche Wiedereingliederung erhöht.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Bundeszentralregistergesetz (BZRG): Das BZRG regelt die Führung des Bundeszentralregisters, in dem strafrechtliche Verurteilungen erfasst werden. Die Neuregelungen im BZRG betreffen die Tilgungsfristen und die Aufnahme von Verurteilungen in Führungszeugnisse, was unmittelbare Auswirkungen auf die Betroffenen hat.
  • § 46 BZRG (Tilgung von Eintragungen): Dieser Paragraph regelt die Tilgungsfristen für Eintragungen im Bundeszentralregister. Die Neuregelung verkürzt die Tilgungsfristen für bestimmte Verurteilungen, was bedeutet, dass diese schneller aus dem Führungszeugnis verschwinden.
  • § 32 BZRG (Inhalt des Führungszeugnisses): Dieser Paragraph bestimmt, welche Eintragungen in ein Führungszeugnis aufgenommen werden. Die Neuregelung führt eine Bagatellgrenze ein, sodass bestimmte geringfügige Verurteilungen gar nicht mehr im Führungszeugnis erscheinen.
  • Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO (Rechtmäßigkeit der Verarbeitung): Die Verarbeitung personenbezogener Daten, wie sie im Bundeszentralregister erfolgt, ist nur rechtmäßig, wenn sie auf einer Rechtsgrundlage beruht. Die Neuregelungen im BZRG stellen sicher, dass die Verarbeitung weiterhin im Einklang mit der DSGVO erfolgt, indem sie die Voraussetzungen für die Verarbeitung einschränken.
  • § 31 BZRG (Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde): Dieser Paragraph regelt die Fälle, in denen ein Führungszeugnis bei einer Behörde vorgelegt werden muss. Die Neuregelungen können dazu führen, dass in bestimmten Fällen kein Führungszeugnis mehr erforderlich ist oder dass bestimmte Eintragungen nicht mehr berücksichtigt werden dürfen.

Das vorliegende Urteil

BayObLG – Az.: 204 StRR 205/24 – Beschluss vom 27.06.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

I. Die Revision des Angeklagten S. gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13. Dezember 2023 wird als unbegründet verworfen.

II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Nürnberg hat den Angeklagten mit Urteil vom 23. Mai 2023 wegen Beleidigung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in drei tateinheitlichen Fällen (Tatzeit 26. Mai 2022) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Hiergegen hat der Angeklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt, die er in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit Urteil vom 13. Dezember 2023 auf die Berufung des Angeklagten das amtsgerichtliche Urteil im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt wurde, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Hierbei hat es strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte in der Vergangenheit wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Dies betraf unter anderem eine am 14. Februar 2019 durch das Amtsgericht Nürnberg erfolgte Verurteilung zu einer zweimonatigen Freiheitsstrafe wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (9,65 Gramm Marihuana), deren Vollstreckung zunächst für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt worden war, wobei die Bewährungszeit mehrmals, zuletzt bis 13. August 2023 verlängert worden war. Desweiteren war der Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts Fürth vom 7. Juli 2021 abermals wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (9,9 Gramm Marihuana) zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Deren Vollstreckung war für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden.

Gegen dieses seiner Verteidigerin am 22. Januar 2024 zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit Schreiben seiner Verteidigerin vom 14. Dezember 2023 am selben Tag Revision eingelegt. In der am 29. Januar 2024 eingegangenen Revisionsbegründung rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragt mit Schreiben vom 17. April 2024, die Revision des Angeklagten nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet kostenpflichtig zu verwerfen.

Eine Gegenerklärung des Angeklagten ist nicht eingegangen.

II.

Die Revision des Angeklagten ist auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Insoweit wird auf die in jeder Hinsicht zutreffenden und vollständigen Ausführungen in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 17. April 2024 Bezug genommen.

Der Senat sieht Anlass zu ergänzenden Bemerkungen lediglich im Hinblick auf die an eine Verurteilung wegen Beleidigungsdelikten gestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen und auf die seit dem 1. April 2024 – anders als zur Tatzeit und noch zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Berufungsurteils – geänderte Rechtslage, wonach der Besitz von Cannabis aufgrund von Art. 1 und Art. 3 Nr. 6 des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG) vom 27. März 2024 nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz unterliegt, sondern dem am 1. April 2024 in Kraft getretenen Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG).

