Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Grundrechtsschutz vs. Wahrheitspflicht: Wo liegt die Grenze beim Auskunftsverweigerungsrecht?
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Was bedeutet das Auskunftsverweigerungsrecht im Strafprozess?
- Wann kann das Auskunftsverweigerungsrecht zu einem umfassenden Aussageverweigerungsrecht werden?
- Welche Rolle spielt die Zugehörigkeit zu einer kriminellen Bande beim Aussageverweigerungsrecht?
- Kann ein Zeuge zur Aussage gezwungen werden, wenn er sich selbst belasten würde?
- Welche Konsequenzen kann eine Aussage im Drogenprozess für den Zeugen haben?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Das Oberlandesgericht Hamm hat den Beschluss der Strafkammer aufgehoben und die Beugehaft für rechtswidrig erklärt.
- Der Beschwerdeführer hatte sich geweigert, als Zeuge auszusagen, was die Strafkammer mit Ordnungsgeld und Beugehaft sanktionierte.
- Der Zeuge machte geltend, dass ihm ein umfassendes Recht zur Aussageverweigerung zustehe, da seine Aussagen ihn selbst belasten könnten.
- Das Gericht stellte fest, dass dem Zeugen das rechtliche Gehör nicht ausreichend gewährt wurde und er nicht korrekt über sein Auskunftsverweigerungsrecht belehrt wurde.
- Das Auskunftsverweigerungsrecht kann sich unter bestimmten Bedingungen zu einem umfassenden Aussageverweigerungsrecht verdichten, wenn eine enge Verbindung zwischen der Tat und der Person des Zeugen besteht.
- In diesem Fall war der Zeuge Mitglied derselben Bande wie der Angeklagte, was eine Selbstbelastungsgefahr bei Aussagen zur Bandentätigkeit begründete.
- Die Gefahr einer Selbstbelastung lag darin, dass der Zeuge durch seine Aussagen Ermittlungen gegen sich selbst wegen anderer Straftaten auslösen könnte.
- Aufgrund der engen Verbindung und der bestehenden Selbstbelastungsgefahr war es dem Zeugen nicht zumutbar, Angaben zur Sache zu machen.
- Die bereits vollzogene Beugehaft stellte einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff dar, weshalb ein fortwirkendes Rechtsschutzbedürfnis bestand.
- Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers wurden der Staatskasse auferlegt.
Grundrechtsschutz vs. Wahrheitspflicht: Wo liegt die Grenze beim Auskunftsverweigerungsrecht?
Jeder Mensch hat das Recht, sich selbst nicht zu belasten. Dies ist im Grundgesetz verankert und schützt uns vor unzumutbarer Selbstbeschuldigung. Doch wo liegt die Grenze zwischen dem Recht, schweigen zu dürfen, und der Pflicht, die Wahrheit zu sagen? Dieser Frage widmet sich das Auskunftsverweigerungsrecht, das besonders im Strafprozess eine zentrale Rolle spielt.
Das Auskunftsverweigerungsrecht ermöglicht es, dass Verdächtige oder Angeklagte sich gegenüber der Polizei oder der Justiz weigern, Aussagen zu treffen, die sie selbst belasten könnten. Dieses Recht dient dem Schutz des Einzelnen vor unzulässiger Selbstbelastung und trägt dazu bei, den rechtsstaatlichen Grundsatz der Unschuldsvermutung zu gewährleisten. In der Praxis ist es jedoch nicht immer eindeutig, welche Aussagen unter das Auskunftsverweigerungsrecht fallen und welche nicht.
Im Folgenden wird ein Gerichtsurteil beleuchtet, das sich mit einem besonders interessanten Fall des Auskunftsverweigerungsrechts beschäftigt. Es geht dabei um die Frage, ob und in welchem Umfang dieses Recht für umfassende Aussagen gilt.
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Der Fall vor Gericht
Auskunftsverweigerungsrecht schützt Zeugen vor Selbstbelastung in Drogenprozess
Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem bemerkenswerten Fall das Recht eines Zeugen auf Aussageverweigerung in einem Strafprozess gestärkt. Es ging um einen Zeugen, der in einem Verfahren wegen Drogenhandels aussagen sollte. Der Mann verweigerte jedoch jegliche Aussage, woraufhin das zuständige Gericht zunächst ein Ordnungsgeld und Beugehaft gegen ihn verhängte.
Der Zeuge legte dagegen Beschwerde ein und bekam nun vom OLG Hamm Recht. Das Gericht stellte fest, dass dem Mann ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht zustand. Grund dafür war seine mutmaßliche Zugehörigkeit zur gleichen kriminellen Bande wie der Angeklagte.
