Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Streit um ein teures Auto: Darf der Staat ein Leasingfahrzeug nach einem illegalen Rennen für immer behalten?
- Die riskante Fahrt eines Chefkochs
- Von Gericht zu Gericht: Der lange Weg einer Verurteilung
- Die Kernfrage für das Oberlandesgericht: Konfiszieren oder nicht?
- Die Entscheidung des Gerichts: Verurteilung ja, Einziehung des Autos nein
- Warum die Verurteilung wegen des Rennens bestehen bleibt
- Der entscheidende Unterschied: Warum das Auto vorerst zurückgegeben werden muss
- Was nun? Die Sache geht zurück an das Landgericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was versteht man unter einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen, auch wenn ich alleine fahre?
- Darf ein Fahrzeug vom Staat eingezogen werden, selbst wenn es mir nicht gehört, zum Beispiel bei einem Leasingfahrzeug?
- Unter welchen Voraussetzungen kann der Staat mein Auto nach einer Straftat im Straßenverkehr dauerhaft einziehen?
- Welche Rolle spielen frühere Verkehrsverstöße bei der Entscheidung, ob ein Fahrzeug eingezogen wird?
- Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich, wenn mein Fahrzeug von der Einziehung bedroht ist?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 1 Ors 80/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Frankfurt
- Datum: 03.03.2025
- Aktenzeichen: 1 Ors 80/24
- Verfahrensart: Revisionsverfahren
- Rechtsbereiche: Strafrecht, Strafprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Angeklagte, der das Urteil des Landgerichts mit einer Revision anfocht.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Angeklagte befuhr mit einem geliehenen Auto rücksichtslos eine Autobahn, indem er andere Fahrzeuge rechts überholte, den Sicherheitsabstand unterschritt und stark beschleunigte, um Mitfahrer zu beeindrucken. Das Fahrzeug wurde daraufhin beschlagnahmt.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die Einziehung des Tatfahrzeugs, das einem Dritten gehörte, rechtmäßig war. Dies hing davon ab, ob eine konkrete Gefahr bestand, dass das Fahrzeug für weitere Straftaten, nicht nur Ordnungswidrigkeiten, genutzt werden würde.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht hob die Entscheidung über die Einziehung des Fahrzeugs auf. Die Revision des Angeklagten bezüglich des Schuldspruchs, des Strafmaßes und des Führerscheinentzugs wurde jedoch abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht bemängelte, dass die Einziehung des Fahrzeugs nicht ausreichend begründet war. Das Landgericht hatte nicht belegt, dass das Fahrzeug für zukünftige Straftaten genutzt werden würde, sondern nur auf Ordnungswidrigkeiten abgestellt. Dies stand zudem im Widerspruch zur Annahme, dass der Angeklagte künftig straffrei leben würde.
- Folgen: Die Sache bezüglich der Fahrzeugeinziehung wurde zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Der Fall vor Gericht
Streit um ein teures Auto: Darf der Staat ein Leasingfahrzeug nach einem illegalen Rennen für immer behalten?
Viele Menschen fahren ein Auto, das ihnen nicht selbst gehört, sondern das sie von einer Bank oder einem Autohaus leasen. Doch was passiert, wenn man mit diesem fremden Eigentum eine schwere Straftat begeht, wie zum Beispiel ein verbotenes Autorennen? Darf der Staat das teure Fahrzeug dann einfach einbehalten, obwohl es einer unbeteiligten Firma gehört? Genau mit dieser komplizierten Frage musste sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main beschäftigen, nachdem ein Mann wegen einer rücksichtslosen Fahrt auf der Autobahn verurteilt wurde.
Die riskante Fahrt eines Chefkochs

An einem Nachmittag im März 2022 war ein Mann, der Angeklagte, mit einem hochmotorisierten Auto auf einer Autobahn bei Frankfurt unterwegs. Im Wagen saßen auch sein Sohn und dessen Freund, die er offenbar mit seiner Fahrweise beeindrucken wollte. Eine Zivilstreife der Polizei beobachtete, wie der Mann mit extrem hoher Geschwindigkeit fuhr. Er überholte andere Fahrzeuge rechts, wechselte abrupt die Spuren und drängelte einen anderen Autofahrer mit viel zu geringem Abstand bei 140 km/h, um ihn zum Spurwechsel zu zwingen.
Nachdem er freie Bahn hatte, beschleunigte der Angeklagte auf bis zu 197 km/h. Er nutzte sogar eine Abbiegespur, um an einer stehenden Fahrzeugkolonne vorbeizurasen, nur um sich kurz vor Ende der Spur wieder in den fließenden Verkehr einzuordnen. Das Gericht stellte später fest: Der Mann handelte grob verkehrswidrig und rücksichtslos, nur um die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Sein Verhalten erfüllte den Tatbestand eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens – auch wenn er nur gegen sich selbst und die Uhr fuhr.
