Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Alltagsproblem: Einspruch gegen einen Strafbefehl und die Tücken des Verfahrens
- Der Fall von Frau A.: Vom Strafbefehl zur gerichtlichen Überprüfung
- Die Kernfrage für das Landgericht: War die Beschwerde von Frau A. überhaupt zulässig?
- Die Entscheidung des Landgerichts: Beschwerde zu spät und falsch adressiert
- Die Gründe des Gerichts: Eine Frage der Frist und der richtigen Adresse
- Ein tieferer Blick: Warum das Amtsgericht schon früher hätte anders handeln müssen
- Was bedeutet das für das ursprüngliche Verfahren?
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welchen Einfluss hat mein Einspruch auf das Strafbefehlsverfahren und wie formuliere ich ihn richtig?
- Gibt es immer eine mündliche Verhandlung, nachdem ich Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt habe?
- Warum sind Fristen und die richtige Adressierung bei Einspruch und Rechtsmitteln so wichtig?
- Kann ich etwas tun, wenn ich eine gerichtliche Frist für einen Einspruch oder ein Rechtsmittel verpasst habe?
- Was geschieht, wenn das Gericht bei der Bearbeitung meines Einspruchs Fehler macht?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 12 Qs 17/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Nürnberg-Fürth
- Datum: 26.05.2025
- Aktenzeichen: 12 Qs 17/25
- Verfahrensart: Sofortige Beschwerde im Strafbefehlsverfahren
- Rechtsbereiche: Strafprozessrecht, Kostenrecht, Verfassungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Angeklagte, die mit Strafbefehl zu einer Geldstrafe verurteilt wurde und eine Herabsetzung dieser Strafe begehrte.
- Beklagte: Das Amtsgericht Neustadt a.d. Aisch, dessen Beschluss über die Änderung des Strafbefehls Gegenstand der sofortigen Beschwerde war.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Angeklagte wurde mit Strafbefehl zu einer Geldstrafe verurteilt und legte Einspruch ein, mit der Bitte um Herabsetzung der Geldstrafe. Das Amtsgericht änderte daraufhin den Strafbefehl durch Beschluss ab und setzte die Tagessatzhöhe herab.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob die von der Angeklagten eingelegte sofortige Beschwerde gegen die Strafbefehlsänderung durch das Amtsgericht zulässig war, insbesondere fristgerecht erfolgte, und ob die Änderung des Strafbefehls im Beschlusswege überhaupt rechtlich statthaft war.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die sofortige Beschwerde der Angeklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts wurde als unzulässig verworfen.
- Begründung: Die sofortige Beschwerde war unzulässig, weil die Wochenfrist zur Einlegung nicht eingehalten wurde. Dies lag daran, dass das Schreiben der Angeklagten an den falschen Adressaten gerichtet war. Zudem war die ursprüngliche Änderung des Strafbefehls durch das Amtsgericht im Beschlusswege nicht statthaft, da der Einspruch der Angeklagten nicht wirksam nur auf die Tagessatzhöhe beschränkt war.
- Folgen: Das Strafverfahren gegen die Angeklagte ist durch den rechtswidrigen Beschluss des Amtsgerichts noch nicht abgeschlossen. Das Amtsgericht muss nun die weiteren notwendigen Schritte einleiten, insbesondere eine mündliche Verhandlung ansetzen.
Der Fall vor Gericht
Viele Menschen kennen die Situation: Ein offizieller Brief flattert ins Haus, und darin steht, man solle eine Strafe zahlen. Oft handelt es sich um einen sogenannten Strafbefehl – das ist eine Art Urteil, das ohne eine mündliche Gerichtsverhandlung erlassen wird, meist bei kleineren Delikten, wenn die Staatsanwaltschaft nach Aktenlage eine Verurteilung für wahrscheinlich hält. Doch was, wenn man mit der Höhe der Strafe nicht einverstanden ist oder sich ungerecht behandelt fühlt? Dann kann man Einspruch (also Widerspruch) einlegen. Aber wie genau funktioniert das, und welche Fallstricke lauern dabei? Ein aktueller Fall vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth beleuchtet genau diese Fragen.
Der Fall von Frau A.: Vom Strafbefehl zur gerichtlichen Überprüfung

Was war genau geschehen? Frau A., die wir hier so nennen, um ihre Identität zu schützen, hatte einen Strafbefehl vom Amtsgericht Neustadt a.d. Aisch erhalten. Das war am 28. November 2024. Das Amtsgericht – das ist die erste gerichtliche Instanz für viele alltägliche Rechtsstreitigkeiten und kleinere Straftaten – verurteilte sie zu einer Geldstrafe. Diese Strafe setzte sich aus 70 Tagessätzen (einer Art Maßeinheit für Geldstrafen, die sich an den täglichen Einkommensverhältnissen des Verurteilten orientiert) zu je 50 Euro zusammen. Insgesamt sollte Frau A. also 3.500 Euro zahlen.
Der ursprüngliche Strafbefehl und der erste Einspruch
Mit dieser Summe war Frau A. nicht einverstanden. Am 22. Dezember 2024 schrieb sie daher einen Brief an das Gericht und legte Einspruch ein. In diesem Schreiben bat sie darum, das verhängte Bußgeld – gemeint war die Geldstrafe von 3.500 Euro – zu senken. Sie begründete dies damit, dass sie den Betrag derzeit nicht zahlen könne, da sie Schwierigkeiten habe, ihre monatlichen Zahlungen zu leisten und Lebensmittel zu beschaffen. Das klingt nach einer nachvollziehbaren Notlage, die viele Menschen betreffen kann.