Enge Verbindung zwischen Zeuge und Angeklagtem rechtfertigt Schweigen
Laut Anklageschrift waren sowohl der Zeuge als auch der Angeklagte Mitglieder derselben Bande, die Drogentransporte durchführte. Das OLG sah einen so engen Zusammenhang zwischen möglichen eigenen Straftaten des Zeugen und dem Verfahrensgegenstand, dass eine Trennung nicht möglich war.
Eine Aussage hätte den Zeugen in die Gefahr gebracht, sich selbst zu belasten. Das Gericht wies darauf hin, dass die bisher bekannten Taten nur einen kurzen Zeitraum abdeckten, die Aktivitäten der Bande aber wohl deutlich länger andauerten. Der Zeuge hätte durch Angaben zur Bandenstruktur oder Vorgehensweise möglicherweise Anhaltspunkte für weitere, bisher unbekannte eigene Straftaten geliefert.
Schutz vor Vergeltung als zusätzlicher Aspekt
Ein weiterer wichtiger Punkt in der Begründung des OLG war der Schutz des Zeugen vor möglicher Vergeltung. Das Gericht hielt es für unzumutbar, den Mann zu einer Aussage zu zwingen, da er dadurch riskiert hätte, dass der Angeklagte aus Rache bisher unentdeckte Straftaten des Zeugen offenlegt.
Diese Überlegung zeigt, dass das Gericht nicht nur die unmittelbare Selbstbelastung durch eine Aussage berücksichtigte, sondern auch mögliche indirekte Folgen für den Zeugen in seine Entscheidung einbezog.
Grundsätzliche Bedeutung der Entscheidung für Zeugenrechte
Mit diesem Beschluss stärkt das OLG Hamm die Rechte von Zeugen in Strafprozessen erheblich. Es macht deutlich, dass das Auskunftsverweigerungsrecht unter bestimmten Umständen zu einem umfassenden Aussageverweigerungsrecht werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine enge Verbindung zwischen dem Zeugen und dem Verfahrensgegenstand besteht.
Die Richter betonten, dass gerade im Bereich der Drogendelikte schon der Kontakt zu einzelnen Beteiligten einen ausreichenden Zusammenhang begründen kann, um ein Schweigerecht zu rechtfertigen. Damit setzt das Gericht die Schwelle für ein Aussageverweigerungsrecht in solchen Fällen vergleichsweise niedrig an.
Für die Praxis bedeutet dies, dass Gerichte in ähnlich gelagerten Fällen sehr genau prüfen müssen, ob einem Zeugen ein umfassendes Schweigerecht zusteht. Die Entscheidung dürfte insbesondere in Verfahren gegen organisierte Kriminalität und Bandenkriminalität große Bedeutung erlangen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Diese Entscheidung des OLG Hamm erweitert den Schutzbereich des Auskunftsverweigerungsrechts erheblich. Bei enger Verbindung zwischen Zeuge und Verfahrensgegenstand, insbesondere im Bereich der organisierten Kriminalität, kann sich das Auskunftsverweigerungsrecht zu einem umfassenden Aussageverweigerungsrecht verdichten. Gerichte müssen künftig sorgfältig prüfen, ob einem Zeugen ein solch weitreichendes Schweigerecht zusteht, um ihn vor Selbstbelastung und möglicher Vergeltung zu schützen. Dies stärkt die Rechte von Zeugen in Strafprozessen deutlich.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als Zeuge in einem Strafprozess geladen werden und befürchten, dass Ihre Aussage Sie selbst belasten könnte, haben Sie jetzt besseren Schutz. Das Gericht hat entschieden, dass Sie in bestimmten Fällen komplett die Aussage verweigern dürfen, ohne Strafen wie Bußgelder oder Haft befürchten zu müssen. Dies gilt besonders, wenn Sie und der Angeklagte zur gleichen Gruppe gehören, wie bei Drogendelikten. Wichtig ist, dass Sie Ihre Verbindung zum Fall glaubhaft machen können. Sie müssen nicht nur einzelne Fragen, sondern dürfen die gesamte Aussage verweigern, wenn Sie sich oder Nahestehende damit belasten würden. Lassen Sie sich im Zweifel von einem Anwalt beraten, um Ihre Rechte optimal zu schützen.