Von Gericht zu Gericht: Der lange Weg einer Verurteilung
Nachdem der Mann von der Polizei gestoppt wurde, begann das juristische Nachspiel. Zuerst verurteilte ihn das Amtsgericht Frankfurt. Die Strafe: sechs Monate Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde (das bedeutet, er muss nicht ins Gefängnis, solange er sich in einer bestimmten Zeit nichts mehr zuschulden kommen lässt). Außerdem wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist verhängt (eine Zeit, in der er keinen neuen Führerschein beantragen darf). Und, ganz entscheidend: Das Gericht ordnete die Einziehung des Tatfahrzeugs an. Einziehung bedeutet, dass der Staat das Auto dauerhaft wegnimmt und es dem Eigentümer nicht zurückgibt.
Sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft waren mit diesem Urteil nicht ganz zufrieden und legten Berufung ein. Eine Berufung ist ein Rechtsmittel, bei dem der Fall vor der nächsthöheren Instanz, hier dem Landgericht, noch einmal komplett neu verhandelt wird. Doch auch das Landgericht kam zum selben Ergebnis und bestätigte das erste Urteil in allen Punkten.
Damit wollte sich der Angeklagte immer noch nicht abfinden und legte Revision ein. Eine Revision ist anders als eine Berufung. Hier wird der Fall nicht neu aufgerollt. Stattdessen prüft das nächsthöhere Gericht, das Oberlandesgericht, nur noch, ob das Landgericht bei seinem Urteil juristische Fehler gemacht, also das Recht falsch angewendet hat. Man kann es sich vorstellen wie einen Video-Beweis im Fußball: Es wird nicht das ganze Spiel wiederholt, sondern nur geprüft, ob der Schiedsrichter eine Regel falsch ausgelegt hat.
Die Kernfrage für das Oberlandesgericht: Konfiszieren oder nicht?
Für das Oberlandesgericht stand die Schuld des Mannes kaum noch zur Debatte. Die entscheidende und knifflige Frage war eine andere: War es rechtlich korrekt, das Auto einzuziehen? Das Problem dabei war, dass das Fahrzeug, ein Leasingwagen im Wert von rund 100.000 Euro, gar nicht dem Angeklagten gehörte. Eigentümerin war eine Bank, die das Fahrzeug an eine GmbH verleast hatte, deren Geschäftsführerin die Ehefrau des Angeklagten war. Er selbst war dort nur als Chefkoch angestellt.
Darf der Staat also das Eigentum einer unbeteiligten Bank und einer Firma wegnehmen, nur weil ein Angestellter damit eine Straftat begangen hat? Das Gesetz erlaubt dies unter bestimmten, sehr strengen Voraussetzungen. Das Oberlandesgericht musste nun ganz genau prüfen, ob diese Voraussetzungen im Urteil des Landgerichts korrekt dargelegt wurden.
Die Entscheidung des Gerichts: Verurteilung ja, Einziehung des Autos nein
Das Oberlandesgericht fällte eine geteilte Entscheidung. Die Verurteilung des Mannes wegen des verbotenen Autorennens, die Bewährungsstrafe und der Entzug der Fahrerlaubnis wurden bestätigt. Diese Teile des Urteils sind damit rechtskräftig.
Allerdings hob das Gericht die Entscheidung über die Einziehung des Autos auf. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Eigentümerin das Auto sofort zurückbekommt. Vielmehr wurde die Sache in diesem Punkt an das Landgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun erneut darüber verhandeln und entscheiden, ob das Auto eingezogen werden darf oder nicht.
Warum die Verurteilung wegen des Rennens bestehen bleibt
Das Oberlandesgericht sah keinen Grund, die Verurteilung des Mannes in Zweifel zu ziehen. Die Beweise waren eindeutig, und das Landgericht hatte seine Schuld rechtsfehlerfrei festgestellt. Auch die Strafe und der Entzug der Fahrerlaubnis waren angemessen. Der Angeklagte hatte zwar argumentiert, das Verfahren habe unangemessen lange gedauert, aber das Oberlandesgericht stellte fest: Die Verzögerung entstand, weil der eigene Anwalt des Angeklagten über Monate nicht auf Post vom Gericht reagierte. Die Justiz traf hier also keine Schuld.
Der entscheidende Unterschied: Warum das Auto vorerst zurückgegeben werden muss
Der spannendste Teil der Entscheidung betrifft die Einziehung des Wagens. Warum hat das Oberlandesgericht hier einen Fehler des Landgerichts gesehen? Um das zu verstehen, müssen wir uns ansehen, was das Gesetz verlangt.
Straftat ist nicht gleich Ordnungswidrigkeit
Das Gesetz erlaubt die Einziehung eines Gegenstands, der nicht dem Täter gehört, nur dann, wenn die Gefahr besteht, dass mit diesem Gegenstand in Zukunft weitere rechtswidrige Taten begangen werden. Und hier liegt der entscheidende Punkt: Der Begriff „rechtswidrige Tat“ meint ausschließlich Straftaten, also schwere Vergehen wie Diebstahl, Körperverletzung oder eben ein verbotenes Rennen. Leichtere Verstöße, sogenannte Ordnungswidrigkeiten wie eine normale Geschwindigkeitsüberschreitung oder Falschparken, reichen dafür nicht aus.
