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Anordnung erkennungsdienstliche Behandlung trotz Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO

VGH München: Erkennungsdienstliche Behandlung auch nach Einstellung des Strafverfahrens möglich

Das Spannungsfeld zwischen den Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden und den individuellen Rechten der Bürger bildet den Kern zahlreicher juristischer Auseinandersetzungen. Ein besonders interessanter Aspekt dieses Spannungsfeldes ist die Frage der Zulässigkeit erkennungsdienstlicher Maßnahmen nach einer Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 170 Abs. 2 StPO. Diese Thematik wirft grundlegende Fragen hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit polizeilicher Maßnahmen und des Schutzes persönlicher Rechte auf.

Insbesondere steht hier die Abwägung zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit an effektiver Strafverfolgung und Prävention von Straftaten und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte des Einzelnen im Vordergrund. Die Entscheidungen der Gerichte in solchen Fällen bieten wichtige Einblicke in die Auslegung und Anwendung rechtlicher Normen im Kontext der modernen Strafverfolgung und des Datenschutzes.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 10 CS 21.3080   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach bestätigte die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung eines Verdächtigen trotz Einstellung des Strafverfahrens, basierend auf dem Verdacht des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und der Annahme einer Wiederholungsgefahr.

Zentrale Punkte des Urteils:

  1. Bestätigung der Anordnung: Die erkennungsdienstliche Behandlung des Antragstellers wurde gemäß Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 PAG angeordnet, trotz Einstellung des Strafverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO.
  2. Rechtmäßigkeit der Entscheidung: Das Gericht fand, dass der angefochtene Bescheid voraussichtlich rechtmäßig ist, da der Anwendungsbereich von § 81b Alt. 2 StPO nicht eröffnet war.
  3. Tatverdacht: Der Antragsteller war verdächtig, unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln begangen zu haben. Die Einstellung des Verfahrens nach § 31a Abs. 1 BtMG eliminierte nicht den Tatverdacht.
  4. Wiederholungsgefahr: Es bestand eine Wiederholungsgefahr, begründet durch zwei bekannte Vorfälle, einschließlich eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz.
  5. Ermessensentscheidung und Verhältnismäßigkeit: Die Ermessensentscheidung des Gerichts und die Wahrung der Verhältnismäßigkeit wurden bestätigt.
  6. Einwände des Antragstellers: Die Einwände bezüglich der Wiederholungsgefahr und des Verdachts der Begehung einer Straftat wurden vom Gericht nicht akzeptiert.
  7. Bedeutung des Restverdachts: Trotz Einstellung des Strafverfahrens bleibt ein Restverdacht bestehen, der für die Anordnung relevant ist.
  8. Begründung der erkennungsdienstlichen Maßnahme: Die Maßnahme dient der präventiven Arbeit der Polizei, insbesondere bei der Identifizierung von Dealern und Rauschmittelkonsumenten.

Anordnung der Erkennungsdienstlichen Behandlung: Ein Komplexer Fall

Im Zentrum des vorliegenden Falles steht die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung durch die Polizeiinspektion N.-W. gegen den Antragsteller, trotz der Einstellung eines vorherigen Strafverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO. Diese Maßnahme wurde auf der Grundlage von Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 und 4 PAG getroffen und führte zu rechtlichen Auseinandersetzungen, die bis zum Verwaltungsgerichtshof (VGH) München führten.

Rechtliche Herausforderungen und Persönlichkeitsrechte

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall ergibt sich aus der Frage, ob die erkennungsdienstliche Behandlung auch nach der Einstellung eines Strafverfahrens rechtmäßig angeordnet werden kann. Hierbei ist insbesondere die Abwägung zwischen den polizeilichen Interessen an der Vorbeugung und Aufklärung von Straftatenund den Persönlichkeitsrechten des Betroffenen von Bedeutung.

