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Fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs bei Unfall mit 0,796 Promille auf schneeglatter Straße

LG Aachen – Az.: 71 Ns – 507 Js 513/10 – 227/10 – Urteil vom 20.06.2011

Auf die Berufung der Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 28. September 2010 – … – wie folgt abgeändert:

Die Angeklagte wird wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,5 Promille zu einer Geldbuße von 500,00 Euro und einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt.

Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen. Jedoch wird die Gebühr für das Berufungsverfahren um ½ ermäßigt. In diesem Umfang hat die Staatskasse auch die notwendigen Auslagen der Angeklagten zu tragen.

Gründe

(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)

I.

Fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs bei Unfall mit 0,796 Promille auf schneeglatter Straße
Symbolfoto: Von trendobjects/Shutterstock.com

Der Strafrichter bei dem Amtsgericht Aachen hat die Angeklagte am 28. September 2010 – … – wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 37,00 Euro verurteilt. Ferner hat er ihr die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis von drei Monaten verhängt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Angeklagte mit dem Rechtsmittel der Berufung, welches zum Teil Erfolg hatte.

II.

Die 29 Jahre alte, ledige und kinderlose Angeklagte ist von Beruf …. Ihr monatliches Nettoeinkommen beziffert sie mit ca. 1.100,00 Euro. Strafrechtlich ist sie bislang nicht in Erscheinung getreten.

III.

Am frühen Morgen des Samstags, 06. März 2010, war die Angeklagte als Führerin des PKW‘s … im Straßenverkehr unterwegs. Auf der Fahrt von Aachen in Richtung Simmerath kam sie gegen 05.30 Uhr bei schneeglatter Fahrbahn in der Ortslage Roetgen, Bundesstraße Nr. 42, von der Fahrbahn ab und prallte gegen eine am Straßenrand stehende Laterne.

Die Angeklagte befand sich zu diesem Zeitpunkt unter der Einwirkung einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,796 Promille.

IV.

Im Abweichung zu der Entscheidung des Strafrichters konnte nicht festgestellt werden, dass sich die Angeklagte der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung nach § 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 StGB strafbar gemacht hätte. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die Angeklagte zum Vorfallszeitpunkt fahruntauglich im Sinne der vorgenannten Norm war. Ihre Blutalkoholkonzentration lag deutlich unter dem Grenzwert von 1,1 Promille, ab welchem nach der ständigen Rechtsprechung des BGH jeder Mensch zum Führen eines Kraftfahrzeugs nicht mehr tauglich ist. Daher war zu prüfen, ob bei der Angeklagten eine sogenannte relative Fahruntauglichkeit festzustellen war. Dies ist indes nicht der Fall. Es war zu prüfen, ob das Unfallgeschehen sich auch dann ereignet hätte, wenn die Angeklagte zuvor keinen Alkohol getrunken hätte. Hiervon ist zu Gunsten der Angeklagten auszugehen. Denn es ist allgemein bekannt und entspricht der Verkehrserfahrung, dass es auch einem nüchternen Kraftfahrer passieren kann, bei schneeglatter Fahrbahn die Kontrolle über sein Fahrzeug zu verlieren und gegen eine am Fahrbahnrand stehende Laterne zu prallen. Das Unfallgeschehen als solches lässt daher noch keinen Rückschluss auf eine alkoholbedingte, relative Fahruntauglichkeit der Angeklagten zu (vgl. für einen ähnlichen Fall LG Leipzig …). Hinzu tritt, dass bei der Blutentnahme um 07.52 Uhr ärztlicherseits überhaupt keine neurologischen Ausfallerscheinungen festgestellt wurden. Der blutentnehmende Arzt stellte vielmehr fest, dass ein Einfluss von Alkohol auf das Verhalten der Angeklagten nicht feststellbar sei.

Bei einer Gesamtbetrachtung der beiden vorgenannten Umstände sowie unter Würdigung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ lässt sich deshalb eine alkoholbedingte, relative Fahruntauglichkeit der Angeklagten nicht feststellen.

Allerdings hat die Angeklagte den Bußgeldtatbestand des § 24 a Abs. 1 StVG verwirklicht, indem sie ein Kraftfahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 0,5 Promille geführt hat. Zu Gunsten der Angeklagten ist von einem fahrlässigen Verstoß auszugehen.

V.

Der erstmals einschlägig aufgefallenen Angeklagten war zur Ahndung der vorgenannten Ordnungswidrigkeit die in Ziffer 241 des Bußgeldkataloges zu § 26 a StVG festgelegte Regelgeldbuße von 500,00 Euro aufzulegen. Ferner war das in derselben Norm ebenfalls vorgesehene Regelfahrverbot von einem Monat auszusprechen. Dieses ist jedoch durch die im Verfahren erfolgte Beschlagnahme des Führerscheins der Angeklagten bereits verbüßt.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 4 StPO und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Angeklagte nicht mehr wegen einer Straftat, sondern lediglich wegen einer Ordnungswidrigkeit verurteilt worden ist.

Tatbestandsnummer: 424600.

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