Das Landgericht hatte seine Entscheidung zur Einziehung damit begründet, dass der Angeklagte bereits mehrfach im Straßenverkehr auffällig geworden war. Es zog dazu einen Auszug aus dem Fahreignungsregister heran. Darin standen aber nur Ordnungswidrigkeiten: eine Geschwindigkeitsüberschreitung und zwei Fälle, in denen er ein Fahrzeug ohne gültige Betriebserlaubnis fuhr.
Genau das bemängelte das Oberlandesgericht. Das Landgericht hatte seine Prognose, dass von dem Auto eine Gefahr ausgeht, auf vergangene Ordnungswidrigkeiten gestützt. Es hatte aber nicht ausreichend dargelegt, warum die konkrete Gefahr besteht, dass der Angeklagte mit dem Auto in Zukunft schwere Straftaten begehen würde. Der pauschale Hinweis, es drohten „ähnlich gelagerte Verkehrsdelikte“, war dem Oberlandesgericht zu ungenau.
Der Widerspruch in der Urteilsbegründung
Zusätzlich entdeckte das Oberlandesgericht einen logischen Widerspruch in der Argumentation des Landgerichts. Um die Haftstrafe zur Bewährung aussetzen zu können, hatte das Landgericht dem Angeklagten eine positive Sozialprognose ausgestellt. Es schrieb in sein Urteil, es sei davon überzeugt, dass sich der Angeklagte die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig ein straffreies Leben führen werde.
Gleichzeitig begründete es die Einziehung des Autos aber mit der Gefahr, dass der Angeklagte eben doch weitere Straftaten damit begehen könnte. Das passt nicht zusammen. Man kann nicht gleichzeitig sagen, man vertraue darauf, dass jemand straffrei bleibt, und ihm trotzdem das Auto wegnehmen, weil man genau das Gegenteil befürchtet. Diese widersprüchliche Begründung war ein entscheidender Rechtsfehler.
Was nun? Die Sache geht zurück an das Landgericht
Weil die Begründung für die Einziehung des Autos fehlerhaft war, musste das Urteil in diesem Punkt aufgehoben werden. Die Sache wird nun an eine andere Kammer des Landgerichts zurückgegeben. Diese muss den Fall neu prüfen und eine neue, rechtlich saubere Entscheidung treffen. Sie könnte zum Beispiel versuchen, weitere Fakten zu finden, die eine Gefahr zukünftiger Straftaten belegen – oder sie könnte zu dem Schluss kommen, dass die Voraussetzungen für eine Einziehung nicht vorliegen und das Fahrzeug an die Eigentümerin herausgegeben werden muss.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Oberlandesgericht Frankfurt zeigt, dass Gerichte bei der Einziehung fremder Fahrzeuge nach Verkehrsstraftaten sehr strenge Maßstäbe anlegen müssen. Wenn ein Auto nicht dem Täter gehört, darf es nur dann dauerhaft weggenommen werden, wenn konkret nachweisbar ist, dass damit künftig weitere schwere Straftaten drohen – frühere einfache Verkehrsverstöße reichen dafür nicht aus. Besonders problematisch wird es, wenn das Gericht einerseits dem Täter vertraut und eine Bewährungsstrafe verhängt, aber gleichzeitig das Fahrzeug wegen Wiederholungsgefahr einziehen will. Diese Entscheidung könnte bedeutsam für alle Leasingnehmer werden, die befürchten müssen, dass ihre Leasinggesellschaften bei Verkehrsdelikten dauerhaft ihre Fahrzeuge verlieren.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was versteht man unter einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen, auch wenn ich alleine fahre?
Unter einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen versteht man im deutschen Strafrecht (gemäß § 315d des Strafgesetzbuches) nicht nur den klassischen Wettkampf mehrerer Fahrzeuge gegeneinander. Auch wenn Sie alleine am Steuer sitzen, kann Ihr Fahrverhalten als ein solches Rennen eingestuft werden. Der entscheidende Punkt ist dabei die Absicht, die höchstmögliche Geschwindigkeit oder die kürzeste Fahrzeit zu erzielen und dabei die Grenzen des Straßenverkehrs rücksichtslos zu missachten.
Rennen gegen sich selbst oder gegen die Zeit
Der Gesetzgeber hat den Begriff des verbotenen Kraftfahrzeugrennens bewusst erweitert, um gefährliches und rücksichtsloses Ausnutzen der Motorleistung im öffentlichen Straßenverkehr umfassender zu erfassen. Für juristische Laien bedeutet das:
- Rennen gegen sich selbst: Dies liegt vor, wenn Sie als Fahrer die maximale Geschwindigkeit Ihres Fahrzeugs auf einer öffentlichen Straße erreichen wollen, also einen Wettkampf mit dem eigenen Fahrzeug oder den eigenen Geschwindigkeitsgrenzen führen. Stellen Sie sich vor, jemand fährt mit einem leistungsstarken Wagen auf einer Autobahn oder einer anderen öffentlichen Straße und beschleunigt diesen auf die höchstmögliche Geschwindigkeit, um zu sehen, was das Fahrzeug leisten kann, ohne auf die geltenden Regeln und die Verkehrssicherheit zu achten.