Tatverdacht und Polizeiliche Maßnahmen

Der Antragsteller wurde verdächtigt, unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG zu haben. Dieser Verdacht basierte auf zwei Vorfällen: Einmal wurde der Antragsteller im März 2020 wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit unter Einfluss von Betäubungsmitteln angehalten, und im Dezember 2020 fand man bei ihm eine Substanz, die sich in einem Vortest als Marihuana erwies. Der Antragsteller behauptete jedoch, es handle sich um legales Cannabidiol (CBD).

Entscheidung des VGH München: Bestätigung der Rechtmäßigkeit

Das Verwaltungsgericht Ansbach wies den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Polizeiinspektion ab. Es stellte fest, dass der Bescheid voraussichtlich rechtmäßig sei, da der Anwendungsbereich von § 81b Alt. 2 StPO nicht eröffnet sei und der Tatverdacht für Maßnahmen der polizeirechtlichen Gefahrenabwehr ausreiche. Die Einstellung des Verfahrens nach § 31a Abs. 1 BtMG ließe den Tatverdacht nicht entfallen.

Der VGH München bestätigte diese Entscheidung. Er führte aus, dass der Restverdacht bestehen blieb, da der Antragsteller keine überzeugende Erklärung für den Besitz der Substanz liefern konnte und der Vortest auf Marihuana hindeutete. Zudem wurde die Wiederholungsgefahr bejaht, da der Antragsteller bereits zweimal im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln auffällig geworden war. Das Gericht betonte, dass selbst bei erstmaliger Begehung von Betäubungsdelikten die Annahme einer Wiederholungsgefahr nahegelegt wird.

Insgesamt zeigt dieser Fall die komplexe Abwägung zwischen den Interessen der Strafverfolgungsbehörden und den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen. Die Entscheidung des VGH München verdeutlicht, dass auch nach einer Einstellung des Strafverfahrens unter bestimmten Umständen eine erkennungsdienstliche Behandlung rechtmäßig sein kann, insbesondere wenn ein Restverdacht besteht und eine Wiederholungsgefahr angenommen wird.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet eine erkennungsdienstliche Behandlung?

Eine erkennungsdienstliche Behandlung, oft abgekürzt als ED-Behandlung, bezieht sich auf die Erfassung von personenbezogenen und biometrischen Daten einer Person durch die Polizei. Dies kann nach einer Festnahme wegen einer Straftat erfolgen, aber auch präventiv, zum Beispiel durch die Ausländerbehörden im Rahmen von Asylverfahren.

Die erhobenen Daten können variieren, umfassen aber in der Regel Vorname, Familienname, Wohnort, andere Daten aus Ausweisen und Reisepässen, Alter beziehungsweise Geburtsdatum, Lichtbilder (Mug shots), Körperhöhe, Körpergewicht, besondere körperliche Merkmale (wie Narben, Muttermale, Sommersprossen, Tätowierungen), Tonaufnahmen des gesprochenen Wortes und Fingerabdrücke aller zehn Finger sowie Abdrücke beider Handflächen.

In Deutschland gibt es zwei Arten der ED-Behandlung, die sich nach § 81b StPO richten. Die erste Alternative ermöglicht die ED-Behandlung zur Durchführung eines Strafverfahrens. Diese Maßnahme kann auch gegen den Willen des Beschuldigten im Strafverfahren durchgeführt werden. Die zweite Alternative bezieht sich auf die ED-Behandlung zum Zwecke des Erkennungsdienstes, das heißt als vorbeugende Maßnahme.

Die ED-Behandlung kann auch gegen den Willen einer Person mit unmittelbarem Zwang angeordnet und durchgeführt werden. Gegen Maßnahmen für erkennungsdienstliche Zwecke steht der Verwaltungsrechtsweg offen. Die Anfechtungsklage nach § 42 VwGO ist bereits gegen die Aufforderung beziehungsweise Vorladung zulässig, sich zum Zweck der erkennungsdienstlichen Behandlung bei der Polizei einzufinden.

