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Exhibitionismus nach § 183 StGB

Das menschliche Schamgefühl ist eine individuelle Empfindung, die jedoch von dem Staat geschützt wird. Zwar gibt es in Deutschland auch das Recht auf die freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit, allerdings sind diesem Recht auch Grenzen gesetzt. Die alte Maxime: „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt“ findet insbesondere im Bereich der Sexualität Anwendung. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist der Exhibitionismus. Den wenigsten Menschen ist der Umstand bekannt, dass Exhibitionismus in Deutschland einen Straftatbestand erfüllt und dementsprechend unter Strafe gestellt wird. Maßgeblich hierfür ist der § 183 Strafgesetzbuch (StGB), der von exhibitionistischen Handlungen spricht.

Gesetzliche Definition: § 183 StGB

Exhibitionismus
Exhibitionismus ist in Deutschland strafrechtlich relevant und kann ernsthafte psychische Folgen für die Opfer haben. Therapie kann helfen, das Verhalten zu kontrollieren. (Symbolfoto: New Africa/Shutterstock.com)

In dem § 183 Abs. 1 StGB wird davon gesprochen, dass eine exhibitionistische Handlung von dem Gesetzgeber unter Strafe gestellt wird. Maßgeblich für die Strafbarkeit ist jedoch der Umstand, dass eine andere Person durch die Handlung des Täters belästigt wird. Ist dies der Fall, so wird die Handlung mit einer Geldstrafe oder alternativ dazu mit einer Maximalfreiheitsstrafe von einem Jahr bestraft. Rechtlich problematisch ist der Umstand, dass die exhibitionistische Handlung als solche in dem § 183 StGB nicht näher definiert ist. Daher ist das Kriterium, dass eine andere Person durch die Handlung belästigt werden muss, für die Strafbarkeit umso wichtiger. Der Gesetzgeber definiert die exhibitionistische Handlung als vorsätzliche Entblößung des eigenen Geschlechtsteils in dem Wissen, dass eine andere Person das Geschlechtsteil sehen muss.

Ist Exhibitionismus durch Frauen strafbar?

Der § 183 StGB hat die Besonderheit, dass explizit der Mann in Verbindung mit der exhibitionistischen Handlung angesprochen wird. Es stellt sich also nahezu zwangsläufig die Frage, ob eine derartige Handlung von einer Frau ebenfalls einen Straftatbestand darstellt. Auf der Grundlage des § 183 StGB kann sich die Frau in Deutschland der exhibitionistischen Handlung nicht strafbar machen, da der Paragraf explizit Männer anspricht. Es ist allerdings möglich, dass eine Frau durch ihr Verhalten den Straftatbestand der Erregung des öffentlichen Ärgernisses gem. § 183a StGB erfüllt.

Exhibitionismus als psychologische Störung

Zunächst erst einmal muss ausdrücklich betont werden, dass die Mehrheit der Exhibitionisten nicht unter einer psychischen Störung leiden. Der Anteil der Menschen, die unter der sogenannten Paraphilie leiden, stellt daher die Minderheit dar. Ist dies der Fall, so stehen die Betroffenen unter einem starken Druck und bedürfen dringend der psychologischen Hilfe. Ein Paraphiler-Mensch bezieht seine Erregung aus dem Umstand heraus, dass er sein Geschlechtsteil fremden Menschen unvermittelt entblößt zeigt. Der Umstand der Paraphilien-Störung bei dem Täter kann sich strafmildernd auswirken.

Psychische Auswirkungen auf die Opfer

Für die Opfer kann die exhibitionistische Handlung des Täters weitreichende Folgen haben. Je nachdem, wie mental gefestigt das Opfer ist, kann das unvermittelt auftretende Ereignis einen Schockzustand oder sogar ein Trauma auslösen. Es sind sogar schon Fälle bekannt, in denen das Opfer einer derartigen Tat selbst eine Art psychischer Störung in Form von Angstzuständen entwickelt hat und sich in psychologische Behandlung begeben musste.