- Rennen gegen die Zeit: Hier geht es darum, eine bestimmte Strecke in der kürzestmöglichen Zeit zurückzulegen. Der Fahrer versucht also, eine persönliche Bestzeit auf einer Route aufzustellen und missachtet dabei Geschwindigkeitsbegrenzungen oder andere Verkehrsregeln, um sein Ziel zu erreichen. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn jemand eine bekannte Strecke innerhalb einer Stadt oder auf dem Land in einer extrem kurzen Zeit bewältigen möchte.
Entscheidende Merkmale: Unangemessene Geschwindigkeit und Rücksichtslosigkeit
Unabhängig davon, ob Sie alleine oder mit anderen fahren, sind für die Einordnung als verbotenes Kraftfahrzeugrennen stets zwei Hauptmerkmale entscheidend:
- Es muss eine unangemessene Geschwindigkeit vorliegen. Das bedeutet, die Geschwindigkeit liegt deutlich über dem Erlaubten oder dem, was unter den gegebenen Umständen (Verkehr, Sicht, Wetter) sicher wäre.
- Ihr Fahrverhalten muss dabei grob verkehrswidrig und rücksichtslos sein. Das heißt, Sie missachten bewusst und erheblich die Regeln des Straßenverkehrs und nehmen dabei eine Gefährdung von Leib oder Leben anderer Menschen oder von fremden Sachen von bedeutendem Wert in Kauf.
Es geht also nicht nur um das Fahren mit hoher Geschwindigkeit an sich, sondern um das damit verbundene bewusste Inkaufnehmen von erheblichen Gefahren für andere. Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass die innere Absicht, ein „Rennen“ zu fahren – sei es gegen sich selbst oder die Zeit – ausreicht. Es bedarf keines äußeren Anlasses wie eines Startsignals oder einer festen Ziellinie. Ein solches Verhalten wird als schwere Straftat eingestuft und kann weitreichende Folgen haben.
Darf ein Fahrzeug vom Staat eingezogen werden, selbst wenn es mir nicht gehört, zum Beispiel bei einem Leasingfahrzeug?
Ja, es ist grundsätzlich möglich, dass ein Fahrzeug vom Staat eingezogen wird, auch wenn es Ihnen nicht gehört, zum Beispiel im Falle eines Leasingvertrages oder wenn Sie das Fahrzeug von einer anderen Person nutzen. Die Einziehung, die juristisch korrekt oft als „Verfall“ oder „Einziehung“ bezeichnet wird, ist eine Maßnahme, die nicht direkt an das Eigentum, sondern an die Verbindung des Gegenstandes zu einer Straftat geknüpft ist.
Warum ein Fahrzeug eingezogen werden kann, das nicht Ihnen gehört
Der entscheidende Punkt ist, dass die Einziehung eines Fahrzeugs vor allem darauf abzielt, Gegenstände aus dem Verkehr zu ziehen, die als Tatmittel (etwa ein Fahrzeug, das für eine Flucht genutzt wurde), als Tatprodukt (ein mit gestohlenem Geld gekauftes Fahrzeug) oder als Tatertrag (Gewinn aus einer Straftat) mit einer kriminellen Handlung in Verbindung stehen. Stellen Sie sich vor, ein Fahrzeug wird für einen schweren Raubüberfall benutzt. Auch wenn der Täter nicht der Eigentümer ist, kann das Fahrzeug eingezogen werden, da es direkt zur Begehung der Straftat diente.
Die Rolle des Eigentümers (z.B. Leasingfirma)
Das Gesetz berücksichtigt jedoch die Rechte unbeteiligter Dritter, wie einer Leasingfirma oder Bank, die rechtmäßiger Eigentümer des Fahrzeugs ist. Es gibt spezielle Regelungen, die genau festlegen, unter welchen Bedingungen die Einziehung auch das Eigentum einer solchen dritten Person treffen kann.
Ein Fahrzeug kann dem Eigentümer auch dann entzogen werden, wenn dieser nicht der Straftäter ist, falls eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:
- Beteiligung oder Kenntnis: Der Eigentümer hat die Nutzung des Fahrzeugs für die Straftat ermöglicht, obwohl er wusste oder hätte wissen müssen, dass es dafür verwendet wird. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Leasingfirma Hinweise auf kriminelle Aktivitäten ignoriert oder sogar aktiv dazu beiträgt.
- Fahrlässigkeit: Der Eigentümer hat das Fahrzeug einer Person überlassen, von der er bei der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen müssen, dass sie damit Straftaten begehen würde.
- Erlangung aus Straftat: Das Fahrzeug selbst wurde ursprünglich durch eine Straftat erworben (z.B. gestohlen oder mit illegalen Geldern gekauft), und der jetzige Eigentümer wusste dies oder hätte es wissen müssen.