1. Die Generalstaatsanwaltschaft geht in ihrer Antragsschrift zutreffend davon aus, dass die Beschränkung der Berufung des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam ist, weil die zum Schuldspruch getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts eine hinreichende Grundlage für die vom Berufungsgericht eigenständig unter Berücksichtigung des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat festzusetzenden Rechtsfolgen darstellen.

Ergänzend hierzu ist nur folgendes auszuführen:

Bei den vom Angeklagten verwendeten Ausdrücken „Fick Dich“ und „Du blöder Spinner“ handelt es sich, was keiner näheren Erörterung bedarf, um eine ehrverletzende Äußerung der Missachtung des hiervon betroffenen Polizeibeamten. Die Generalstaatsanwaltschaft geht zutreffend davon aus, dass diese Äußerungen – unabhängig davon, ob man in ihnen bereits sog. Formalbeleidigungen sieht – in der vorzunehmenden Abwägung nicht durch die Meinungsfreiheit des Angeklagten gerechtfertigt sind (§ 193 StGB), sondern der aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgende Achtungsanspruch des geschädigten Polizeibeamten überwiegt.

Dem Senat ist insoweit eine eigene Abwägungsentscheidung möglich, da im amtsgerichtlichen Urteil Anlass und Kontext der Äußerungen hinreichend dargestellt sind. Danach hatte der geschädigte Polizeibeamte den am Bahnhofsplatz des Nürnberger Hauptbahnhofs Alkohol konsumierenden Angeklagten lediglich über das dort geltende Alkoholverbot belehrt, worauf dieser gegenüber dem Polizeibeamten die Worte „Fick Dich“ äußerte, und, nachdem dieser bei der folgenden Identitätsfeststellung auf seine Pflicht zur vollständigen Angabe der Personalien hingewiesen worden war, den Polizeibeamten als „Du blöder Spinner“ bezeichnet, um seine Missachtung auszudrücken. Sodann sei der Angeklagte nah an den Polizeibeamten herangetreten, habe diesen zu einem Duell herausgefordert und gefragt, ob sich dieser wohl nicht trauen würde. Aufgrund des weiterhin aggressiven Verhaltens habe der Polizeibeamte dem Angeklagten die Ingewahrsamnahme erklärt.

Das Vorgehen des Polizeibeamten war in keiner Weise geeignet, dem Angeklagten Anlass zum Gebrauch der ehrverletzenden Äußerungen zu bieten. Diese erfolgten weder in der Hitze einer vorausgegangenen Auseinandersetzung noch im „Kampf ums Recht“, sondern – gemessen am Anlass – in völlig überzogener Weise. Der Angeklagte kann sich somit nicht auf eine Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen, so dass eine Abwägung der kollidierenden Grundrechte zu einem Überwiegen des durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Persönlichkeitsrechts des Geschädigten führt.

Soweit etwa das Amtsgericht Tiergarten die Wortwahl „Ihr Bullen könnt euch alles erlauben, Fick Dich“ als durch die Meinungsfreiheit gedeckt ansieht (Urteil vom 9. Februar 2022 – 222 Cs 144/21 –, StV-Spezial 2022, 154, Rn. 16, juris), lag dem ein andersgearteter Sachverhalt zugrunde, so dass offen bleiben kann, ob dieser Ansicht zu folgen wäre.

2. Auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Strafzumessung ist – wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausgeführt hat – frei von Rechtsfehlern.