Behandlung und Therapie

Die Paraphile-Störung gehört zu denjenigen Störungen, die als behandelbar gelten. Als erster Ansatzpunkt gilt hierbei die sogenannte sexual medizinische Behandlung, in welcher die betroffene Person den eigenen Umgang der Sexualität im Einklang mit seiner sexuellen Persönlichkeit erlernt. Kernziel dieser Behandlung ist es, dass die betroffene Person die eigenen sexuellen Präferenzen zu kontrollieren lernt. Problematisch hierbei ist der Umstand, dass die Paraphilie bei den betroffenen Personen bereits in dem jugendlichen Alter beginnt und sich dieser Drang das ganze Leben lang nicht verändern lässt. Es ist dementsprechend nur möglich, dass ein Umgang damit vermittelt wird. Über die Dauer einer derartigen Behandlung respektive Therapie kann im Vorfeld keine genauen Angaben gemacht werden, da sie stets abhängig ist von den individuellen Gegebenheiten. Führt die Behandlung respektive Therapie zu keinem Erfolg, kann auch ein medikamentöser Ansatz gewählt werden.

Strafbewertung nach § 184h StGB

Exhibitionistische Handlungen können auch als sexuelle Handlungen ausgelegt werden, die mit einem anderen Menschen vor anderen Personen ausgelebt werden. Maßgeblich hierfür ist der § 184h StGB, der jedoch lediglich als Begriffsbestimmung dient. In dem Abs. 1 dieses Paragrafen wird die eigene sexuelle Handlung ohne einen Partner vor einer anderen Person definiert, während hingegen der Abs. 2 die sexuelle Handlung (etwa den Geschlechtsakt vor anderen Personen) behandelt. Die genaue Strafbewertung dieser Handlung ist stets abhängig von den individuellen Rahmenumständen der Tat.

Exhibitionismus gegenüber Kindern

Ein klassischer Exhibitionist entblößt in der gängigen Praxis sein Geschlechtsteil vor anderen Menschen und differenziert hierbei nicht immer, ob das Opfer bereits das 18. Lebensjahr vollendet hat. Der Gesetzgeber nimmt zwischen dem Exhibitionismus und dem sexuellen Missbrauch von Kindern eine strafverschärfende Differenzierung vor. Die Grenze zwischen dem Exhibitionismus und dem sexuellen Missbrauch ist dann überschritten, wenn das Geschlechtsteil zu dem Zeitpunkt des Zeigens durch den Täter manipuliert respektive erregiert ist. Der Exhibitionismus gegenüber Kindern wird jedoch von dem Gesetzgeber ebenfalls schon strafverschärfend gewertet.

Beschäftigungsverbot nach § 58 Abs. 2 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbschG)

Zusätzlich zu der Geldstrafe respektive Freiheitsstrafe ist es auch möglich, dass das Gericht gegenüber dem Täter ein Beschäftigungsverbot gem. § 58 Abs. 2 Jugendarbeitsschutzgesetz ausspricht. Dies ist in der gängigen Praxis dann der Fall, wenn die Gefahr einer Wiederholungstat nicht ausgeschlossen werden kann respektive der Täter in einem sehr sensiblen Umfeld beruflich tätig ist. Als Beispiele hierfür können Erzieher oder auch Lehrer dienen. Gleichermaßen verhält es sich mit Jugendbetreuern. Es kommt jedoch stets auf die individuellen Rahmenbedingungen des Einzelfalls an.

Strafanzeige und Vorladung wegen Exhibitionismus

Bei dem Straftatbestand des Exhibitionismus handelt es sich um ein Antragsdelikt, dessen Strafverfolgung nur auf Antrag des Opfers respektive des gesetzlichen Vertreters von dem Opfer erfolgen kann. Der Strafantrag kann sowohl in Form einer Strafanzeige bei der Polizei als auch bei dem regional zuständigen Gericht gestellt werden. Ist dieser Schritt vollzogen, erfolgt die Aufnahme der Ermittlungen. Der Täter wird von den zuständigen Behörden über die Vorwürfe gegen ihn informiert und erhält eine Vorladung zu einer polizeilichen Anhörung. Anschließend wird das Gerichtsverfahren eröffnet und es kommt entweder zu einer Verurteilung oder zu einem Freispruch.