Für Sie als Nutzer eines Leasingfahrzeugs bedeutet das: Selbst wenn Sie nur der „Besitzer“ und nicht der „Eigentümer“ sind (der Eigentümer ist die Leasingfirma), kann das Fahrzeug eingezogen werden, wenn es im Zusammenhang mit einer Straftat steht, für die es verwendet wurde. Das Gericht prüft in solchen Fällen sehr genau, ob die Leasingfirma oder der dritte Eigentümer unschuldig ist, also weder von der Straftat wusste, noch grob fahrlässig gehandelt hat, noch das Fahrzeug selbst aus einer Straftat stammt. Wenn der Eigentümer nachweislich unbeteiligt und ohne Kenntnis der kriminellen Nutzung war, kann die Einziehung für ihn unter Umständen abgewendet werden oder er hat die Möglichkeit, eine Entschädigung zu erhalten. Das Gericht muss dabei immer den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten, also prüfen, ob die Einziehung des Fahrzeugs im Verhältnis zur begangenen Straftat und den Rechten des Eigentümers angemessen ist.
Unter welchen Voraussetzungen kann der Staat mein Auto nach einer Straftat im Straßenverkehr dauerhaft einziehen?
Die Einziehung eines Fahrzeugs ist eine sehr einschneidende Maßnahme: Der Staat nimmt das Auto dauerhaft weg. Diese Maßnahme kann nur dann angeordnet werden, wenn es sich um eine schwere Straftat im Straßenverkehr handelt, bei der das Fahrzeug als „Tatmittel“ genutzt wurde – nicht bei einfachen Ordnungswidrigkeiten oder geringfügigen Verkehrsverstößen. Ziel ist es, zukünftige Straftaten zu verhindern.
Damit der Staat ein Fahrzeug dauerhaft einziehen kann, müssen im Wesentlichen folgende Bedingungen erfüllt sein:
Voraussetzungen für die Einziehung
- Straftat als Grundlage: Es muss eine schwere Straftat im Straßenverkehr vorliegen, bei der das Fahrzeug eingesetzt wurde. Beispiele hierfür sind illegale Kraftfahrzeugrennen, gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr (etwa durch rücksichtsloses Fahren, das andere in Lebensgefahr bringt) oder schwere Trunkenheitsfahrten, die zu konkreten Gefährdungen führen. Es reicht nicht aus, dass jemand einfach unter Alkoholeinfluss gefahren ist; es muss sich um eine Straftat handeln, bei der das Fahrzeug das „Werkzeug“ der Tat war.
- Verwendung als „Tatmittel“: Das Fahrzeug muss direkt für die Begehung der Straftat eingesetzt worden sein. Es war also das Hilfsmittel oder das direkte Objekt der kriminellen Handlung.
- Gefahrenprognose für die Zukunft: Ein entscheidender Faktor ist die sogenannte Prognose. Hierbei schätzt das Gericht ein, ob von dem Fahrzeug auch in Zukunft eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen könnte. Dies ist der Fall, wenn aufgrund der Art der Straftat, der Persönlichkeit des Täters oder anderer Umstände damit zu rechnen ist, dass das Fahrzeug erneut für ähnliche, schwere Straftaten genutzt werden wird. Die Einziehung soll also verhindern, dass weitere Straftaten mit demselben Fahrzeug begangen werden. Das Gericht prüft hierbei sorgfältig, ob die dauerhafte Wegnahme des Autos notwendig ist, um die Allgemeinheit zu schützen.
- Verhältnismäßigkeit der Maßnahme: Die Einziehung muss immer verhältnismäßig sein. Das bedeutet, der Eingriff in das Eigentumsrecht muss angemessen zur Schwere der begangenen Straftat und der von dem Fahrzeug ausgehenden Gefahr stehen. Eine Einziehung ist nur dann zulässig, wenn sie das geeignetste und mildeste Mittel ist, um zukünftige Gefahren abzuwehren.
- Eigentumsverhältnisse: Gehört das Fahrzeug dem Täter, kann es in der Regel eingezogen werden. Ist das Fahrzeug jedoch Eigentum einer anderen Person (eines Dritten), sind die Voraussetzungen für eine Einziehung sehr viel strenger. Hier kann eine Einziehung nur erfolgen, wenn der Eigentümer von der kriminellen Nutzung wusste oder dies hätte wissen müssen und diese Nutzung dennoch zugelassen hat. Eine Person, die ihr Auto gutgläubig und ohne Kenntnis der kriminellen Absichten verliehen hat, muss eine Einziehung ihres Fahrzeugs in der Regel nicht befürchten.
Die Entscheidung über die Einziehung eines Fahrzeugs trifft immer ein Gericht im Rahmen eines Strafverfahrens nach sorgfältiger Abwägung aller relevanten Umstände.
Welche Rolle spielen frühere Verkehrsverstöße bei der Entscheidung, ob ein Fahrzeug eingezogen wird?
