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Zeugenbeistand – Pauschvergütung

LG Dresden – Az.: 4 St 2/21 – Beschluss vom 03.01.2023

In dem Strafverfahren hier: Antrag des Zeugenbeistandes des Zeugen pp.- auf Bewilligung einer Pauschgebühr hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch den Einzelrichter am 03.01.2023 beschlossen:

1. Rechtsanwalt pp. wird für seine Tätigkeit als gerichtlich bestellter Beistand des Zeugen pp. wegen des besonderen Umfangs der Sache eine an die Stelle der gesetzlichen Gebühren tretende Pauschgebühr in Höhe von 8.000 EUR (achttausend Euro) bewilligt.

2. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

3. Die Erstattung der Auslagen und der Mehrwertsteuer bleibt hiervon unberührt. Bereits ausbezahlte oder festgesetzte Gebühren sowie Vorschüsse sind anzurechnen.

Gründe:

Rechtsanwalt pp. wurde mit Beschluss des Senats vom 25. Juli 2022 als Beistand des Zeugen pp. bestellt.

Der Zeuge, der sich im Zeugenschutzprogramm befindet, wurde in der Zeit vom 28. Juli 2022 bis zum 23. November 2022 an zwölf Tagen in der Hauptverhandlung vernommen. Während die letzte Vernehmung nach zweieinhalb Stunden beendet war, dauerten eine Vernehmung länger als drei Stunden, eine Vernehmung länger als vier Stunden, eine Vernehmung länger als fünf Stunden, vier Vernehmungen jeweils länger als sechs Stunden und weitere vier Vernehmungen jeweils länger als sieben Stunden

Nach der Entlassung des Zeugen hat Rechtsanwalt pp. mit Schriftsatz vom 23. November 2022 die Bewilligung einer Pauschvergütung in Höhe von 12.000 EUR beantragt. Er hat seinen Antrag mit der Bedeutung der Aussage des gefährdeten und deshalb geschützten Zeugen für das Verfahren sowie die dadurch erschwerte Kommunikation mit dem Zeugen begründet. Schließlich habe sich die Vernehmung des Zeugen über zwölf Verhandlungstage erstreckt, in denen bei einem entsprechend eingebundenen Pflichtverteidiger Gebühren in Höhe von 8.213 EUR netto entstanden wären.

Zeugenbeistand - Pauschvergütung
(Symbolfoto: Lisa-S/Shutterstock.com)

Die Bezirksrevisorin bei dem Oberlandesgericht Dresden hat zu dem Antrag am 23. Dezember 2022 Stellung genommen. Sie hält grundsätzlich eine Erhöhung der gesetzlichen Gebühr von 220 EUR (4301 Nr. 4 VVRVG) je nach Dauer der Zeugenvernehmung um 100 bis 400 EUR je Verhandlungstag für angemessen, mithin um insgesamt 3.200 EUR. Im vorliegenden Fall tritt sie jedoch auch einer darüber hinausgehenden angemessenen Erhöhung der gesetzlichen Vergütung mit Blick auf die Anzahl der Vernehmungstage und die Dauer der jeweiligen Vernehmungen nicht entgegen.

Der zulässige Antrag auf Festsetzung einer Pauschgebühr erweist sich in dem aus der Be-schlussformel ersichtlichen Umfang als begründet; im Übrigen war er zurückzuweisen.

Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG ist Voraussetzung der Bewilligung einer Pauschgebühr, die über die gesetzlichen Gebühren hinausgeht, dass diese wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache bzw. des betroffenen Verfahrensabschnitts nicht zumutbar ist. Die Bewilligung einer Pauschgebühr stellt dabei die Ausnahme dar; die anwaltliche Mühewaltung muss sich von sonstigen – auch überdurchschnittlichen Sachen – in exorbitanter Weise abheben. Bei der Beurteilung ist ein objektiver Maßstab zu Grunde zu legen. Entscheidend ist, ob die konkrete Strafsache selbst umfangreich war und infolge dieses Um-fangs eine zeitaufwändigere, gegenüber anderen Verfahren erhöhte Tätigkeit des Rechtsanwaltes erforderlich geworden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 2015 – 4 StR 267/11 -, juris m.w.N.)

Diese Voraussetzungen sind in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang erfüllt.

Die in der Stellungnahme der Bezirksrevisorin wiedergegebene grundsätzliche Auffassung entspricht ständiger Rechtsprechung der Strafsenate des Oberlandesgerichts Dresden, soweit diese in der Vergangenheit die Tätigkeit des Zeugenbeistandes als Einzeltätigkeit gewertet haben (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 10. Dezember 2021 — 6 Ws 42/21 —, juris).

Im vorliegenden Fall erscheint jedoch auch die nach diesen Grundsätzen zuzuerkennende Er-höhung nicht mehr als angemessen. Dem gesetzgeberischen Grundgedanken, den Zeugen-beistand als auf die Vernehmung beschränkt anzusehen und deshalb nicht wie einen Verteidiger zu vergüten, kommt vorliegend mit Blick auf die Anzahl der Vernehmungstage und die Dauer der Vernehmungen nur noch untergeordnete Bedeutung zu. Vielmehr ist maßgeblich, dass die Vernehmungen überwiegend jeweils nahezu den vollständigen Verhandlungstag in Anspruch genommen haben und sich der Zeuge über zwölf Verhandlungstage hinweg der Befragung durch den Senat, die Bundesanwaltschaft, acht Verteidiger und die Nebenklägervertreter zu verschiedenen Komplexen ausgesetzt gesehen hat. Der Zeuge befand sich zudem aufgrund seiner bereits im Verfahren vor der Polizei gemachten Aussagen im Zeugenschutzprogramm. Die Kommunikation des Beistandes mit seinem Mandanten war deshalb in besonderem Maße erschwert.

Auch wenn der Zeugenbeistand vor diesem Hintergrund einem Verteidiger nicht vollständig gleichsteht, erscheint es gleichwohl geboten, sich bei der Bemessung einer Pauschgebühr an den Gebühren eines entsprechend tätigen Pflichtverteidigers zumindest zu orientieren.

Insgesamt erscheint es daher sachgerecht, eine Pauschgebühr in Höhe von insgesamt 8.000,00 EUR zu bewilligen.

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