FAQ – Häufige Fragen
Drogendelikte sind komplexe Angelegenheiten mit weitreichenden Folgen. Um Ihnen einen besseren Überblick über Ihre Rechte und Möglichkeiten zu geben, haben wir diese FAQ-Rubrik zusammengestellt. Neben allgemeinen Informationen zum Strafrecht und den gängigen Verfahrensabläufen finden Sie hier auch detaillierte Hinweise zum Auskunftsverweigerungsrecht in Drogenprozessen. So können Sie sich im Falle eines Verdachts oder einer Anklage besser informieren und wissen, wie Sie Ihre Interessen bestmöglich schützen können.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was bedeutet das Auskunftsverweigerungsrecht im Strafprozess?
- Wann kann das Auskunftsverweigerungsrecht zu einem umfassenden Aussageverweigerungsrecht werden?
- Welche Rolle spielt die Zugehörigkeit zu einer kriminellen Bande beim Aussageverweigerungsrecht?
- Kann ein Zeuge zur Aussage gezwungen werden, wenn er sich selbst belasten würde?
- Welche Konsequenzen kann eine Aussage im Drogenprozess für den Zeugen haben?
Was bedeutet das Auskunftsverweigerungsrecht im Strafprozess?
Wann kann das Auskunftsverweigerungsrecht zu einem umfassenden Aussageverweigerungsrecht werden?
Welche Rolle spielt die Zugehörigkeit zu einer kriminellen Bande beim Aussageverweigerungsrecht?
Kann ein Zeuge zur Aussage gezwungen werden, wenn er sich selbst belasten würde?
Welche Konsequenzen kann eine Aussage im Drogenprozess für den Zeugen haben?
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Auskunftsverweigerungsrecht: Dieses Recht ermöglicht es Zeugen in einem Strafverfahren, die Aussage zu verweigern, wenn sie sich selbst oder nahe Angehörige dadurch belasten könnten. Es dient dem Schutz vor unzumutbarer Selbstbeschuldigung und ist besonders in Fällen relevant, wo eine enge Verbindung zum Tatgeschehen besteht.
- Beugehaft: Beugehaft ist eine Maßnahme, um Zeugen zur Aussage zu zwingen, wenn sie ohne rechtlichen Grund die Aussage verweigern. Sie wird verhängt, um den Zeugen zur Kooperation zu bewegen. In diesem Fall wurde die Beugehaft als rechtswidrig angesehen, da das Auskunftsverweigerungsrecht des Zeugen missachtet wurde.
- Ordnungsgeld: Ein Ordnungsgeld ist eine Geldstrafe, die verhängt wird, wenn jemand gegen gerichtliche Anordnungen verstößt, wie z.B. das Nichterscheinen vor Gericht oder die Verweigerung einer Aussage ohne triftigen Grund. Im vorliegenden Fall wurde ein Ordnungsgeld verhängt, weil der Zeuge die Aussage verweigerte, was jedoch später als unrechtmäßig beurteilt wurde.
- Zeugnisverweigerungsrecht (§ 52 StPO): Dieses Recht erlaubt es bestimmten Zeugen, die Aussage zu verweigern, um sich selbst oder ihre Angehörigen vor strafrechtlichen Konsequenzen zu schützen. Es gilt insbesondere für nahe Verwandte des Angeklagten und war im vorliegenden Fall ein zentraler Punkt, da der Zeuge befürchtete, sich selbst zu belasten.
- Selbstbelastungsfreiheit (Art. 2 GG): Dieses Grundrecht schützt Personen davor, durch ihre eigenen Aussagen in Strafverfahren belastet zu werden. Es ist eine wesentliche Grundlage für das Auskunftsverweigerungsrecht und wird im deutschen Rechtssystem streng geschützt, um den fairen Prozess zu gewährleisten.
- Vergeltung: Im Kontext von Strafprozessen bezieht sich Vergeltung auf mögliche Racheakte gegen Zeugen durch Angeklagte oder deren Umfeld. Das Gericht berücksichtigte in diesem Fall die Gefahr, dass der Zeuge durch seine Aussage der Rache des Angeklagten ausgesetzt wäre, was ein weiteres Argument für sein Aussageverweigerungsrecht war.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 55 Abs. 1 StPO (Zeugnisverweigerungsrecht): Dieses Gesetz regelt, dass Zeugen in einem Strafverfahren grundsätzlich aussagen müssen. Sie haben jedoch das Recht, die Aussage zu verweigern, wenn sie sich oder nahe Angehörige dadurch selbst belasten würden. Im vorliegenden Fall berief sich der Zeuge auf dieses Recht, da er befürchtete, durch seine Aussage gegen den Angeklagten sich selbst wegen weiterer Straftaten zu belasten.