Dies betrifft auch den Umstand, dass das Berufungsgericht seine Strafzumessung maßgeblich auf die beiden zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafen gestützt hat, die den unerlaubten Besitz von Marihuana betreffen, und hinsichtlich der letzten dieser einschlägigen Verurteilungen die Rückfallgeschwindigkeit strafschärfend herausgestellt hat.

a) In beiden Fällen wurden lediglich solche Mengen von Marihuana besessen, die ab 1. April 2024 weder den Straftatbeständen des § 34 Abs. 1 Nr. 1 und 12 KCanG noch dem Bußgeldtatbestand des § 36 Abs. 1 Nr. 1 KCanG unterfallen. Dies führt zwar dazu, dass diese Strafen gemäß Art. 316p EGStGB i.V.m. Art. 313 Abs. 1 EGStGB mit Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes am 1. April 2024 erlassen wurden, da gemäß § 3 Abs. 1 KCanG für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, der Besitz von – wie hier – bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt ist, und die Strafen noch nicht vollstreckt waren. Die Verwertbarkeit der genannten Vorstrafen ist dadurch aber nicht entfallen, so dass sich aus § 354a StPO i.V.m. § 2 Abs. 3 StGB kein Hindernis für die Berücksichtigung der genannten Vorahndungen ergibt.

aa) Allerdings handelt es sich bei der Frage der Verwertbarkeit von Vorstrafen um eine Frage des sachlichen Rechts, so dass § 2 Abs. 3 StGB gilt und bei einer Gesetzesänderung zwischen Tat und Verurteilung das mildeste Gesetz Vorrang hat. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bayerischen Obersten Landesgerichts zu einer dem vorliegenden Verfahren vergleichbaren Fallkonstellation, als mit § 49 BZRG i.d.F. vom 18. März 1971 (BGBl. I, S. 243) am 1. Januar 1972 ein allgemeines Verwertungsverbot für im Strafregister eingetragene und inzwischen getilgte oder tilgungsreif gewordene Vorstrafen in Kraft getreten ist. Danach handelt es sich bei dieser nunmehr in § 51 Abs. 1 BZRG enthaltenen Regelung, soweit bei getilgter oder tilgungsreifer Verurteilung die Tat und die Verurteilung in einem neuen Strafverfahren nicht mehr strafschärfend verwertet werden dürfen, um eine solche des sachlichen Rechts, die als milderes Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 StGB a.F. (jetzt § 2 Abs. 3 StGB) auch im Revisionsverfahren zu berücksichtigen ist, § 354a StPO (so BGH, Urteil vom 19. Juli 1972 – 3 StR 66/72 –, BGHSt 24, 378, juris Rn. 9; BayObLG, Beschluss vom 22. März 1972 – RReg 1 St 19/72 –, BayObLGSt 3, 75, 77). Der Grundsatz, dass eine für den Angeklagten günstige Gesetzesänderung vom Revisionsgericht auch dann berücksichtigt werden muss, wenn sie erst nach Erlass des tatrichterlichen Urteils eingetreten ist (vgl. BGH, Urteile vom 27. Oktober 1964 – 1 StR 358/64 –, BGHSt 20, 77, juris Rn. 3; vom 19. Juli 1972 – 3 StR 66/72 –, BGHSt 24, 378, juris Rn. 9; BayObLG, Beschlüsse vom 20. Januar 1972 – RReg 2. St 171/71 –, BayObLGSt 1972, 3, 4; vom 22. März 1972 – RReg 1 St 19/72 –, BayObLGSt 3, 75, 77 f.; Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, § 2 Rn. 6 aE), muss seinem dem Grundgedanken des § 2 Abs. 3 StGB entsprechenden Sinn und Zweck, dem Angeklagten Milderungen des Gesetzes so weit wie möglich zukommen zu lassen, auch dann gelten, wenn es sich nicht um eine Änderung des Strafgesetzes im engeren Sinne handelt, sondern wenn die Änderung eines anderen Gesetzes ein Strafverfahren zugunsten des Angeklagten beeinflusst (so – jeweils zu § 2 Abs. 2 Satz 2 StGB a.F. – BayObLG, Beschlüsse vom 20. Januar 1972 – RReg 2. St 171/71 –, BayObLGSt 1972, 3, 4; vom 22. März 1972 – RReg 1 St 19/72 –, BayObLGSt 3, 75, 78). Dies wird für den Fall des Inkrafttretens des § 49 BZRG a.F. angenommen. Dieses Verwertungsverbot muss somit vom Revisionsgericht beachtet und auf solche Fälle angewendet werden, die beim Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht rechtskräftig abgeschlossen waren (vgl. BayObLG, Beschluss vom 28. April 1972 – RReg 6 St 523/72 OWi –, BayObLGSt 1972, 112, juris Rn. 9), also das tatrichterliche Urteil vor dem Inkrafttreten des Bundeszentralregistergesetzes ergangen ist (BayObLG, Beschlüsse vom 20. Januar 1972 – RReg 2. St 171/71 –, BayObLGSt 1972, 3, 4; vom 22. März 1972 – RReg 1 St 19/72 –, BayObLGSt 3, 75, 77 f.). Ein solcher Fall lag auch der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 19. Juli 1972 – 3 StR 66/72 –, BGHSt 24, 378) zugrunde.