Es ist ratsam, bei einer Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung schnellstmöglich einen Rechtsanwalt zu kontaktieren, da die Daten unter Umständen jahrelang gespeichert werden können.


Das vorliegende Urteil

VGH München – Az.: 10 CS 21.3080 – Beschluss vom 12.08.2022

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (AN 15 K 21.1347) gegen den Bescheid der Polizeiinspektion N.-W. vom 22. Juni 2021 weiter. Mit diesem Bescheid wurde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die erkennungsdienstliche Behandlung des Antragstellers gemäß Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 und 4 PAG angeordnet und dieser hierzu gemäß Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 PAG vorgeladen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 2. November 2021 hat das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Abänderung der angegriffenen Entscheidung.

Das Verwaltungsgericht hat in seiner eingehenden und alle Gesichtspunkte abwägenden Begründung zutreffend festgestellt, dass der angefochtene Bescheid nach summarischer Prüfung voraussichtlich rechtmäßig ist. Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 PAG könne hier als Rechtsgrundlage herangezogen werden, weil der Anwendungsbereich von § 81b Alt. 2 StPO nicht eröffnet sei. Der Antragsteller sei verdächtig, eine mit Strafe bedrohte Tat, nämlich unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG, begangen zu haben; die Einstellung nach § 31a Abs. 1 BtMG lasse nicht den Tatverdacht als Grundlage für Maßnahmen der polizeirechtlichen Gefahrenabwehr und darauf gestützter erkennungsdienstlicher Maßnahmen entfallen. Der Einwand, bei der am 22. Dezember 2020 beim Antragsteller gefunden gefundenen Substanz handle es sich um CBD (Cannabidiol), welches er legal konsumiere, sei nicht glaubhaft. Vorliegend bestehe auch eine Wiederholungsgefahr; die Polizeibehörde gehe, ohne dass dies rechtlich zu beanstanden sei, insbesondere von einer Gefahr eines weiteren Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz aus und begründe das mit den zwei bekannten Vorfällen. Auch wenn der Vorfall vom 14. März 2020 lediglich als Ordnungswidrigkeit (§ 24a StVG) zu qualifizieren sei, zeige sich jedenfalls der Konsum von Betäubungsmitteln. Auch die Ermessensentscheidung begegne keinen Bedenken, die Verhältnismäßigkeit sei gewahrt.

Die in der Beschwerdebegründung gegen die Würdigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorgetragenen Einwendungen greifen nicht durch.

Der Antragsteller trägt vor, das Merkmal der Wiederholungsgefahr setze das rechtssichere Feststehen wenigstens einer ersten Straftat voraus. Der nur bußgeldbewehrte Verstoß vom 14. März 2020 stelle keine solche Straftat dar; er vermöge eine erkennungsdienstliche Maßnahme nicht zu begründen. Auch sei der Konsum von Betäubungsmitteln straflos und gehe nicht notwendigerweise mit deren Besitz oder vorherigem Erwerb einher. Eine Wiederholungsgefahr bestehe im vorliegenden Fall nicht. Ebenso habe im Zeitpunkt des Bescheidserlasses am 22. Juni 2021 auch kein Verdacht der Begehung einer Straftat bestanden, weil das Strafverfahren bereits am 21. März 2021 von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden sei. Im Übrigen sei auch nicht ersichtlich, wie im vorliegenden Fall Art und Ausführung der Tat eine Wiederholungsgefahr begründen sollten. Außerdem habe es sich bei der am 22. Dezember 2020 aufgefundenen Substanz um legales Cannabidiol und nicht um illegales Cannabis/Marihuana gehandelt Der vorgenommene sog. Drogenvortest sei insoweit nicht aussagekräftig. Im Übrigen habe er bereits am 22. Dezember 2020 den Polizeibeamten dargelegt, wo er das Cannabidiol erworben habe; diese Angaben habe die Polizei jedoch „unterschlagen“.