Wenn es darum geht, ob ein Fahrzeug vom Staat eingezogen, also dauerhaft weggenommen werden soll, spielen frühere Verkehrsverstöße eine wichtige Rolle. Gerichte bewerten, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass jemand das Fahrzeug in Zukunft erneut für schwerwiegende Gesetzesverstöße nutzen wird. Dies nennt man die Gefahrenprognose. Es ist eine Vorhersage darüber, ob eine Person aufgrund ihres bisherigen Verhaltens zukünftig wieder eine ähnliche Gefahr darstellen könnte.
Gefahrenprognose: Vorausschau auf zukünftiges Verhalten
Die Entscheidung über die Einziehung eines Fahrzeugs hängt maßgeblich davon ab, ob eine sogenannte negative Gefahrenprognose vorliegt. Das bedeutet, das Gericht schätzt ein, dass es wahrscheinlich ist, dass das Fahrzeug wieder für eine Straftat missbraucht wird. Für diese Einschätzung werden vergangene Vergehen berücksichtigt. Dabei gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten:
Unterschied: Straftaten und Ordnungswidrigkeiten
- Straftaten (schwere Vergehen): Wenn jemand in der Vergangenheit bereits Straftaten im Straßenverkehr begangen hat – beispielsweise wiederholt Trunkenheit am Steuer, gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr (wie illegale Autorennen) oder Fahren ohne Fahrerlaubnis –, dann wirken sich diese Vergehen sehr stark auf die Gefahrenprognose aus. Solche Taten zeigen eine erhebliche Missachtung der Verkehrsregeln und eine Bereitschaft, die Sicherheit anderer zu gefährden. Wenn das Fahrzeug bei solchen Straftaten eingesetzt wurde, ist die Wahrscheinlichkeit einer Einziehung deutlich höher, da davon ausgegangen werden kann, dass es erneut für ähnliche schwere Taten genutzt werden könnte.
- Ordnungswidrigkeiten (leichte bis mittelschwere Verstöße): Viele Menschen haben Punkte in Flensburg oder kleinere Verkehrsübertretungen wie geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Parkverstöße. Solche Ordnungswidrigkeiten haben für sich genommen normalerweise kein großes Gewicht bei der Entscheidung über eine Fahrzeugeinziehung. Sie führen nur selten direkt dazu, dass ein Fahrzeug als gefährlich für zukünftige Straftaten angesehen wird. Es sei denn, es handelt sich um eine außergewöhnliche Häufung besonders schwerwiegender Ordnungswidrigkeiten, die auf eine grundlegende und massive Gleichgültigkeit gegenüber der Verkehrssicherheit schließen lassen. Doch auch dann muss der aktuelle Verstoß, der zur Einziehungsprüfung führt, eine bestimmte Schwere erreichen.
Für Sie bedeutet das: Gerichte bewerten nicht nur die Anzahl, sondern vor allem die Art und Schwere der früheren Verstöße. Ein Fahrzeug wird in der Regel nur dann eingezogen, wenn es als „Tatmittel“ bei einer Straftat benutzt wurde und die Gefahr besteht, dass es erneut für ähnliche schwerwiegende Straftaten missbraucht wird. Einzelne oder geringfügige frühere Ordnungswidrigkeiten sind dabei meist nicht ausschlaggebend, es sei denn, sie sind Teil eines Musters, das auf eine hohe Wahrscheinlichkeit für zukünftige schwere Vergehen hindeutet. Die Abgrenzung zwischen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ist hierbei entscheidend für das Ergebnis der Gefahrenprognose.
Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich, wenn mein Fahrzeug von der Einziehung bedroht ist?
Wenn Ihr Fahrzeug von der Einziehung bedroht ist, befinden Sie sich in der Regel in einem gerichtlichen Verfahren, häufig im Strafrecht. Die Einziehung bedeutet, dass der Staat Ihr Fahrzeug dauerhaft an sich nimmt. Dies geschieht, wenn das Fahrzeug als Tatmittel, Tatprodukt oder bei bestimmten Delikten genutzt wurde. Es gibt verschiedene Wege, sich dagegen zu wehren, die vom jeweiligen Verfahrensstand abhängen.
Wann droht die Einziehung?
Die Einziehung eines Fahrzeugs ist eine Maßnahme, die in der Regel im Rahmen von Strafverfahren oder bei schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten angeordnet wird. Sie kann erfolgen, wenn das Fahrzeug zum Beispiel zur Begehung einer Straftat genutzt wurde (wie bei illegalen Autorennen oder Fluchtfahrten) oder aus einer Straftat stammt. Auch wenn es besondere Gefahren birgt, kann eine Einziehung in Betracht kommen. Bevor über die Einziehung entschieden wird, wird das Fahrzeug oft zunächst sichergestellt oder beschlagnahmt.
