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Gebrauch eines Kraftfahrzeugs ohne Haftpflichtversicherungsschutz

OLG Hamm – Az.: III-5 RVs 20/18 – Beschluss vom 01.03.2018

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht – Strafrichter – Essen-Steele verhängte gegen den Angeklagten mit Urteil vom 20. Juli 2017 wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu jeweils 7,00 EUR. Gegen dieses in Anwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers verkündete Urteil legte der Angeklagte rechtzeitig Rechtsmittel ein, welches mangels Rechtsmittelwahl als Berufung durchgeführt wurde.

Das Landgericht Essen hat die Berufung mit dem angegriffenen Urteil vom 20. Juli 2017 verworfen. Die Kammer hat folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:

„Der Angeklagte beabsichtigte, einen PKW zuzulassen. Zu diesem Zweck hatte er sich am 12.07.2016 eine vorläufige Deckungszusage in Form einer EVB-Nummer der B-Versicherung geben lassen.

Eine solche Versicherungsnummer berechtigt für die Dauer von sechs Monaten, ein Fahrzeug vorläufig zulassen zu dürfen.

Wird ein Fahrzeug in diesem Zeitraum auf die EVB-Nummer zugelassen, ist sie für 14 Tage aktiviert. In diesem Zeitraum ist der Versicherungsnehmer gehalten, einen Versicherungsvertrag abzuschließen. Geschieht dies nicht, so kündigt die Versicherung den Versicherungsschutz nach Mahnung auf und veranlasst die Stillegung des Fahrzeugs beim Straßenverkehrsamt. Bis zur Kündigung besteht der vorläufige Versicherungsanspruch zur Absicherung des Direktanspruchs fort.

Der Angeklagte wickelte die PKW-Anmeldung über den Zeugen U ab, der eine Generalagentur für die D-Versicherung in B betreibt.

Gebrauch eines Kraftfahrzeugs ohne Haftpflichtversicherungsschutz
(Symbolfoto: Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Der Angeklagte meldete am 12.07.2016 mit einer EVB-Nummer den PKW der Marke Fiat Multipla, Kennzeichen X, dessen Halter er war, an. Einen Versicherungsvertrag schloss der Angeklagte nicht ab, obwohl er mehrfach mit einfachen Brief durch die Versicherung dazu entsprechend aufgefordert worden war. Der Angeklagte leistete auch keine Zahlungen. Die Versicherung kündigte den vorläufigen Versicherungsschutz mit Schreiben vom 20.09.2016, der dem Angeklagten ebenfalls mit einfachen Brief übersandt worden war. Entsprechend der allgemeinen Versicherungsbedingungen versandte die D-Versicherung nach Ablauf von zwei Wochen eine Stillegungsverfügung an die Straßenverkehrszulassungsstelle in F.

Da keinerlei Versicherungszahlungen erfolgt sind, buchte die D-Versicherung die Forderung aus.

Am 16.10.2016 teilte der Angeklagte dem Zeugen U per WhatsApp mit, dass er den PKW abgemeldet habe.

Der Angeklagte war zwischenzeitlich umgezogen. Am 01.01.2015 bis zum 01.08.2016 wohnte er in der V-Straße in F. Am 01.08.2016 zog er in die L-Straße in F.

Dass dem Angeklagten die Schreiben der Versicherung einschließlich des Kündigungsschreibens erreicht haben, hat die Kammer nicht festgestellt.

Der Angeklagte befuhr am 22.12.2016 gegen 14.36 Uhr mit dem Pkw der Marke Fiat Multipla, Kennzeichen X die Q-Straße in E und wurde dort im Rahmen einer Verkehrskontrolle von der Polizei überprüft, die im Rahmen einer Halterabfrage feststellte, dass der Pkw keinen Versicherungsschutz hatte und untersagten ihm die Weiterfahrt.

Dem Angeklagten hätte es zumindest bekannt sein müssen, dass für den Pkw kein Versicherungsschutz bestand.“

Gegen dieses dem Verteidiger am 08. Dezember 2017 zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit Fax seines Verteidigers vom 26. Oktober 2017 Revision eingelegt und mit weiterem Schreiben vom 08. Januar 2018 begründet. Er rügt u.a., dass die Feststellungen des angegriffenen Urteils den Schuldspruch nicht tragen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu mit Antragsschrift vom 12. Oktober 2017 Stellung genommen und beantragt wie erkannt.

II.

Die Revision des Angeklagten ist zulässig und hat in der Sache – zumindest vorläufig – Erfolg.

Der Schuldspruch hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand, da die insoweit lückenhaften Feststellungen die Verurteilung wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz nicht tragen.

Eine Strafbarkeit gem. § 6 PflVG setzt voraus, dass ein Versicherungsvertrag entweder nicht geschlossen oder durch Kündigung, Rücktritt, Anfechtung oder in anderer Weise aufgelöst worden ist. Im Falle der Vertragsauflösung muss das Urteil die Tatsachen feststellen, aus denen sich die Wirksamkeit der Vertragsauflösung ergibt (KG Berlin, Beschluss vom 05.06.2000 – (3) 1 Ss 5/00 (31/00); KG Berlin NZV 2002, 200).

Das Urteil leidet bezüglich dieser Mindestfeststellungen an einem durchgreifenden Darstellungsmangel. Zwar ist ausweislich der Feststellungen eine Kündigung des vorläufigen Versicherungsschutzes mit Schreiben vom 20.09.2016 erfolgt. Allerdings konnte das Landgericht den Zugang dieses Schreibens ausdrücklich nicht feststellen. Es fehlt daher an der Darlegung des für die Wirksamkeit der Kündigung ausschlaggebenden Zugangs des entsprechenden Schreibens.

Aufgrund des aufgezeigten Mangels war das Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Essen zurückzuverweisen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass mit Blick auf eine Beendigung des Versicherungsvertrages gemäß § 52 Abs. 1 S. 2 VVG weitere Feststellungen getroffen werden können.

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