Diese zum größten Teil bereits in erster Instanz vorgetragenen Einwendungen (siehe Schriftsatz vom 28.9.2021) gehen auf die ausführlichen und differenzierten, im Einklang mit der Rechtsprechung auch des erkennenden Senats stehenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ein.

Im streitgegenständlichen Bescheid ebenso wie im Beschluss des Verwaltungsgerichts wurde nicht die Verkehrsordnungswidrigkeit vom 14. März 2020, sondern der Vorfall vom 22. Dezember 2020 als Anlasstat im Sinn des Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 PAG herangezogen. Insoweit handelte es sich um den Verdacht einer Straftat des Besitzes von Betäubungsmitteln, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein, nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG (siehe Strafanzeige vom 19.1.2021, Bl. 18 ff. der Behördenakte), welche mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bedroht ist. Dabei konnten Polizei wie Verwaltungsgericht auch aufgrund des sog. Vortests davon ausgehen, dass es sich nicht um legales Cannabidiol, sondern um illegales Marihuana handelte. Der Antragsteller hat auch im Beschwerdeverfahren kein ärztliches Rezept oder Attest vorgelegt, wonach er, wie er angegeben hat, Cannabidiol (CBD) zur Schmerztherapie einnimmt; außerdem spricht die Auffindesituation gegen eine Verwendung als Medikament (vgl. Sicherstellungsprotokoll, Bl. 23 der Behördenakte: „Form: Pflanzenteile, Verpackung: Glas mit Schraubverschluss“). Unerheblich ist dabei, ob er den Polizeibeamten bereits zum Zeitpunkt der Auffindung den Laden genannt hat, in dem er die vorgefundene Substanz erworben haben will.

Durch die Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft nach § 31a Abs. 1 BtMG (siehe Bl. 29 der Behördenakte) ist der Tatverdacht im Sinn des Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 PAG nicht entfallen. Nach dieser Vorschrift kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge besitzt. § 31a BtMG ist eine Sondervorschrift zu den Einstellungsvorschriften der §§ 153 ff. StPO, die aber daneben anwendbar bleiben (Wettley in Bohnen/Schmidt, BeckOK BtMG, § 31a Rn. 11; vgl. BVerfG, B.v. 9.3.1994 – 2 BvL 43/92 u.a. – BVerfGE 90, 145 = juris Rn. 165 ff.). Der in einem Ermittlungsverfahren festgestellte Tatverdacht kann auch dann berücksichtigt werden, wenn dieses Ermittlungsverfahren nach den §§ 153 ff. oder § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Denn die Einschätzung der Strafverfolgungsbehörde, das Ermittlungsergebnis gebe nicht genügenden Anlass zur Anklage, steht einer Bewertung des zugrundeliegenden „Anfangsverdachts“ sowie des Ermittlungsergebnisses nach den Maßstäben kriminalistischer Erfahrung nicht entgegen, wenn trotz Einstellung des Strafverfahrens ein „Restverdacht“ verbleibt. Dasselbe gilt sogar dann, wenn der Betroffene rechtskräftig freigesprochen wurde, der Freispruch aber den Restverdacht nicht vollständig ausgeräumt hat (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe z.B. BayVGH, B.v. 8.9.2020 – 10 CS 201850 – juris Rn. 5; ferner BVerwG, U.v. 23.11.2005 – 6 C 2.05 – juris). Im vorliegenden Fall ergibt sich der Restverdacht daraus, dass – wie erwähnt – die am 22. Dezember 2020 aufgefundene Substanz in einem Rauschgift-Vortest (Spraytest) einen Verdacht auf Marihuana ergab (siehe Testprotokoll, Bl. 28 der Behördenakte) und der Antragsteller hierfür keine glaubhafte Erklärung liefern konnte. Die Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft erfolgte demgemäß nicht nach § 170 Abs. 2 StPO, sondern eben nach § 31a BtMG.