In Übereinstimmung hiermit geht auch das Oberlandesgericht München davon aus, dass es sich bei der Frage der Verwertbarkeit von Vorstrafen nicht um Verfahrensrecht, sondern um eine Regelung des materiellen Rechts handelt, so dass bei einer Gesetzesänderung zwischen Tat und Verurteilung das mildere Gesetz Vorrang hat (Beschluss vom 14. Dezember 2009 – 4St RR 183/09 –, NStZ-RR 2010, 105, juris Rn. 7; so auch BeckOK StGB/von Heintschel-Heinegg/Kudlich, 61. Ed. 1.5.2024, StGB § 2 Rn. 5).

bb) Ein solches auf die Sachrüge zu berücksichtigendes Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG (vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 2022 – 2 StR 61/22 –, NStZ-RR 2023, 87, juris Rn. 5 m.w.N.; so bereits BayObLG, Beschluss vom 22. März 1972 – RReg 1 St 19/72 –, BayObLGSt 3, 75, 77) besteht aber gegenwärtig nicht. Denn die einschlägigen Vorahndungen sind noch nicht tilgungsfähig. Die entsprechenden Eintragungen im Bundeszentralregister werden erst nach den am 1. Januar 2025 in Kraft tretenden Vorschriften der §§ 40 bis 42 KCanG (vgl. Art. 15 Abs. 2 CanG) tilgungsfähig (§ 40 Abs. 1 KCanG) und dann nach Feststellung der Tilgungsfähigkeit durch die Staatsanwaltschaft auf Antrag des Angeklagten (§ 41 i.V.m. § 42 Abs. 1 KCanG) und Mitteilung an das Bundeszentralregister zu tilgen sein (§ 42 Abs. 2 KCanG i.V.m. § 48 Satz 3 BZRG), mit der Folge, dass erst ab diesem Zeitpunkt das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG eingreift.

cc) Offenbleiben kann damit, ob die in der Literatur vertretene Auffassung, dass eine nach dem tatrichterlichen Urteil eintretende Tilgungsreife für das Revisionsgericht ohne Bedeutung ist (vgl. Fischer, StGB, a.a.O., § 2 Rn. 6 unter Hinweis auf BGH mit unzutreffender Fundstelle), auf die vorliegende Fallgestaltung anwendbar ist. Dem liegt offenbar die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde, dass ein Verwertungsverbot dann besteht, wenn die Tilgungsfrist zwar zum Zeitpunkt der neuen Tat noch nicht verstrichen, aber vor Ende der Hauptverhandlung in der Tatsacheninstanz bereits abgelaufen ist (vgl. nur BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2015 – 2 StR 207/15 –, NStZ-RR 2016, 120, juris Rn. 5 m.w.N.; noch offen gelassen vom BayObLG, Beschluss vom 22. März 1972 – RReg 1 St 19/72 –, BayObLGSt 3, 75, 78). Die Frage des durch Gesetzesänderung eintretenden, vom Revisionsgericht zu beachtenden Verwertungsverbots ist aber unabhängig vom zeitlichen Ablauf der Tilgungsfrist (in diesem Sinne auch BayObLG, Beschluss vom 22. März 1972 – RReg 1 St 19/72 –, BayObLGSt 3, 75, 78).

dd) Der strafschärfenden Berücksichtigung der beiden Vorverurteilungen steht auch sonst nichts entgegen.