Die Reaktion des Amtsgerichts: Eine umstrittene Vereinfachung
Wie reagierte das Amtsgericht auf diesen Einspruch? Es interpretierte das Schreiben von Frau A. so, als ob sie ihren Einspruch nur auf die Höhe des einzelnen Tagessatzes beschränken wollte. Einfach gesagt: Das Gericht ging davon aus, dass Frau A. die Anzahl der Tagessätze (also die 70 Tage) akzeptierte, aber die Höhe von 50 Euro pro Tag für zu hoch hielt. Um das zu prüfen, forderte das Gericht von Frau A. einen Nachweis über die Höhe ihres Arbeitslosengeldes an, den sie auch prompt schickte.
Daraufhin geschah etwas Interessantes: Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth (die Behörde, die Straftaten verfolgt und Anklage erhebt) stimmte zu, dass das Amtsgericht ohne eine mündliche Verhandlung entscheiden könne. Man nennt das eine Entscheidung im Beschlusswege. Das ist eine Vereinfachung des Verfahrens, die unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Am 4. Februar 2025 änderte das Amtsgericht daraufhin den Strafbefehl per Beschluss (einer schriftlichen Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung). Die Tagessatzhöhe wurde von 50 Euro auf 40 Euro gesenkt. Zusätzlich erlaubte das Gericht Frau A., die Strafe in Raten zu zahlen. Das war sicher eine Erleichterung, aber war es das, was Frau A. ursprünglich wollte?
Der erneute Versuch von Frau A. und der Weg zum Landgericht
Dieser Beschluss wurde Frau A. am 11. Februar 2025 zugestellt, zusammen mit einer Rechtsmittelbelehrung. Das ist eine wichtige Information darüber, welche rechtlichen Schritte man als Nächstes unternehmen kann und welche Fristen dafür gelten. Doch Frau A. schien immer noch nicht zufrieden. Bereits am 17. Februar 2025 schrieb sie erneut einen Brief. Diesmal adressierte sie ihn allerdings an die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth und bat wieder um eine Herabsetzung des zu zahlenden Geldbetrages.
Dieser Brief erreichte die Staatsanwaltschaft am 19. Februar 2025. Von dort wurde er an das zuständige Amtsgericht weitergeleitet, wo er aber erst am 27. Februar 2025 registriert wurde. Das Amtsgericht sah diesen Brief als eine sofortige Beschwerde an. Eine sofortige Beschwerde ist ein schnelles Rechtsmittel, mit dem man bestimmte gerichtliche Entscheidungen von der nächsthöheren Instanz überprüfen lassen kann. Das Amtsgericht selbst wollte seiner eigenen Entscheidung aber nicht abhelfen, das heißt, es blieb bei seiner Auffassung. Daher musste nun das Landgericht Nürnberg-Fürth (die dem Amtsgericht übergeordnete Instanz) über diese sofortige Beschwerde entscheiden.
Die Kernfrage für das Landgericht: War die Beschwerde von Frau A. überhaupt zulässig?
Das Landgericht musste nun also prüfen: War die sofortige Beschwerde von Frau A. gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 4. Februar 2025 überhaupt zulässig? Und eine weitere, tiefergehende Frage stand im Raum: Durfte das Amtsgericht den Strafbefehl überhaupt auf diese Weise, also im Beschlusswege ohne mündliche Verhandlung, ändern? Das sind zwei getrennte Fragen, die aber beide für den Fall von Bedeutung waren.
Die Entscheidung des Landgerichts: Beschwerde zu spät und falsch adressiert
Das Landgericht Nürnberg-Fürth kam in seinem Beschluss vom 26. Mai 2025 zu einem klaren Ergebnis: Die sofortige Beschwerde von Frau A. wurde als unzulässig verworfen. Das bedeutet, das Gericht hat sich inhaltlich gar nicht erst damit befasst, ob die Reduzierung der Tagessatzhöhe auf 40 Euro richtig war, weil die Beschwerde selbst schon formale Fehler aufwies. Gute Nachrichten gab es für Frau A. aber bezüglich der Kosten: Für dieses Beschwerdeverfahren musste sie nichts bezahlen.
Die Gründe des Gerichts: Eine Frage der Frist und der richtigen Adresse
Aber warum entschied das Landgericht so? Das hat mehrere Gründe, die wir uns Schritt für Schritt ansehen müssen.
Die verpasste Frist: Eine Woche ist schnell vorbei
Der Hauptgrund für die Verwerfung der Beschwerde war, dass sie zu spät eingereicht wurde. Für eine sofortige Beschwerde gibt es eine sehr kurze Frist: Sie muss innerhalb einer Woche eingelegt werden, nachdem die anzufechtende Entscheidung bekannt gegeben wurde. Das steht so in § 311 Absatz 2 der Strafprozessordnung (StPO), dem Gesetzbuch, das die Regeln für Strafverfahren festlegt.
Der Beschluss des Amtsgerichts wurde Frau A. am 11. Februar 2025 zugestellt. Die Wochenfrist begann also an diesem Tag zu laufen und endete am 18. Februar 2025. Ihr Schreiben, das als Beschwerde gewertet wurde, ging aber erst am 27. Februar 2025 beim Amtsgericht ein – also deutlich nach Ablauf der Frist.
Interessanterweise erwähnte das Gericht hierbei eine Gesetzesänderung bei der Postzustellung zum 1. Januar 2025. Früher konnte man davon ausgehen, dass ein Brief am nächsten Werktag ankommt. Nun kann es bis zum dritten oder vierten Werktag nach Einlieferung dauern. Das Gericht äußerte Zweifel, ob diese längeren Postlaufzeiten in Kombination mit der knappen Wochenfrist für eine sofortige Beschwerde noch verfassungsgemäß sind und den Bürgern ausreichend Rechtsschutz garantieren (nach Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes). Das ist eine wichtige Überlegung, aber für den Fall von Frau A. spielte sie letztlich keine Rolle. Warum?