- § 52 Abs. 1 StPO (Angehörige): Dieser Paragraph definiert, welche Personen als nahe Angehörige gelten, denen gegenüber ein Zeuge das Zeugnis verweigern darf, um sie nicht zu belasten. Dazu zählen Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner. Im konkreten Fall war dies nicht direkt relevant, da der Zeuge sich selbst schützen wollte.
- Art. 2 Abs. 1 GG (Allgemeine Handlungsfreiheit): Dieses Grundrecht schützt die Freiheit des Einzelnen, seine Angelegenheiten selbst zu bestimmen. Im Zusammenhang mit dem Auskunftsverweigerungsrecht bedeutet dies, dass der Staat nicht in die Entscheidung eines Zeugen eingreifen darf, ob er aussagen möchte oder nicht, solange dies durch ein Gesetz gedeckt ist. Im vorliegenden Fall war das Aussageverweigerungsrecht des Zeugen durch § 55 StPO gedeckt.
- § 115 Abs. 3 StVollzG (Feststellung der Rechtswidrigkeit erledigter Maßnahmen): Dieser Paragraph ermöglicht es, auch nach dem Ende einer Maßnahme (hier: Beugehaft) gerichtlich feststellen zu lassen, ob diese rechtmäßig war. Dies ist wichtig, da Freiheitsentziehung ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte ist. Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass die Beugehaft des Zeugen rechtswidrig war, da sein Aussageverweigerungsrecht verletzt wurde.
- § 473 Abs. 3 StPO (Kostenentscheidung bei Erledigung des Verfahrens): Dieser Paragraph regelt, wer die Kosten eines Strafverfahrens trägt, wenn es ohne Urteil endet. Im vorliegenden Fall wurden die Kosten der Staatskasse auferlegt, da die Beugehaft des Zeugen rechtswidrig war und damit das Verfahren gegen ihn unberechtigt eingeleitet wurde.
Das vorliegende Urteil
OLG Hamm – Az.: 5 Ws 163/24 – Beschluss vom 04.06.2024
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
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Der angefochtene Beschluss vom 24.04.2024 wird aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass die bis zum 29.05.2024 vollzogene Beugehaft rechtswidrig war.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschwerdeführer insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Nachdem der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung am 24.04.2024 gegen den im Tenor bezeichneten Angeklagten nach erfolgter Belehrung erklärt hatte, er werde kein Zeugnis ablegen, hat die Strafkammer mit angefochtenem Beschluss dem Zeugen die durch seine Verweigerung verursachten Kosten auferlegt, ein Ordnungsgeld in Höhe von 750 Euro (ersatzweise Ordnungshaft) verhängt sowie eine Beugehaft bis zum 29.05.2024 angeordnet. Dagegen wendet sich der Zeuge mit der Beschwerde in dem Schriftsatz seines Zeugenbeistandes vom 24.04.2024. Er meint, ihm stehe wegen der gemeinsamen Bandenzugehörigkeit von Angeklagtem und Beschwerdeführer ein umfassendes Recht zur Auskunftsverweigerung zu. In ihrer Stellungnahme vom 06.05.2024 verweist die Staatsanwaltschaft Köln darauf, dass die Einwände des Zeugen in der Beschwerdebegründung zu pauschal seien. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen. Dazu hat der Zeugenbeistand mit Schriftsatz vom 24.05.2024 Stellung genommen.
II.
Der angefochtene Beschluss war auf die Beschwerde aufzuheben, da dem Zeugen ein umfassendes Recht zur Aussageverweigerung zusteht; im Einzelnen:
1.
Grundsätzlich ist ein Ordnungsgeldbeschluss bereits dann rechtsfehlerhaft, wenn dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör nicht in ausreichendem Maße gewährt worden ist. Das ist dann der Fall, wenn es an einer ausreichenden Belehrung fehlt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.08.1995 – 3 Ws 486 – 487/95 = NStZ-RR 1996, 169, beck-online). Dieses ist hier der Fall, da die Strafkammer bei ihrer Belehrung den Umfang des Auskunftsverweigerungsrechts verkannt hat.
2.
Zwar ist ein Zeuge grundsätzlich verpflichtet, vollständig zum Beweisthema auszusagen und kann nach § 55 Abs. 1 StPO nur die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 52 Abs. 1 StPO bezeichneten Angehörigen in die Gefahr bringen würde, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.