Rechtliche Schritte im Strafverfahren
Falls die Einziehung im Rahmen eines Strafverfahrens erfolgt, können Sie verschiedene rechtliche Möglichkeiten nutzen, um sich zu verteidigen:
- Einspruch gegen den Strafbefehl: Wenn Sie einen Strafbefehl erhalten, der die Einziehung Ihres Fahrzeugs vorsieht, können Sie innerhalb von zwei Wochen Einspruch einlegen. Durch den Einspruch kommt es zu einer Hauptverhandlung vor Gericht, in der die Sache neu verhandelt wird. Hier haben Sie die Möglichkeit, Ihre Sicht der Dinge darzulegen und die Voraussetzungen für die Einziehung zu bestreiten.
- Berufung gegen ein Urteil: Wurde die Einziehung in einem Urteil erster Instanz (z.B. vom Amtsgericht) angeordnet, können Sie Berufung einlegen. Innerhalb einer Woche nach Urteilsverkündung ist die Berufung einzulegen und innerhalb einer bestimmten Frist zu begründen. Im Berufungsverfahren wird der Fall dann vor dem Landgericht erneut in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht geprüft. Das bedeutet, es werden Zeugen erneut gehört und Beweise noch einmal gewürdigt.
- Revision gegen ein Urteil: Gegen ein Urteil, das die Einziehung vorsieht, kann unter bestimmten Voraussetzungen auch Revision eingelegt werden. Dies ist innerhalb einer Woche nach Urteilsverkündung zu tun und erfordert die Einhaltung weiterer Fristen zur Begründung. Die Revision prüft das Urteil nur auf Rechtsfehler, nicht aber auf neue Tatsachen. Sie ist also anders als die Berufung keine zweite Tatsacheninstanz.
- Rechtsbehelfe gegen Sicherstellung oder Beschlagnahme: Bereits bevor über die endgültige Einziehung entschieden wird, kann Ihr Fahrzeug vorübergehend sichergestellt oder beschlagnahmt werden. Gegen solche Maßnahmen kann man einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Hierbei wird gerichtlich geprüft, ob die Sicherstellung oder Beschlagnahme rechtmäßig war und weiterhin notwendig ist. Dies ist oft der erste Schritt, um die Rückgabe des Fahrzeugs zu erreichen, bevor es zur Einziehung kommt.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die genauen Fristen und die Erfolgsaussichten der einzelnen Rechtsmittel stark vom Einzelfall und den konkreten Umständen abhängen. Eine sorgfältige Prüfung der Sachlage ist entscheidend, um die passende Vorgehensweise zu bestimmen und die entsprechenden Argumente vorzubringen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Einziehung
Die Einziehung ist eine strafrechtliche Maßnahme, bei der der Staat einen Gegenstand dauerhaft wegnimmt, weil dieser unmittelbar mit einer Straftat in Verbindung steht. Sie dient dazu, Straftatmittel oder -produkte aus dem Verkehr zu ziehen und zukünftige Straftaten zu verhindern. Im Fall eines Fahrzeugs kann das bedeuten, dass das Auto, das bei der Straftat benutzt wurde, dauerhaft enteignet wird, selbst wenn es einem Dritten gehört. Voraussetzung ist, dass das Fahrzeug als Tatmittel genutzt wurde und eine Gefahr besteht, dass es erneut für Straftaten gebraucht wird (§ 74 StGB).
Beispiel: Wenn jemand ein gestohlenes Auto benutzt, um eine Straftat zu begehen, kann dieses Auto eingezogen werden.
Berufung
Die Berufung ist ein gerichtliches Rechtsmittel, mit dem ein Fall nach einer ersten Entscheidung vor einer höheren Instanz komplett neu verhandelt wird. Dabei werden sowohl die Tatsachen als auch die Rechtslage nochmals geprüft. In Strafsachen ermöglicht die Berufung eine erneute Beweisaufnahme und kann zu einer Bestätigung, Änderung oder Aufhebung des Urteils führen (§ 312 StPO). Der Angeklagte oder die Staatsanwaltschaft können Berufung einlegen, wenn sie mit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht einverstanden sind.
Beispiel: Nach einem Urteil des Amtsgerichts kann ein Angeklagter Berufung beim Landgericht einlegen, um nochmals eine vollständige Gerichtsverhandlung zu erreichen.
Revision
Die Revision ist ein Rechtsmittel, bei dem das nächsthöhere Gericht nur die Rechtsfehler in einem bereits rechtskräftigen Urteil überprüft, ohne den Fall neu zu verhandeln oder Tatsachen zu prüfen (§ 337 StPO). Dabei wird kontrolliert, ob das untere Gericht das Recht richtig angewandt hat. Die Revision dient dem Rechtschutz und der Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung, ändert aber nicht grundlegend die Sachverhaltsfeststellung.
Beispiel: Das Oberlandesgericht prüft in der Revision, ob das Landgericht korrekt entschieden hat, ohne selbst neue Zeugenaussagen aufzunehmen.