Falscher Empfänger, fatale Folge: Warum die Adresse so wichtig ist
Der springende Punkt war ein anderer: Frau A. hatte ihren Brief vom 17. Februar 2025 nicht an das Amtsgericht Neustadt a.d. Aisch geschickt, das die Entscheidung getroffen hatte, sondern an die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. Für die Einhaltung einer Frist ist aber entscheidend, wann das Schreiben bei der zuständigen Stelle – hier also dem Amtsgericht – eingeht. Stellen Sie sich vor, Sie müssen eine wichtige Rechnung bis zu einem bestimmten Datum bei Ihrem Stromanbieter bezahlen. Wenn Sie das Geld versehentlich an Ihren Telefonanbieter überweisen und dieser es erst nach der Frist an den Stromanbieter weiterleitet, ist Ihre Zahlung trotzdem zu spät.
Die Staatsanwaltschaft und das Amtsgericht sind zwar beides Justizbehörden, aber sie haben keine gemeinsame Postannahmestelle. Der Brief musste also erst von der Staatsanwaltschaft zum Amtsgericht weitergeleitet werden, was Zeit kostete. Diese Verzögerung ging zulasten von Frau A.
Keine zweite Chance: Warum eine „Wiedereinsetzung“ nicht möglich war
Gibt es denn keine Möglichkeit, eine verpasste Frist zu heilen? Doch, die gibt es unter bestimmten Umständen. Man nennt das Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das bedeutet, man bekommt quasi eine zweite Chance, wenn man eine Frist ohne eigenes Verschulden verpasst hat, zum Beispiel wegen einer plötzlichen schweren Erkrankung.
Hier war das aber nicht der Fall. Das Landgericht sagte klar: Frau A. hatte die Fristversäumnis selbst verschuldet, weil sie den Brief falsch adressiert hatte, obwohl sie vom Amtsgericht eine korrekte Rechtsmittelbelehrung mit der richtigen Adresse erhalten hatte. Daher kam eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht.
Ein tieferer Blick: Warum das Amtsgericht schon früher hätte anders handeln müssen
Obwohl die Beschwerde von Frau A. schon wegen der Frist unzulässig war, schaute das Landgericht noch genauer hin. Es prüfte nämlich auch, ob das Amtsgericht überhaupt richtig gehandelt hatte, als es den Strafbefehl im Februar per Beschluss änderte. Und hier fand das Landgericht einen entscheidenden Fehler im Vorgehen des Amtsgerichts.
War der Einspruch wirklich so eingeschränkt?
Erinnern wir uns: Frau A. hatte in ihrem ersten Einspruch vom 22. Dezember 2024 gebeten, das verhängte Bußgeld von 3.500 Euro herabzusetzen. Das Amtsgericht hatte das so verstanden, dass sie nur die Höhe des einzelnen Tagessatzes (die 50 Euro) angreifen wollte, nicht aber die Anzahl der Tagessätze (die 70).
Das Landgericht sah das anders. Es sagte: Wenn man das Schreiben von Frau A. vernünftig liest, dann war ihr Einspruch zwar auf die Rechtsfolgen (also die Strafe selbst) beschränkt, aber nicht ausschließlich auf die Tagessatzhöhe. Ihr erschien die Geldstrafe insgesamt als zu hoch. Die Höhe einer Geldstrafe wird aber von zwei Faktoren bestimmt: der Anzahl der Tagessätze und der Höhe jedes einzelnen Tagessatzes. Es war aus ihrem Schreiben nicht klar ersichtlich, dass sie nur die Höhe des Tagessatzes ändern wollte, aber mit der Anzahl der Tagessätze einverstanden war. Vielleicht wollte sie ja auch weniger Tagessätze, auch wenn jeder einzelne dann etwas höher ausfällt, oder eine Kombination aus beidem. Das ist, als ob Sie sagen: „Das Auto ist mir zu teuer.“ Das kann bedeuten, dass Sie einen niedrigeren Gesamtpreis wollen, oder vielleicht nur eine geringere Monatsrate, aber die Laufzeit dafür länger ist. Ohne Nachfrage ist nicht klar, was genau gemeint ist.
Die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung
Und warum ist diese Unterscheidung so wichtig? Weil das Gesetz, genauer § 411 Absatz 1 Satz 3 der Strafprozessordnung, eine Entscheidung im Beschlusswege (also ohne mündliche Verhandlung) nur dann erlaubt, wenn der Einspruch wirksam nur auf die Tagessatzhöhe beschränkt ist. Wenn der Einspruch aber, wie hier, weiter gefasst ist oder unklar ist, dann muss das Gericht eine mündliche Verhandlung anberaumen (§ 411 Absatz 1 Satz 2 StPO). Das ist eine richtige Gerichtsverhandlung, in der die Sache öffentlich besprochen wird und die Angeklagte sich äußern kann. Eine Ausnahme wäre gewesen, wenn Frau A. ausdrücklich zugestimmt hätte, dass ohne Verhandlung entschieden wird. Eine solche Zustimmung lag aber nicht vor.
Das Landgericht stellte also fest: Das Amtsgericht hätte gar nicht per Beschluss entscheiden dürfen. Es hätte eine mündliche Verhandlung durchführen müssen. Hätte es das getan, hätte Frau A. vielleicht gar keinen Anlass gehabt, sich gegen den Beschluss vom 04.02.2025 zu wenden, weil ihre Anliegen direkt in der Verhandlung hätten geklärt werden können.
