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Einspruch gegen Strafbefehl mit einfacher Email zulässig?

LG Nürnberg-Fürth – Az.: 12 Qs 59/22 – Beschluss vom 09.11.2022

1. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten pp. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 14.09.2022 wird verworfen.

2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I.

Am 17.08.2022 erließ das Amtsgericht Fürth gegen Angeklagten einen Strafbefehl wegen Betrugs und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 40 €. Der Strafbefehl wurde ihm am 20.08.2022 persönlich übergeben. Gegen den Strafbefehl wandte er sich mit E-Mail vom 08.09.2022 und begründete die Versäumung der Einspruchsfrist. Zugleich kündigte er an, den Einspruch am nächsten Tag zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Amtsgericht Fürth nachzuholen. Das tat er dann nicht.

Die Staatsanwaltschaft beantragte, das Schreiben vom 08.09.2022 als Einspruch zu behandeln und diesen wegen Verfristung als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen sei ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht ausreichend glaubhaft gemacht.

Mit Beschluss vom 14.09.2022 verwarf das Amtsgericht Fürth den Einspruch als unzulässig, weil verfristet.

Gegen den ihm am 19.09.2022 zugestellten Beschluss wendet sich der Angeklagte mit Schreiben vom 26.09.2022, eingegangen bei Gericht am selben Tag. Er habe die Einspruchsfrist verpasst, weil er vom 19.08.2022 bis 07.09.2022 in Urlaub gewesen sei; er habe erst nach seiner Rückkehr den zugestellten Strafbefehl im Briefkasten vorgefunden.

Die Staatsanwaltschaft hat der Kammer die sofortige Beschwerde mit dem Antrag zugeleitet, diese kostenpflichtig zu verwerfen.

II.

Einspruch gegen Strafbefehl mit einfacher Email zulässig?
(Symbolfoto: Rawpixel.com/Shutterstock.com)

Die statthafte sofortige Beschwerde gegen die Verwerfung des Wiedereinsetzungsantrags und des Einspruchs ist unbegründet, weil beide zu Recht als unzulässig verworfen wurden.

1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft gegen den Einspruch und gegen die – konkludente – Verwerfung des Wiedereinsetzungsantrags (§ 46 Abs. 3, § 411 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 StPO), und auch im Übrigen zulässig.

2. Allerdings ist sie unbegründet. Das Amtsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und den Einspruch zu Recht verworfen. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO ist der Wiedereinsetzungsantrag binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Verlangt wird hierfür die Schriftform (Maul in KK-StPO, 8. Aufl., § 45 Rn. 2 m.N. zur a.A.; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 45 Rn. 2); für die versäumte Prozesshandlung bedarf es der für sie vorgeschriebenen Form. Wird die versäumte Handlung nicht in der für sie vorgeschriebenen Form nachgeholt, so ist auch der Antrag auf Wiedereinsetzung unzulässig (Maul, aaO., § 45 Rn. 9; Schmitt, aaO., § 45 Rn. 11). Beim Strafbefehl erfolgt die Einlegung des Einspruchs binnen zweier Wochen schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle (§ 410 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Die Schriftform ist hier in beiden Fällen – beim Wiedereinsetzungsantrag und beim Einspruch – nicht eingehalten. Zwar kann gegenüber Gerichten die Schriftform auch durch ein elektronisches Dokument gewahrt werden (§ 32a Abs. 1, 3 StPO). Der Wortlaut dieser Norm beschränkt auch den Personenkreis möglicher Absender nicht. Dementsprechend kann auch der Angeklagte elektronische Dokumente, zu denen E-Mails gehören, bei Gericht einreichen (Valerius in BeckOK StPO, 45. Ed. 01.10.2022, § 32a Rn. 4). Für deren Wirksamkeit ist es allerdings erforderlich, dass sie qualifiziert elektronisch signiert oder signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Eine gewöhnliche E-Mail genügt diesen Anforderungen nicht (BSG, Beschluss vom 13.05.2020 – B 13 R 35/20 B, juris Rn. 7 zu § 65a Abs. 1 SGG; BGH, Beschluss vom 12.05.2022 – 5 StR 398/21, juris Rn. 22, mit Verweis auf BT-Drs. 19/27654, S. 56).

So liegt der Fall auch hier. Die E-Mail vom 08.09.2022, mit der Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt und zugleich dessen nachträgliche Zulassung beantragt wurde, wurde von einem gewöhnlichen E-Mail-Konto versandt („…@web.de“). Abgesehen von der Namensangabe des Angeklagten in der E-Mail-Adresse und nach der Grußformel, lässt die E-Mail keine weitere Überprüfung der Urheberschaft zu. Sie trägt weder eine qualifizierte elektronische Signatur noch ist sie signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden. Wiedereinsetzungsantrag und Einspruch teilen daher das gleiche rechtliche Schicksal: Sie waren als unzulässig zu verwerfen, weshalb die Beschwerde unbegründet ist.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO.

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