Mit Ausnahme der Frage einer Tilgungsreife und der danach nicht mehr möglichen Verwertbarkeit von Vorstrafen ist der Umstand einer Vorverurteilung als solcher eine Strafzumessungserwägung, die § 2 Abs. 3 StGB auch dann nicht unterfällt, wenn diese Verurteilung auf einem Gesetz beruht, das mittlerweile abgemildert wurde oder nicht mehr gilt. Denn der nunmehr erkennende Richter wendet nicht dieses Gesetz an, sondern berücksichtigt nur den Umstand der Vorverurteilung als solchen.

Für die Frage nach dem mildesten Gesetz im Sinn von § 2 Abs. 3 StGB kommt es auf den gesamten Rechtszustand an, von dem die Strafe abhängt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. August 1994 – 2 BvR 1884/93 –, NJW 1995, 316, juris Rn. 9; BGH, Urteil vom 8. Januar 1965 – 2 StR 49/64 –, BGHSt 20, 177, juris Rn. 11), also auf das gesamte sachliche Recht, das über das „Ob“ und das „Wie“ der Strafbarkeit entscheidet (Schönke/Schröder/Hecker, 30. Aufl. 2019, StGB § 2 Rn. 18; NK-StGB/Kargl, 6. Aufl. 2023, StGB § 2 Rn. 23b; vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 – 3 StR 314/13 –, BGHSt 59, 271, juris Rn. 9). Hierzu zählt § 46 Abs. 2 StGB, wonach das Vorleben des Täters zu berücksichtigen ist, wozu grundsätzlich auch abgeurteilte Vorstrafen gehören (vgl. nur Fischer, StGB, a.a.O., § 46 Rn. 38), soweit die Zulässigkeit der Berücksichtigung nicht durch Gesetze eingeschränkt wird, zu denen etwa – wie aufgezeigt – die Tilgungsvorschriften zählen (vgl. hierzu Fischer, StGB, a.a.O., § 46 Rn. 39).

Der Angeklagte stand zur Tatzeit unter zweifach offener Bewährung, so dass zum Tatzeitpunkt diesen Vorahndungen eine Warnfunktion (vgl. hierzu Fischer, StGB, a.a.O., § 46 Rn. 38c) zukam.

Diese ist nicht dadurch in Wegfall geraten, dass der Besitz entsprechender Mengen Marihuana ab 1. April 2024 – also nach dem Tatzeitpunkt – nicht mehr strafbar war.

Die Zulässigkeit der Berücksichtigung der einschlägigen Vorahndungen steht insoweit im Einklang mit dem Regelungskonzept des Cannabisgesetzes in Bezug auf rechtskräftige Vorahndungen. Diese werden durch das Gesetz nicht aufgehoben. Gemäß Art. 316p EGStGB ist im Hinblick auf vor dem 1. April 2024 verhängte Strafen nach dem Betäubungsmittelgesetz, die nach dem Konsumcannabisgesetz oder dem Medizinal-Cannabisgesetz nicht mehr strafbar und auch nicht mit Geldbuße bedroht sind, Art. 313 EGStGB entsprechend anzuwenden. Danach werden rechtskräftig verhängte Strafen wegen solcher Taten, die nach neuem Recht nicht mehr strafbar und auch nicht mit Geldbuße bedroht sind, mit Inkrafttreten des neuen Rechts erlassen, soweit sie noch nicht vollstreckt sind (Art. 313 Abs. 1 EGStGB). Diese Rechtswirkungen treten unmittelbar kraft Gesetzes ein, ohne dass es einer Entscheidung der Vollstreckungsbehörde bedarf (OLG Stuttgart, Beschluss vom 28. Mai 2024 – 1 ORs 24 SRs 167/24 –, juris Rn. 7).

Der Straferlass bei noch nicht vollstreckten Strafen ändert aber nichts daran, dass der Schuldspruch hiervon unberührt bleibt und somit auch aus jetziger Sicht eine Warnfunktion für den Verurteilten ausgeübt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.


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