KG Berlin – Az.: (3) 121 Ss 160/19 (93/19) – Beschluss vom 06.11.2019
In der Strafsache wegen gefährlicher Körperverletzung hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts am 6. November 2019 beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 6. August 2019 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels sowie die dem Nebenkläger insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten am 27. März 2018 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Seine gegen dieses Urteil gerichtete Berufung hat das Landgericht mit Urteil vom 6. August 2019 verworfen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
II.
1. Mit der erhobenen Verfahrensrüge, die Strafkammer habe den Beweisantrag der Verteidigung auf Inaugenscheinnahme des Tatortes rechtsfehlerhaft abgelehnt, hat die Revision keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig, da sie nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt. Nach dieser Regelung muss der Revisionsführer, der eine Verletzung von Verfahrensvorschriften beanstandet, dem Revisionsgericht alle Tatsachen angeben, die zur rechtlichen Beurteilung des gerügten Verfahrensgeschehens erforderlich sind (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2017 – 5 StR 46/17 –, juris). Das Revisionsgericht muss in die Lage versetzt werden, allein anhand der Revisionsbegründung unterstellt das tatsächliche Vorbringen trifft zu – über die Rüge entscheiden zu können (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2000 – 1 StR 492/00 -, juris). Im Rahmen der Rüge der rechtsfehlerhaften Ablehnung eines Beweisantrages ist es vor diesem Hintergrund erforderlich, den Inhalt des in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages sowie des diesen ablehnenden Beschlusses des Gerichts mitzuteilen (vgl. Krehl in KK-StPO 8. Aufl., § 244 Rn. 224 m.w.N.). Dies hat die Revision jedoch versäumt.
2. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, der die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache gebietet.
a) Insbesondere hält die Beweiswürdigung der Strafkammer rechtlicher Nachprüfung stand.
Gemäß § 261 StPO ist die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters (vgl. BGH NStZ 2009, 284). Es obliegt allein ihm, die für den Urteilsspruch relevanten Tatsachen und Erfahrungssätze festzustellen, in ihrer Beweisbedeutung zu bewerten und sich auf dieser Grundlage eine Überzeugung zu bilden (vgl. BGH a.a.O.) Das Revisionsgericht hat die Beweiswürdigung des Tatrichters grundsätzlich hinzunehmen und sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die Urteilsgründe Rechtsfehler enthalten (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 62. Aufl., § 337 Rn. 26 m.w.N.). Rechtsfehler sind in sachlich-rechtlicher Hinsicht dann gegeben, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH NJW 2019, 945 m.w.N). Das Urteil muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 05. September 2017 – 1 StR 365/16 -, juris m.w.N.). Aus den Urteilsgründen muss sich ferner ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGH NJW 2008, 2792 m.w.N.), dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und dass die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermag (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 1994 – 5 StR 453/94 -; Senat, Beschluss vom 8. Juli 2015 – (3) 121 Ss 69/15 (47/15) – m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Landgerichts gerecht. Dieses hat sich insbesondere sehr detailliert mit der – bereits in sich unschlüssigen – Einlassung des Angeklagten auseinandergesetzt, fand diese jedoch vor dem Hintergrund der Angaben des als Zeugen gehörten Nebenklägers K sowie der Zeugen S, J und S widerlegt. Dabei hat das Gericht insbesondere die Angaben des Nebenklägers einer kritischen Prüfung unterzogen. Angesichts der Ausführungen des medizinischen Sachverständigen Dr. E gewann die Strafkammer – wie sie in den Urteilsgründen ausführlich begründet – ferner die Überzeugung, dass das Verletzungsbild des Nebenklägers mit dessen Schilderungen des Geschehensablaufes in Einklang steht.
Es ist auch – anders als die Revision meint – kein Fall einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation gegeben. Eine solche liegt vor, wenn die Beweissituation dadurch geprägt ist, dass eine Tatschilderung des Zeugen von jener des Angeklagten abweicht, ohne dass ergänzend auf weitere unmittelbar tatbezogene Beweismittel, etwa belastende Indizien wie Zeugenaussagen über Geräusche oder Verletzungsmuster zurückgegriffen werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 7. August 2019 – (3) 121 Ss 99/19 (58/19) -, juris; KG, Beschluss vom 12. Dezember 2018 – (2) 161 Ss 150/18 (53/18) -, juris; OLG Hamburg NStZ 2015, 105; Sander StV 2000, 45; ders. in Löwe-Rosenberg, StPO 26. Aufl., § 261 Rn. 83d, Schmandt StraFo 2010, 446). Dies ist hier nicht der Fall, da der Strafkammer in Gestalt der Angaben der Zeugen sowie des festgestellten Verletzungsmusters, zu dem auch der Sachverständige gehört wurde, sachliche Beweismittel zur Verfügung standen, die die Angaben des Geschädigten bestätigten. Die von der Rechtsprechung für Aussage-gegen-Aussage-Konstellation aufgestellten besonderen Anforderungen an die Beweiswürdigung, wonach insbesondere eine sorgfältige Inhaltsanalyse der Angaben, eine möglichst genaue Prüfung der Entstehungsgeschichte der belastenden Aussage, eine Bewertung eines gegebenenfalls feststellbaren Aussagemotivs sowie eine Prüfung von Konstanz, Detailliertheit und Plausibilität der Angaben zu fordern ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2019 – 2 StR 462/18 –, juris m.w.N.), finden daher hier keine Anwendung.
b) Auch im Übrigen deckt die Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 StPO.