Die Rolle des Strafrechtsanwalts

Wer sich mit dem Vorwurf des Exhibitionismus konfrontiert sieht, sollte auf jeden Fall strafrechtsanwaltliche Dienste in Anspruch nehmen. Da es sich um ein Strafverfahren handelt, herrscht in Deutschland ohnehin der Rechtsanwaltszwang. Jeder Beschuldigte bzw. Angeklagte hat das gesetzlich verankerte Recht darauf, sich strafrechtsanwaltlich verteidigen zu lassen. Hierfür sollte auf jeden Fall ein erfahrener Rechtsanwalt für Strafrecht ausgewählt werden, da die Konsequenzen einer Verurteilung nicht als geringfügig anzusehen sind. Der Wert der strafrechtsanwaltlichen Hilfe beginnt bereits bei der ersten Beratung und erstreckt sich über die Entwicklung einer Verteidigungsstrategie bis hin zur praktischen Verteidigung in dem Gerichtsverfahren.

Auswirkungen einer Verurteilung

Wenn es zu einer Verurteilung kommen sollte, hat dies für den Verurteilten natürlich sehr weitreichende Konsequenzen. Neben der Brandmarkung als Sexualstraftäter müssen natürlich auch die rechtlichen Konsequenzen in Form der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe getragen werden. Die Schwere der Strafe hängt gravierend mit der Schwere der Schuld zusammen. Ein Mensch, der unter einer Paraphilen-Störung leidet, kann zudem auch die gerichtliche Auflage einer Behandlung oder Therapie erhalten. Dies wiederum kann sich als Chance für den Betroffenen herausstellen, da die Konfrontation mit dem Problem dann zwangsläufig entsteht und die Aussicht auf eine Lösung des Problems besteht. Viele Betroffene empfinden Scham aufgrund des Drucks, der mit dem Leiden einhergeht. Dies führt dazu, dass keine Beziehungen eingegangen werden können und ein normales Leben schwerlich möglich ist.

Exhibitionismus und die Rolle der digitalen Welt

Mit der voranschreitenden Digitalisierung und der stetigen Verbreitung digitaler Technologien sind verschiedene Formen von Exhibitionismus entstanden, die sich in rechtliche Graubereiche begeben. In traditionellen Fällen von Exhibitionismus, bei denen eine Person sich öffentlich aus sexueller Lust entblößt, greift, wie bereits erwähnt, § 183 StGB. Entblößungen in Online-Umgebungen wie soziale Medien oder Online-Dating-Plattformen stellen jedoch eine neue Herausforderung für das deutsche Rechtssystem dar, da das Senden oder Posten expliziter Bilder und Videos ohne Zustimmung des Empfängers oft nicht eindeutig als Exhibitionismus gewertet wird. Trotzdem kann das Versenden solcher Inhalte strafbar sein, zum Beispiel nach § 201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen) oder als Beleidigung nach § 185 StGB. Es ist wichtig, dass sowohl Nutzer als auch die Betreiber von Online-Plattformen sich der rechtlichen Raffinessen bewusst sind und präventive Maßnahmen ergreifen, um solchen Verhaltensweisen entgegenzuwirken und rechtliche Klarheit im Umgang mit digitalen Formen des Exhibitionismus zu schaffen.

Zusammenfassung und Fazit

Exhibitionismus ist ein Problem, unter dem letztlich viele Menschen zu leiden haben. Während bei einem Exhibitionisten, der nicht unter einer Paraphilie-Störung leidet, die Opfer die Leidtragenden sind, verhält es sich bei einem Paraphilen etwas anders. Auch der Täter leidet unter dieser Störung und benötigt dringend Hilfe. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es sich bei der exhibitionistischen Tat um eine Straftat handelt. Der Gesetzgeber kennt für diese Handlung Strafen in Form einer Geldstrafe respektive einer Freiheitsstrafe. Auch Behandlungen und Therapien können gerichtlich angeordnet werden. Kommt es zu einer Anklage, so muss strafrechtsanwaltlicher Beistand in Anspruch genommen werden.

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