Interessanterweise widersprach das Landgericht Nürnberg-Fürth hier der Auffassung eines anderen Gerichts, des Landgerichts Regensburg. Dieses hatte in einem ähnlichen Fall gemeint, eine sofortige Beschwerde gegen einen solchen rechtswidrigen Beschluss sei quasi gegenstandslos. Das Landgericht Nürnberg-Fürth sah das anders: Erst das Vorliegen einer Beschwerde rechtfertige überhaupt, dass sich das Beschwerdegericht mit der Sache befasst.
Was bedeutet das für das ursprüngliche Verfahren?
Obwohl die sofortige Beschwerde von Frau A. verworfen wurde, ist das Strafverfahren für sie damit noch nicht abgeschlossen. Das Landgericht machte deutlich, dass der rechtswidrige Beschluss des Amtsgerichts vom 4. Februar 2025 das ursprüngliche Strafbefehlsverfahren nicht beendet hat. Das Amtsgericht muss nun das Verfahren korrekt fortführen. Das bedeutet konkret: Es muss über den ursprünglichen Einspruch von Frau A. vom 22. Dezember 2024 neu entscheiden – und diesmal voraussichtlich in einer mündlichen Verhandlung, es sei denn, es liegen neue Umstände vor, die eine andere Verfahrensweise erlauben. Für Frau A. bedeutet das, dass ihr Anliegen, die Geldstrafe zu reduzieren, doch noch einmal umfassend geprüft wird.
Dass Frau A. für das fehlgeschlagene Beschwerdeverfahren keine Kosten tragen muss, liegt daran, dass diese Kosten bei richtiger Sachbehandlung durch das Amtsgericht – also wenn es gleich eine mündliche Verhandlung angesetzt hätte – gar nicht erst entstanden wären. Das ist in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) so vorgesehen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass bei einem Einspruch gegen einen Strafbefehl strikte Fristen und korrekte Adressierung entscheidend sind – schon ein Brief an die falsche Behörde kann das Rechtsmittel zunichtemachen. Gerichte dürfen Strafbefehle nur dann ohne mündliche Verhandlung ändern, wenn der Einspruch eindeutig nur die Höhe des Tagessatzes betrifft; bei unklaren oder weiter gefassten Einsprüchen muss eine ordentliche Gerichtsverhandlung stattfinden. Wer einen Strafbefehl anfechten will, sollte daher präzise formulieren was genau er beanstandet und unbedingt die in der Rechtsmittelbelehrung angegebene Adresse verwenden. Das Urteil macht deutlich, dass betroffene Bürger trotz verfahrenstechnischer Niederlagen oft noch eine zweite Chance bekommen, wenn das Gericht ursprünglich fehlerhaft gehandelt hat.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welchen Einfluss hat mein Einspruch auf das Strafbefehlsverfahren und wie formuliere ich ihn richtig?
Ein Einspruch ist der entscheidende Schritt, um die im Strafbefehl festgelegte Strafe nicht automatisch rechtskräftig werden zu lassen. Wenn Sie Einspruch einlegen, wandelt sich das schriftliche Verfahren in ein mündliches. Es wird dann eine öffentliche Gerichtsverhandlung, die sogenannte Hauptverhandlung, angesetzt.
Einfluss des Einspruchs auf das Verfahren
Durch den Einspruch wird der Strafbefehl zunächst nicht rechtskräftig. Das Gericht wird sich erneut mit dem Sachverhalt befassen. Dabei sind verschiedene Ausgänge möglich:
- Vollständige Überprüfung: Das Gericht prüft den gesamten Fall neu. Das bedeutet, es wird nicht nur die Höhe der Strafe, sondern auch die Frage der Schuld und die Beweislage nochmals gewürdigt.
- Mögliche Ergebnisse der Hauptverhandlung:
- Das Verfahren kann eingestellt werden, etwa weil die Schuld als gering anzusehen ist oder weitere Umstände dies rechtfertigen.
- Sie können freigesprochen werden, wenn das Gericht zu dem Schluss kommt, dass keine Schuld vorliegt oder diese nicht nachweisbar ist.
- Es kann zu einer Verurteilung kommen. Dabei kann die im Strafbefehl vorgesehene Strafe bestätigt, reduziert oder aber auch erhöht werden. Das Gericht ist im Urteil an den ursprünglichen Strafbefehl nicht gebunden. Dies bedeutet, dass die Gefahr besteht, dass in der Hauptverhandlung eine höhere Strafe als im Strafbefehl verhängt wird, selbst wenn nur Sie Einspruch eingelegt haben.
Richtige Formulierung des Einspruchs
Die Formulierung des Einspruchs ist wichtig, da sie dessen Reichweite beeinflusst. Ein Einspruch kann unbeschränkt (gegen den gesamten Strafbefehl) oder beschränkt (nur gegen bestimmte Teile) erfolgen.
1. Formale Anforderungen:
- Schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle: Sie können den Einspruch schriftlich einreichen oder persönlich bei der Geschäftsstelle des Gerichts zu Protokoll geben.
- Frist: Der Einspruch muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Strafbefehls beim zuständigen Amtsgericht eingehen.
- Angaben: Nennen Sie unbedingt das Aktenzeichen des Strafbefehls und das Datum, an dem der Strafbefehl erlassen wurde. Ihre vollständigen persönlichen Daten (Name, Adresse, Geburtsdatum) sind ebenfalls wichtig.
2. Inhaltliche Ausrichtung:
- Unbeschränkter Einspruch (gegen den gesamten Strafbefehl): Wenn Sie den Strafbefehl in seiner Gesamtheit, also sowohl die Schuldfrage als auch die Art und Höhe der Strafe, überprüfen lassen möchten, genügt eine allgemeine Formulierung.