Auch haben die Polizei und das Verwaltungsgericht zu Recht bejaht, dass im Fall des Antragstellers eine Gefahr der Wiederholung im Sinn des Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 PAG besteht. Der Vorfall vom 14. März 2020 konnte dabei in die Gefahrenprognose eingestellt werden, obwohl es sich hierbei „nur“ um eine Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a StVG handelt (für die der Antragsteller mit einer Geldbuße von 500,- Euro, zwei „Punkten“ und einem Monat Fahrverbot belegt wurde). Aufgrund der Blutuntersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass der Antragsteller beim Führen eines Fahrzeugs unter dem Einfluss von Cannabis und Crystal Meth gestanden hatte. Wenn der Antragsteller meint, es sei nicht ersichtlich, wie sich aus Art und Ausführung der Tat eine Gefahr der Wiederholung ergibt, übergeht er völlig die (zutreffenden) Erörterungen des Verwaltungsgerichts hierzu (BA S. 8-10). Es hat sich auf die zwei bekannten Vorfälle bezogen und darauf hingewiesen, dass bei (ehemaligen) Angehörigen der Drogenszene eine hohe Rückfallquote besteht und nach der Rechtsprechung Betäubungsdelikte deswegen bereits bei erstmaliger Begehung die Annahme einer Wiederholungsgefahr nahelegen (SächsOVG, B.v. 6.10.2009 – 3 B 187/08 – juris Rn. 8; OVG Saarl, B.v. 13.3.2009 – 3 B 34/09 – juris Rn. 35). Es hat ferner dargelegt, dass die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Maßnahme auch in Betracht kommt, wenn sich die Anlasstat nur auf eine geringe Menge Drogen bezieht, selbst wenn lediglich ein Fall von Eigengebrauch vorliegt, so dass von staatlicher Verfolgung abgesehen wird (§ 31a BtMG). Im vorliegenden Fall habe der zweimalige Gebrauch von Betäubungsmitteln innerhalb von mehr als neun Monaten nachgewiesen werden können, so dass auch keine Unerheblichkeit mehr vorliege. Gerade im Bereich von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz könnten Erkenntnisse aus einer erkennungsdienstlichen Behandlung die präventive Arbeit der Polizei, etwa bei der Identifizierung von Dealern und Rauschmittelkonsumenten, fördern. Der Antragsgegner verweise hierzu zutreffend auf das große Dunkelfeld bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie die erhöhe Suchtabhängigkeit durch regelmäßigen Konsum. Überzeugend werde die Führung des Tatnachweises anhand von Fingerabdrücken auf weggeworfenen Drogen, Verpackungsmaterialien und Transportmitteln oder an szenetypischen Orten oder der Wohnung eines Dealers erklärt. Angesichts der hier nur auszugsweise wiedergegebenen Darlegungen des Verwaltungsgerichts ist der Vorwurf in der Beschwerdebegründung, zur Frage der Wiederholungsgefahr sei „schlichtweg nichts zu alldem ersichtlich“, in keiner Weise nachvollziehbar.

Soweit der Antragsteller abschließend noch „höchst hilfsweise“ geltend macht, die streitgegenständliche Anordnung sei „offensichtlich unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft“, die polizeilichen Ausführungen im angegriffenen Bescheid seien „evident schablonenhaft, textbausteinartig und ohne individuellen Bezug zur ganz konkreten Sachverhaltslage abgefasst“, haben diese Vorwürfe ihrerseits keinen zutreffenden Bezug zu dem streitgegenständlichen Bescheid und insbesondere zum Beschluss des Verwaltungsgerichts. Eine nähere Begründung bleibt die Beschwerdebegründung insoweit schuldig; die abschließenden Bemerkungen zur „faulen“ Polizei und zum rechtsstaatlich zu beanstandenden „Durchwinken“ des Bescheids überschreiten die Grenze zur Unsachlichkeit.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit dem Streitwert für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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