Allerdings sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung Fallkonstellationen anerkannt, in denen sich das Auskunftsverweigerungsrecht zum Aussageverweigerungsrecht verdichten kann (vgl. BGHSt 47, 220, 222). Dazu muss die Aussage aber mit etwaigem strafbaren Verhalten in so engem Zusammenhang stehen, dass eine Trennung nicht möglich ist (vgl. BGH NStZ 2002, 272, 273; StV 1987, 327, 328). Voraussetzung dafür ist insbesondere ein bereits nach Aktenlage nachvollziehbarer örtlicher und personeller Konnex zwischen der den Ermittlungsgegenstand bildenden Tat und der Person des die Auskunft verweigernden Zeugen (vgl. BVerfG NStZ 2002, 378; BGH NStZ 1999, 1413; BGHR StPO § 70, Weigerungsgrund 2). Gerade im Bereich der Rauschmitteldelikte kann der Kontakt zu einzelnen Beteiligten den Konnex bereits begründen (vgl. LG Hamburg, Beschluss vom 22. 6. 2007 – 618 Kls 2/07 = NStZ 2008, 588, beck-online). Besteht bei Rauschmitteldelikten die konkrete Gefahr, dass der Zeuge die Tatbeteiligten weiterer, noch verfolgbarer, eigener Delikte offenbaren, also Auskünfte über Teilstücke in einem mosaikartig zusammengesetzten Beweisgebäude geben und damit zugleich potenzielle Beweismittel gegen sich selbst liefern müsste, so ist ihm die Erteilung solcher Auskünfte nicht zumutbar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6.2.2002 – 2 BvR 1249/01 = NJW 2002, 1411, beck-online).
Ähnlich gelagert ist der Fall hier, da der Beschwerdeführer im Falle von Angaben zur Sache die Aufnahme von Ermittlungen betreffend etwaige, bislang nicht ermittelte Bandentaten befürchten muss.
3.
Nach Aktenlage ergibt sich ein besonderer persönlicher Konnex zwischen dem Angeklagten und dem Beschwerdeführer. Ausweislich der (eröffneten) Anklageschrift vom 27.12.2023 waren sowohl der hiesige Angeklagte als auch der Beschwerdeführer Mitglieder derselben Bande, jedenfalls soweit es die Betäubungsmitteltransporte nach S. (B.) betrifft. Hinsichtlich der Gefahr einer Selbstbelastung des Zeugen ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die beim Beschwerdeführer abgeurteilten bzw. eingestellten Taten und die hiesigen angeklagten Taten lediglich einen kurzen Zeitraum vom 23.01.2022 bis zum 17.03.2022 betreffen, wohingegen die Betäubungsmittelaktivitäten der Bande ausweislich des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen bereits ab dem Februar 2021 zutage treten, beispielsweise bei einer – nicht angeklagten – Transportfahrt nach S. am 20.10.2021. Für den Beschwerdeführer ergibt sich außerdem die Gefahr, dass er durch die Preisgabe der Bandenzusammensetzung, der Struktur oder des Modus Operandi Tatsachen für das Vorliegen eines Anfangsverdachts von weiteren Straftaten liefert. Letztlich dürfte es dem Beschwerdeführer unzumutbar sein, Auskünfte betreffend die Bandenzugehörigkeit des Angeklagten bzw. dessen Bestellungen von Betäubungsmitteln zu offenbaren, da dadurch – über das eigene Strafverfahren hinaus – das Risiko bestünde, dass der Angeklagte als Vergeltung ihm bekannt gewordene – bislang nicht ermittelte – weitere Betäubungsmittelgeschäfte der Gruppierung unter Mitwirkung des Beschwerdeführers aufdeckt (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 6.2.2002 – 2 BvR 1249/01 = NJW 2002, 1411, beck-online).
4.
Für die ausgesprochene Beugehaft bestand auch nach ihrem Vollzug ein fortwirkendes Rechtsschutzbedürfnis, da es sich bei dem angeordneten Freiheitsentzug um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff handelt und die Beugehaft – im Falle ihrer Rechtmäßigkeit – nicht nach § 51 Abs. 1 StGB auf die Strafvollstreckung angerecht werden kann (vgl. BVerfG (3. Kammer des Zweiten Senats), Beschluss vom 9.9.2005 – 2 BvR 431/02 = NJW 2006, 40, beck-online). Aufgrunddessen war die Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme entsprechend § 115 Abs. 3 StVollzG auszusprechen.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 473 Abs. 3 StPO (vgl. dazu auch OLG Hamm, Beschluss vom 20. 6. 1975 – 4 Ws 245/74 -, NJW 1975, 2112, beck-online).