- Beispielformulierung: „Ich lege gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts [Ort] vom [Datum des Strafbefehls] mit dem Aktenzeichen [Aktenzeichen] Einspruch ein.“
- Für Sie bedeutet das: Das Gericht wird den Fall von Grund auf neu verhandeln. Es wird geprüft, ob Sie überhaupt schuldig sind und welche Strafe angemessen wäre.
- Beschränkter Einspruch (gegen Teile des Strafbefehls): Manchmal sind Sie mit dem Schuldspruch einverstanden, aber nicht mit der Höhe der im Strafbefehl festgesetzten Geldstrafe oder der Anzahl der Tagessätze. In solchen Fällen können Sie den Einspruch auf bestimmte Punkte beschränken. Dies kann sinnvoll sein, wenn Sie beispielsweise Ihre finanzielle Situation für die Berechnung der Tagessatzhöhe für unzutreffend halten.
- Beispielformulierung: „Ich lege gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts [Ort] vom [Datum des Strafbefehls] mit dem Aktenzeichen [Aktenzeichen] Einspruch ausschließlich hinsichtlich der Höhe der Tagessätze ein.“ oder „…ausschließlich hinsichtlich der Anzahl der Tagessätze ein.“
- Für Sie bedeutet das: Das Gericht konzentriert sich in der Verhandlung nur auf die von Ihnen angegriffenen Punkte. Die anderen Teile des Strafbefehls (z.B. der Schuldspruch) bleiben unberührt. Das Gericht kann dann zum Beispiel nur die Höhe des einzelnen Tagessatzes oder deren Anzahl anpassen, nicht aber die Schuldfrage neu aufrollen.
Unabhängig von der Art des Einspruchs müssen Sie das Schreiben unterschreiben und datieren. Ein klar formulierter Einspruch hilft, Missverständnisse zu vermeiden und den Verlauf des Verfahrens von Anfang an präzise zu gestalten.
Gibt es immer eine mündliche Verhandlung, nachdem ich Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt habe?
Nein, es kommt nicht immer zu einer mündlichen Verhandlung, nachdem Sie Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt haben. Obwohl die mündliche Verhandlung der Regelfall ist und Ihr wichtigstes Recht auf Gehör sichert, gibt es bestimmte, sehr eng begrenzte Ausnahmen.
Der übliche Weg: Mündliche Verhandlung
Grundsätzlich gilt: Legen Sie fristgerecht Einspruch gegen einen Strafbefehl ein, setzt das Gericht in der Regel einen Termin für eine mündliche Verhandlung an. Dies ist die übliche und gesetzlich vorgesehene Vorgehensweise im deutschen Strafverfahren. Diese Verhandlung bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihre Sicht der Dinge darzulegen, Beweismittel einzubringen und sich umfassend zu verteidigen. Sie haben dabei das Recht, persönlich anwesend zu sein.
Die Ausnahmen: Wann eine Verhandlung entfällt
Es gibt jedoch Situationen, in denen keine mündliche Verhandlung stattfindet:
- Rücknahme des Einspruchs: Wenn Sie Ihren Einspruch gegen den Strafbefehl zurückziehen, bevor eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, wird diese Verhandlung nicht mehr angesetzt. Der ursprüngliche Strafbefehl wird dann rechtskräftig, als hätten Sie nie Einspruch eingelegt.
- Einspruch ist unzulässig: Stellt das Gericht fest, dass Ihr Einspruch nicht zulässig ist (zum Beispiel, weil er zu spät eingereicht wurde oder andere notwendige Formvorschriften nicht beachtet wurden), kann es Ihren Einspruch per Beschluss ohne mündliche Verhandlung verwerfen. Das bedeutet, der Strafbefehl wird rechtskräftig, und das Gericht entscheidet nicht inhaltlich über die Sache.
- Entscheidung per Beschluss ohne Verhandlung (in seltenen Fällen): In sehr spezifischen und seltenen Konstellationen kann das Gericht die Angelegenheit auch ohne mündliche Verhandlung durch einen schriftlichen Beschluss abschließen. Dies ist in der Regel nur unter strengen Voraussetzungen möglich und dient dem Schutz Ihrer Rechte:
- Dies geschieht oft, wenn das Gericht den Sachverhalt als sehr geringfügig einstuft und plant, das Verfahren einzustellen oder die Strafe deutlich zu mildern (zum Beispiel, indem es die Geldstrafe erheblich reduziert oder ganz davon absieht).
- Wichtig für Sie: Eine solche Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist meist nur dann zulässig, wenn Sie als Einspruchsführer diesem Vorgehen zustimmen oder dem Gericht mitteilen, dass Sie auf eine mündliche Verhandlung verzichten.
- Ihr Recht auf Verhandlung: Wenn Sie darauf bestehen, Ihre Sicht der Dinge in einer mündlichen Verhandlung darzulegen, oder wenn das Gericht eine für Sie ungünstigere Entscheidung treffen möchte, als im ursprünglichen Strafbefehl vorgesehen, ist eine Verhandlung in aller Regel zwingend notwendig, um Ihre Rechte zu wahren. Die mündliche Verhandlung ist ein wichtiger Pfeiler Ihres Rechts auf ein faires Verfahren und auf Gehör.
Warum sind Fristen und die richtige Adressierung bei Einspruch und Rechtsmitteln so wichtig?
Im Umgang mit Gerichten sind die Einhaltung von Fristen und die korrekte Adressierung von Schreiben von grundlegender Bedeutung. Sie sind keine bloßen Formalitäten, sondern zwingende Voraussetzungen dafür, dass Ihr Anliegen überhaupt von einem Gericht geprüft werden kann. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, hat das weitreichende und oft unwiderrufliche Konsequenzen.
