AG Erfurt, Az.: 880 Js 10703/13 – 47 Ds, Urteil vom 28.04.2016
Der Angeklagte wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.
Gründe
– abgekürzt gem. § 267 Abs. 5 StPO –
I.
Der Angeklagte XY wurde am … geboren. Er ist als selbständiger Kaufmann tätig und betreibt ein Unternehmen zur Reparatur von Kraftfahrzeugen.
II.
Im Rahmen seines Unternehmens führte der Angeklagte im Februar 2012 im Auftrag seines Kunden H. Sch. die Reparatur der Windschutzscheibe des PKW des Kunden durch und ließ sich sodann dessen Ersatzansprüche gegen die … Versicherungs AG in Höhe von 795,03 EUR – den mit Rechnung ausgewiesenen Werklohn – abtreten und machte diesen Anspruch gegenüber der Versicherung geltend.
Im Januar 2012 führte der Angeklagte im Rahmen seines Unternehmens wiederum Reparaturleistungen am PKW des Kunden H. F. durch. Nachdem er sich auch dessen Ansprüche gegenüber der … Versicherungs AG hatte abtreten lassen, machte er den Rechnungsbetrag in Höhe von 477,99 EUR gegenüber der Versicherung geltend.
Im April 2013 reparierte der Angeklagte im Rahmen seines Betriebes den PKW seines Kunden B. P. Wiederum hatte er sich dessen Ansprüche gegenüber der … Versicherungs AG abtreten lassen und machte durch Vorlage der entsprechenden Rechnung einen Betrag in Höhe von 638,79 EUR geltend.
Dem Angeklagten lag zur Last, sich in diesen 3 Fällen jeweils eines Vergehens des Betruges strafbar gemacht zu haben, weil er die von den Versicherungsnehmern / Kunden jeweils zu übernehmende Selbstbehalte in Höhe von jeweils 150,00 EUR diesen gegenüber nicht geltend machte, nachdem der jeweilige Rechnungsbetrag von den Versicherungen ausgekehrt worden war.
Der Angeklagte war freizusprechen.
Hinsichtlich der Reparatur und Rechnungslegung der Werkleistung am PKW des Kunden P. im April 2013 war der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freizusprechen, weil nach Durchführung der Beweisaufnahme und der uneidlichen Aussage des Zeugen P. festgestellt werden musste, dass dieser tatsächlich den Selbstbehalt von 150,00 EUR gezahlt hatte.
Hinsichtlich der Reparaturleistungen und Rechnungslegungen der Kunden / Versicherungsnehmer Sch. und F. war der Angeklagte aus rechtlichen Gründen freizusprechen. Zwar hat er tatsächlich den vollen, nicht um den Selbstbehalt von 150,00 EUR verminderten Rechnungsbetrag gegenüber den Versicherungen jeweils geltend gemacht und den Versicherungen nicht offenbart, dass er den jeweils geschuldeten Selbstbehalt in Höhe von 150,00 EUR gegenüber den Kunden Sch. und F. nicht einforderte. Diese Unterlassung erfüllt jedoch nicht den Tatbestand des Betruges gem. § 263 Abs. 1 StGB. Die unterlassene Mitteilung wäre nur dann als Täuschung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB zu subsumieren, wenn der Angeklagte eine dahingehende Offenbarungs- bzw. Mitteilungspflicht gehabt hätte.
Eine solche Offenbarungspflicht besteht jedoch nicht.
Eine direkte vertragliche Verpflichtung gegenüber den jeweiligen Versicherungsunternehmen besteht mangels dahingehender Vereinbarungen nicht. Auch aus abgeleitetem Recht ist der Angeklagte nicht verpflichtet gewesen, den Versicherungen zu offenbaren, dass er den jeweiligen Selbstbehalt in Höhe von 150,00 EUR gegenüber seinen Kunden und den Versicherungsnehmern der Versicherungsgesellschaften nicht geltend gemacht hat.
Zwar hat der Angeklagte seine Forderungen gegenüber den Versicherungsunternehmen aus abgetretenem Recht der beiden Versicherungsnehmer geltend gemacht. Mit den beiden Abtretungen ist der Angeklagte zwar Inhaber der jeweiligen Forderungen geworden, jedoch nicht in das Vertragsverhältnis zwischen den Versicherungsnehmern und den Versicherungen eingetreten. Mithin treffen ihn auch nicht die Offenbarungs- und Mitteilungspflichten der Versicherungsnehmer gegenüber den Versicherungen. Weil dem Angeklagten daher keine Garantenpflicht im Sinne einer Verpflichtung zur Aufklärung hinsichtlich des jeweils nicht geltend gemachten Selbstbehaltes trifft, stellen seine jeweils unterlassenen Mittelungen / Aufklärungen auch kein Täuschen im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB dar.
Auch sonst ergaben sich keine Anhaltspunkt dahingehend, dass der Angeklagte im Zusammenwirken mit seinen Auftraggebern gegenüber der jeweiligen Versicherung täuschend vorgegangen ist.
Die jeweils geltend gemachten Reparaturaufwendungen hielten sich jeweils im ortsüblichen Rahmen. Dahingehend hat das Gericht sich sachverständig beraten lassen durch Einholung eines entsprechenden Gutachtens.
Kostenentscheidung: § 467 Abs. 1 Satz 1 stopp