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Anordnung einer DNA-Identitätsfeststellung nach vorläufiger Verfahrenseinstellung

LG Flensburg, Az.: II Qs 12/16, Beschluss vom 30.05.2016

Auf die Beschwerde des Betroffenen vom 16.02.2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Flensburg vom 09.02.2016, Az.: 108 AR 89/15 41 Gs 23/15 wird dieser aufgehoben.

Das Finanzverwaltungsamt Schleswig-Holstein – Landeskasse – trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen.

Gründe

I.

Anordnung einer DNA-Identitätsfeststellung nach vorläufiger Verfahrenseinstellung
Symbolfoto: Von create jobs 51 /Shutterstock.com

Der Betroffene ist einer gefährlichen Körperverletzung gem. § 224 Abs. 1 Ziff. 2,4 StGB verdächtig, die er am 22.03.2014 begangen haben soll. Auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Flensburg vom 01.08.2014 (108 Js 7297/14) wurde unter dem Aktenzeichen 48 Ds 58/14 vor dem Amtsgericht –Strafrichter- Flensburg am 24.09.2014 das Hauptverfahren eröffnet.

Im Rahmen der Hauptverhandlung am 21.11.2014 wurde das Verfahren gemäß § 153a Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Dem Betroffenen wurde die Auflage gemacht, binnen 6 Monaten 600 € in monatlichen Raten von 100 € an die Einrichtung Pro Familia zu zahlen.

Nachdem der Betroffene die Auflage erfüllt hatte, wurde das Verfahren mit Beschluss vom 08.12.2014 endgültig gemäß § 153a Abs. 2 StPO eingestellt.

Nach endgültiger Einstellung des Verfahrens, nämlich am 19.03.2015, beantragte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Flensburg, einen Beschluss nach §§ 81e, 81f, 81g StPO zu erlassen.

Mit Beschluss vom 09.02.2016 (Az.: 108 AR 89/15 41 Gs 23/15) ordnete das Amtsgericht Flensburg zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren gemäß § 81g Abs. 1 StPO

1. die Entnahme einer Speichelprobe sowie -im Falle der Weigerung hierzu- sogleich die Entnahme  einer Blutprobe und

2. deren molekulargenetische Untersuchung zur Feststellung des DNA-Identifizierungs-musters an.

Gegen diesen Beschluss legte der Betroffene durch seinen Verteidiger mit Datum vom 16.02.2016 Beschwerde ein. Dieser half das Amtsgericht nicht ab.

Am 23.02.2016 wurde die Entnahme der Speichelprobe bereits durchgeführt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig.

Da die molekulargenetische Untersuchung des Materials noch nicht stattgefunden hat, der Beschluss des Amtsgerichts somit nicht vollständig erledigt ist, ist sie auch der statthafte Rechtsbehelf.

Die Beschwerde ist begründet.

Die Voraussetzungen des § 81g StPO lagen zum Zeitpunkt des angegriffenen Beschlusses nicht vor. Schon zum Zeitpunkt der staatsanwaltschaftlichen Antragstellung am 19.03.2015 war der Betroffene weder (im Sinne von „nicht mehr“) Beschuldigter einer Straftat im Sinne der §§ 81g Abs. 1-3 StPO noch Verurteilter im Sinne des § 81g Abs. 4 StPO.

Die Beschuldigteneigenschaft endet auch mit einer Verfahrenseinstellung gemäß § 153a StPO (Löwe/Rosenberg-Erb, StPO, 26. Aufl. 2007, § 163a Rn. 24; VGH Mannheim, Urteil vom 07.03.2007, Az.: 1 S 1170/05, zit. nach beck online). Der Betroffene war folglich nach dem 08.12.2014 im Anlassverfahren nicht mehr Beschuldigter im Sinne der StPO. Diese Eigenschaft wird jedoch für die Anwendung des § 81g Abs. 1-3 StPO vorausgesetzt.

Verurteilter oder eine gleichgestellte Person i.S.d. § 81g Abs. 4 StPO war der Betroffene wegen der Anlasstat erst recht nicht.

Die Maßnahme gemäß § 81g StPO kann auch nicht auf andere Anlasstaten gestützt werden.

Zum Zeitpunkt sowohl der Antragstellung als auch des amtsgerichtlichen Beschlusses war ein weiteres Verfahren – der Betroffene war einer gefährlichen Körperverletzung verdächtig  (111 Js 10502/12 StA Flensburg) – ebenfalls bereits gemäß § 153a StPO eingestellt worden.

Verurteilt ist der Betroffene ausweislich des Bundeszentralregisterauszugs vom  07.01.2015 wegen zweier Taten:

1. Urteil des Amtsgerichts-Schöffengericht-  Flensburg vom 28.06.2011 (Az.: 106 Js 15890/10 42 Ls 9/11) wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln, Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 12 € (Datum der letzten Tat: 29.08.2010; Rechtskraft 06.07.2011)

2. Strafbefehl des Amtsgerichts Flensburg vom 25.10.2012 (Az.: 112 Js 19754/11 49 Cs 189/12) wegen Körperverletzung; Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 25 €  (Datum der letzten Tat: 11.09.2011; Rechtskraft: 13.11.2012).

Der unerlaubte Besitz von 27,6 g Cannabisharz, der Grundlage für das Urteil Nr. 1 BZR war, stellt keine erhebliche Straftat i.S.d. § 81 g Abs. 1 S. 1. 1. Alt. StPO dar.

Die Verurteilung Nr. 2 BZR stellt eine einfache Körperverletzung  und damit jedenfalls im konkreten Fall ebenfalls keine erhebliche Straftat im Sinne des § 81 g Abs. 1 S. 1 1. Alt. StPO dar. Der Betroffene hat seiner damaligen Lebensgefährtin ausweislich des rechtskräftigen Strafbefehls während eines Streits an den Hals gegriffen, sie gewürgt und gegen eine Wand gedrückt und ihr anschließend mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen.

Die Begehung der im Bundeszentralregisterauszug aufgeführten Straftaten steht im Unrechtsgehalt auch nicht der Begehung einer erheblichen Straftat gleich, § 81g Abs. 1 S. 2 StPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO analog.

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