Fristen – Das Zeitfenster für Ihre Rechte
Gerichtliche Verfahren benötigen klare Zeitrahmen, um zu einem Abschluss zu kommen und Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen. Stellen Sie sich vor, es gäbe keine Fristen: Eine Entscheidung könnte jederzeit und unbegrenzt angegriffen werden, was zu ständiger Unsicherheit und endlosen Verfahren führen würde. Fristen dienen also der Verfahrensstabilität und der effizienten Justiz.
Die Frist ist wie ein Ablaufdatum für Ihr Recht, eine gerichtliche Entscheidung anzufechten. Ist diese Frist verstrichen, wird die Entscheidung rechtskräftig. Das bedeutet, sie ist endgültig und bindend; eine nachträgliche Anfechtung ist dann in der Regel nicht mehr möglich, selbst wenn Ihr Einwand inhaltlich berechtigt wäre. Ihr Recht, sich gegen eine Entscheidung zu wehren, geht unwiderruflich verloren. Dies ist eine der häufigsten und schwerwiegendsten Fehler, die geschehen können, wenn man Fristen nicht beachtet.
Die richtige Adressierung – Damit Ihr Anliegen ankommt
Ein gerichtliches Schreiben muss exakt die richtige Adresse erreichen, damit es dem zuständigen Gericht, der richtigen Abteilung und der korrekten Akte zugeordnet werden kann. Gerichte sind große Institutionen, und eine präzise Adressierung ist unerlässlich für die korrekte und zeitnahe Bearbeitung Ihres Anliegens.
Wenn ein Schreiben an das falsche Gericht, an die falsche Abteilung oder gar nur ungenau adressiert wird, kann es zu erheblichen Verzögerungen oder sogar dazu kommen, dass das Schreiben gar nicht oder nicht rechtzeitig in der richtigen Akte landet. Ein verspäteter Eingang aufgrund einer falschen Adressierung wird in der Regel nicht als Entschuldigung akzeptiert. Das Ergebnis ist dasselbe wie bei einer Fristversäumnis: Ihr Einspruch oder Rechtsmittel wird als unzulässig angesehen, weil es nicht form- und fristgerecht eingereicht wurde, und die ursprüngliche Entscheidung wird rechtskräftig.
Die Rechtsmittelbelehrung – Ihr Wegweiser
Jede gerichtliche Entscheidung, gegen die ein Einspruch oder Rechtsmittel möglich ist, enthält eine Rechtsmittelbelehrung. Diese Belehrung ist gesetzlich vorgeschrieben und ist Ihr wichtigster Ratgeber. Sie informiert Sie darüber,
- ob und welches Rechtsmittel Sie einlegen können,
- innerhalb welcher Frist dies geschehen muss, und
- bei welchem Gericht der Einspruch oder das Rechtsmittel einzulegen ist.
Es ist daher von entscheidender Bedeutung, die Rechtsmittelbelehrung sehr genau zu lesen und die dort genannten Fristen und Adressinformationen buchstäblich zu befolgen. Nur so stellen Sie sicher, dass Ihr Anliegen den Weg durch die gerichtlichen Instanzen nehmen kann.
Kann ich etwas tun, wenn ich eine gerichtliche Frist für einen Einspruch oder ein Rechtsmittel verpasst habe?
Ja, es gibt unter bestimmten, strengen Voraussetzungen eine Möglichkeit, eine gerichtliche Frist nach deren Ablauf noch zu nutzen. Diese Möglichkeit wird im juristischen Bereich als „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ bezeichnet. Stellen Sie sich dies wie eine Art „zweite Chance“ vor, die das Gericht einräumen kann, wenn jemand eine Frist unverschuldet versäumt hat. Das Ziel ist es, zu verhindern, dass Sie Nachteile erleiden, weil Sie etwas aus Gründen, die nicht in Ihrer Hand lagen, nicht fristgerecht erledigen konnten.
Was bedeutet „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“?
Wenn eine gerichtliche Frist, wie die für einen Einspruch oder ein Rechtsmittel (z.B. eine Berufung), abläuft, wird das entsprechende Verfahren normalerweise als abgeschlossen oder die Entscheidung als rechtskräftig betrachtet. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ermöglicht es, dass Sie so behandelt werden, als hätten Sie die Frist doch eingehalten. Das Gericht kann dann die eigentlich versäumte Handlung, wie das Einlegen eines Einspruchs oder eines Rechtsmittels, nachträglich zulassen.
Wann ist eine Wiedereinsetzung möglich?
Diese „zweite Chance“ ist an strenge Bedingungen geknüpft und keine Selbstverständlichkeit. Sie ist nur dann eine Option, wenn die Frist unverschuldet versäumt wurde.
- Unverschuldetes Versäumnis: Das bedeutet, dass Sie die Frist ohne Ihr eigenes Verschulden verpasst haben. Beispiele hierfür können sein:
- Eine plötzliche, schwere Erkrankung, die Sie handlungsunfähig gemacht hat.
- Ein unvorhergesehenes, unabwendbares Ereignis wie ein Unfall.
- Ein nachweisbarer Fehler der Post, durch den ein wichtiges Dokument Sie nicht rechtzeitig erreicht hat.
- Andere vergleichbare Umstände, die eine fristgerechte Handlung unmöglich gemacht haben. Wichtig ist, dass Sie alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen haben, um die Frist einzuhalten. Einfaches Vergessen, Unwissenheit über die Frist oder Nachlässigkeit zählen nicht als unverschuldetes Versäumnis. Für Sie bedeutet das: Sie müssen plausibel darlegen können, warum Sie die Frist aus Gründen, die Sie nicht zu verantworten haben, verpasst haben.