Straftat vs. Ordnungswidrigkeit
Eine Straftat ist ein rechtswidriges Handeln, das mit Strafe bedroht ist und eine schwerwiegendere Rechtsverletzung darstellt, zum Beispiel verbotene Kraftfahrzeugrennen (§ 315d StGB). Ordnungswidrigkeiten sind geringfügigere Verstöße gegen Vorschriften, die meist mit Bußgeldern geahndet werden, wie etwa eine kleine Geschwindigkeitsüberschreitung (§ 24 Straßenverkehrsgesetz). Im Zusammenhang mit der Einziehung ist wichtig, dass nur Straftaten als Grundlage für eine Einziehung ausreichen; leichtere Ordnungswidrigkeiten genügen nicht, um ein Fahrzeug einzuziehen.
Beispiel: Eine einmalige, geringe Geschwindigkeitsüberschreitung ist eine Ordnungswidrigkeit und führt nicht zur Einziehung des Autos, während ein verbotenes Rennen eine Straftat und damit eine Einziehung möglich macht.
Gefahrenprognose
Die Gefahrenprognose ist eine richterliche Einschätzung, ob von einer Person oder einem Gegenstand künftig eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Im Zusammenhang mit der Einziehung eines Fahrzeugs beurteilt das Gericht, ob zu erwarten ist, dass das Fahrzeug erneut bei schweren Straftaten im Straßenverkehr verwendet wird. Diese Prognose basiert auf dem bisherigen Verhalten, insbesondere früheren Straftaten, nicht jedoch auf leichten Ordnungswidrigkeiten. Die Gefahrenprognose ist entscheidend dafür, ob die Einziehung zum Schutz der Allgemeinheit verhältnismäßig und notwendig ist.
Beispiel: Bei einem Fahrer, der bereits mehrfach an illegalen Rennen teilgenommen hat, ist die Gefahrenprognose negativ – das Gericht rechnet damit, dass er solche Taten wiederholen könnte und zieht das Fahrzeug eher ein.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 73 StGB (Einziehung): Diese Vorschrift erlaubt die Einziehung von Gegenständen, die als Tatmittel oder aus anderen Gründen mit einer Straftat in Zusammenhang stehen und dient der Verhinderung weiterer Straftaten durch diese Gegenstände. Die Einziehung kann auch bei Gegenständen erfolgen, die nicht im Eigentum des Täters stehen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Anordnung der Einziehung des Leasingfahrzeugs beruht auf § 73 StGB, wobei geprüft werden muss, ob die gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere die Gefahr für zukünftige Straftaten, korrekt erfüllt sind.
- § 315d StGB (Verbotene Kraftfahrzeugrennen): Regelt die strafrechtliche Verfolgung von Rennen im Straßenverkehr, die grob verkehrswidrig und rücksichtslos durchgeführt werden und eine besondere Gefährdung darstellen. Eine Verurteilung setzt nachweisliche grobe Pflichtverletzungen und bedrohliches Verhalten voraus. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Diese Norm ist die Grundlage für die Strafbarkeit des Angeklagten wegen des verbotenen Kraftfahrzeugrennens und begründet die strafrechtliche Verurteilung sowie Sanktionen wie Führerscheinentzug.
- Verwaltungsrechtliche Aspekte des Leasingvertrags/Eigentumsrechte: Das Eigentum an einem Leasingfahrzeug verbleibt bei der Leasinggesellschaft, nicht beim Fahrer; dies ist wichtig für die Prüfung der Einziehung, da Eigentumsrechte Unbeteiligter besonders geschützt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Oberlandesgericht musste klären, ob das objektive Eigentum der Bank bzw. der Leasing-GmbH dem Angeklagten eine rechtswidrige und unangemessene Einschränkung durch die Einziehung auferlegt.
- Fahreignungsregister und Punktebewertung (StVG, Straßenverkehrsbehördengesetz – StVZO): Enthält Eintragungen zu Verkehrsordnungswidrigkeiten und Straftaten im Straßenverkehr und dient als Informationsgrundlage für Prognosen über das Fahrverhalten und die Gefährdung im Straßenverkehr. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die bisher im Fahrereignungsregister eingetragenen Ordnungswidrigkeiten allein reichten dem Gericht nicht als Grundlage, um die Einziehung des Fahrzeugs wegen drohender zukünftiger Straftaten zu rechtfertigen.
- Sozialprognose im Strafrecht: Bewertet, wie wahrscheinlich es ist, dass eine verurteilte Person künftig straffrei leben wird und beeinflusst Strafzumessung und Strafaussetzung zur Bewährung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die positive Sozialprognose steht im Widerspruch zur Annahme einer zukünftigen Gefahr durch den Angeklagten, was das Oberlandesgericht als unvereinbar und rechtsfehlerhaft ansah.
- Rechtsmittelrecht (Berufung, Revision): Regelt den Ablauf und Umfang der Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen; Berufung ermöglicht vollständige Neubeurteilung, Revision prüft nur Rechtsfehler. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Entscheidung des Oberlandesgerichts erfolgte im Revisionsverfahren, das ausschließlich die rechtliche Bewertung der Einziehung prüfte, nicht die Sachverhaltsfeststellung zur Schuldfrage.
Das vorliegende Urteil
OLG Frankfurt – Az.: 1 Ors 80/24 – Beschluss vom 03.03.2025
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