- Antrag und Begründung: Sie müssen einen schriftlichen Antrag auf Wiedereinsetzung stellen. In diesem Antrag müssen Sie detailliert und glaubhaft erklären, warum die Frist versäumt wurde. Alle Tatsachen, die das unverschuldete Versäumnis belegen, müssen dargelegt und wenn möglich durch Dokumente (z.B. ärztliche Atteste, Postbelege) belegt werden.
- Nachholen der versäumten Handlung: Gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung müssen Sie die versäumte Handlung nachholen. Das bedeutet, Sie müssen den Einspruch oder das Rechtsmittel, das Sie ursprünglich fristgerecht hätten einlegen müssen, nun zusammen mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung einreichen.
Wie schnell muss gehandelt werden?
Die Zeit spielt eine extrem große Rolle, wenn Sie eine Wiedereinsetzung beantragen möchten:
- Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss innerhalb von zwei Wochen gestellt werden. Diese Frist beginnt zu laufen, sobald das Hindernis, das Sie an der fristgerechten Handlung gehindert hat, weggefallen ist, oder Sie von der Fristversäumnis erfahren haben.
- Es gibt zudem eine absolute Frist: Eine Wiedereinsetzung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn seit dem Ende der ursprünglich versäumten Frist ein Jahr vergangen ist.
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist somit ein Instrument, um in Ausnahmesituationen Härten abzumildern. Sie erfordert immer eine überzeugende Begründung des unverschuldeten Versäumnisses und ein sehr schnelles Handeln nach Kenntnis der Fristversäumnis. Das Gericht prüft jeden Fall sehr genau und entscheidet nach Ermessen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind.
Was geschieht, wenn das Gericht bei der Bearbeitung meines Einspruchs Fehler macht?
Gerichtliche Entscheidungen sind nicht immer fehlerfrei. Auch Gerichte können bei der Bearbeitung von Fällen, wie einem Einspruch, Fehler machen. Das Rechtssystem sieht hierfür verschiedene Kontrollmechanismen vor, um solche Fehler zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.
Arten von gerichtlichen Fehlern
Fehler, die einem Gericht unterlaufen können, sind vielfältig. Es kann sich um Verfahrensfehler handeln. Stellen Sie sich vor, eine mündliche Verhandlung wäre zwingend vorgeschrieben, das Gericht trifft aber stattdessen eine Entscheidung nur schriftlich per Beschluss, ohne diese Verhandlung abzuhalten. Das wäre ein Verfahrensfehler. Ebenso können Gerichte auch inhaltliche Fehler machen, indem sie beispielsweise einen Sachverhalt falsch bewerten oder ein Gesetz unzutreffend auf den vorliegenden Fall anwenden.
Möglichkeiten zur Fehlerkorrektur (Rechtsmittel)
Wenn Sie der Ansicht sind, dass das Gericht einen Fehler gemacht hat, haben Sie die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Rechtsmittel sind im Wesentlichen spezielle Anträge oder Erklärungen, mit denen Sie eine gerichtliche Entscheidung von einer höheren Instanz – also einem übergeordneten Gericht – oder manchmal auch vom selben Gericht erneut überprüfen lassen können.
Die konkrete Art des Rechtsmittels hängt von der jeweiligen Gerichtsentscheidung und dem Verfahren ab. Beispiele für solche Rechtsmittel sind die Berufung, die Revision oder auch die Beschwerde. Für die Einlegung von Rechtsmitteln sind gesetzlich vorgegebene Fristen entscheidend. Es ist sehr wichtig, diese Fristen einzuhalten, da ein Fehler ansonsten unter Umständen nicht mehr korrigiert werden kann.
Konsequenzen für das weitere Verfahren
Wird ein gerichtlicher Fehler durch ein Rechtsmittel erfolgreich aufgezeigt und anerkannt, hat dies direkte Konsequenzen für das weitere Verfahren. Die fehlerhafte Entscheidung kann dann aufgehoben werden. Das bedeutet, sie wird für unwirksam erklärt.
In vielen Fällen wird die Angelegenheit an das ursprünglich zuständige Gericht zurückverwiesen. Dieses Gericht muss den Fehler dann beheben und das Verfahren korrekt fortführen. In anderen Fällen kann die höhere Instanz die Sache auch selbst abschließend entscheiden. Das übergeordnete Ziel ist es immer, ein rechtsfehlerfreies und korrektes Ergebnis zu erzielen. Dies gibt Betroffenen die Gewissheit, dass die Einhaltung der korrekten Regeln überwacht wird.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Strafbefehl
Ein Strafbefehl ist eine schriftliche gerichtliche Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, mit der kleinere Straftaten meist auf Grundlage der Ermittlungsakten bestraft werden. Er wird von einem Amtsgericht erlassen und enthält meist eine Geldstrafe oder andere mildere Sanktionen. Wenn Betroffene mit dem Strafbefehl nicht einverstanden sind, können sie innerhalb einer bestimmten Frist Einspruch einlegen, wodurch das Verfahren in der Regel in eine mündliche Verhandlung mündet (§§ 407 ff. StPO). Der Strafbefehl dient dazu, das Gericht zu entlasten und Verfahren zu beschleunigen.
Beispiel: Jemand, der eine geringe Fahrerflucht begangen hat, bekommt einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe zugeschickt, ohne vorher im Gericht gewesen zu sein.
Tagessatz
Ein Tagessatz ist eine Maßeinheit zur Bemessung der Geldstrafe im Strafrecht, die sich an den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Verurteilten orientiert (§ 40 StGB). Die Geldstrafe wird in eine bestimmte Anzahl von Tagessätzen festgelegt, deren Höhe jeweils individuell berechnet wird. Dadurch wird sichergestellt, dass die Strafe sozial gerecht ist und für Personen mit unterschiedlichem Einkommen unterschiedlich belastend wirkt. Die Gesamtgeldstrafe ergibt sich aus der Anzahl der Tagessätze multipliziert mit der Höhe eines einzelnen Tagessatzes.
Beispiel: Verdient jemand 50 Euro pro Tag netto, wird ein Tagessatz oft mit diesem Betrag angesetzt. Bei 70 Tagessätzen ergibt sich dann eine Gesamtstrafe von 3.500 Euro.
Entscheidung im Beschlusswege
Eine Entscheidung im Beschlusswege ist eine schriftliche gerichtliche Entscheidung, die ohne mündliche Verhandlung getroffen wird (§ 411 Absatz 1 Satz 3 StPO). Diese Ausnahme ist nur zulässig, wenn der Einspruch gegen einen Strafbefehl sich wirksam ausschließlich auf die Höhe der Tagessätze beschränkt und keine weitere Klärung des Sachverhalts erforderlich ist. Das Verfahren wird dadurch vereinfacht und beschleunigt. Wenn der Einspruch jedoch weiter gefasst oder unklar ist, ist eine mündliche Verhandlung zwingend vorgeschrieben.
Beispiel: Wird nur die Tagessatzhöhe angefochten, kann das Gericht ohne Verhandlung prüfen und den Strafbefehl entsprechend ändern.
Sofortige Beschwerde
Die sofortige Beschwerde ist ein Rechtsmittel zur schnellen Überprüfung bestimmter gerichtlicher Entscheidungen, die nicht durch ein ordentliches Rechtsmittel wie Berufung oder Revision angefochten werden können (§ 304 StPO). Sie wird bei Entscheidungen eingelegt, die im Strafverfahren im Beschlusswege getroffen wurden, beispielsweise gegen die Änderung eines Strafbefehls. Die Beschwerde muss innerhalb einer kurzen, gesetzlich festgelegten Frist (meist eine Woche) bei der zuständigen höheren Instanz eingelegt werden, damit eine Überprüfung stattfinden kann.
Beispiel: Wird ein Strafbefehl in einer schriftlichen Entscheidung geändert, kann die Betroffene gegen diese Änderung direkt Beschwerde einlegen, um eine höhere gerichtliche Kontrolle zu erlangen.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist eine Möglichkeit, eine versäumte gerichtliche Frist nachträglich zu heilen (§ 44 StPO). Wird eine Frist, etwa für einen Einspruch oder eine Beschwerde, ohne eigenes Verschulden verpasst (z. B. durch plötzliche Krankheit), kann man einen Antrag darauf stellen. Das Gericht kann dann so tun, als sei die Frist eingehalten worden, sofern die versäumte Handlung unverzüglich nachgeholt wird. Diese Regelung schützt vor Nachteilen wegen unverschuldeter Versäumnisse, ist aber an strenge Voraussetzungen gebunden.
Beispiel: Wer wegen eines Krankenhausaufenthalts nicht rechtzeitig den Einspruch einlegen konnte, kann Wiedereinsetzung beantragen, um die Frist nachträglich gewährt zu bekommen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 411 Absatz 1 Satz 2 und 3 StPO: Regelt, dass eine Entscheidung im Strafbefehlsverfahren im Beschlusswege nur möglich ist, wenn der Einspruch ausschließlich die Höhe des Tagessatzes betrifft; andernfalls ist eine mündliche Verhandlung erforderlich. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Amtsgericht hätte mangels klarer Beschränkung des Einspruchs von Frau A. auf die Tagessatzhöhe eine mündliche Verhandlung ansetzen müssen, statt den Strafbefehl per Beschluss zu ändern.
- § 311 Absatz 2 StPO: Bestimmt die Frist von einer Woche für die Einlegung einer sofortigen Beschwerde gegen bestimmte gerichtliche Entscheidungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Frau A. hat die Beschwerdefrist versäumt, da ihr Schreiben erst deutlich nach Ablauf der Frist beim zuständigen Amtsgericht einging, was zur Unzulässigkeit der Beschwerde führte.
- Art. 19 Absatz 4 GG: Garantiert effektiven Rechtsschutz und Rechtsweggarantie bei gerichtlichen Entscheidungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht äußerte Zweifel, ob die verlängerten Postlaufzeiten in Verbindung mit der engen Beschwerdefrist den verfassungsrechtlichen Schutz ausreichend gewährleisten, entschied aber zugunsten der Fristwahrung im Fall von Frau A.
- Grundsatz der richtigen Adressierung im Verfahrensrecht: Forderung, dass Rechtsmittel fristgerecht bei der zuständigen Behörde eingehen müssen, da Verspätungen durch falsche Adressierung zur Unzulässigkeit führen können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der verspätete Eingang der Beschwerde beim Gericht resultierte daraus, dass Frau A. das Schreiben zuerst an die Staatsanwaltschaft statt direkt ans Amtsgericht sandte, was die Fristversäumnis verursachte.
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 44, 45 StPO): Ermöglicht unter engen Voraussetzungen die Wiederherstellung einer versäumten Frist, wenn ohne eigenes Verschulden die Frist nicht eingehalten wurde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Frau A. wurde keine Wiedereinsetzung gewährt, da ihr Fehler (falsche Adressierung) als eigenes Verschulden gewertet wurde, obwohl sie über die richtige Adresse informiert war.
- § 21 Absatz 1 Satz 1 GKG: Regelt die Kostenfreiheit bei Verfahren, die durch Fehler der Behörde vermeidbar gewesen wären. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Frau A. musste keine Kosten für das Beschwerdeverfahren tragen, da das fehlerhafte Verfahren des Amtsgerichts die Beschwerde notwendig machte.
Das vorliegende Urteil
LG Nürnberg-Fürth – Az.: 12 Qs 17/25 – Beschluss vom 26.05.2025
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